Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 22.November 1979
unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Horak und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Böhm-Hiller als Schriftführers in der Strafsache gegen Milorad A und andere wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 2 StGB. und weiterer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten Milos B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 8.Juni 1979, GZ. 4 b Vr 2086/79-57, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die Berufung des Angeklagten Milorad A nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, der Ausführungen der Verteidiger der Angeklagten, der Rechtsanwälte Dr. Grois und Dr. Michner, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Milos B wird verworfen.
Den Berufungen der Angeklagten wird teilweise Folge gegeben und es werden die über sie verhängten Freiheitsstrafen, sowie in Anwendung des § 295 Abs. 1, letzter Satz, StPO. auch die über den Angeklagten Milomir C verhängte Freiheitsstrafe, und zwar bei Milorad A auf 15 Monate, bei Milos B und Milomir C auf je ein Jahr herabgesetzt. Im übrigen wird den Berufungen nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO. fallen den Angeklagten A und B die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Milorad A, Milomir C und Milos B, die alle derzeit beschäftigungslos sind, des Verbrechens des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 2 StGB., sowie des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach dem § 135 Abs. 1 StGB., Milomir C auch des Vergehens nach dem § 36 Abs. 1 lit. b WaffenG.
schuldig erkannt. Nach dem Inhalt des Urteilsspruches haben die drei Angeklagten in Wien 1.) in der Nacht zum 26.Jänner 1979 in Gesellschaft als Beteiligte fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 100.000 S übersteigenden Wert verschiedenen Personen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar a) der Monika D zahlreiche Schmuckstücke, ein TV-Portable Gerät, eine Polaroidkamera und einige Gebrauchsgegenstände;
b) dem Raimund E eine Polaroidkamera mit Zubehör und Tasche, Pelzhandschuhe, eine Sonnenbrille mit Etui, ein Feuerzeug und zwei Taschen und schließlich c) dem Leo F einen Herrenmantel, Werkzeug und fünf Flaschen Wein (Punkt I./1. des Schuldspruches);
2.) gemeinsam dadurch, daß sie anläßlich der vorstehend geschilderten Tathandlung verschiedene Autopapiere, einen Reisepaß und deutsche und russische Banknoten aus den Jahren 1910 und 1912 an sich nahmen und (teilweise) vernichteten, fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert aus dem Gewahrsam von Raimund E und Leo F dauernd entzogen, ohne sie sich oder einem Dritten zuzueignen (Punkt I./2. des Schuldspruches);
3.) Milomir C am 23.Februar 1979 eine verbotene Waffe, nämlich ein Springmesser, besessen und geführt (Punkt II./ des Schuldspruches). Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte Milos B in den Punkten 1 und 2 mit Nichtigkeitsbeschwerde, die er auf die Nichtigkeitsgründe nach dem § 281 Abs. 1 Z. 4 und 9 lit. a StPO. stützt.
Zum erstgenannten Nichtigkeitsgrund wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrages auf Einholung eines Schätzungsgutachtens über den Wert des Diebsgutes; hiedurch seien, so meint er, Verteidigungsrechte verletzt worden, weil die Durchführung des Beweises ergeben hätte, daß der Wert der gestohlenen Sachen jedenfalls unter 100.000 S liege. Diese seien von keiner kompetenten Person, insbesondere nicht von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen, begutachtet und geschätzt worden. Es wäre auch denkbar, daß die Schmuckstücke nur Imitationen gewesen seien, die naturgemäß einen weit niedrigeren Wert aufweisen müßten, als echte Stücke, wofür auch die nachlässige Verwahrung des Schmuckes in einem unversperrten PKW. und die gesamte Einstellung der Bestohlenen Monika D spreche.
Rechtliche Beurteilung
Zum letztgenannten Einwand ist dem Beschwerdeführer zu erwidern, daß er eine derartige Behauptung, es handle sich um mehr oder weniger wertlose Imitationen, bisher im gesamten Verfahren nicht aufgestellt hat und daß auch sein Beweisantrag nicht in diese Richtung zielte, sondern sich nur allgemein auf den Wert der Gegenstände bezog. Auf die Frage, ob die Schmuckstücke Originale oder bloß Imitationen sind, braucht daher im Rechtsmittelverfahren, abgesehen davon, daß es insoweit an der Voraussetzung eines substantiierten Beweisantrages gebricht, schon wegen des Neuerungsverbotes nicht eingegangen zu werden.
