Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Oktober 1979
unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Friedrich und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Plischnack als Schriftführers in der Strafsache gegen Upkar Singh A und Rudolf B wegen des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG., teilweise auch in der Erscheinungsform des Versuches nach dem § 15 StGB., über die von beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 10.Juli 1979, GZ. 6 a Vr 2501/79-33, erhobenen Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, der Ausführungen der Verteidiger Angeklagten, der Rechtsanwälte Dr. Eichenseder und Dr. Posch, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Stöger, zu Recht erkannt:
Spruch
Den Berufungen wird dahin Folge gegeben, daß die über die Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen gemäß dem § 43 StGB., unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit, bedingt nachgesehen werden. Im übrigen wird der Berufung des Angeklagten Upkar Singh A nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO. fallen den Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Geschäftsführer Upkar Singh A, ein indischer Staatsangehöriger, und der Kellner Rudolf B des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG., letzterer teilweise auch in der Erscheinungsform des Versuches nach dem § 15 StGB., schuldig erkannt, weil sie anfangs 1979 in Wien vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in solchen Mengen, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, in Verkehr setzten, und zwar Upkar Singh A dadurch, daß er insgesamt 25 Gramm Morphium dem Rudolf B zum kommissionsweisen Verkauf übergab und Rudolf B dadurch, daß er dem abgesondert verfolgten Gerhard C insgesamt 10 Gramm Morphium verkaufte; Rudolf B überdies auch dadurch in Verkehr zu setzen versuchte, daß er insgesamt 15 Gramm Morphium zum Verkauf bereithielt und dem abgesondert verfolgten Gerhard C anbot.
Das Erstgericht verhängt hiefür über die Angeklagten nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. Freiheitsstrafen und nach dem § 6 Abs. 4 SuchtgiftG. Geldstrafen, und zwar über Upkar Singh A eine Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten und eine Geldstrafe von 7.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einundzwanzig Tagen, und über Rudolf B eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und eine Geldstrafe von 11.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von dreißig Tagen, und erklärte gemäß dem § 6 Abs. 3 SuchtgiftG. das sichergestellte Suchtgift für verfallen.
Bei der Strafbemessung wertete es bei beiden Angeklagten keinen Umstand als erschwerend, als mildernd hingegen, daß sie bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hatten und die Tat mit ihrem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht, bei B überdies sein Geständnis, das zur Überführung des Mitangeklagten A beitrug, sowie den Umstand, daß es (teilweise) beim Versuch des Deliktes geblieben war.
Den ihn betreffenden Schuldspruch bekämpft der Angeklagte A mit Nichtigkeitsbeschwerde; die Berufungen der beiden Angeklagten richten sich gegen die sie betreffenden Strafaussprüche. Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obersten Gerichtshof bereits mit Beschluß vom 10.September 1979, GZ. 13 Os 129/79-4, in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Gegenstand des Gerichtstages sind nur mehr die Berufungen, mit welchen der Angeklagte A eine Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe und beide Angeklagten die Gewährung einer bedingten Nachsicht dieser Freiheitsstrafen anstreben.
Der gegen das Strafmaß erhobenen Berufung des Angeklagten A kommt keine Berechtigung zu.
Denn das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen vollständig erfaßt und auch richtig bewertet und in Ausmessung der Strafhöhe zurecht dem Umstand Rechnung getragen, daß der Angeklagte B, anders als der Angeklagte A, ein Geständnis abgelegt und damit wesentlich zur Überführung seines Mitangeklagten beigetragen hat. Das mußte wohl in einer deutlichen Abstufung des Strafmaßes seinen Niederschlag finden.
Anders aber, soweit sich die Berufungen der beiden Angeklagten gegen die Verweigerung der bedingten Nachsicht der verhängten Freiheitsstrafen wenden.
Denn wie das Erstgericht richtig erkannt hat, stehen die Taten - ungeachtet ihres an sich beträchtlichen Unrechtsgehaltes - in einem auffallendem Widerspruch zum sonstigen Verhalten der bisher unbescholtenen Angeklagten, weshalb gerade die weitere Konstatierung des Urteiles, daß sie selbst nicht drogenabhängig seien, erwarten läßt, daß die nunmehr in ein Strafverfahren mündende Erfahrung der Angeklagten aus einem (nach der Aktenlage) ersten Kontakt mit der Suchtgiftszene ausreichen werde, um sie von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, es also vorliegend aus spezialpräventiven Gründen keiner Vollstreckung der Freiheitsstrafen bedarf. Für Suchtgiftdelikte gilt aber auch kein anderer generalpräventiver Maßstab als für Delikte gegen andere Rechtsgüter: die Menge des involvierten, wenn auch äußerst wirksamen Suchtgiftes hält sich eher im unteren Feld der bei Suchtgiftdelikten nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. üblichen Bandbreite, sodaß auch generalpräventive Gründe eine Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe nicht erheischen. Es waren daher in (hinsichtlich A teilweiser) Stattgebung der Berufungen die verhängten Freiheitsstrafen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachzusehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02281European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0130OS00129.79.1018.000Dokumentnummer
JJT_19791018_OGH0002_0130OS00129_7900000_000