Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Oktober 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Friedrich als Richter, sowie des Richteramtsanwärters Dr. Simetzberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter Viktor A wegen des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 30. Jänner 1979, GZ 22 Vr 1936/78-26, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Tanzer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20. August 1946 geborene Kellner Peter Viktor A 1.) des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 15 StGB, begangen zwischen Mitte August 1978 und dem 30. September 1978 in insgesamt sechs Fällen mit einem teils tatsächlich verursachten, teils im Vorsatz des Angeklagten gelegenen Gesamtschaden von 33.850 S (Punkt I des Schuldspruches), 2.) des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB, begangen am 16. September 1978 durch Zueignung von, durch ihn als Kellner kassierten, Beträgen in der Höhe von insgesamt S 868,10 (Punkt II des Schuldspruches) schuldig erkannt und gemäß §§ 28, 147 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres verurteilt.
Von der Anklage der Veruntreuung in Ansehung eines weiteren Inkassobetrages von S 4.159,10 wurde Peter Viktor A gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte in den Schuldsprüchen wegen versuchten Betruges (Punkt I/4 und 5) mit einer ziffernmäßig auf den Nichtigkeitsgrund der Z 10, sachlich auch Z 5, des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in welcher er unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 11 leg cit auch das Unterbleiben einer Vorhaftanrechnung gemäß dem § 38 Abs 1 StGB rügte. Diesbezüglich wurde - nach einer entsprechenden Angleichung der Urteilsausfertigung an das verkündete Urteil - die Nichtigkeitsbeschwerde im Gerichtstag zurückgezogen. Der Nichtigkeitsbeschwerde - auch soweit sie aufrechterhalten wurde - kommt Berechtigung nicht zu.
Das Erstgericht stellte zu den von der Anfechtung betroffenen Schuldsprüchen folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:
Zu Punkt I/4:
Der Beschwerdeführer bestellte am 27. September 1978 bei Maria B, welche die Erzeugung und den Verkauf von Kristallustern betrieb, zum Gesamtpreise von S 23.653
drei Kristalluster und sieben Wandleuchten, deren Lieferung an den Beschwerdeführer vereinbarungsgemäß am 2. Oktober 1978 erfolgen sollte. Der Beschwerdeführer hatte von vornherein weder die Absicht noch, mangels verfügbarer oder in absehbarer Zeit zu erwartender Geldmittel, die Möglichkeit, den Kaufpreis zu bezahlen. Um Maria B in Sicherheit zu wiegen und sie zur Auslieferung der Ware ohne unmittelbare Bezahlung zu veranlassen, fingierte der Beschwerdeführer ein Telefongespräch mit der Raiffeisenkasse C. In Gegenwart der Zeugin B verlangte er in diesem vorgetäuschten Telefonat die Überweisung von 24.000 S auf deren Konto bei der Raiffeisenkasse D. Nach Beendigung des (Schein-) Gespräches ersuchte er die Zeugin Maria B mit der Behauptung, daß das Geld schon unterwegs sei, ihm sogleich die Differenz von S 347,- zwischen dem Überweisungsbetrag von 24.000 S und dem Rechnungsbetrag von S 23.653 auszubezahlen. Dieser Aufforderung kam Maria B in Erwartung der Überweisung von 24.000 S nach. - Die Herauslockung des Betrages von 347,- S wurde dem Beschwerdeführer in dem, von ihm jedoch nicht bekämpften, Schuldspruch Punkt I/3 als vollendeter Betrug zur Last gelegt. -
Da es Maria B auffällig erschien, daß der Beschwerdeführer die Überweisung 'derart großzügig' sofort zugesichert hatte, erkundigte sie sich in den nächsten Tagen bei der Raiffeisenkasse C, wobei sie erfuhr, daß der Angeklagte dort zwar über ein Konto verfügte, das jedoch 'nicht beweglich' (gemeint offenbar: nicht gedeckt) war. Maria B unterließ daraufhin die Lieferung. Hätte sie die Erkundigung nicht eingezogen, wäre die Lieferung termingemäß erfolgt, auch wenn die vom Beschwerdeführer zugesicherte Überweisung noch nicht eingegangen gewesen wäre (vgl S 238 bis 240, 246 bis 249).
