TE OGH 1979/9/4 11Os3/79

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.09.1979
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.September 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Walenta und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Winter als Schriftführer in der Strafsache gegen Kasimir A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 9. Oktober 1979, GZ 8 b Vr 7128/72-92, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten, Rechtsanwalt Dr. Krause, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 4.Oktober 1941 geborene kaufmännische Angestellte Kasimir A des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147

Abs 3 StGB schuldig erkannt und zu einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe verurteilt. Ihm liegt nach dem Inhalt des Schuldspruchs (Urteilsfakten I./ - s. S. 452/453) zur Last, in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Vortäuschung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit und unter Verschweigung der (bestehenden) Schulden und seiner insgesamt schlechten Vermögens-

(und Einkommens-)situation, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen verleitet zu haben, die sie bzw. die nachgenannten Firmen an ihrem Vermögen schädigten, wobei er durch die Taten einen 100.000 S übersteigenden Schaden herbeiführte, und zwar 1.) im Jahre 1969 (ab Sommer) und 1970 Angestellte der 'F,

F AG.' nach Abschluß eines Luftreisekreditvertrages und Aushändigung einer Luftreisekreditkarte durch (mehrfache) Inanspruchnahme dieser Fluggesellschaft zu Flugreisen (Schaden: etwa 50.000 S);

2.) in der Zeit von Juli 1969 bis 30.September 1969 Angestellte des 'B' nach Ausfolgung einer Kreditkarte unter der Zusage, alle Rechnungen monatlich zu bezahlen, durch Begebung verschiedener Schecks zur Begleichung von Rechnungen im Gesamtbetrag von 233.000 S (Schaden: etwa 145.000 S);

3.) am 1.April 1970 Angestellte der 'C -AG.' zur Lieferung von Aluminiumlegierungen unter der Zusage, binnen 30 Tagen zu zahlen (Schaden: 151.158 S).

Von dem über den Schuldspruch im Urteilsfaktum I./1.) hinausgehenden Anklagevorwurf des Betruges zum Nachteil der 'F, F AG.' durch Zufügung eines weiteren Vermögensschadens in der Höhe von etwa 100.000 S (unter Ausnützung der zu Pkt. I./1. erwähnten Luftreisekreditkarte) durch Inanspruchnahme anderer, der 'D' angehörenden Fluggesellschaften (mit Ausnahme der 'F') wurde Kasimir A gemäß dem § 259 Z 3 StPO rechtskräftig mit der Begründung freigesprochen, daß sein Tatverhalten insoweit in objektiver Beziehung nur als Untreue im Sinne des § 153 Abs 2 erster Fall StGB (und nicht als Betrug) beurteilt werden könnte, es aber hier an der zur Herstellung des Tatbestandes der Untreue in subjektiver Hinsicht erforderlichen Wissentlichkeit des Befugnismißbrauches durch den Angeklagten mangle (Urteilsfaktum II./).

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den Schuldspruch gerichtete, auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs 1 StPO

gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt.

In Bekämpfung des vom Erstgericht - zumindest in der Schuldform des dolus eventualis - als erwiesen angenommenen Schädigungsvorsatzes bei Begehung der im Schuldspruch angeführten Betrugshandlungen macht der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen zum erstangeführten Nichtigkeitsgrund dem Ersturteil vor allem unter Hinweis auf das damals vor der Ausführung stehende Wohnbauprojekt an der Bregenzer Achbrücke, aus dessen Realisierung er sich nach seiner Verantwortung einen erheblichen Gewinn erwarten durfte, einen (inneren) Widerspruch zum Vorwurf, weil trotz der darin enthaltenen Feststellung, dieses Projekt hätte bereits 'ein beträchtliches Ausmaß angenommen', bei ihm ein auf Schädigung gerichteter (bedingter) Vorsatz als erwiesen angenommen worden sei. Diese Rüge versagt.

