Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8. November 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Lehmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Herbert A wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 und Abs. 2
StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 18. Juli 1979, GZ. 7 Vr 1699/79-20, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Kaltenbäck und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 10. April 1951 geborene Rechnungsprüfer Herbert A des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1 und Abs. 2 StGB.
sowie des Vergehens des Mißbrauches eines Autoritätsverhältnisses nach dem § 212 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt und hiefür nach dem ersten Strafsatz des § 207 Abs. 2 StGB. unter Anwendung des § 28 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren verurteilt.
Inhaltlich des Schuldspruches liegt ihm zur Last, I.) nachangeführte unmündige Personen auf andere Weise als durch Beischlaf mißbraucht zu haben und zwar:
1.) die am 29. Oktober 1970 geborene Gertrude B a) Ende des Jahres 1977 oder Anfang des Jahres 1978
in Stattegg durch Betasten des Geschlechtsteiles der Genannten und dadurch, daß er sie aufforderte, seinen Geschlechtsteil in die Hand zu nehmen, b) im Juli 1978 in Maribor durch Betasten ihres Geschlechtsteiles;
2.) am 7. Juni 1979 im Stattegg die am 17. Mai 1974 geborene Petra B dadurch, daß er seinen Finger in ihre Scheide einführte und darin reibende Bewegungen vornahm und sie veranlaßte, an seinem Geschlechtsteil onanistische Bewegungen durchzuführen, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung der Unmündigen, nämlich einen groben Scheidendammriß mit bleibender Zerreißung des Jungfernhäutchens mit Beteiligung der Beckenbodenmuskulatur zur Folge hatte, II.) am 7. Juni 1979 in Stattegg durch die zu I.) 2.) angeführte Tathandlung die seiner Aufsicht unterstehende minderjährige Petra B zu unzüchtigen Handlungen mißbraucht.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte in seiner schriftlichen Rechtsmittelausführung mit einer auf die Ziffern 4 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch über die Strafe ficht er mit Berufung an. Die in Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 4 erhobenen Verfahrensrüge wurde im Gerichtstag zurückgezogen, sodaß zur Beurteilung nur die offenbar nicht unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde nach der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO verblieb. In diesem Umfang ist die Nichtigkeitsbeschwerde unberechtigt.
In Beziehung auf diesen Nichtigkeitsgrund wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Beurteilung der Verletzung des Kindes als (an sich) schwere Verletzung, weil das Erstgericht auf Grund der Gutachten des Univ.Doz. Dris. C und des Univ.Prof.Dris. D diesen Grad der Verletzung zwar festgestellt habe, doch für diese Feststellungen jede medizinische Begründung fehle.
Bei diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, daß das Erstgericht sich in seiner Begründung auf die vorgenannten Gutachten stützt. In dem schriftlichen Gutachten des Univ.Doz.Dris.C (Seite 53 ff. d.A.) sind die Verletzungen des Kindes genau beschrieben sowie die medizinischen Indikationen für die Annahme einer schweren Verletzung an sich dargetan. Dieses schlüssige und unbedenkliche Gutachten wurde schließlich in der Hauptverhandlung von Univ.Prof.Dr.D vorgetragen und vollinhaltlich bestätigt. Die vom Erstgericht gezogene Schlußfolgerung ist aber auch rechtlich unbedenklich, da die (beschriebenen) Verletzungen von solcher Art und für die körperliche Integrität von solcher Bedeutung sind, daß sie ohne weitere Erörterungen als an sich schwer zu beurteilen sind. Die von schriftlichen Beschwerden allein gerügten sachlichen Begründungsmängel liegen damit nicht vor. Die von beiden Sachverständigen vorgenommenen Prognosen hinsichtlich etwaiger Spätfolgen sind im übrigen für den höheren Strafsatz des § 207 Abs. 2
StGB. ohne Bedeutung; es kommt bei dieser Gesetzesstelle alleine auf den Umstand an, ob eine schwere Verletzung (an sich) vorliegt oder nicht. Deren Vorliegen hat das Erstgericht aber, gestützt auf die Gutachten der beiden medizinischen Sachverständigen, bejaht. Mit Beziehung auf denselben Nichtigkeitsgrund wirft der Beschwerdeführer dem Erstgericht weiters vor, daß es im erheblichen Widerspruch zur Aussage des Angeklagten in der Hauptverhandlung im Urteil feststellt, daß er (der Angeklagte) keinerlei Feststellungen dahingehend gemacht habe, daß sich sein Geschlechtstrieb in Richtung einer Abnormität geändert hätte (Seite 103 d.A.), während er nur davon gesprochen habe, daß er dies nicht direkt festgestellt habe (Seite 92 d.A.) und damit nur zum Ausdruck bringen wollte, daß bei ihm im Unterbewußtsein abnorme Triebrichtungen auf Grund der Hormonbehandlung entstanden sein könnten.
Ein weiterer Widerspruch läge aber auch darin, daß der Beschwerdeführer damit ausdrücken wollte, daß eine ärztliche Behandlung vielleicht notwendig wäre.
Mit diesem Vorbringen wird aber die Mängelrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, da ein formaler Mangel der Begründung nicht behauptet wird, zumal sich der Angeklagte niemals in Richtung einer strafrechtlich bedeutsamen Unzurechnungsfähigkeit verantwortet hat und den Verfahrensergebnissen keine objektiven Anhaltspunkte entnommen werden können, die für eine solche sprechen würden. Soferne er (sinngemäß) versucht, seine Verantwortlichkeit für die in Rede stehende Tat abzuschwächen, gehören diese Ausführungen in den Rahmen der gleichfalls erhobenen Berufung.
Das Urteil leidet daher auch an keinem Begründungsmangel im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO. zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 207 Abs. 2, erster Strafsatz, StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren und nahm bei der Strafzumessung als erschwerend das Zusammentreffen von zwei strafbaren Handlungen und die besondere Brutalität der Tatbegehung an einem 5-jährigen Mädchen an, bei welchem psychische Zukunftsfolgen nicht ausgeschlossen werden können, wertete hingegen als mildernd das volle umfassende Geständnis sowie den ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten. Die Berufung des Angeklagten, welche eine Strafermäßigung begehrt, ist im Ergebnis nicht berechtigt.
Das Erstgericht hat die vorliegenden Strafzumessungsgründe im wesentlichen vollständig und richtig angeführt, aber auch zutreffend gewürdigt.
Selbst wenn man die vom Erstgericht angenommenen psychischen Spätfolgen als Erschwerungsgrund außer Acht lassen wollte, wäre damit für den Berufungswerber nichts gewonnen, da die wiederholten, sich in der Intensität steigernden Angriffe den Unrechtsgehalt, insbesonders aber die Gefährlichkeit des Täters deutlich werden lassen.
Die besonderen Umstände der Tat wie auch die durch sie gekennzeichnete Täterpersönlichkeit rechtfertigen durchaus die vom Erstgericht verhängte Strafe, welche zwar als streng, im übrigen aber als durchaus schuld- und tatangemessen anzusehen ist und gerade den Erfordernissen der Spezialprävention in solchen Fällen gerecht wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.
Anmerkung
E02332European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0120OS00137.79.1108.000Dokumentnummer
JJT_19791108_OGH0002_0120OS00137_7900000_000