TE OGH 1979/9/6 12Os94/79

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Veröffentlicht am 06.09.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. September 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Stach als Schriftführer in der Strafsache gegen Heimo A und Gerhard B wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 2, 129

Z 1 und 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Staatsanwaltschaft bezüglich des Angeklagten Gerhard B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 19. April 1979, GZ 6 Vr 336/79-35, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufung des Angeklagten Heimo A nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Verlesung der Berufungsausführungen des Angeklagten Heimo A und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem den Angeklagten Gerhard B betreffenden - auch die Festsetzung einer Strafe für den Schuldspruch des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Jugendschöffengerichtes vom 21. Dezember 1977, GZ 3 Vr 2596/77- 26, umfassenden - Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfange der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Der Berufung des Angeklagten Heimo A wird nicht Folge gegeben. Diesem Angeklagten fallen gemäß dem § 390 a StPO auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 7. Februar 1958 geborene Hilfsarbeiter Heimo A und der am 2. November 1959 geborene Kraftfahrzeug-Mechanikergehilfe Gerhard B des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 2, 129 Z 1

und 2 StGB und des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach dem § 135 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil sie in der Zeit zwischen dem 16. November 1978 und dem 31. Dezember 1978, zumeist in Graz, wiederholt und in Gesellschaft als Beteiligte, zum Teil durch Einbruch bzw. Aufbrechen eines Behältnisses, in einem Fall überdies auch aus einem der Religionsausübung dienenden (Kirchen-) Raum, Bargeld und Gegenstände in einem insgesamt 5.000 S nicht übersteigenden Wert gestohlen und aus dem Gewahrsam mehrerer Personen verschiedene Legitimations- und Beweisurkunden dauernd entzogen hatten.

Heimo A wurde deshalb zu einer - unbedingten - Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt.

Über Gerhard B verhängte das Erstgericht hiefür, aber auch für das von diesem Angeklagten bereits am 20.August 1977 verübte Vergehen des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4 StGB, dessen er mit dem Urteil eines Jugendschöffensenates des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 21. Dezember 1977, GZ 3 Vr 2596/77-26, gemäß dem § 13 Abs 1 JGG. ohne Strafausspruch (unter Festsetzung einer dreijährigen Probezeit) rechtskräftig schuldig gesprochen worden war, eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten, die es gemäß dem § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachsah.

Dieses Urteil wird von der Staatsanwaltschaft in Ansehung des Gerhard B - teils zu Gunsten dieses Angeklagten -

sowohl mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z 1, 5 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde als auch (im Strafausspruch) mit Berufung bekämpft. Der Angeklagte Heimo A ficht den ihn betreffenden Strafausspruch mit Berufung an.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt teilweise Berechtigung zu. Unbegründet ist sie allerdings insoweit, als die Beschwerdeführerin darin 'vorsichtshalber' behauptet, das angefochtene Urteil leide an einer Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs 1 Z 1 StPO, weil über die gemäß dem § 56 StPO vereinigten (vgl. S. 187) Strafsachen (nämlich das vorliegende Verfahren und die einbezogene Jugendstrafsache 3 Vr 2596/77) nicht ein Jugendschöffengericht in der im § 32 JGG. vorgesehenen Besetzung entschieden habe. Zwar ist zuzugeben, daß bei einer derartigen, grundsätzlich möglichen (vgl. SSt. 33/69; JBl. 1963, 487 u.a.) Vereinigung gemäß der Vorschrift des § 56 Abs 3 StPO dann, wenn die zusammentreffenden Strafsachen - wie hier - vor verschiedene Gerichte gleicher Ordnung gehören, für die Zuständigkeit jene Strafsache den Ausschlag gibt, über die ihrer Art nach nur eines der Gerichte entscheiden kann. Dies wäre im gegenständlichen Fall das Verfahren 3 Vr 2596/77 gewesen, in dem lediglich das gemäß dem § 46 Abs 4 JGG. für die nachträgliche Straffestsetzung an sich weiterhin zuständige Jugendschöffengericht entscheiden konnte.

Andererseits hat aber der öffentliche Ankläger in der Hauptverhandlung am 19. April 1979 nicht etwa die (auch dem § 35 Abs 1 JGG. entsprechende) Einbeziehung des vorliegenden Verfahrens in das Verfahren 3 Vr 2596/77 beantragt, sondern umgekehrt selbst begehrt, die Jugendstrafsache (als welche das Verfahren 3 Vr 2596/77 auch nach Eintritt der Rechtskraft des ohne Strafausspruch erfolgten Schuldspruchs anzusehen ist) in das gegenständliche Verfahren einzubeziehen (vgl. S. 185). Darüber, daß diesem Antrag entsprochen wurde, was naturgemäß - nach Lage des Falles übrigens auch ohne entscheidenden Nachteil für den Angeklagten Gerhard B, der das 18. Lebensjahr nicht nur zur Zeit der nunmehrigen Straffestsetzung, sondern schon zur Zeit der seinerzeit im Verfahren 3 Vr 2596/77 erfolgten Urteilsfällung überschritten hatte -

zur Folge haben mußte, daß auch über den das einbezogene Verfahren betreffende Straffestsetzungsantrag vom (allgemeinen) Schöffengericht zu entscheiden war, kann sich die Staatsanwaltschaft daher nicht für beschwert erachten, zumal die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 1

StPO überdies nur unter der formellen Voraussetzung Erfolg haben könnte, daß eine allfällige nicht gehörige Besetzung des Gerichtes sofort gerügt worden wäre.

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist jedoch im Recht, soweit sie unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 11 - ziffernmäßig auch jenem der Z 5 - des § 281 Abs 1 StPO den Gerhard B betreffenden Strafausspruch, und hier insbesondere den Umstand bemängelt, daß die über diesen Angeklagten verhängte Strafe bedingt nachgesehen wurde. Denn eine nachträgliche Straffestsetzung nach dem § 13 Abs 2 JGG. setzt voraus, daß die Besserung des (zunächst ohne Strafausspruch) Verurteilten nur durch den Ausspruch und die Vollziehung einer Strafe erzielt werden kann, weswegen die ausgesprochene Strafe auch dann, wenn diese Straffestsetzung gemeinsam mit der Bestrafung wegen neuer (während der gemäß dem § 13 Abs 1 JGG. bestimmten Probezeit begangener) Straftaten erfolgt, nicht bedingt nachgesehen werden darf. Eine bedingte Strafnachsicht in Ansehung der neuen Straftaten allein aber käme nur dann in Frage, wenn die beiden Verfahren entweder getrennt geführt würden oder wenn (in den vereinigten Verfahren) gleichzeitig eine Abweisung des Straffestsetzungsantrages erfolgte (vgl. ÖJZ-LSK 1976/242, 1978/99).

Aus dem Gesagten folgt, daß das Erstgericht durch die bedingte Nachsicht der über den Angeklagten Gerhard B verhängten Gesamtstrafe seine Strafbefugnis überschritten und dadurch das angefochtene Urteil mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 StPO behaftet ist (vgl. EvBl. 1974/95, SSt. 33/73 u.a.). Dies mußte zunächst zur Aufhebung des bezüglichen Strafausspruches führen. Da das Erstgericht - worauf in der Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend hingewiesen wird - im angefochtenen Urteil die Frage der Notwendigkeit einer nachträglichen Straffestsetzung überhaupt nicht behandelte und daher jene Tatsachen nicht feststellte, die dem Erkenntnis bei richtiger Anwendung des Gesetzes zugrunde zu legen wären und eine sofortige Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst ermöglichen könnten, war es darüber hinaus erforderlich, die Sache im Umfange der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen (vgl. erneut SSt. 33/73).

Mit ihrer damit gegenstandslos gewordenen Berufung war die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen. Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten Heimo A nach dem § 129 StGB unter Anwendung des § 28 StGB - wie schon eingangs angeführt - eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend:

die Wiederholung der diebischen Angriffe und deren dreifache Qualifikation, das Zusammentreffen von zwei strafbaren Handlungen, die drei einschlägigen Vorstrafen und die Verleitung des (Mit-)Angeklagten B, hingegen berücksichtigte es als mildernd: das Teilgeständnis, die teilweise Schadensverhütung und das Alter (zwar über 18, jedoch) unter 21 Jahren.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung strebt der Angeklagte A unter Hinweis auf seine ungünstigen familiären Verhältnisse und seinen 'verminderten Geisteszustand' als zusätzliche Milderungsgründe die Herabsetzung der Freiheitsstrafe an.

Der Berufung kommt Berechtigung nicht zu.

Selbst wenn man dem Berufungswerber mit Rücksicht auf - durch Scheidung der Ehe der Eltern ausgelöste - ungünstige Familienverhältnisse und zweimaligen Aufenthalt im Landesnervenkrankenhaus wegen Poreomanie, Aggression und Verwahrlosung im Jahre 1974, wobei jedoch eine Besserung des Zustandes des Angeklagten eintrat (vgl. dazu das Anfang 1976 zu 20 Vr 3792/75, fortgesetzt unter 3 Vr 310/76 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz erstattete, unter ON. 33 beim gegenständlichen Akt befindliche Gutachten), den Milderungsgrund des letzten Falles des § 34 Z 1 StGB zugutehält - eine Verstandesschwäche im Sinne des dritten Falles der eben zitierten Gesetzesstelle ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere auch aus dem erwähnten Sachverständigen-Gutachten nicht -, erscheint die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe angemessen. Es zeigt sich nämlich, daß der Angeklagte trotz Vollziehung von Freiheitsstrafen bzw. Erleiden des Haftübels durch Untersuchungshaft immer wieder rückfällig wurde, sodaß die vom Erstgericht ausgemessene Freiheitsstrafe zur Erreichung der Strafzwecke notwendig erscheint.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruche zitierte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02193

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0120OS00094.79.0906.000

Dokumentnummer

JJT_19790906_OGH0002_0120OS00094_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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