Zur Begründung des Schädigungsvorsatzes verweist das Ersturteil in Übereinstimmung mit den Verfahrensergebnissen zunächst auf die - nicht zuletzt durch seinen aufwendigen Lebensstil herbeigeführte - schwierige finanzielle Situation des schon damals von seinen (zahlreichen) Gläubigern laufend bedrängten Beschwerdeführers in den hier relevanten Tatzeiträumen (beginnend ab Sommer 1969), derzufolge er nicht einmal in der Lage war, für den Unterhalt seiner Gattin aufzukommen und die in seinem Wiener Büro aufgelaufenen Telefonrechnungen zu bezahlen (S. 457). Daß bei ihm trotz dieser prekären finanziellen Lage nicht ein direkter Schädigungsvorsatz, sondern insoweit 'im Zweifel zu seinen Gunsten' bei Begehung der im Urteilssatz zu Punkt I./ angeführten Betrugsdelikte letztlich nur ein Handeln mit bedingtem Vorsatz als erwiesen angenommen wurde, begründet das Erstgericht damit, daß das in Rede stehende Wohnbauprojekt an der Bregenzer Achbrücke, auf das sich der Beschwerdeführer in Bestreitung eines Schädigungsvorsatzes berufen hatte, zwar bis ins Planungsstadium gediehen war und in diesem bereits ein beträchtliches Ausmaß angenommen hatte, es aber zu einer Bautätigkeit noch nicht gekommen war (S. 462). Angesichts dieser für die Annahme eines bedingten Schädigungsvorsatzes bei Begehung der einzelnen Betrugshandlungen durch den Beschwerdeführer maßgeblichen Urteilsbegründung kann sohin von einem den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO

bewirkenden (inneren) Widerspruch keine Rede sein, weil die erwähnte Feststellung über ein bloß im Planungsstadium befindliches (wenn auch insoweit schon weit fortgeschrittenes) Bauprojekt, aus dessen - allerdings noch in der Ferne liegenden - Verwirklichung sich der Angeklagte eine entscheidende Verbesserung seiner finanziellen Lage erhoffte, ein Handeln mit (zumindest) bedingtem Schädigungsvorsatz keineswegs auszuschließen vermag. Als nicht durchschlagend erweist sich in diesem Zusammenhang der Hinweis des Beschwerdeführers in seiner Mängelrüge auf seinen - im Ersturteil seiner Meinung nach zu Unrecht mit Stillschweigen übergangenen - Freispruch durch das Landesgericht Feldkirch in dem Verfahren 13 Vr 878/72, der dort deshalb erfolgt sei, weil bei ihm ein betrügerisches Vorgehen gerade im Hinblick auf das vorerwähnte Bregenzer Wohnbauprojekt mangels Nachweises eines Schädigungsvorsatzes nicht als gegeben erachtet worden sei. Denn abgesehen davon, daß eine nähere Erörterung der Verfahrensergebnisse dieses (seinem wesentlichen Inhalt nach in der Hauptverhandlung verlesenen; vgl. S. 442) Aktes schon deshalb entbehrlich war, weil das Erstgericht im vorliegenden Verfahren die Schuldfrage auf Grund der von ihm vorgenommenen Würdigung der hier abgeführten Beweise selbständig zu lösen hatte, sodaß es ihm schon deshalb nicht verwehrt sein konnte, hier zu anderen, von dem in Rede stehenden und schließlich (im zweiten Rechtsgang) mit einem Freispruch des Angeklagten abgeschlossenen Verfahren abweichenden Feststellungen zu gelangen, zumal dem Beschwerdeführer nach dem dort wider ihn erhobenen Anklagevorwurf (wegen Betruges) ein anderer Sachverhalt zur Last lag, übergeht er die in dem vorerwähnten freisprechenden Erkenntnis des Landesgerichtes Feldkirch vom 22. April 1975 (in dem Verfahren 13 Vr 878/72) enthaltene und durch die dort vorgelegenen Beweisergebnisse voll gedeckte Feststellung, daß sich (schon) im Sommer 1969

