TE OGH 1979/11/7 10Os146/79

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Veröffentlicht am 07.11.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.November 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Racek in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Bernardini, Dr. Walenta und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mayerhofer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ernst A wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2 StGB. sowie anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 28.Juni 1979, GZ. 25 Vr 373/76-119, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, der Ausführungen der Verteidigerin Dr. Springer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16.Jänner 1943 geborene kaufmännische Angestellte Ernst A der Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2

StGB. (Punkt I des Urteilssatzes), des Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB. (Punkt II) und des fahrlässigen Ansichbringens von (im § 164 StGB. bezeichneten) Sachen nach § 165 StGB. (Punkt III) schuldig erkannt, weil er zu I: ihm anvertrautes Gut in einem 5.000 S übersteigenden Wert sich mit dem Vorsatz zueignete, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, und zwar 1. vom 1.Oktober 1975 bis zum 31. März 1976 in Telfs und anderen Orten Tirols als Vertreter der Firma Heinrich B Inkassi und Erlöse aus (für eigene Rechnung) verkauften Saitlingen im (zurechenbaren) Betrag von (insgesamt) zirka 46.000 S und 2. von Februar 1975 bis 30.September 1975 in Tirol und Vorarlberg als Vertreter der Firma C & D Inkassi im Betrag von 40.000 bis 50.000 S;

zu II:

vom 8.April 1976 bis 2.Juni 1976 in Innsbruck mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der E durch Täuschung über Tatsachen, indem er den Anschein erweckte, daß auf seinem Gehaltskonto laufend Eingänge zu verzeichnen sein werden, zur Gewährung von Kredit in Form von Kontoüberziehungen, sohin zu Handlungen verleitete, welche die E am Vermögen schädigten; Schaden: 25.200 S;

zu III:

im September 1974 in Innsbruck zwei gestohlene Lammfelle im Wert von

je 495 S durch Ankauf fahrlässig an sich brachte.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte in den Schuldsprüchen zum Punkt I in Ansehung der Veruntreuung zum Nachteil der Firma Heinrich B, sowie zu den Punkten II und III mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. a StPO.

gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Zum Schuldspruch wegen Veruntreuung zum Nachteil der Firma Heinrich

B:

Der Beschwerdeführer bekämpft die erstrichterliche Annahme eines durch 'Schwarzverkäufe' (und nachfolgende Zueignung der Erlöse) entstandenen Warenfehlbestands von (zumindest) 40.162,48 S. Einen Begründungsmangel im Sinn der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. erblickt er hiebei darin, daß sich das Erstgericht zur Widerlegung seiner Verantwortung, er habe nie so viele Waren bei sich im Fahrzeug mitgeführt bzw. mitführen können, (u.a.) auf die Zeugenaussage des Adolf B berufe, jedoch mit Stillschweigen übergehe, daß die bezüglichen Angaben dieses Zeugen in der Hauptverhandlung vom 28. Juni 1979 mit jenen in der (vertagten) Hauptverhandlung vom 11. Mai 1978 divergieren.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge versagt.

Das Erstgericht stützte sich bei der gerügten Annahme primär auf den Befund und das Gutachten des Buchsachverständigen Klaus F sowie auf die damit im wesentlichen übereinstimmenden Angaben des Zeugen Adolf B, wonach sich - unter Zugrundelegung der für beweiskräftig erachteten Buchhaltungsunterlagen der Firma Heinrich B - aus einem Vergleich der vom Angeklagten übernommenen und der an Kunden ausgelieferten oder an die Firma rückgelangten Waren ein Warenfehlbetrag von mindestens 40.162,48 S ergibt.

Daraus leitete das Schöffengericht in denkgesetzlich einwandfreier Weise ab, daß der Angeklagte Waren im genannten Wert 'schwarz' verkauft, die Erlöse - ebenso wie Inkassi bei Kunden im Betrag von (zusätzlich) 51.455,30 S - sich zugeeignet und demgemäß unter Berücksichtigung seines Guthabens in der Firma (aus Forderungen gegen diese) in der vermeintlichen Höhe von höchstens 45.000 S Veruntreuung eines Betrages von zirka 46.000 S zu verantworten habe. Ob er Waren in dieser oder jener Größenordnung im Kofferraum seines Personenkraftwagens (jeweils) mitgeführt hat oder mitführen hätte können, ist mithin für die Beurteilung der Schuldfrage unerheblich, sodaß der behauptete Widerspruch in der Aussage des Zeugen Adolf B keinen entscheidungswesentlichen Umstand betrifft. Im übrigen liegt ein solcher Widerspruch, der einer ausdrücklichen Erörterung in den Urteilsgründen bedurft hätte, schon deshalb nicht vor, weil der genannte Zeuge zwar zunächst (in der Hauptverhandlung vom 11.Mai 1978) seine Vermutung zum Ausdruck brachte, daß der jeweilige Warenvorrat des Angeklagten wertmäßig zirka 20.000 S betragen habe (Band II, S. 230 d.A.), jedoch dann (in der Hauptverhandlung vom 28. Juni 1979) als möglich einräumte, daß dieser (gelegentlich auch) 40.000 S betragen haben könnte, sohin seine ursprünglichen Angaben berichtigte (Band III, S. 11 d.A.).