Zu Punkt I/5:
Am 29. September 1979 bestellte der Beschwerdeführer, der auch hier weder die entsprechenden Mittel noch den Willen zur Bezahlung des Kaufpreises in absehbarer Zeit hatte und 'den bestellten Wein zum Nachteil der Winzergenossenschaft E herauslocken wollte', ferner bei der F Niederlassung der Winzergenossenschaft E die Lieferung von Wein zum Gesamtpreis von ca 8.000 bis 10.000 S. Nach dem von ihm bekundeten Wunsch sollte die Lieferung so bald als möglich erfolgen. Zur Auslieferung des Weines, der allerdings nur gegen unmittelbare Barzahlung übergeben worden wäre, kam es nicht, weil die Winzergenossenschaft von den zwischenzeitigen Ermittlungen gegen den Beschwerdeführer und dessen Verhaftung Kenntnis erlangt hatte (vgl S 240 f, 249 f).
In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO wendet der Beschwerdeführer ein, daß die vom Erstgericht als versuchter Betrug beurteilten Fakten Punkt I/4 und 5 des Schuldspruches lediglich straflose Vorbereitungshandlungen darstellten, sodaß nach deren Wegfall aus dem Schuldspruch und damit auch der Qualifikation nach § 147 Abs 2 StGB ihm rechtlich lediglich das Vergehen des Betruges nach § 146 StGB anzulasten sei. Inhaltlich den Vorwurf eines Begründungsmangels im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO bedeutet der weitere Beschwerdeeinwand, die erstgerichtliche Feststellung zum Schuldspruch Punkt I/4, wonach die Lieferung der Beleuchtungsgegenstände vereinbarungsgemäß am 2. Oktober 1978 erfolgen sollte (S 239), finde im Beweisverfahren keine Deckung. Keine der Rügen hält stand.
Die Feststellung über die Vereinbarung des Liefertermines beruht auf den vom Erstgericht für glaubwürdig beurteilten Angaben der Zeugin B im Vorverfahren und in der Hauptverhandlung (vgl S 91, 226, 242, 246).
Rechtliche Beurteilung
Sie ist, der Beschwerde zuwider, durch den Inhalt der Akten gedeckt. Der Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO liegt demnach nicht vor.
Dem Ersturteil haftet aber auch in den bekämpften Aussprüchen ein Rechtsirrtum nicht an.
Gemäß § 15 Abs 2 StGB ist eine Tat (schon) versucht, sobald der Täter seinen Entschluß, sie auszuführen (oder einen anderen dazu zu bestimmen), durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt. Versuch liegt somit jedenfalls vor, wenn der Täter seinen Vollendungsvorsatz in einem Verhalten betätigt, das als Ausführungshandlung zu beurteilen ist.
Ob die Handlung eines Täters, objektiv gesehen, bereits den Beginn der Ausführung des Deliktes bildet (oder der Ausführung unmittelbar vorangeht), und ob auch in subjektiver Beziehung das Vorhaben des Täters schon in ein Stadium getreten ist, in welchem er die entscheidende Hemmstufe vor der Tatbegehung bereits überwunden hat, womit sein Vorsatz erst spezifisch vorwerfbar wird, kann nur von der Gestaltung der einzelnen Tatbestände her unter Berücksichtigung des jeweiligen Deliktstypus beurteilt werden. Vollendet ist das Tatbild des Betruges nach § 146 StGB erst mit dem Eintritt eines vom getäuschten Opfer selbst herbeigeführten Vermögensschadens, versucht mit der vom Täter vorgenommenen Täuschungshandlung, die das tatbestandsmäßig festgelegte, mithin Tatbestandsmerkmal bildende, Mittel der Tatbegehung ist.
Demnach gehen Täuschungshandlungen nicht der Ausführung des Betruges voran; sie gehören vielmehr zu dieser selbst.
