Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Stach als Schriftführer in der Strafsache gegen Stefan A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 2, 129 Z. 1 sowie 15 StGB mit Zustimmung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 21. März 1979, GZ. 19 Vr 709/78-51, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird, soweit ihr nicht im folgenden teilweise Folge gegeben wird, zurückgewiesen.
Im übrigen wird der Nichtigkeitsbeschwerde teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil das ansonsten unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der Tat auch unter § 128 Abs. 2 StGB, sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 21. November 1946 geborene §BB-Bedienstete Stefan A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 2, 129 Z 1 sowie § 15 StGB schuldig erkannt und nach § 128 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Es liegt ihm zur Last, in der Zeit vom 13. Juni 1977
bis zum 14. Juni 1978 in verschiedenen Orten Niederösterreichs in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Siegfried B in mehrfachen Angriffen zum Nachteil verschiedener Personen Gegenstände im Gesamtwert von 278.400 S durch Einbruch gestohlen (Punkt A/1-15 des Urteilssatzes) und weiters in zwei Fällen Gegenstände unbekannten Werts durch Einbruch zu stehlen versucht zu haben (Punkt B/1-2 des Urteilssatzes).
Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil mit einer ziffernmäßig nur auf § 281 Abs. 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie im Strafausspruch mit Berufung.
In Ausführung des bezeichneten Nichtigkeitsgrundes behauptet die Beschwerde eine offenbar unzureichende Begründung der Urteilsannahme, daß zum Nachteil der Verlassenschaft nach Karl C (Punkt A/1 des Urteilssatzes) auch zwei Brillantringe, ein Siegelring, ein Goldarmband und eine Pistole gestohlen wurden, weil dieser Ausspruch in den Beweisergebnissen keine Deckung finde. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers hat aber das Schöffengericht den bekämpften Schuldspruch auch in Ansehung des Diebstahls der angeführten Gegenstände zureichend begründet, indem es sich hiezu sowohl auf die Bekundungen der Zeugen Gertrude D, Maria E und Elfriede F als auch auf die Angaben des Mittäters B bezog (S. 454 d. A.). Aus diesen Beweisergebnissen, insbesondere aus der Aussage der Zeugin F in der abgesondert geführten Hauptverhandlung gegen B (S. 374 ff d. A., ohne Widerspruch des Beschwerdeführers verlesen in der Hauptverhandlung am 15. Feber 1979, S. 405, und ersichtlich auch in der Hauptverhandlung am 21. März 1979, S. 445 d. A.), konnte das Schöffengericht im Rahmen der allein ihm zustehenden Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) die Überzeugung gewinnen, daß bei dem Einbruch in das (zur Tatzeit unbewohnte) Haus des C auch die in Rede stehenden Gegenstände gestohlen wurden, und somit die gegenteilige Verantwortung des Beschwerdeführers als widerlegt erachten. Hat doch die Zeugin F erklärt, erst kurze Zeit vor dem Einbruch im Haus des C gewesen zu sein und dabei die nachmals fehlenden Gegenstände noch dort gesehen zu haben (S. 373, 375 d. A.). Der Beschwerdeführer selbst hat im übrigen in der Hauptverhandlung am 15. Feber 1979 angegeben, daß die beiden Brillantringe, der Siegelring, das Goldarmband und die Pistole bei dem gegenständlichen Einbruch gestohlen wurden, allerdings nicht von ihm, sondern von seinem Komplizen B (S. 405 d. A.).
Rechtliche Beurteilung
Damit haftet dem in Rede stehenden Ausspruch der behauptete Begründungsmangel nicht an. Soweit sich die Beschwerde aber in diesem Zusammenhang der Sache nach gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts wendet, ist sie unbeachtlich, weil im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden gegen schöffengerichtliche Urteile eine Bekämpfung der Beweiswürdigung nicht zulässig ist.
