Norm
ABGB §1009Kopf
SZ 52/158
Spruch
Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gesellschafter verlangt, daß in gleicher Rechtsposition befindliche Gesellschafter gleich behandelt werden, d. h. Anspruch auf gleiche Rechte und Pflichten haben. Es ist darin aber nicht das Gebot einer schematischen Gleichbehandlung aller Gesellschafter, sondern das Verbot einer willkürlichen Ungleichbehandlung zu sehen, die bei einer redlichen und vernünftigen Beurteilung nicht gerechtfertigt erscheint
Voraussetzungen der direkten Geltendmachung von Ansprüchen einer Kommanditgesellschaft gegen den Geschäftsführer ihrer Komplementärin (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) ohne den Umweg über einen Haftungsschaden dieser Gesellschaft
Die mit der Führung von Geschäften Dritter Beauftragten sind verpflichtet, alle persönlichen Vorteile herauszugeben, die ihnen aus irgendeinem mit der Geschäftsführung im inneren Zusammenhang stehenden Grund zugekommen sind
OGH 6. November 1979, 5 Ob 764/78 (OLG Wien 2 R 171/78; HG Wien/3 Cg 97/75)
Text
Die X & Co. Gesellschaft ist die einzige Komplementärin, der Beklagte, Dr. J und mehrere andere Personen sind die Kommanditisten der klagenden Kommanditgesellschaft. Der Beklagte war von der Gründung der Kommanditgesellschaft an bis zum 23. August 1974 zusammen mit Dr. J, der diese Stellung heute noch bekleidet, Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft. 1974 sind die Gesellschafter der Y Handelsgesellschaft m. b. H. & Co. KG und der Z Ges. m. b. H. & Co. KG als Kommanditisten in die klagende Gesellschaft eingetreten und haben ihr das Vermögen der genannten Kommanditgesellschaften mit allen Aktiven und Passiven übertragen. Der Beklagte und Dr. J waren auch bei den Komplementärgesellschaften dieser beiden Kommanditgesellschaften Gesellschafter-Geschäftsführer.
Bereits vor Gründung aller dieser Gesellschaften hatten Dr. J und der Beklagte vereinbart, auf dem Teppichmarkt alle Schritte gemeinsam zu unternehmen und alle Vorteile aus dem Teppichgeschäft im weitesten Sinne zur Hälfte zu teilen. Dr. J war damals bereits Inhaber einer Handelsagentur und vertrat zunächst zwei und später vier Teppicherzeuger. Er vereinbarte mit dem Beklagten, daß er alle ihm aus dieser Agenturtätigkeit für diese Kommanditgesellschaften zufließenden Provisionen mit ihm teilen werde. Tatsächlich wurden die aus diesen Geschäften angefallenen Provisionen zwischen Dr. J und dem Beklagten je zur Hälfte geteilt.
Gleich nach der Gründung der Z Ges. m. b. H. & Co. KG im Jahre 1971 eröffnete Dr. J im Einvernehmen mit dem Beklagten ein Werbemittlungsunternehmen. Er vereinbarte mit dem Beklagten, daß er mit ihm auch die aus der Werbung für die drei genannten Kommanditgesellschaften anfallenden Provisionen teilen werde. Es wurden auch die aus der Werbung für diese Gesellschaften anfallenden Provisionen zwischen dem Beklagten und Dr. J je zur Hälfte geteilt.
Insgesamt bezog der Beklagte in den Jahren 1971 bis 1974 von Dr. J Provisionen aus der Handelsvermittlung und Werbemittlung für die drei Kommanditgesellschaften im Betrage von 1 242 792.93 S.
Die Gesellschafter der drei Kommanditgesellschaften wußten und genehmigten, daß Dr. J als Inhaber einer Handelsagentur und eines Werbemittlungsunternehmens aus den für diese Gesellschaften vermittelten Geschäften Provisionen bezieht, sie hatten aber bis zum Ausscheiden des Beklagten als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der Klägerin keine Kenntnis davon, daß Dr. J mit diesem die Provisionen teilt. Als sie davon erfuhren, teilte ihnen der deshalb zur Rede gestellte Geschäftsführer Dr. J wahrheitswidrig mit, der Beklagte habe ihn dazu gezwungen, weil er andernfalls seine Mitwirkung bei der kollektiven Vertretung der Gesellschaften zum Abschluß von Verträgen mit der Handelsagentur und der Werbemittlung verweigert hätte. Im März 1976 faßten alle Gesellschafter der klagenden Kommanditgesellschaft mit Ausnahme des Beklagten den Beschluß, der klageweisen Rückforderung des Provisionsanteiles des Beklagten durch die klagende Kommanditgesellschaft zuzustimmen.
Die klagende Kommanditgesellschaft begehrte mit der vorliegenden Klage die Verurteilung des Beklagten zur Herausgabe der von ihm bezogenen Provisionen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es begrundete seine Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Beklagte keine eine Herausgabepflicht nach sich ziehende Treupflichtverletzung begangen habe. Er habe Dr. J nicht zu der Provisionsteilungsvereinbarung gezwungen, und der Provisionsanteil, über den Dr. J nach Belieben zu verfügen berechtigt gewesen sei, sei ihm auch nicht aus Geschäftsführung zugekommen, denn er sei nicht Geschäftsführer der Klägerin, sondern ihrer Komplementärgesellschaft gewesen, weshalb weder Art. 7 Nr. 4 Abs. 2 der 4. EVHGB noch § 1013 ABGB, der im übrigen durch jene Spezialnorm des Handelsrechtes verdrängt werde, Anwendung finden könne. Aus diesen Gründen sei auf die weiteren Einwendungen des Beklagten nicht mehr einzugehen.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und führte zur rechtlichen Beurteilung der Sache im wesentlichen aus:
Wohl bestimme § 1013 ABGB als unausweichliche Folge der Treuepflicht des Beauftragten ein Geschenkannahmeverbot in Rücksicht auf die Geschäftsverwaltung, doch könne das Verhältnis der klagenden Kommanditgesellschaft zu dem von ihrer Komplementärgesellschafterin bestellten beklagten Geschäftsführer nicht den Regeln des Bevollmächtigungsvertrages unterstellt werden. Der Geschäftsführer einer Ges. m. b. H. sei Organ und nicht nur Bevollmächtigter der Gesellschaft; der Wortlaut des § 28 Abs. 1 GmbHG sei insofern irreführend, als er den Begriff des Geschäftsführers im technischen Sinne verwende. Ob die Rechtsstellung des Geschäftsführers einer Ges. m. b. H. der eines Bevollmächtigten der Gesellschaft ähnlich sei, könne hier dahingestellt bleiben, weil der Beklagte nie Geschäftsführer der Klägerin gewesen sei, so daß schon deshalb die Anwendung des § 1013 ABGB ausscheide. Im übrigen müsse die durch Art. 7 Nr. 4 Abs. 2 der 4. EVHGB bestimmte. Herausgabepflicht des geschäftsführenden Gesellschafters die erwähnte Anordnung des ABGB über den Bevollmächtigungsvertrag zurückdrängen. Der geschäftsführende Gesellschafter sei nämlich gleich einem Bevollmächtigten verpflichtet, alles herauszugeben, was er auf Grund der Geschäftsführung erlangt habe. Der Beklagte sei jedoch weder Geschäftsführer der Klägerin noch solcher ihrer Vorgänger-Kommanditgesellschaften gewesen, sondern Geschäftsführer der Komplementärgesellschaften dieser Kommanditgesellschaften. Der Klägerin stunden daher Ansprüche nach Art. 7 Nr. 4 Abs. 2 der 4. EVHGB nicht zu. Die Provisionen seien dem Beklagten auch keineswegs aus der Geschäftsführung zugekommen, sondern unabhängig davon aus der mit Dr. J getroffenen Vereinbarung. Ein Schadenersatzanspruch stunde der Klägerin oder ihren Gesellschaftern nicht zu, weil mit Wissen und Billigung der Gesellschafter Dr. J die Provisionen zugekommen seien und der Gesellschaft und den Gesellschaftern kein Nachteil daraus entstanden sei, daß Dr. J die Hälfte der von ihm empfangenen Provisionen dem Beklagten abgegeben habe.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Dem Klageanspruch liegen an sich richtige rechtliche Erwägungen über die Herausgabepflicht eines Beauftragten im allgemeinen (§ 1009 ABGB) bzw. eines mit der Führung der Geschäfte einer Personenhandelsgesellschaft betrauten Gesellschafters (Art. 7 Nr. 4 Abs. 2 der 4. EVHGB) im speziellen zugrunde. Die gesetzlichen Vorschriften, in denen diese Erwägungen Niederschlag gefunden haben, beruhen auf der jeden mit Geschäftsbesorgungen treffenden Treuepflicht, die Interessen des Auftraggebers allen anderen Überlegungen voranzustellen und unter Zurückstellung eigener Interessen auf die sich aus der Besorgung fremder Geschäfte ergebende Möglichkeit zu verzichten, daraus persönlichen Nutzen zu ziehen, damit erst gar nicht die Versuchung aufkomme, den eigenen Interessen einen maßgeblichen Einfluß auf die notwendigen Entscheidungen zu gewähren, und schließen auch die Erwägung ein, daß demjenigen, für dessen Rechnung ein anderer Geschäfte führt, auch die gesamten Vorteile daraus gebühren, da er doch ebenso die gesamte Gefahr zu tragen hat (RGZ 99, 32; BGHZ 39/4; Mühl in Soergel - Siebert, BGB[10], Bd. 3, 357 f.; Steffen in BGB-RGRK[12], Bd. 2, Rdn. 3 und 15 zu § 667 BGB; Stanzl in Klang[2] IV/1, 816). Dementsprechend sind die mit der Führung von Geschäften Dritter Beauftragten verpflichtet, alle persönlichen Vorteile herauszugeben die ihnen aus irgendeinem mit der Geschäftsführung in innerem Zusammenhang stehenden Gründe zugekommen sind, weil in einem solchen Fall grundsätzlich die Besorgnis gerechtfertigt ist, daß diese Vorteile auf die getroffenen Entscheidungen einen dem Geschäftsherrn nachteiligen Einfluß haben konnten (Mühl a. a. O.,358). Ob dies tatsächlich der Fall war, ist gar nicht zu prüfen. Nach dieser gesetzlichen Rechtslage, die freilich nicht unabdingbar ist, wäre es dem Beklagten und Dr. J in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementärgesellschaften der drei genannten Kommanditgesellschaften (der Klägerin, der Y Handelsgesellschaft m. b. H. & Co. KG und der Z Ges. m. b. H. & Co. KG) nicht erlaubt gewesen, aus den - wenngleich in mittelbarer Geschäftsführung - für diese Kommanditgesellschaften geschlossenen Einkaufs- und Werbegesellschaften in irgendeiner Weise Provisionen und damit persönlichen Nutzen zu ziehen; es wäre vielmehr ihre Pflicht gewesen, alle in der Durchführung dieser in ihren Aufgabenbereich als Geschäftsführer fallenden Geschäfte wahrnehmbaren Vorteile ausschließlich und in vollem Umfange den genannten drei Kommanditgesellschaften zukommen zu lassen. Es kann nämlich kein Zweifel darüber aufkommen, daß hier die Besorgnis gerechtfertigt ist, das eigene Interesse der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer am Provisionsbezug könnte auf ihre zum Abschluß der provisionsfundigen Geschäfte notwendigen Entscheidungen maßgeblichen Einfluß gehabt und die Befolgung ihrer Pflicht, die Interessen der von ihnen - wenngleich mittelbar - geführten Kommanditgesellschaften auf das gewissenhafteste zu berücksichtigen, wesentlich beeinträchtigt haben. Es wäre auch der von den Vorinstanzen gegen die Anwendbarkeit der beiden angeführten gesetzlichen Vorschriften auf den hier zur Entscheidung stehenden Sachverhalt ins Treffen geführte Einwand, der Beklagte und Dr. J hätten nicht die Geschäfte der Kommanditgesellschaften geführt, diese Aufgabe sei vielmehr von den Komplementärgesellschaften wahrgenommen worden, nicht unbedingt ein Hindernis für die direkte Inanspruchnahme des Beklagten aus der Verletzung der aufgezeigten Pflicht. Es kann nämlich keineswegs in dieser vereinfachenden und im formaljuristischen Denken verhafteten Form von vornherein das Bestehen unmittelbarer Rechtsbeziehungen zwischen den Kommanditgesellschaften und den Geschäftsführern ihrer Komplementärgesellschaften und damit auch eine direkte Inanspruchnahme treuepflichtwidrig handelnder Geschäftsführer der Komplementärgesellschaften durch die Kommanditgesellschaften ausgeschlossen werden, denn die starren gesetzlichen Grenzen zwischen den Bereichen der Kommanditgesellschaften und ihrer einzelnen Komplementärgesellschaften m. b. H. können auf der Ebene des Vertragsrechtes wesentlich aufgeweicht werden, so etwa dadurch, daß die Komplementärgesellschaften m, b. H. bloß rein formal als Zwischenglied vorgeschoben werden, um den sonst - zwar nicht zwingend - von der Führung der Geschäfte (§ 164 Satz 1 HGB) und unabdingbar von der Vertretung der Gesellschaft ausgeschlossenen (§ 170 HGB) Kommanditisten unter Vermeidung jeglicher unbeschränkter Haftung mit der tatsächlichen Ausübung der Leitungsmacht betrauen zu können (vgl. etwa DR 1944, 576, und Peter Doralt in Kastner - Stoll,
Die GmbH & Co. KG[2], 268, und die dort in FN 129 angegebene Literatur); es können sich aber auch aus dem der Bestellung der Geschäftsführer zugrunde liegenden Anstellungsvertrag Schutzwirkungen zugunsten der Kommanditgesellschaften ergeben, die dann auch eine unmittelbare Anspruchsgrundlage gemäß Art. 7 Nr. 4 Abs. 2 der 4. EVHGB erzeugen würden (vgl. dazu Peter Doralt a. a. O., 260 ff., und die dort dargestellte Literatur). In allen diesen und in möglichen anderen Fällen könnten die Kommanditgesellschaften ihre Ansprüche ohne den Umweg über einen Haftungsschadender Komplementärgesellschaften m. b. H. direkt gegen den oder die Geschäftsführer der Komplementärgesellschaften geltend machen. Davon abgesehen, käme aber auch die von der Klägerin hilfsweise geltend gemachte Inanspruchnahme des Geschäftsführers der Komplementärgesellschaften kraft GmbH-Rechtes in Betracht, wenn ihr, wie sie behauptete, der allfällige Herausgabeanspruch der Komplementärgesellschaften abgetreten worden wäre. Es ist nämlich gleichgültig, welche Rechtsnatur man auch immer dem der Bestellung zum Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH zugrunde liegenden Anstellungsvertrag beimißt (bloßer Auftragsvertrag, freier oder echter Dienstvertrag: vgl. für alle Peter Doralt a. a. O., 258 ff.), in allen Fällen treffenden Geschäftsführer aus diesem Vertragsverhältnis gegenüber der Gesellschaft auch die sich nach den Vorschriften des Auftrages (§§ 1002 ff. ABGB) ergebenden Pflichten, also auch die Herausgabepflicht gemäß § 1009 ABGB, die in ihren Grundlagen vollkommen jener des - der Anordnung des § 667 BGB entlehnten - Art. 7 Nr. 4 Abs. 2 der 4. EVHGB entspricht.
Der Klageanspruch wäre, bestunde er zu Recht, auch keineswegs verjährt, denn er unterliegt in Ermangelung einer besonderen Vorschrift der in § 1478 ABGB festgesetzten allgemeinen Verjährungsfrist von 30 Jahren, gleichviel ob er sich auf Art. 7 Nr. 4 Abs. 2 der 4. EVHGB oder auf § 1009 ABGB (diesbezüglich EvBl. 1962/414) grundet.
Für die mangelnde Berechtigung des geltend gemachten Anspruches ist jedoch nicht das von den Vorinstanzen gebrauchte Argument entscheidend, Dr. J könne an den von ihm mit Genehmigung der Gesellschafter der drei Kommanditgesellschaften bezogenen Provisionen beteiligen, wenn er wolle, denn auch der indirekte Provisionsbezug des Beklagten wäre nach der aufgezeigten Rechtslage treuepflichtwidrig und mit den aufgezeigten Rechtsfolgen verbunden gewesen, denn es darf nicht übersehen werden, daß wegen der für die Vertretung der Komplementärgesellschaften, die nach den Gesellschaftsverträgen nur durch den Beklagten und Dr. J gemeinsam möglich war, unerläßlichen Mitwirkung des Beklagten an dem rechtswirksamen Zustandekommen der provisionsfundigen Geschäfte die Besorgnis nachteiliger Einflußnahme auf die zu ihrem Abschluß führende Willensbildung bei beiden organschaftlichen Vertretern gerechtfertigt erscheint. Dabei ist es gleichgültig, ob Dr. J einzelne oder zahlreiche dieser provisionsfundigen Rechtsgeschäfte mit bloß stillschweigender Bevollmächtigung oder Duldung durch den Beklagten geschlossen hat, weil auch der diesem Verhalten notwendig zugrunde liegende rechtsgeschäftliche Wille des Beklagten von der aufgezeigten Besorgnis betroffen sein konnte, welche den tragenden Grund der gesetzlich angeordneten Herausgabepflicht bildet.