Das Beschwerdevorbringen aber, mit dem der Angeklagte auf seine leugnende - vom Erstgericht als widerlegt erachtete - Verantwortung zurückgreift und den (vom Buchsachverständigen Klaus F) errechneten Warenfehlbestand der Firma Heinrich B als unrichtig und unmöglich bezeichnet, läuft im wesentlichen überhaupt nur auf eine unzulässige Bekämpfung der freien Beweiswürdigung des Erstgerichts hinaus.

Zum Schuldspruch wegen Betrugs:

In Ausführung des Nichtigkeitsgrunds des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. macht der Beschwerdeführer geltend, daß er sein Konto bei der E, wie sich aus dem im Akt erliegenden Kontoauszug ergebe, nicht erst im März 1976, sondern schon im Jahr 1975 eröffnet habe und darauf damals monatlich durchschnittlich 25.000 S überwiesen erhalten habe, sodaß bei Eröffnung dieses Gehaltskontos eindeutig kein Betrugsvorsatz vorgelegen sei. Ferner bringt er unter Anrufung der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. vor, der Tatbestand des Betrugs sei deshalb nicht verwirklicht, weil die E jedem Inhaber eines Gehaltskontos dessen Überziehung bis zu einem gewissen Rahmen gestatte und er mit entsprechenden Überweisungen auf dieses Konto habe rechnen können, sodaß es an einer Täuschung über Tatsachen und einer gewollten Schädigung der E mangle.

Mit dieser Argumentation vermag der Beschwerdeführer nicht durchzudringen. Im vorliegenden Fall kommt es nicht darauf an, ob der Angeklagte schon im Zeitpunkt der Eröffnung seines Kontos bei der E von Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz geleitet war. Entscheidend ist vielmehr, daß der Angeklagte in der Zeit vom 8.April bis 2.Juni 1976 von diesem Konto, das bereits mit einem Betrag von 7.805,11 S per 31.März 1976 überzogen war, weiterhin Geldbeträge mittels Schecks behob, dabei den Anschein erweckte, als ob (weiterhin) allmonatliche Beträge einlaufen würden, obwohl ihm, wie das Erstgericht mit mängelfreier Begründung annahm (Band III, S. 44 ff. d.A.), bewußt war, daß dies - nach Kündigung durch die Firma Heinrich B - nicht mehr der Fall sein werde, und die Angestellten der E in der Erwartung, daß periodisch wiederkehrende Eingänge erfolgen würden, eine Überziehung bis zum Betrag von 33.005,11 S duldeten. Dies stellt, wie das Erstgericht richtig erkannte, eine Täuschung über Tatsachen dar, die die Getäuschten zu einer Vermögensverfügung verleitete, welche den Angeklagten unrechtmäßig bereicherte und das Vermögen der E schädigte. In subjektiver Hinsicht konstatierte das Schöffengericht, daß sich der Angeklagte durch die Täuschungsakte unrechtmäßig bereichern und einen Schaden der E (von 25.200 S) herbeiführen wollte (Band III, S. 46 d.A.). Soweit der Beschwerdeführer demgegenüber behauptet, er habe den überzogenen Betrag ohnedies zurückzahlen wollen, geht er von einer urteilsfremden Annahme aus, sodaß seine Rechtsrüge insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.

Dem Schuldspruch wegen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB. haftet sohin weder ein Begründungsmangel noch ein Rechtsirrtum an.

Zum Schuldspruch wegen fahrlässigen Ansichbringens von Diebsgut:

Unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 9

lit. a StPO. vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, daß ihm ein im Sinn des § 165 StGB. tatbestandsmäßiges Verhalten nicht anzulasten sei, weil er beim Ankauf der Felle keine Kenntnis von deren diebischer Herkunft gehabt habe und der Umstand, daß er sich nicht ausreichend über die Herkunft der Felle informiert habe, die Annahme einer Fahrlässigkeit nicht begründen könne. Der Beschwerde kommt auch insoweit keine Berechtigung zu. Nach den Urteilsfeststellungen erwarb der Angeklagte von dem ihm aus gemeinsamer Haft bekannten Günther G zwei gestohlene Lammfelle im tatsächlichen Wert von 495 S pro Stück, die dieser in einem Schließfach im Innsbrucker Hauptbahnhof aufbewahrte und von dort gemeinsam mit dem Angeklagten abholte, um insgesamt 400 S. Wie er selbst zugab (Band II, S. 233 f. d.A.), wurde ihm - was auch das Erstgericht als erwiesen annahm (Band III, S. 34 d.A.) - nach dem Ankauf der Felle bewußt, daß es sich um Diebsgut handeln könne, weshalb er die Felle wieder weiterverkaufte.

Aus diesen tatsächlichen Annahmen konnte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht ableiten, daß der Angeklagte schon beim Erwerb der Gegenstände auf Grund der näheren Umstände, unter denen dieser zustandekam, bezüglich ihrer redlichen Herkunft hätte Verdacht schöpfen müssen und demnach den Tatbestand des § 165 StGB., für dessen Verwirklichung in Ansehung der Kenntnis der Herkunft der Sache aus einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen fahrlässiges Handeln (§ 6 StGB.) genügt, zu verantworten habe. Die von der Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme (unter Hinweis auf die einschlägige Judikatur - LSK. 1976/216

u. a.) abschließend aufgeworfene (und in bejahendem Sinn beantwortete) Frage, ob nicht die Urteilsfeststellungen (siehe Bd. II S. 34, letzter Satz des ersten Absatzes) sogar ausgereicht hätten, einen Schuldspruch wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 StGB. zu fällen, muß mangels Urteilsanfechtung durch den öffentlichen Ankläger (zum Nachteil des Angeklagten) unerörtert bleiben.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte Ernst A nach dem ersten Strafsatz

des § 133 Abs. 2 (im Urteil falsch: Abs. 1) StGB. und § 28 StGB. zu vierzehn Monaten Freiheitsstrafe. Dabei waren die einschlägige Vorstrafe, der rasche Rükfall, das Zusammentreffen von drei Vergehen, die Wiederholung der Veruntreuungshandlung und der hohe Schaden erschwerend; ein Teilgeständnis sowie die teilweise Schadensgutmachung waren mildernd. Mit ihren Berufungen streben die Staatsanwaltschaft eine Straferhöhung, Ernst A eine Strafermäßigung an.

Beide Berufungen sind unbegründet.

Im Vordergrund der Betrachtung steht der äußerst rasche Rückfall des Angeklagten in die Vermögensdelinquenz. Nachdem er erst am 16. September 1975 wegen Vergehens nach § 133 Abs. 1 und 2 StGB. schuldig gesprochen worden war (13 Vr 1249/75 des Landesgerichts Innsbruck), verübte er schon ab 1.Oktober 1975 neuerlich Veruntreuungen. Hält man dazu die übrigen Erschwerungsgründe, so erscheint die in erster Instanz gefundene Strafe durchaus tätergerecht. Sie läßt aber, gesehen in Relation zur Vorstrafenbelastung des Täters, auch erwarten, daß sie ausreichen werde, um ihn künftig zu einem rechtschaffenen Lebenswandel zu bestimmen.

Für das Delikt nach § 165 StGB. wäre gemäß § 28 Abs. 2 StGB. kumulativ eine Geldstrafe zu verhängen gewesen. Angesichts der Verschiedenheit der Diktion des § 28 Abs. 1 StGB. von derjenigen der §§ 34, 35 StG. 1945

(damals Absorption mit Strafschärfung, jetzt nur mehr Absorption) ist es - im Gegensatz zur früheren Judikatur (SSt. 44/24 u.v.a.m.) - nicht mehr geboten, die Unterlassung des kumulativen Strafausspruchs gemäß § 290 Abs. 1

StPO. aufzugreifen. Der Berücksichtigung im Rahmen der Berufungsentscheidung (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar2, S. 282 RN. 4 Pkt. 3) steht aber die Angemessenheit der urteilsmäßigen Strafhöhe (selbst bei einem teilweisen Wegfall des Erschwerungsgrunds nach § 33 Z. 1 StGB.) - unüberwindlich entgegen. Letzteres gilt gleicherweise für die Tatsache, daß die Strafverfügung des Bezirksgerichts Innsbruck vom 14.Dezember 1978, 18 U 872/78 (60 Tagessätze zu 120 S wegen § 146 StGB.), sich zu dem hier angefochtenen Urteil nach § 31 StGB. verhält.

Anmerkung

E02380

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00146.79.1107.000

Dokumentnummer

JJT_19791107_OGH0002_0100OS00146_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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