Des weiteren wirft die Beschwerde dem Ersturteil aus dem herangezogenen Nichtigkeitsgrund eine unzureichende Begründung der angenommenen Strafzumessungsgründe vor. Insoweit ist die Beschwerde nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO Ausführungen zu solchen Tatsachen, die ausschließlich für die Ausmessung der Strafe innerhalb eines bestimmten gesetzlichen Strafrahmens von Bedeutung sind, nicht angefochten werden können (vgl. SSt 35/7 u. a.).
Im bisher erörterten Umfang erweist sich mithin die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig zur Darstellung gebracht gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 (in Verbindung mit § 285 a Z 2) StPO, weshalb sie insoweit sofort zurückzuweisen war. Im Recht ist die Beschwerde hingegen, soweit sie - unter ziffernmäßiger Anrufung des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO, der Sache nach aber einen Feststellungsmangel im Sinne der Z 10
der genannten Gesetzesstelle relevierend - rügt, das Ersturteil enthalte keine Feststellung dahin, daß der 100.000 S übersteigende Wert des Diebsguts vom (zumindest bedingten) Vorsatz des Beschwerdeführers erfaßt gewesen ist.
Zutreffend verweist der Beschwerdeführer darauf, daß der eine bestimmte strengere Strafdrohung bedingende höhere Wert der gestohlenen Sachen stets vom Vorsatz des Täters umfaßt sein muß, wobei allerdings bedingter Vorsatz genügt (vgl. Leukauf-Steininger2 RN 31 zu § 128 StGB). Der Täter muß zwar den genauen Wert nicht kennen, der höhere Wert muß aber jedenfalls annähernd in der Vorstellung des Täters gedeckt sein. Im Regelfall zielt wohl der Vorsatz eines Diebes auf den größtmöglichen Vorfall ab, wobei der Dieb einen von ihm den Umständen nach (ernstlich) für möglich gehaltenen höheren (Gesamt-)Wert zumeist billigt; hätte er allerdings bei Kenntnis des tatsächlichen Werts die Tat unterlassen, könnte ihm bedingter Vorsatz hinsichtlich des Werts der Sache nicht angelastet werden.
Um beurteilen zu können, ob der (strafsatzbestimmende) höhere Wert im Sinne der obigen Ausführungen zumindest vom bedingten Vorsatz des Täters erfaßt gewesen ist, bedarf es in tatsächlicher Hinsicht entsprechender Feststellungen.
Nun stellt das angefochtene Urteil zwar fest, daß der Gesamtwert der vom Angeklagten und seinem Komplizen gestohlenen Sachen objektiv den Betrag von 100.000 S übersteigt (S. 454, 455 d. A.), was der Beschwerdeführer nicht mehr bestreitet.
Es enthält aber keine Feststellung dahin, inwieweit der Beschwerdeführer diesen (objektiv gegebenen) höheren Wert zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat. Nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe ist das Erstgericht auf die subjektiven Vorstellungen des Beschwerdeführers in Ansehung des (Gesamt-)Werts der erbeuteten Gegenstände überhaupt nicht eingegangen, wiewohl sich der Beschwerdeführer stets dahin verantwortet hat, daß er den Gesamtwert maximal auf 60.000 bis 80.000 S geschätzt habe (S. 354, 405 d. A.).
Damit haftet dem Ersturteil tatsächlich der relevierte Feststellungsmangel an, wobei es dem Obersten Gerichtshof verwehrt ist, die fehlenden Feststellungen selbst zu treffen. Da sich mithin zeigt, daß in dem von der Aufhebung betroffenen Umfang die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und diesbezüglich eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war gemäß § 285 e StPO - mit Zustimmung der Generalprokuratur - bereits bei der nichtöffentlichen Beratung hiezu wie im Spruche zu erkennen. Die Aufhebung des Strafausspruchs ist eine zwangsläufige Folge der (Teil-)Aufhebung des Schuldspruchs.
Mit seiner dadurch gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E02267European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0120OS00095.79.0927.000Dokumentnummer
JJT_19790927_OGH0002_0120OS00095_7900000_000