TE OGH 1979/9/18 11Os127/79

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Veröffentlicht am 18.09.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.September 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Walenta und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Winter als Schriftführer in der Strafsache gegen Kurt A und andere wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1, Abs 2 Z 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten Alexander B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18.Jänner 1979, GZ 3 e Vr 7501/77-85, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Ofner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde - neben den drei im folgenden genannten Angeklagten - auch der am 13.Juli 1952 geborene Bauschlosser Alexander B des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84

Abs 1 und Abs 2 Z 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 2. September 1977 in Wien in verabredeter Verbindung mit den Angeklagten Kurt A, Johann C und Christian D Anna E durch Versetzen mehrerer Faustschläge und Fußtritte vorsätzlich am Körper verletzte, wobei die Tat eine an sich schwere Verletzung der Anna E, nämlich einen Nasenbeinbruch mit Verschiebung der Bruchstücke, sowie eine Schädelprellung, eine Prellung der rechten Jochbeingegend, eine Blutunterlaufung an den Lidern beider Augen ('Brillenhämatom'), einen Bluterguß unter der Bindehaut des rechten Augapfels, eine Blutunterlaufung am Kinn, einen Bluterguß in der Schleimhaut der Unterlippe, eine Rißquetschwunde in der Mundschleimhaut im Bereiche der rechten Wange, sowie weitere Prellungen im Bereiche des Nackens und des Rückens zur Folge hatte.

Alexander B bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht gerechtfertigt. Der vom Beschwerdeführer mit dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund bekämpfte Urteilsausspruch, daß auch er - der eine Tatbeteiligung in Abrede stellte (siehe Band I, S. 531 ff. d.A.) - auf Anna E eingeschlagen habe, ist durch die hiefür im Urteil als Feststellungsgrundlage bezogene Zeugenaussage der Anna E (vgl. insbes. Band I, S. 539 d.A.) und die Verantwortung der Mitangeklagten Christian D (siehe Band I, S. 538 oben d.A.) und Johann C (siehe Band I, S. 533 unten d.A. in Verbindung mit den im Ersturteil gleichfalls zitierten S. 89 a/I d. A.) voll gedeckt und durch die bezüglichen Urteilshinweise zureichend begründet. Der Annahme der Tatbeteiligung auch des Beschwerdeführers steht die von diesem in der Nichtigkeitsbeschwerde angeführte Angabe der Angeklagten Kurt A und Johann C in der Hauptverhandlung nicht entscheidend entgegen, sodaß es - zumal § 270 Abs 2 Z 5 StPO die Abfassung der Entscheidungsgründe in 'gedrängter Darstellung' verlangt - der vom Beschwerdeführer vermißten Erörterung sämtlicher Angaben der Angeklagten im Detail nicht bedurfte.

Begründungsmängel der im § 281 Abs 1 Z 5 StPO bezeichneten Art haften dem bekämpften Ausspruch über die Tatbeteiligung des Angeklagten Alexander B mithin nicht an.

In seiner auf den Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gegründeten Rechtsrüge geht der Beschwerdeführer davon aus, das Erstgericht habe zur subjektiven Tatseite nur festgestellt, die vier Angeklagten hätten vereinbart, Anna E im Wald zu schlagen, was nach Meinung des Beschwerdeführers nicht die Annahme einer Verletzungsabsicht, sondern lediglich einer Mißhandlungsabsicht, und demgemäß (bloß) eine Tatbeurteilung nach dem § 83 Abs 2 StGB gestatte.

Diese Argumentation ist verfehlt:

Das Erstgericht hat den (zumindest) bedingten Verletzungsvorsatz

sämtlicher Angeklagten im Sinne der §§ 5 Abs 1, 83 Abs 1 StGB auf Grund der gegen Anna E gerichteten, zu deren mehrfachen (zum Teil sogar schweren) Verletzungen führenden, im wiederholten Einschlagen auf das Opfer mit Händen und Füßen bestehenden Tathandlungen als erwiesen angenommen (siehe Band I, S. 552, 553 d.A.).

Die vom Beschwerdeführer zitierte Urteilskonstatierung bezieht sich auf die - weitere - Urteilsannahme einer Tatbegehung in (vorher) verabredeter Verbindung im Sinne des § 84 Abs 2 Z 2 StGB, für welche, was das Schöffengericht - zum Unterschied vom Beschwerdeführer - richtig erkannt hat, übrigens gar nicht erforderlich ist, daß jeder der Beteiligten auch persönlich an das Opfer tätlich Hand angelegt hat (vgl. Kienapfel I, RN. 354 und RN. 360 /zu § 84 StGB /; EvBl. 1979/146).

Davon abgesehen handelt es sich, was der Beschwerdeführer gleichfalls übersieht, bei der in den beiden Absätzen des § 83 StGB beschriebenen (hinsichtlich der subjektiven Tatseite unterschiedlichen) Begehungsweisen der Körperverletzung um rechtlich gleichwertige Deliktsfälle (LSK 1975/171 u. EvBl. 1979/146), die als Grunddelikt grundsätzlich auch für die Fallgruppen des § 84 Abs 1

und Abs 2 StGB in Betracht kommen.

Ein Subsumtionsirrtum im Sinne einer Urteilsnichtigkeit nach dem § 281 Abs 1 Z 10 StPO ist dem Erstgericht nach dem Gesagten jedenfalls nicht unterlaufen. Damit bedarf es aber auch keiner Erwiderung auf den weiteren Beschwerdeeinwand, das Erstgericht habe zufolge seiner unrichtigen Subsumtion eine Prüfung der Fahrlässigkeitskomponente im Sinne des § 83 Abs 2 StGB, bezogen auf die dort genannten Folgen, unterlassen. Vielmehr hat das Schöffengericht die zum Teil als 'an sich schwer' einzustufenden Verletzungen der Anna E als vom Vorsatz der Angeklagten (im Sinne des § 5 Abs 1 StGB) erfaßt und die Tathandlungen durchaus adäquat beurteilt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Alexander B war daher als unberechtigt zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten Alexander B nach dem § 84 Abs 1 StGB gemäß den §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf die Urteile des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 27.April 1978, AZ 3 e Vr 1301/78, und des Strafbezirksgerichtes Wien vom 22. August 1978, AZ l7 U 1176/77 (richtig: AZ 17 U 1976/77), eine zusätzliche Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten. Bei der Strafbemessung wertet es als erschwerend die einschlägige Vorstrafe des Angeklagten B wegen Körperverletzung aus dem Jahre 1976, als mildernd keinen Umstand.

Mit seiner Berufung beantragt der Angeklagte eine Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe oder aber, in Anwendung des § 40 StGB, von der Verhängung einer Zusatzstrafe überhaupt abzusehen. Seiner Berufung kommt keine Berechtigung zu.

In Ergänzung und Präzisierung der Strafzumessungsgründe des Erstgerichtes ist zunächst festzuhalten, daß den Angeklagten der Vorwurf raschen Rückfalls trifft. Der Angeklagte wurde nämlich nach seiner Entlassung am 15.Juni 1977 aus einer achtmonatigen Freiheitsstrafe, die mit Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 17. September 1976, AZ 11 Vr 701/76, wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB über ihn verhängt worden war, bereits wieder in den folgenden Monaten einschlägig straffällig. Überdies ist ihm die zweifache Vergehensqualifikation, wonach die Tat eine an sich schwere Verletzung zur Folge hatte und von insgesamt vier Personen in verabredeter Verbindung begangen wurde, als erschwerend zuzurechnen. Der Behauptung des Angeklagten, daß er die Tat unter Einwirkung eines Dritten, nämlich des Mitangeklagten Kurt A, verübt habe und er in nur untergeordneter Weise an der Tat beteiligt gewesen sei, sind die Feststellungen des Erstgerichtes entgegenzuhalten, wonach alle Angeklagten vereinbarten, auf ihr Opfer Anna E einzuschlagen und dies in der Folge auch taten. Unter diesen Umständen kann von einer minder starken Tatbeteiligung oder einer Einwirkung eines Dritten in beachtlichem Ausmaß, die sein Verhalten in einem milderen Licht erscheinen ließen, nicht gesprochen werden. Ob aber der Angeklagte B gegenüber Anna E, wie er behauptete, keine feindseligen Gefühle hegte, kann dahingestellt bleiben, da sich auch zutreffendenfalls seine Schuld dadurch nicht verringerte.

Die vom Erstgericht über den Angeklagten B verhängte zusätzliche Zusatzstrafe ist daher bei angemessener Wertung sowohl des Unrechtsgehalts der Tat als auch der Schuld und Persönlichkeit des Angeklagten jedenfalls nicht überhöht; es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenausspruch beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02246

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00127.79.0918.000

Dokumentnummer

JJT_19790918_OGH0002_0110OS00127_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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