Auf den zeitlichen Abstand zwischen der Ausführungshandlung und dem Erfolgseintritt - das ist die vom Täter angestrebte, mit der Schädigung eines anderen am Vermögen verbundene Bereicherung - kommt es bei der Beurteilung der Frage, ob die Tat versucht worden ist, nicht an;
desgleichen auch nicht darauf, ob der Täter (nach dem Tatplan) durch weitere Handlungen, etwa durch die Entgegennahme der durch seine Täuschungshandlung veranlaßten Leistung des Getäuschten, zum Eintritt des Erfolges beizutragen hat. Dies könnte lediglich für die Frage des freiwilligen Rücktrittes vom Versuch (§ 16 StGB) von Bedeutung sein (vgl ua EvBl 1978/115 und die dort zitierte Judikatur und Literatur), die sich jedoch vorliegend - mangels darauf zielender Verantwortung des Angeklagten -
gar nicht stellt.
Alle diese für die Beurteilung einer Tat als Versuch wesentlichen rechtlichen Kriterien verkennt der Beschwerdeführer, wenn er in seiner Rechtsrüge den Standpunkt vertritt, 'das Stadium der strafbaren Ausführungshandlung, bzw eine Betätigung des Tatentschlusses durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung wäre allenfalls (nur) dann vorgelegen, wenn die von ihm bestellten Waren tatsächlich zur Auslieferung gelangt wären und er vom ausliefernden Monteur (Faktum I/4 bzw dem Lieferanten (Faktum I/5) deren Übergabe ohne Bezahlung hätte erreichen können', sodaß, nach Ansicht des Beschwerdeführers, vor Überwindung dieser 'Hindernisse' 'eine unmittelbare Gefährdung des Rechtsgutes noch nicht vorgelegen sei'. Im übrigen nahm das Erstgericht zum Schuldspruchfaktum I/4 ausdrücklich als erwiesen an, daß die Auslieferung der Beleuchtungskörper (ohne die von der Zeugin B eingeholten Erkundigungen über das Konto des Beschwerdeführers) auch dann termingemäß erfolgt wäre, wenn die von ihm zugesicherte Geldüberweisung noch nicht 'stattgefunden' hätte. Soweit der Beschwerdeführer in seinem Rechtsmittel behauptet, es wären ihm (auch) diese Waren 'sicherlich' ohne Bezahlung nicht ausgefolgt worden, und die Vereinbarung des Liefertermines bestreitet, negiert er die gegenteilige Feststellung des Erstgerichtes und führt deshalb die Rechtsrüge nicht dem Gesetz gemäß aus.
Im wesentlichen das gleiche trifft hinsichtlich des Punktes I/5 des Schuldspruches zu, in dem nach den Urteilsannahmen die Übergabe des Weines an den Beschwerdeführer allerdings vom Verkäufer von einer Barzahlung des Kaufpreises abhängig gemacht worden war. Hier übergeht nämlich die Beschwerde die weitere Annahme des Erstgerichtes (S 241 dA), daß der Angeklagte bei der Bestellung des Weines nicht damit gerechnet hatte, daß sich die Winzergenossenschaft E zur Lieferung nur gegen Barzahlung bereitfinden würde (sondern anfänglich der Annahme war, den Wein auf Kredit ausgeliefert zu bekommen). Dieser Feststellung kommt aber insoweit entscheidungswesentliche Bedeutung zu, als die Ausführungsnähe nach dem Tatplan (nach den Vorstellungen des Täters über den Ablauf des Tatgeschehens im Falle des Gelingens der beabsichtigten Täuschung) zu beurteilen ist (EvBl 1974/269 ua). Gleiches gilt letztlich auch für das weitere Beschwerdevorbringen (S 287, 4. und 5. Absatz), zu dem gar nicht bekämpften Schuldspruch Punkt I/3), in welchem teils in sich widersprüchlich, die die subjektive Tatseite zu diesem Faktum betreffenden Urteilsannahmen in Zweifel gezogen werden, ohne daß diesen Ausführungen irgendeine Relevanz in Ansehung der von der Anfechtung betroffenen erstgerichtlichen Aussprüche entnommen werden könnte. Somit erweist sich die den Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO geltend machende Nichtigkeitsbeschwerde als unbegründet und teils auch nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Aus den genannten Gründen war daher der zur Gänze unberechtigten Nichtigkeitsbeschwerde der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02253European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00081.79.1002.000Dokumentnummer
JJT_19791002_OGH0002_0090OS00081_7900000_000