TE OGH 1979/9/12 10Os123/79

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.09.1979
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. September 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Harbich sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Walenta und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Plischnack als Schriftführer in der Strafsache gegen Josef A wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143

StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Korneuburg vom 13. Juni 1979, GZ 10 Vr 161/79-42, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und über die Berufung der Staatsanwaltschaft nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Claus, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 10 (zehn) Jahre erhöht.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde der am 18. Februar 1943 geborene Bauhilfsarbeiter (S. 194, 236) Josef A des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 StGB schuldig erkannt, weil er am 23. Februar 1979 in Wilfersdorf (Niederösterreich) dem 81-jährigen Leopold B und dessen schwachsinnigem 46 Jahre alten Sohn Johann B durch Ansetzen eines Bajonettes und eines Taschenmessers sowie durch die damit verbundene Äußerung 'Geld her, Geld oder Leben, mir ist alles eins, was geschieht', mit Gewalt und Drohung 9.700 S Bargeld sowie Schmuckstücke im Werte von 41.300 S mit dem Vorsatz abgenötigt hat, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer allein auf die Z 5 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Beschwerdeführer erblickt den Verfahrensmangel in der Abweisung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung (S. 210 d.A.) gestellten Beweisantrages auf Einholung des Gutachtens eines (Psychiaters oder Psychologen als) Sachverständigen zur Frage, ob der Zeuge Johann B homosexuell veranlagt ist. Er führt dazu aus, daß der beigezogene psychiatrische Sachverständige Dr. Heinrich C nicht in der Lage war, dazu ein Gutachten abzugeben, sodaß ungeklärt geblieben sei, ob sich die Ereignisse nicht doch im Rahmen einer homosexuellen Beziehung zwischen dem genannten Zeugen und dem Angeklagten auf die von letzterem geschilderte Weise (nicht Raub sondern Geschenk) zugetragen habe; jedenfalls wäre die begehrte Beweisaufnahme für die Überprüfung des Beweiswertes der Aussage des Zeugen Johann B (der eine solche Neigung in Abrede stellte) von Bedeutung gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Der Antrag entbehrte schon deshalb jeder Berechtigung, weil selbst die Aufdeckung einer homophilen Neigung des Johann B durch eine - hiezu geeignete (S. 223) - psychologische Persönlichkeitsuntersuchung noch keinen Nachweis für einen homosexuellen Kontakt zwischen Johann B und dem Angeklagten erbracht hätte und sogar der Bestand eines solchen der Annahme des Herganges der Ereignisse in der inkriminierten Form nicht entgegengestanden wäre. Zur Beantwortung der Frage der Glaubwürdigkeit und Beweiskraft der Verantwortung des Angeklagten einerseits und der Aussage des Zeugen Johann B andererseits waren die Geschwornen bereits auf Grund des persönlichen Eindrucks, den sie sich in der Hauptverhandlung von diesen erwachsenen Personen zu verschaffen vermochten, durchaus in der Lage. Letztlich kommt die Untersuchung von Zeugen durch ärztliche Sachverständige nur mit deren ausdrücklicher Zustimmung in Betracht; es war daher schon der in der Hauptverhandlung - nach der Aktenlage ohne vorgängige Einholung eines solchen Einverständnisses

-

dem (zunächst) zur Begutachtung des Geisteszustandes des Angeklagten beigezogenen psychiatrischen Sachverständigen Dr. C mündlich erteilte Auftrag, die beiden Zeugen Leopold und Johann B hinsichtlich ihres Geisteszustandes und ihrer Aussagefähigkeit zu untersuchen (Hauptverhandlungsprotokoll S. 210) gesetzwidrig (vgl. SSt. 29/8, EvBl. 1975/120).

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen. Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach (dem ersten Strafsatz des) § 143 StGB zu acht Jahren Freiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung nahm es als erschwerend die einschlägigen Vorverurteilungen, den raschen Rückfall und den Umstand an, daß die Tat innerhalb der Probezeit begangen wurde, als mildernd hingegen die teilweise Schadensgutmachung durch Zustandebringung eines Teiles der Beute.

Mit ihrer Berufung strebt die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung der Freiheitsstrafe an.

Die Berufung ist begründet.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe zwar im wesentlichen richtig erfaßt, doch ist nach Lage des Falles, vor allem im Hinblick auf den (verhältnismäßig) raschen Rückfall (der Angeklagte war erst am 6. März 1978 nach Verbüßung einer längeren Freiheitsstrafe bedingt entlassen worden), der brutalen Vorgangsweise und der Tatsache, daß sich die Straftat (wiederum) gegen alte und weitgehend hilflose Personen gerichtet hat, die Strafe zu gering ausgemessen worden.

In Würdigung dieser Umstände erachtet der Oberste Gerichtshof eine Erhöhung für geboten und erst die aus dem Spruch ersichtliche Freiheitsstrafe dem Unrechtsgehalt der Tat, dem Verschulden des Angeklagten und seiner Täterpersönlichkeit angepaßt. Es war daher über die Berufung spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E02184

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00123.79.0912.000

Dokumentnummer

JJT_19790912_OGH0002_0100OS00123_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten