TE OGH 1979/11/7 10Os150/79

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Veröffentlicht am 07.11.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.November 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Racek in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Bernardini, Dr. Walenta und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mayerhofer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Richard A wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 142, 143 und 15 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht Salzburg vom 22.August 1979, GZ. 21 Vr 1542/79-21, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Michner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 11.Jänner 1955 geborene Kraftfahrzeugmechaniker Richard A des Verbrechens des teils vollendeten und teils versuchten schweren Raubes nach den §§ 142, 143 und 15

StGB., des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs. 1 StGB. und des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt.

Der vom Angeklagten allein unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 11 lit. a des § 345 Abs. 1 StPO.

bekämpfte erstbezeichnete Schuldspruch erging auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen deshalb, weil er am 25.April 1979 in Salzburg Maria B und Martha B durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben und unter Verwendung eines geöffneten Taschenmessers, sohin einer Waffe, fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz abgenötigt bzw. abzunötigen versucht hat, um sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er gegen die beiden Frauen das Taschenmesser mit geöffneter Klinge etwa in Bauchhöhe und in einer Entfernung von ca. 50 Zentimetern richtete, sich äußerte 'Her mit dem Geld' und zwei Stangen Zigaretten, ein Bic-Feuerzeug und einen Notizblock im Wert von zusammen 462,50 S an sich nahm, wobei die Tat hinsichtlich der angeführten Waren vollendet und hinsichtlich eines Geldbetrags von 1.000 S beim Versuch geblieben ist.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten der Sache nach nicht aus dem bezogenen Nichtigkeitsgrund, sondern aus jenem der Z. 12

des § 345 Abs. 1 StPO. erhobene Rechtsrüge will dessen Handlungsweise mit der Argumentation bloß dem Tatbestand des § 142 Abs. 2 StGB. unterstellt wissen, daß das durch ihn verwendete 'völlig normale Taschenmesser, wie es im Handel üblicherweise verkauft wird' keine Waffe im Sinn des § 143 StGB. darstelle, weil es 'demgemäß klein und als Waffe nicht zu verwenden' sei. Da von ihm keine Gewalt angewendet wurde, es sich weiters um Sachen geringen Werts handelte und die Tat schließlich nur unbedeutende Folgen nach sich zog; diese Rüge hält jedoch einer Überprüfung nicht stand. Nach herrschender Rechtsprechung umfaßt der Waffenbegriff des § 143 StGB. nicht nur Waffen im technischen Sinn, sondern auch andere Mittel, die zur Verwendung als Waffe derart spezifisch geeignet sind, daß sie bezüglich Form und Wirkungsweise sowie Anwendbarkeit in einem Kampf den Waffen im Sinn des Waffengesetzes gleichwertig sind (LSK. 1975/206 = EvBl. 1976 Nr. 119) und als ein zur Gewaltanwendung gegen eine Person oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben ad hoc geeignetes Instrument gebraucht werden (LSK. 1976/285). Unter diesen erweiterten Waffenbegriff kann daher auch ein nicht den im § 11 Abs. 1 Z. 6 WaffenG. angeführten Stichwaffen zuzuzählendes Messer fallen, welches der Täter - allenfalls sogar geschlossen - in der Hand hält (EvBl. 1978 Nr. 34). Die oben beschriebene Eignung und damit die Waffeneigenschaft im Sinn des § 143 StGB. haben die Geschwornen dem (im Strafakt erliegenden und) in der Hauptverhandlung dargetanen Tatinstrument - Taschenmesser mit einer Klingenlänge von ca. 8 Zentimetern - nach seiner Beschaffenheit in concreto durch Bejahung der Hauptfrage 1 - im Einklang mit der Judikatur - ohne Rechtsirrtum zuerkannt; ebenso der Tat die objektive Eignung, dem mit einem solchen Taschenmesser Bedrohten begründete Besorgnisse einzuflößen. Unter Zugrundelegung der seitens der Geschwornen solcherart festgestellten Tatsachen und der rechtlichen Beurteilung, welche die Geschwornen der Tat angedeihen ließen (vgl. § 337 StPO.), hat das Gericht das (geschilderte) Vorgehen des Beschwerdeführers rechtsrichtig den §§ 142 Abs. 1, 143 StGB. unterstellt. Nicht hierin liegt ein Subsumptionsirrtum, sondern es hätte vielmehr gerade umgekehrt die - durch den Beschwerdeführer zwar angestrebte, hier aber nicht in Betracht kommende - Wertung nach § 142 Abs. 2 StGB. einen solchen Irrtum bewirkt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Richard A wurde gemäß §§ 28, 143 StGB.

zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Dabei waren das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, seine einschlägige Vorstrafe und der rasche Rückfall erschwerend, hingegen das volle und umfassende Geständnis, der Umstand, daß es bei einem Faktum beim Versuch geblieben ist, sowie die teilweise Schadensgutmachung durch Sicherstellung mildernd.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Strafermäßigung an. Indes ist die Berufung nicht berechtigt.

Als vermeintlichen zusätzlichen Milderungsgrund führt der Rechtsmittelwerber die in dem vom gerichtsärztlichen Sachverständigen aufgenommenen Elektroenzephalogramm zutage getretene Hirnschädigung an. Diese kommt aber nach dem Gutachten desselben Sachverständigen oft bei sonst gesunden Menschen vor und wird durch andere Funktionen kompensiert (S. 119, 219). Ein ins Gewicht fallender Strafzumessungwert kann mit diesem Untersuchungsergebnis nicht substantiiert werden.

Danach hat es also bei den in erster Instanz festgestellten Strafzumessungsgründen zu verbleiben. Geht man aber von denselben aus, so ist die begehrte Strafminderung gesetzlich ausgeschlossen, weil die im § 143 StGB.

vorgesehene Mindestrafe verhängt wurde, darunter lediglich im Weg des § 41 StGB. herabgegangen werden könnte und dessen primäre Voraussetzung, nämlich ein beträchtliches Überwiegen der mildernden Umstände, nicht gegeben ist.

Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, daß sich die Berufungsausführungen weithin in einer Polemik gegen den Schuldspruch verlieren, worauf nicht einzugehen ist.

Anmerkung

E02381

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00150.79.1107.000

Dokumentnummer

JJT_19791107_OGH0002_0100OS00150_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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