TE Vwgh Erkenntnis 2005/4/28 2005/16/0025

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Veröffentlicht am 28.04.2005
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
27/04 Sonstige Rechtspflege;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §236 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
GEG §6 Abs1;
GEG §9 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. Wulf Gordian Hauser, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilerstätte 18-20, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 29. Oktober 2004, Zl. Jv 51527-33a/04, betreffend Nachlass von Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 14. Oktober 2004 stellte der Beschwerdeführer beim Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien den Antrag, ihm die Gerichtsgebühren für ein der Aktenzahl nach angeführtes Gerichtsverfahren zu erlassen. Begründend brachte er vor, er habe keine Klage eingebracht, sondern einen Verfahrenshilfeantrag gestellt; ohne Nachlass der Gebühren wäre seine Existenz gefährdet.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Antrag keine Folge und stellte begründend fest, der Beschwerdeführer schulde einer Bank rund EUR 32.700,--. In Anbetracht der Höhe dieser Zahlungsverpflichtung könne in der Einbringung der vorgeschriebenen Gerichtsgebühren in der Höhe von EUR 558,-- keine besondere Härte im Sinne des § 9 Abs. 2 GEG erblickt werden. Diese liege dann nicht vor, wenn die finanzielle Situation des Gebührenschuldners so schlecht sei, dass auch die Gewährung der beantragten Nachsicht nicht den geringsten Spareffekt hätte und an der Existenzgefährdung nichts ändern könnte. Die Beantwortung der Frage, ob die der Gebührenschuld zu Grunde liegende Eingabe als Klage oder als Verfahrenshilfeantrag zu werten sei, könne dahinstehen, weil es auf die Umstände, wie es zur Gebührenvorschreibung gekommen sei, nicht ankomme.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde, die den Verwaltungsakt vorlegte, eine Gegenschrift erstattete, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Gewährung einer Stundung oder eines Nachlasses von Gerichtsgebühren gemäß § 9 Abs. 1 bzw. Abs. 2 GEG verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 9 Abs. 2 GEG können Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlass im öffentlichen Interesse gelegen ist.

Bei der Vorschrift des § 9 Abs. 2 GEG handelt es sich um eine Ermessensvorschrift, doch ist das Recht der Behörde, von diesem Ermessen Gebrauch zu machen, vom Vorliegen einer der beiden im Gesetz genannten Alternativvoraussetzungen abhängig. Hinsichtlich des Tatbestandselements der "besonderen Härte" kommt nach der hg. Rechtsprechung sowohl eine besondere Härte infolge einer sachlichen Unbilligkeit der Einbringung als auch eine solche infolge Vorliegens individueller Gründe in Betracht, die die Einbringung der gesetzmäßig vorgeschriebenen Gerichtsgebühren als besondere Härte erschienen ließen. Diese Voraussetzung hat die Justizverwaltungsbehörde in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen (vgl. die in Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren7, zu E 49 ff zu § 9 GEG angeführte Rechtsprechung).

Eine sachliche Unbilligkeit liegt nach Ansicht des Beschwerdeführers zusammengefasst deshalb vor, weil die der Gebührenschuld zu Grunde liegende Eingabe des Beschwerdeführers nicht als Klage hätte gewertet werden dürfen.

Dem Beschwerdeführer ist entgegenzuhalten, dass im Verfahren betreffend Nachlass von Gerichtsgebühren kein Raum dafür ist, Versäumnisse, die im Vorschreibungsverfahren unterlaufen sind, nachzuholen und nochmals die Frage der Richtigkeit der Gebührenbemessung aufzurollen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 95/16/0148). Wenn der Beschwerdeführer mit seinen Einwendungen die Auffassung vertreten sollte, der an ihn ergangene Zahlungsauftrag über die in Rede stehenden Gebühren habe nicht dem Gesetz entsprochen, so hätte er derartige Einwendungen gegen diesen Zahlungsauftrag erheben müssen. Im Antrag um Nachlass der Gebühren können solche Einwendungen nicht (mehr) mit Aussicht auf Erfolg vorgebracht werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 2001, Zl. 2000/16/0635).

Eine persönliche Unbilligkeit soll den Beschwerdebehauptungen zufolge zusammengefasst deshalb vorliegen, weil durch die Einbringung der Gerichtsgebühren die Grenze des Existenzminimums unterschritten würde.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Voraussetzung einer Nachlassentscheidung nach § 9 Abs. 2 GEG ist ein Antrag des Nachlasswerbers. Es ist dabei Sache des Antragstellers einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels, die seiner Ansicht nach für den Nachlass sprechenden Umstände darzulegen (vgl. die in Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren7, zu E 28 und 29 zu § 9 GEG angeführte Rechtsprechung). Zu den besagten Umständen zählen neben den Angaben über das Vermögen auch jene über Verbindlichkeiten.

Ein Nachlass von Abgabenschuldigkeiten kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht in Frage, wenn die finanzielle Situation des Abgabenschuldners so schlecht ist, dass die Gewährung des Nachlasses keinen Sanierungseffekt hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2002, Zl. 2002/16/0194, mwN).

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer in seinem Antrag nicht konkretisiert, wie die dem vorliegenden Verfahrenshilfeantrag zu entnehmenden Verbindlichkeiten von "450.000 S" rückgeführt würden und wie sich das in der Beschwerde genannte Einkommen von EUR 869,-- auf die Rückzahlungen und auf die sonstige Ausgaben - bekannt ist nur die Höhe der Miete - verteilt. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde, der der Gegenschrift zufolge die Höhe der Verbindlichkeiten und des Einkommens des Beschwerdeführers aus einem anderen Verfahren bekannt waren, angenommen hat, ein Nachlass der Gerichtsgebühren hätte keinen positiven Effekt auf die finanzielle Situation des Beschwerdeführers. Dieser Einschätzung hält der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde keine einzige konkrete Tatsache entgegen. Ebensowenig sind der Beschwerde konkrete Argumente für die Annahme des Vorliegens von persönlicher Unbilligkeit im Beschwerdefall zu entnehmen. Allgemeine Hinweise auf eine "besonders bescheidene Lebensführung" und die Behauptung des Unterschreitens der "Grenze des Existenzminimums" können nachvollziehbare und vor allem überprüfbare Angaben, die sich auf das Verfahrensergebnis auswirken könnten, nicht ersetzen.

Der Beschwerdeführer legt auch nicht dar, weshalb der Nachlass im öffentlichen Interesse gelegen sein soll. Die entsprechenden Ausführungen in der Beschwerde sind wiederum allgemein gehalten und bieten kein Substrat für eine Beurteilung im Beschwerdefall.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, dass er nicht darüber belehrt worden sei, dass er auch eine Stundung beantragen hätte können; zumindest hätte die belangte Behörde den Antrag auch in diese Richtung prüfen müssen.

Dem stand jedoch entgegen, dass der Beschwerdeführer ausdrücklich nur den Nachlass der Gerichtgebühren beantragte und sein Vorbringen keine Anhaltspunkte für einen Antrag auf Stundung enthielt.

Soweit der Beschwerdeführer im Punkt "Ergänzungsbedürftiger Sachverhalt aufgrund mangelnder Beweisaufnahme" Feststellungen zu den "für die Beurteilung der Rechtsfrage ausschlaggebenden Fragen" einfordert, lässt er offen, welchen Sachverhalt er im Detail festgestellt haben will; damit bleibt aber auch unbestimmt, welche Tatsachengrundlage die belangte Behörde für ein für den Beschwerdeführer günstiges Ergebnis hätte heranziehen sollen. Der Beschwerdeführer hat also selbst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sein Vorbringen nicht derart substanziiert, dass dann, wenn es festgestellt werden sollte, vom Vorliegen eines Nachlassgrundes ausgegangen werden könnte.

Dem Beschwerdeführer ist es nach dem Gesagten nicht gelungen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht im Rahmen des gestellten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 28. April 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005160025.X00

Im RIS seit

31.05.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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