TE OGH 1979/9/11 11Os97/79

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Veröffentlicht am 11.09.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Walenta und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Winter als Schriftführer im selbständigen Verfahren nach dem § 42 Abs 1 PresseG (§ 1 PornG) gegen Unbekannte nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die damit verbundenen Nichtigkeitsbeschwerden der 'A - AG' und der 'B

-

Gesellschaft m.b.H.' als Verfallsbeteiligte gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 27. November 1978, GZ 1 b Vr 1454/78-8, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Der Verfallsbeteiligten 'B -Gesellschaft m.b.H.' wird die begehrte Wiedereinsetzung verweigert.

Der Wiedereinsetzungsantrag der 'A -AG' und die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 27. November 1978, GZ 1 b Vr 1454/78-8, wurde gemäß dem § 42 Abs 1 PresseG im selbständigen Verfahren der Kinospielfilm 'Die Mädchen von Lesbos' samt Vorspann mit Rücksicht auf die objektive Verwirklichung des Tatbestandes nach dem § 1 Abs 1

lit. a und c PornG für verfallen erklärt. Personen, die dem Verfahren als Verfallsbeteiligte beigezogen hätten werden können, waren dem Erstgericht - wie im Verfallserkenntnis zum Ausdruck gebracht wird - nicht bekannt.

Am 21. Mai 1979 begehrten 'A -AG' als Träger der Weltvertriebsrechte an dem vorgenannten Film und 'B -Gesellschaft

m. b.H.' als daran für das Gebiet der Republik Österreich ausschließlich Werknutzungsberechtigte in einem gemeinsamen Schriftsatz, ihnen als Verfallsbeteiligte die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Nichtigkeitsbeschwerde gegen das vorgenannte Urteil zu bewilligen, wobei sie gleichzeitig die Ausführung dieses Rechtsmittels nachholten.

Rechtliche Beurteilung

Bei dieser Sachlage hatte der Oberste Gerichtshof zunächst die Legitimation der Einschreiter zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages zu prüfen. Dazu wurde erwogen:

Kraft ausdrücklicher Vorschrift des § 42 Abs 2 PresseG sind für das selbständige Verfallsverfahren nach diesem Gesetz die Bestimmungen der Strafprozeßordnung und jene des § 41 Abs 3 PresseG über die Hauptverhandlung, über das auf Grund einer Hauptverhandlung gefällte Urteil und dessen Anfechtung entsprechend anzuwenden. Sinnvollerweise muß diese Norm dahin verstanden werden, daß die Vorschriften der Strafprozeßordnung nur so weit heranzuziehen sind, als positive Regelungen im Pressegesetz selbst (insbesondere dessen vorzitierter Bestimmung) fehlen.

Nun trifft aber (gerade) in der Frage der Verfahrensbeteiligung das Pressegesetz ausdrücklich Anordnungen (§§ 40, 41 Abs 3), weswegen sich insoweit die allgemeinen Normen der Strafprozeßordnung (§§ 443 ff.) als nicht anwendbar erweisen. Für solche Gesetzesauslegung spricht im übrigen auch der Umstand, daß im letzten Satz des § 42 Abs 2 PresseG nur die im § 41 Abs 3 dieses Gesetzes angeführten möglichen Verfallsbeteiligten (Herausgeber, Verleger) als Kostenpflichtige genannt werden.

Demnach sind im selbständigen Verfallsverfahren hinsichtlich einer periodischen Druckschrift deren Herausgeber, hinsichtlich eines anderen Druckwerkes (unter welchen Begriff auch Spielfilme fallen - vgl. SSt. 11/70, 10 0s 73/73, 9 0s 168/78) dessen Verleger zur Hauptverhandlung zu laden, soferne dies ausführbar ist. Nur diesen Personen steht somit auch das Recht auf Anfechtung des Verfallserkenntnisses - gleich einem Beschuldigten - zu. Als Verleger aber ist anzusehen, wer den Vertrieb eines Druckwerkes in seiner Hand vereinigt und leitet (vgl. SZ 29/71, ÖJZ 1975/143 u. a.).

Nach dem Vorbringen im gemeinsamen Wiedereinsetzungsantrag ist die Antragstellerin 'B -Ges.m.b.H.' nicht nur Eigentümerin sämtlicher Kopien des gegenständlichen Filmes, ihr stehen auch auf Grund Vertrages die ausschließlichen Nutzungs-(Verleih-)Rechte an diesem Film für das gesamte Gebiet der Republik Österreich zu. Damit ist die Firma 'B' -

als Verleger des dem Verfall unterworfenen Druckwerkes zu bezeichnen.

Der Firma 'A -', die sich der Verleihrechte an dem Film 'Die Mädchen von Lesbos' für den inländischen Rechtsbereich begeben hat, kann hingegen - schon deshalb - Verlegereigenschaft und damit Antragslegitimation nicht zugebilligt werden.

Mithin war allein in die sachliche Prüfung des von der Firma 'B - Gesellschaft m.b.H.' gestellten Wiedereinsetzungsbegehrens - dessen grundsätzliche Zulässigkeit auch für den Verfallsbeteiligten mangels einer solcher Annahme entgegenstehenden Norm zu bejahen ist - einzutreten. Diesem kommt indes aus folgenden Erwägungen keine Berechtigung zu:

Gemäß dem § 364 Abs 1 StPO kann dem Beschuldigten wider die Versäumung der Frist zur Ausführung eines Rechtsmittels die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erteilt werden, soferne er - innerhalb bestimmter Frist - nachzuweisen vermag, daß es ihm durch unabwendbare Umstände ohne sein oder seines Vertreters Verschulden unmöglich gemacht wurde, die Frist einzuhalten.

Im Wiedereinsetzungsantrag sind solche unabwendbaren Umstände expressis verbis nicht angeführt. Sinngemäß wird er bloß auf die Tatsache gestützt, daß die Antragstellerin zur Hauptverhandlung nicht geladen wurde und daher erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist vom Verfallsausspruch Kenntnis erlangte. Eine derartige Nichtbeteiligung des Verfallsbetroffenen am Verfahren ist jedoch - für sich allein - nicht als ein zur Wiedereinsetzung berechtigender unabwendbarer Umstand anzusehen, wofür auch die - einschränkungslos formuliert -

Regelung des § 40 Abs 1 letzter Satz PresseG spricht (vgl. in diesem Zusammenhang auch SSt. 32/66 und RZ 1977/57). Dem Wiedereinsetzungsantrag der Verfallsbeteiligten 'B - Gesellschaft m.b.H.' konnte daher kein Erfolg beschieden sein, was die Zurückweisung (auch) deren verspätet erhobener Nichtigkeitsbeschwerde zur Folge hatte.

Insgesamt war daher wie aus dem Spruche ersichtlich zu entscheiden.

Anmerkung

E02226

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00097.79.0911.000

Dokumentnummer

JJT_19790911_OGH0002_0110OS00097_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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