durch die Nichtgewährung eines Wohnbauförderungsdarlehens die Undurchführbarkeit des Bregenzer Wohnbauprojektes herausgestellt hatte (vgl. hiezu das eigene Vorbringen des Angeklagten, S. 258, sowie die Aussage des Zeugen Dr. Herbert G, S. 338 des angeschlossenen Aktes 13 Vr 878/72

des Landesgerichtes Feldkirch). Diesem für das Wissen des Angeklagten um das Scheitern dieses Bauvorhabens entscheidenden Zeitpunkt (Sommer 1969) konnte zwar im Hinblick auf die in dem Verfahren 13 Vr 878/72 des Landesgerichtes Feldkirch relevante Tatzeit (Jänner 1969) bei Beurteilung des den Angeklagten dort treffenden Betrugsvorwurfes, vor allem bei Lösung der damit zusammenhängenden Frage, ob bei ihm schon damals ein Handeln mit Schädigungsvorsatz vorlag, Bedeutung zukommen. Da hingegen das vom nunmehr angefochtenen Schuldspruch erfaßte inkriminierte Verhalten des Beschwerdeführers, anders als ihm vorzitierten Strafverfahren, erst im Sommer 1969 einsetzte und sich bis in das Jahr 1970 erstreckte (vgl. S. 458, 459, 460), konnte im Ersturteil auch insoweit in voller Übereinstimmung mit den Verfahrensergebnissen zu 13 Vr 878/72 des Landesgerichtes Feldkirch die im übrigen auch im vorliegenden Verfahren auf ausreichender Beweisgrundlage beruhende Feststellung getroffen werden, daß der Beschwerdeführer hier bereits in Kenntnis der einer Realisierung des Bregenzer Wohnbauprojektes entgegenstehenden Hindernisse handelte (vgl. S. 458, 463).

Mit dem weiteren Vorbringen zur Mängelrüge, dem Ersturteil könne nicht entnommen werden, daß im Urteilsfaktum I./1.) nur die 'E - GesmbH.' Vertragspartner der 'F, F AG.' gewesen sei, soda ß insoweit sein Schuldspruch nach den von ihm hiezu als unzureichend erachteten Feststellungen des Erstgerichtes nicht berechtigt sei, zumal er auch nach den Urteilsannahmen nicht alleiniger Geschäftsführer dieser Gesellschaft war, behauptet der Beschwerdeführer der Sache nach einen den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs 1 StPO begründenden Feststellungsmangel. Auch dieser Beschwerdeeinwand schlägt nicht durch.

Der Beschwerdeführer übergeht nämlich bei dieser Rüge die durch die Beweisergebnisse, nicht zuletzt durch die eigene Verantwortung vollauf gedeckte Urteilsfeststellung (vgl. S. 458, 175, 192/193, 320 und insbesondere S. 331 bis 335), daß er selbst (ersichtlich gemeint

als Geschäftsführer und somit als Organ der 'E -

GesmbH.') - im Frühjahr 1969 - den Luftreisekreditvertrag mit

der vorgenannten Fluggesellschaft abgeschlossen hatte. Soweit sich der Beschwerdeführer darauf beruft, nur als Organ der 'E