Aber auch im übrigen ist die Verfahrensrüge nicht stichhältig. Das Schöffengericht wies den Beweisantrag mit der Begründung ab (S. 304), die Angeklagten hätten bereits für einen kleinen Teil des von ihnen gestohlenen Schmuckes, den sie versetzten, einen erheblichen Betrag im Dorotheum ausgezahlt erhalten, wobei bekannt sei, daß das Dorotheum nur etwa ein Drittel des wahren Wertes der Pfandsachen als Darlehen zuzähle.
Dieser Begründung, die an sich zutrifft, ist noch hinzuzufügen, daß das Gericht bei der Bewertung der Gegenstände, bei der es bei dem betragsmäßig bewerteten Anteil der Diebsbeute allein bereits zu einem Gesamtwert von ca. 263.000 S gelangte, sehr vorsichtig vorging und seine bezüglichen Feststellungen eingehend begründete (S. 321 ff.). Es machte von den Werten, die die Zeugin D - übrigens mit Hilfe eines Sachverständigen, dem sie die damals noch nicht zustande gebrachten Schmuckstücke beschrieben hat (S. 302 und 322) - angab, noch einen 'Sicherheitsabschlag' von 20 Prozent und gelangte dabei immer noch zu einem die Wertgrenze von 100.000 S bei weitem übersteigenden Betrag. Diese Bewertung ist unbedenklich, weil nach den Feststellungen des Gerichtes die Täter für den von ihnen versetzten kleinen Teil der Beute - der übrigens gar nicht deren wertvollste Stücke umfaßte - im Dorotheum über 10.000 S erlösten, woraus sich nach den Usancen dieser Anstalt der Wert dieses Teils der Beute allein bereits mit etwa 30.000 S errechnet. Wenn man nun dazu, wie es das Erstgericht zutreffend tat, davon ausgeht, daß eine einzige Uhr, die die Angeklagten im Dorotheum versetzen wollten, dort mit 60.000 S bewertet wurde, was wieder eine niedrige Schätzung darstellt, so zeigt sich, daß die Feststellungen des Gerichtes über den Wert keiner Ergänzung durch ein Sachverständigengutachten bedurften. Welche subjektive Einstellung Monika D aber zu den von ihr als Familienschmuck bezeichneten Wertgegenständen hatte, kann dahingestellt bleiben, weil der Wert nach objektiven Kriterien zu beurteilen ist. Der genaue Wert der Kulturperlenkette und die Frage, ob die gerichtliche Wertfeststellung nur auf eine Naturperlenkette zuträfe und demnach diesbezüglich überhöht war, ist gleichfalls nicht entscheidungswesentlich, weil selbst bei gänzlicher Vernachlässigung des Wertes dieses Schmuckstückes die Wertgrenze des § 128 Abs. 2 StGB. überschritten wäre; der Beweisantrag auf Einholung eines Schätzungsgutachtens konnte demnach ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten abgewiesen werden.