Entscheidend ist vielmehr ein ganz anderer rechtlicher Gesichtspunkt, der in spezifischer Weise das Gesellschaftsrecht beherrscht, nämlich der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gesellschafter, und im Gesetz zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen erscheint, aber ungeachtet seiner nicht unumstrittenen rechtsdogmatischen Grundlagen (dazu Bydlinski in seinem Gutachten für den 1. Österreichischen Juristentag 1961, insbesondere 20 f. und 56 f.) als ein Leitprinzip des Gesellschaftsrechtes sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in Österreich von Lehre und Rechtsprechung allgemein anerkannt ist (Götz - Hueck, Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht, 1958, besonders 35; Raiser in ZHR, 111. Bd., 75 ff., insbesondere 81 f. und die dort in FN 13 angegebene Literatur,; Bydlinski a. a. O., insbesondere 20 f. und 56 f.; Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts[2] 11, 58, 133, 183, 196, 251, 252, 256 und 279;
Hämmerle - Wünsch, Handelsrecht[3], Bd. 2, 42 f., 68, 154, 234, 306
f. und 452; BGHZ 16, 59, BGHZ 20, 363; RGZ 149, 293; RGZ 151, 321;
RGZ 170, 358; JW 1938, 1329/32; OGH in JBl. 1972, 213 f. und HS 4462). Dieser Grundsatz verlangt, daß in gleicher Rechtsposition befindliche Gesellschafter gleich behandelt werden, d. h. Anspruch auf gleiche Rechte und Pflichten haben (Hueck a. a. O., 151, und Hämmerle - Wünsch a. a. O., 42), doch ist darin keineswegs das Gebot einer schematischen Gleichbehandlung aller Gesellschafter, sondern das Verbot ihrer willkürlichen Ungleichbehandlung zu sehen, die bei einer redlichen und vernünftigen Beurteilung nicht gerechtfertigterscheint (in diesem Sinne Bydlinski a. a. O., 57, und Hämmerle - Wünsch a.a.O.,43).
Der Beklagte und Dr. J waren in allen drei Kommanditgesellschaften - deren eine, nämlich die Klägerin, infolge des rechtsgeschäftlichen Erwerbs des Vermögens der beiden anderen mit allen Aktiven und Passiven ihr Einzelrechtsnachfolger ist - mit gleichen Anteilen und ohne Differenzierung ihrer Rechtsstellung Kommanditisten und in den drei Komplementärgesellschaften dieser Kommanditgesellschaften, und zwar ebenfalls ohne differenzierte Rechtspositionen, Gesellschafter-Geschäftsführer mit kollektiver Vertretungsmacht. Würde man die beiden in Beziehung auf ihre Pflichten als mit der Führung der Geschäfte der drei Kommanditgesellschaften mittelbar betraute Kommanditisten und Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementärgesellschaften m. b. H. insofern verschieden behandeln, als dem einen (Dr. J) Nachsicht von der Herausgabepflicht erteilt wird, dem anderen (Beklagten) aber nicht, so daß dieser seinen Provisionsanteil herausgeben müßte, dann schlüge sich diese Ungleichbehandlung in den beiden bereits aufgezeigten Fällen ihrer Herausgabepflicht - sei es gemäß Art. 7 Nr. 4 Abs. 2 der 4. EVHGB direkt gegenüber den Kommanditgesellschaften, sei es gemäß § 1009 ABGB gegenüber den Komplementärgesellschaften m. b. H., deren Ansprüche an die Klägerin abgetreten worden sein sollen derart in ihrer vermögensrechtlichen Beteiligung als Gesellschafter nieder, daß der eine (Dr. J) an dem vom anderen (Beklagten) ins Gesellschaftsvermögen fließenden Provisionsteil, den er ihm auf Grund der Beteiligungsvereinbarung zukommen hat lassen, zusammen mit allen anderen Gesellschaftern Anteil hat, während dies in der umgekehrten Richtung nicht der Fall wäre. Eine derart willkürliche Ungleichbehandlung, auf die der Beklagte schon in erster Instanz hingewiesen hat, erscheint in Anbetracht des Umstandes, daß die dafür behauptungs- und beweispflichtige Klägerin keine beachtlichen Gründe hiezu vorgebracht hat, nicht gerechtfertigt. Aus diesen Erwägungen erweist sich die Entscheidung der Vorinstanzen vom Ergebnis her betrachtet als richtig.
Anmerkung
Z52158Schlagworte
Ansprüche der KG gegen Gesellschaften, Geschäftsführung, Herausgabe persönlicher Vorteile, Gleichbehandlung der GesellschafterEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0050OB00764.78.1106.000Dokumentnummer
JJT_19791106_OGH0002_0050OB00764_7800000_000