-

GesmbH.' gehandelt zu haben, und meint, die Bezahlung der (wenn auch ausschließlich von ihm unternommenen) Flüge wäre letztlich Sache dieser gegenüber den 'F' allein als Vertragspartner auftretenden Gesellschaft gewesen (S. 336), ist ihm entgegenzuhalten, daß diese Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der er im übrigen nach seiner eigenen, auch durch den Zeugen Dr. Herbert G bekräftigten Darstellung (vgl. S. 337 und 440) zu 90 % (bzw. 95 %), somit zu einem weitaus überwiegenden Teil, als Gesellschafter beteiligt war, nach den bezüglichen, gleichfalls durch die Verfahrensergebnisse ausreichend gedeckten Urteilsannahmen in den Jahren 1968 und 1969 - auch nach dem Wissen des Beschwerdeführers - keinen (mit Gewinn verbundenen) Geschäftsentgang entfaltet hatte (S. 461/462). Damit ist aber dem vorerwähnten Beschwerdeeinwand der Boden entzogen. So gesehen sind (auch) die dem Urteilsfaktum I./1.) zugrundeliegenden Feststellungen (Abschluß eines Kreditkartenvertrages durch den Angeklagten in Kenntnis seiner schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse, mit deren baldiger 'Lösung' er nicht rechnete - S. 458) zur rechtlichen Beurteilung im Sinne eines Schuldspruches wegen Betruges durchaus ausreichend, weil nach dem Vorgesagten entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers letztlich auch die weitere, von ihm im Ersturteil vermißte Feststellung keineswegs geeignet wäre, eine für ihn günstigere Beurteilung herbeizuführen.

Mit der ausdrücklich auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs 1 StPO gestützten, das Vorliegen eines auf die Herbeiführung eines Vermögensschadens, sei es auch nur in der Schuldform des dolus eventualis, ausgerichteten Vorhabens verneinenden Rechtsrüge bringt schließlich der Beschwerdeführer den behaupteten materiellen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, weil er sich hiebei über die - wie bereits bei der Behandlung seiner Mängelrüge dargelegt - in Übereinstimmung mit den Verfahrensergebnissen getroffenen und auch ausreichend begründeten Urteilsannahme hinwegsetzt, er habe in allen vom Schuldspruch erfaßten Betrugsfakten mit - hiezu ausreichendem - bedingtem Schädigungsvorsatz gehandelt. Solcherart vergleicht der Beschwerdeführer nicht, wie es zur prozeßordnungsgemäßen Ausführung einer Rechtsrüge erforderlich wäre, den festgestellten Sachverhalt mit dem darauf angewendeten GesetZ

Die unberechtigte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin

zu verwerfen.

Zu einer - von der Generalprokuratur angeregten -

Maßnahme gemäß dem § 290 Abs 1 StPO in Ansehung des Schuldspruches wegen Betruges zum Nachteil des 'B' (Urteilsfaktum I./2.) fand der Oberste Gerichtshof keinen Anlaß. Die zu diesem Urteilsfaktum getroffenen Feststellungen ließen zwar - im Gegensatz zur Meinung der Generalprokuratur, die (eine Urteilsaufhebung im Schuldspruchfaktum II./2. rechtfertigende) Feststellungsmängel behauptete, - gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3, erster Fall, StPO eine Umqualifizierung im Sinne eines Schuldspruches wegen des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs 2, 2. Fall, StGB zu (wissentlicher Mißbrauch der durch Ausstellung der Kreditkarte erlangten Befugnis /S. 460 /, bedingt vorsätzliche Vermögensschädigung des B /S. 462, 464 / um ca. 145.000 S). In diesem Fall würde aber infolge der Schuldspruchfakten I./1.) und 3.) eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten nicht nur wegen des mit einer Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren ausgestatteten Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB, sondern überdies eine solche wegen des mit der gleichen Strafdrohung versehenen Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs 2, 2. Fall, StGB begründet werden. Die vom Erstgericht vorgenommene Unterstellung aller vom Schuldspruch erfaßten Taten unter die Bestimmung der §§ 146, 147 Abs 3 StGB

bedeutet mithin keinen Nachteil für den Angeklagten, sodaß die Anwendbarkeit des § 290 Abs 1 StPO entfällt.

Die Kostenentscheidung beruht auf der im Spruche angeführten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02217

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00003.79.0904.000

Dokumentnummer

JJT_19790904_OGH0002_0110OS00003_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten