TE OGH 1979/9/5 10Os106/79

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Veröffentlicht am 05.09.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.September 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Harbich und der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Walenta und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Plischnack als Schriftführer in der Strafsache gegen Hubert A wegen des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128

Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 9.Mai 1979, GZ 1 e Vr 1651/79-38, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen der Verteidigerin Dr. Oehlzand und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Strafe gemäß § 43 Abs 1

StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt

nachgesehen.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 23.August 1950 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Hubert A des Verbrechens des schweren, teils durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB (Punkt A./1. und 2. des Urteilssatzes), des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (Punkt B./) und des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB (Punkt C./) schuldig erkannt.

Inhaltlich des unter Punkt A./2. bezeichneten Schuldspruchs liegt ihm zur Last, im Mai 1978 (in Wien) fremde bewegliche Sachen (in einem 5.000 S übersteigenden Wert) nachgenannten Personen mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar a) dem Hans B einen Dynakkord-Verstärker im Werte von 2.000 S, ein Sennheiser-Mikrophon im Werte von 800 S und eine Jeans-Hose im Werte von 250 S;

b)

dem Peter C ein Shure-Mikrophon im Werte von 500 S;

c)

dem Alfred D einen Mikrophon-AKG-Kondensator im Werte von 2.000 S und einen Isophon-Fächerhochtonlautsprecher im Werte von 1.200 S.

Rechtliche Beurteilung

Mit seiner nur gegen diesen Schuldspruch gerichteten, auf die Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde behauptet der Angeklagte zunächst (zum Teil im Rahmen seines der Rechtsrüge zugeordneten) Beschwerdevorbringens) der Sache nach eine - wie er vermeint, Urteilsnichtigkeit (im Sinne des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes) bewirkende - Unvollständigkeit und Undeutlichkeit, weil sich das Ersturteil einerseits über seine - diesen Schuldspruch betreffende - Verantwortung in der Hauptverhandlung hinwegsetze, derzufolge er die von ihm (aus dem Probenlokal) weggebrachten Gegenstände, die der Musikband (in der er als Musiker mitgewirkt hatte) gehörten, gleichsam als Pfand für die verschiedenen, von ihm dort getätigten Investitionen betrachtet habe, und andererseits im Ausspruch über eine entscheidende Tatsache insoweit undeutlich geblieben sei, als es seine Verantwortung, die vorerwähnte Band habe ihm gegenüber Schulden, zwar als durch das Beweisverfahren nicht verifiziert bezeichne (S. 187), aber nicht klar ausgesprochen habe, ob es diesen Teil seiner Verantwortung für widerlegt erachte. Mit seiner (zum Teil in seinem Beschwerdevorbringen zum geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der Z 5

des § 281 Abs 1 StPO enthaltenen) Rechtsrüge bemängelt der Beschwerdeführer im wesentlichen das Fehlen einer - seiner Ansicht nach durch die Verfahrensergebnisse indizierten - Feststellung darüber, daß er sich subjektiv zur Ansichnahme dieser Gegenstände 'als Ausgleich' für die von ihm (im Rahmen der Musikband) getätigten Investitionen berechtigt halten durfte. Diese - von ihm vermißte - Feststellung über den (zumindest vermeintlichen) Bestand einer Gegenforderung stünde aber - so führt der Beschwerdeführer ins Treffen - der rechtlichen Annahme eines auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatzes entgegen. Bei Fehlen dieses für den Tatbestand des Diebstahls wesentlichen subjektiven Moments wäre aber sein Schuldspruch im Urteilsfaktum A./2. rechtlich verfehlt. Diese Einwände halten einer Überprüfung nicht stand. Entgegen der Mängelrüge wird im Ersturteil die Darstellung des Angeklagten, die unter Punkt A./2. des Urteilssatzes angeführten Gegenstände gleichsam als Pfand (für seine eigenen, in der Musikband getätigten Investitionen) genommen zu haben, ausdrücklich erörtert und mit dem Hinweis auf das eigene Eingeständnis des Angeklagten, zumindest einen Teil davon (in Italien durch Verkauf - vgl. S. 166) verwertet zu haben, denkrichtig entkräftet (S. 183 und 186/187).

Die Feststellungen des Erstgerichtes, daß die gegenständlichen Geräte nicht in seinem Eigentum standen, und er sich auch im klaren war, darüber nicht verfügungsberechtigt zu sein, weil diese sich 'zum Teil' im 'Einzeleigentum' der anderen Bandmitglieder befanden (S. 183 und 187), ist durch die Verfahrensergebnisse, nämlich durch die Aussagen der Zeugen Hans B (S. 169) und Peter C (S. 171), aber auch durch die Verantwortung des Angeklagten selbst (vgl. S. 165 f.) gedeckt.

Im übrigen bringt aber das Ersturteil durch die Formulierung, daß die Behauptung des Angeklagten, die Musikband habe ihm gegenüber Schulden, durch das Beweisverfahren nicht verifiziert worden sei (S. 187) - dem Beschwerdevorbringen zuwider - mit ausreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, daß es dieser Verantwortung keinen Glauben schenkte, zumal nach den Verfahrensergebnissen keine von den Mitgliedern dieser Musikgruppe gemeinsam angeschafften Geräte oder Instrumente existierten, woraus der Angeklagte eine Forderung gegen die übrigen Mitglieder der Musikband ableiten könnte; ganz abgesehen davon, daß der Zeuge B den Bestand einer Forderung des Angeklagten ausdrücklich verneinte (S. 170), spricht auch der Angeklagte selbst nur von seinem Geld bzw. von Investitionen, die er während seiner Tätigkeit bei der Musikgruppe getätigt hatte und dann bei seiner Flucht nicht mitnehmen konnte (vgl. S. 70, 100 und 166). Die Mängelrüge erweist sich somit als unbegründet.

Der Rechtsrüge ist entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer im Zuge seiner Verantwortung in der Hauptverhandlung an sich gar nicht behauptete, sich für berechtigt gehalten zu haben, die im Urteilssatz unter Punkt A./2.

angeführten Gegenstände - gleichsam als Sicherstellung für seine in der Musikband getätigten und im Probenlokal in Wien zurückgelassenen Investitionen - mitzunehmen, sodaß weder seine Verantwortung noch die übrigen Beweisergebnisse (insbesondere die Aussagen der Zeugen B und C, S. 169 bis 171) Anhaltspunkte für die vom Beschwerdeführer vermißte, seiner Auffassung nach der Annahme eines auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatzes entgegenstehende Feststellung bieten. Durch den zweifachen (gegenteiligen) Hinweis (betreffend die innere Einstellung des Angeklagten) im Ersturteil (S. 183 und 187), wonach der Angeklagte die im Eigentum anderer stehenden Gegenstände im Bewußtsein, darüber nicht verfügen zu dürfen, aus dem Probenlokal verbracht und in der Folge (durch Verkauf) verwertet hat, bringt das Erstgericht in Verbindung mit der nach den Verfahrensergebnissen ersichtlich als nicht existent angesehenen Gegenforderung des Angeklagten vielmehr mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, daß es schon für den Zeitpunkt der Entziehungshandlung ein auf unrechtmäßige, d. h. durch einen (auch nur vermeintlichen) Rechtsanspruch nicht gedeckte Bereicherung gerichtetes Vorhaben des Angeklagten als erwiesen annahm.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28 und 129 StGB - im Urteilsspruch ist auch (überflüssigerweise) die Bestimmung des § 29 StGB zitiert -

zu zehn Monaten Freiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen und die relativ lange Dauer der Verletzung der Unterhaltspflicht. Als mildernd wertete es hingegen die 'Unbescholtenheit' (ersichtlich gemeint: den bisherigen ordentlichen Lebenswandel), den Umstand, daß der Angeklagte bei einem Diebstahl angestiftet wurde und dabei nur in untergeordneter Funktion tätig war, und das Geständnis des Angeklagten in der Hauptverhandlung.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes und die Gewährung bedingter Strafnachsicht nach § 43 StGB an.

Geht man davon aus, daß das Erstgericht beim Verbrechen des Diebstahls die Erschwerungsgründe des hohen, der Wertgrenze von 100.000 S angenäherten Schadens (LSK 1977/74) und des Vorliegens mehrerer Qualifikationen übersehen hat, ferner daß dem Angeklagten mehrere strafbare Handlungen derselben und verschiedener Art zur Last fallen, dann ist das Ausmaß der über ihn verhängten Freiheitsstrafe keineswegs überhöht. Soweit die Berufung auf Herabsetzung desselben gerichtet ist, war ihr daher der Erfolg zu versagen.

Berechtigt erweist sie sich aber, insoweit sie die Gewährung der bedingten Strafnachsicht nach § 43 Abs 1

StGB anstrebt. Der nunmehr neunundzwanzigjährige Angeklagte hat immerhin bis zur Begehung der gegenständlichen Straftaten einen ordentlichen Lebenswandel geführt; die Straftaten stehen daher nach der Aktenlage mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch. Darüber hinaus ist noch zu berücksichtigen, daß sich der Angeklagte in dieser Strafsache nahezu sieben Monate in Untersuchungshaft befunden und dadurch das Übel des Freiheitsentzuges erstmals kennen gelernt hat.

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes ist bei dieser Sachlage die Annahme gerechtfertigt, daß es keiner Vollstreckung der - restlichen - Strafe bedarf, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.

Da auch Gründe der Generalprävention der angestrebten Rechtswohltat nicht entgegenstehen, konnte dem Angeklagten - in (teilweiser) Stattgebung seiner Berufung - die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen werden.

Anmerkung

E02200

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00106.79.0905.000

Dokumentnummer

JJT_19790905_OGH0002_0100OS00106_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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