In seiner Rechtsrüge, die sich nur gegen den Schuldspruch wegen dauernder Sachentziehung (Punkt I./2. des Urteils) richtet und die auf den § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO. gestützt ist, behauptet der Beschwerdeführer, er und seine Komplicen hätten bei der Zueignung der gesamten Gegenstände aus dem Auto mit Bereicherungsvorsatz gehandelt. Erst als bei Sichtung der Beute hervorgekommen sei, daß ein Teil der Gegenstände für die Täter wertlos gewesen sei, hätten sie sich zur Vernichtung jener Sachen entschlossen. Dieser erst nach der Zueignung gefaßte Vorsatz könne aber den Schuldspruch wegen dauernder Sachentziehung nicht rechtfertigen. Dies wird auch als Feststellungsmangel im Sinn des angerufenen Nichtigkeitsgrundes gerügt, weil das Erstgericht nicht davon ausgegangen sei, daß der Entschluß zur Vernichtung eines Teils der Beute erst nach der Zueignung gefaßt worden sei; eine solche Konstatierung wäre nach Ansicht des Beschwerdeführers auf Grund der Beweisergebnisse indiziert gewesen und hätte zum Freispruch von der Anklage wegen dauernder Sachentziehung führen müssen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist auch insoweit nicht begründet. Diebstahl und dauernde Sachentziehung haben gemeinsam, daß die Tathandlung in der widerrechtlichen Wegnahme fremder beweglicher Sachen besteht; die beiden Tatbestände unterscheiden sich nur durch die innere Tatseite, also im Vorsatz des Täters. Während nämlich der Dieb den Vorsatz hat, sich unrechtmäßig zu bereichern, soll beim Vergehen nach dem § 135 StGB. nur der dauernde Gewahrsamentzug erreicht werden, ohne daß der Täter die Gegenstände in sein Vermögen überführen will (Leukauf-Steininger2, StGB., § 135, RN. 16). Nun sind die Kraftfahrzeugpapiere und der Reisepaß, die neben den nicht mehr kurrenten Banknoten vom Schuldspruch wegen dauernder Sachentziehung umfaßt sind, von vornherein nicht diebstahlsfähig, weil sie nicht selbständige Wertträger sind (Leukauf-Steininger2, § 127 StGB., RN. 6). An ihnen konnte daher ein Diebstahl schon begrifflich gar nicht begangen werden, weil ihre Wegnahme nicht zu einer Bereicherung des Täters führte; da aber ihre Entziehung von dem zumindest bedingten Vorsatz des Beschwerdeführers und seiner Komplicen begleitet war, sie nicht mehr an den oder die Berechtigten gelangen zu lassen, war die Tat nicht straflos, sondern eben als dauernde Sachentziehung zu beurteilen (vgl. ÖJZ-LSK. 1978/367 = EvBl. 1979/91). Was aber die nicht mehr kurrenten Banknoten, die nur von historischem Interesse sind und die gleichfalls Gegenstand des Schuldspruches nach dem § 135 Abs. 1 StGB. bildeten, anlangt, so ist durch ihre Wegnahme für den Berechtigten ein Schaden entstanden, da sie (z.B. als Sammelobjekt) einen gewissen Tauschwert repräsentieren, mögen sie auch für die Täter ohne Interesse gewesen sein. Wollte man, wie dies der Beschwerdeführer tut, davon ausgehen, daß auch diese Banknoten mit Bereicherungsvorsatz weggenommen wurden, so wäre die Tat als Diebstahl zu beurteilen und keineswegs straflos; daß später, bei der Sichtung der Beute, der Entschluß gefaßt wurde, die für die Täter wertlosen Gegenstände zu vernichten, würde sich dann und nur dann als straflose (vorbestrafte) Nachtat darstellen (Leukauf-Steininger2, § 28 StGB., RN. 51). Das Schöffengericht ging jedoch in Übereinstimmung mit der Lebenserfahrung und erkennbar gestützt auf das Verhalten der Angeklagten nach der Tat davon aus, daß der Vorsatz des Beschwerdeführers und der übrigen Beteiligten von vornherein nur darauf gerichtet war, sich an den für sie leicht verwertbaren Sachen zu bereichern, die übrigen Gegenstände aber, die sie nicht brauchten, zu vernichten. Damit bewertete das Schöffengericht das Gesamtverhalten der Täter unterschiedlich: Die Gegenstände, hinsichtlich welcher ein Bereicherungsvorsatz der Täter bestand, wurden als Diebsgut beurteilt, hinsichtlich der übrigen Gegenstände, bei denen von vornherein der (zumindest bedingte) Vorsatz anzunehmen war, daß sich die Täter ihrer (durch Vernichtung) entledigen wollten, waren Objekt der dauernden Sachentziehung. Eine solche rechtliche Konstruktion ist aber durchaus möglich (13 Os 188/78 = ÖJZ-LSK. 1979/156).
Es liegt somit weder ein Rechtsirrtum, noch ein Feststellungsmangel vor und - mangels anderweitig strafbarer Vortat - fehlt es auch an der Möglichkeit, die Vernichtung von Urkunden und Banknoten als straflose Nachtat zu werten; die Nichtigkeitsbeschwerde, sofern man sie überhaupt als zugunsten des Angeklagten ausgeführt ansieht, war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte nach dem § 128 Abs. 2 StGB. unter Anwendung des § 28 StGB. über die Angeklagten Freiheitsstrafen, und zwar über Milorad A und Milomir C solche von je zwanzig Monaten, über Milos B eine solche von achtzehn Monaten. Bei der Strafbemessung erachtete es als erschwerend bei A eine einschlägige Vorstrafe, bei C das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen verschiedener Art und bei B keinen Umstand; als mildernd hingegen wertete es bei allen drei Angeklagten die objektive Schadensgutmachung durch Sicherstellung fast der gesamten Beute und das reumütige Geständnis, durch das ein wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung geleistet wurde, überdies bei B dessen bisherige Unbescholtenheit und bei C die Tatbegehung noch vor Vollendung des 21. Lebensjahres.
Die Heranziehung des Erschwerungsgrundes des § 33 Z. 1 StGB. bei den zu Punkt I. des Schuldspruches bezeichneten Fakten lehnte das Erstgericht in Anbetracht des eintätigen Zusammentreffens der Taten ab, da ihm nur formeller Charakter zukäme; weil die hohe Qualifikation auf eine einzige Tat zurückgehe, erachtete es eine Bemessung der Strafen 'im untersten Bereich der gesetzlichen Strafdrohung' für vertretbar (S. 325).
Gegen die sie betreffenden Strafaussprüche wenden sich die Angeklagten A und B mit ihren (getrennt ausgeführten) Berufungen, mit welchen sie eine Herabsetzung des Strafmaßes (letztgenannter unter Anwendung des § 41 StGB.) und die bedingte Nachsicht der über sie verhängten Freiheitsstrafen anstreben.
Der Angeklagte A reklamiert für sich eine entferntere Tatbeteiligung, dies allerdings zu Unrecht, weil ihn im Hinblick darauf, daß er seinen PKW. zum Tatort brachte und sich an der Verladung und Wegschaffung der Beute in seine Wohnung und an der Vernichtung für wertlos gehaltener Papiere aktiv beteiligte (S. 318) sowie auch tätigen Anteil an dem Versuch einer Verwertung eines Teiles der Beute nahm (S. 318, 319), ein im Verhältnis zu seinen Mittätern zumindest gleiches Verschulden trifft.
Auch der Einwand des Angeklagten B, seine Unbescholtenheit sei unterbewertet worden, geht fehl, weil dieser Angeklagte entgegen der Annahme des Erstgerichts (mit Strafverfügung des Strafbezirksgerichts Wien vom 30.Dezember 1977, GZ. 17 U 2075/77-3, wegen des Vergehens nach dem § 83 Abs. 1 StGB.) vorbestraft ist. Allerdings wurde bei der Strafbemessung dem Umstand der nahezu vollständigen objektiven Schadensgutmachung und der geständigen Verantwortung, sohin zwei ganz gewichtigen Milderungsgründen, nicht in ausreichendem Maße Rechnung getragen; obzwar bei einem Diebstahl und einer dauernden Sachentziehung unter den gegebenen Umständen von einer Tatbegehung in Verleitung durch eine besonders verlockende Gelegenheit nicht die Rede sein kann, so ist doch davon auszugehen, daß den Angeklagten völlig unerwartet eine so wertvolle Beute wie teurer Familienschmuck in die Hände fiel, der in auffallender Sorglosigkeit von Monika D ohne ersichtlich zwingende Notwendigkeit in einem obendrein noch dazu unversperrten PKW. zurückgelassen worden war.
Zumindest zum Teil ist daher die Tat auf äußere Umstände zurückzuführen, die einer strengeren Bestrafung als sonst entgegenstehen, weil nach Lage des Falles gegen die Tat sehr wohl eine wirksame Vorsicht hätte gebraucht werden können (§ 32 Abs. 1 und 2 StGB.). Der dadurch gegenüber dem Normalfall stark geminderte Unrechtsgehalt, auf den sich das insoweit geminderte Verschulden des Täters bezieht, wurde vom Erstgericht nicht hinreichend berücksichtigt;
diese Fehleinschätzung der für die Strafbemessung bedeutsamen Umstände durch das Erstgericht, die zu einem überhöhten Strafmaß führte, ist der Grund für eine Strafminderung in Stattgebung der beiden Berufungen, der aber auch dem Angeklagten C, der keine Berufung erhob, zustatten kommt, weshalb von Amts wegen so vorzugehen war, als hätte auch er eine Berufung ergriffen (§ 295 Abs. 1, letzter Satz, StPO.).
Es wurden daher die Strafen - übrigens durchaus in Übereinstimmung mit den Intentionen des Erstgerichtes (S. 325) - bei C und B 'im untersten Bereich der gesetzlichen Strafdrohung', nämlich an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens des § 128 Abs. 2 StGB., festgesetzt; lediglich beim Angeklagten A wurde die Strafe angesichts seiner einschlägigen Vorstrafe drei Monaten über dem gesetzlichen Mindestmaß bemessen.
Eine außerordentliche Strafmilderung nach dem § 41 Abs. 1 Z. 4 StGB. war mangels der Voraussetzungen hiefür bei keinem der Angeklagten vertretbar; denn wenn auch die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen, so besteht doch angesichts der Art der strafbaren Handlungen und der Persönlichkeitsstruktur der sozial nur mangelhaft integrierten Angeklagten keine begründete Aussicht, daß sie bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen mehr begehen werden. Eben deshalb konnte aber auch eine bedingte Strafnachsicht nicht gewährt und insoweit den Berufungen kein Erfolg beschieden werden. Sämtliche Angeklagten wurden am 23.Februar 1979 um 12 Uhr 55 festgenommen und später wurde über sie die Schubhaft verhängt (S. 5, 6, 7, 11, 15). Über Auftrag des Gerichtes wurden Milomir C und Milos B am 2.März 1979 um 19 Uhr 35 unter gleichzeitiger Unterbrechung der Schubhaft an das Gericht überstellt und dort wurde über sie die Untersuchungshaft verhängt (S. 89, ON. 7 und ON. 9). Milorad A schließlich verbüßte in der Zeit vom 26.Februar 1979, 15 Uhr, bis zum 17.März 1979, eine Verwaltungsstrafe, ehe er an diesem Tag um 9 Uhr an das Gericht überstellt wurde (S. 190). Die Haftzeiten, die die Angeklagten in Schubhaft zugebracht haben, wurden ihnen im Urteil nicht angerechnet (S. 326).
Dies zurecht.
Denn zufolge des § 5 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes (Bundesgesetzes vom 17.März 1954, BGBl. Nr. 75) kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung genommen werden (Schubhaft), wenn dies im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern.
Mag es auch zutreffen, daß die Angeklagten im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen strafbaren Handlungen, deren sie verdächtig waren, in Haft genommen wurden, so wurde die Schubhaft doch ihrem Wesen nach bloß wegen der im Fremdenpolizeigesetz genannten, spezifischen Zwecke einer solchen Schubhaft, zwar möglicherweise aus Anlaß, nicht aber wegen der verfahrensgegenständlichen Taten selbst verhängt, wie es für die Anrechnung einer verwaltungsbehördlichen Verwahrungshaft zufolge § 38 Abs. 1 Z. 1 StGB. Voraussetzung wäre.
Die von der Generalprokuratur angeregte Maßnahme nach dem § 290 Abs. 1 StPO. zur Anrechnung der Schubhaft auf die Strafhaft gemäß dem § 38 StGB. hatte daher mangels einer gesetzlichen Grundlage für eine solche Anrechnung zu unterbleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02388European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0130OS00152.79.1122.000Dokumentnummer
JJT_19791122_OGH0002_0130OS00152_7900000_000