Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 27. November 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Walenta und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Böhm-Hiller als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3. Juli 1979, GZ. 1 b Vr 2359/79-22, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten, Rechtsanwalt Dr. Leuthner, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 18 (achtzehn) Monate herabgesetzt. Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 31. März 1940 geborene Bäckergeselle Johann A der Vergehen der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1
StGB (Punkt A/ des Urteilssatzes) und der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 und 2 StGB (Punkt B/ des Urteilssatzes) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, weil er am 9. März 1979 in Wien seine Lebensgefährtin Grete B zu A/: durch Niederschlagen mit einer Pfanne, heftiges Würgen am Hals und Versetzen eines Fußtrittes gegen die Hand vorsätzlich am Körper verletzte, wobei die Tat eine an sich schwere Verletzung, nämlich einen Bruch der linken Hand sowie Kratzspuren am Hals nach sich zog; zu B/: durch die im Zusammenhang mit den zu A/ bezeichneten Handlungen gemachte Äußerung: 'Nun bring' ich dich um, du alte Hure' gefährlich mit dem Tode bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.
Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z 5
und 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.
Rechtliche Beurteilung
Dem in Ansehung des Schuldspruchfaktums A/ erhobenen Vorwurf einer im Sinne des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes mangelhaften Urteilsbegründung ist entgegenzuhalten, daß das Erstgericht die bezüglichen entscheidungswesentlichen Tatsachenannahmen auf die Angaben der Grete B gegenüber dem Meldungsleger und vor der Polizei, auf die Zeugenaussage des Sicherheitswachebeamten Peter C und auf das Gutachten des dem Verfahren beigezogenen gerichtsmedizinischen Sachverständigen Dozent Dr. Werner D stützte und auf Grund dieser - eingehend und gemäß § 258 Abs. 2 StPO auch in ihrem inneren Zusammenhang gewürdigten - Beweismittel die Verantwortung des leugnenden Angeklagten, er sei bloß unabsichtlich auf die Hand der ohne sein Zutun auf dem fetten Fußboden ausgerutschten und gestürzten Grete B gestiegen, als widerlegt erachtete. Die den Angeklagten zum Teil entlastenden Angaben der Grete B in der Hauptverhandlung wertete es dagegen als Versuch, dem Angeklagten durch Abschwächung ihrer ursprünglichen (wahrheitsgetreuen) Darstellung zu helfen. Die aus den gesamten Verfahrensergebnissen gezogene Schlußfolgerung, der Beschwerdeführer habe seine Lebensgefährtin dadurch (vorsätzlich) am Körper verletzt, daß er sie würgte, ihr mit einer Pfanne auf den Kopf schlug, wodurch sie zu Boden stürzte, und sodann vorsätzlich mit dem Fuß auf die Hand trat oder sprang, erweist sich damit als schlüssig und zureichend begründet. Unerheblich ist hiebei, ob der Angeklagte, wie er in der Beschwerde behauptet, der Verletzten eine Pfanne nachwarf oder gezielt auf den Kopf schlug. Soweit der Beschwerdeführer im übrigen vermeint, das Schöffengericht hätte auf Grund der Beweisergebnisse zu gegenteiligen Annahmen gelangen müssen, erschöpft sich sein Vorbringen zur Mängelrüge in einem unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff gegen die - nach dem Gesagten mängelfrei begründete - erstrichterliche Beweiswürdigung.
Ebensowenig haftet dem angefochtenen Urteil im Schuldspruchfaktum B/ ein Begründungsmangel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO an: Wenn das Erstgericht bei einer Gesamtwürdigung der Verfahrensergebnisse zur Überzeugung gelangte, daß der Angeklagte durch die mit Würgen des Opfers begleitete Äußerung, er werde Grete B umbringen, diese in Furcht und Unruhe zu versetzen beabsichtigte, womit es auch die Ernstlichkeit dieser Drohung (im wörtlichen Sinn als Todesdrohung) bejahte, stellt dies ebenfalls einen Akt freier - schlüssiger - Beweiswürdigung dar, der einer Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren entzogen ist.
Zu Unrecht vermißt der Beschwerdeführer ferner beim Schuldspruch wegen schwerer Körperverletzung Feststellungen zur subjektiven Tatseite: Denn wie bereits dargelegt, nahm das Erstgericht u. a. an, daß der Angeklagte vorsätzlich mit dem Fuß auf oder gegen die rechte Hand seiner Lebensgefährtin trat und dadurch eine Bruchverletzung herbeiführte. Soweit der Beschwerdeführer diese tatsächliche Feststellung unberücksichtigt läßt und in diesem Zusammenhang abermals von der gegenteiligen Annahme ausgeht, er sei unbeabsichtigt auf die Hand seiner Lebensgefährtin gestiegen, mangelt es daher schon an einer gesetzmäßigen Ausführung des geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes. In rechtlicher Hinsicht ist im übrigen davon auszugehen, daß das Vergehen der Körperverletzung nach dem § 83 StGB nicht nur begeht, wer einen anderen vorsätzlich am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt, sondern auch derjenige, der einen anderen vorsätzlich am Körper mißhandelt und dadurch fahrlässig verletzt oder an der Gesundheit schädigt. Bei den in den Abs. 1 und 2 des § 83 StGB beschriebenen Begehungsweisen der Körperverletzung handelt es sich um rechtlich gleichwertige Begehungsweisen ein- und desselben Delikts (vgl. LSK 1975/171 und RZ 1979/4). In beiden Fällen erfordert die Zurechnung einer durch die Tat eingetretenen schweren Verletzungsfolge (im Sinne des § 84 Abs. 1 StGB) bloß Fahrlässigkeit (§ 7 Abs. 2 StGB). Es ist daher unerheblich, ob die Feststellungen des Erstgerichtes nur die Annahme eines Handelns mit Mißhandlungsvorsatz decken oder ob der Vorsatz des Angeklagten darüber hinaus auf die Herbeiführung einer Verletzung oder sogar einer schweren Verletzung der Grete B gerichtet war. Ausgehend von den Urteilsfeststellungen wurde aber auch die objektive und subjektive Vorhersehbarkeit des Eintritts einer schweren Verletzung und damit Fahrlässigkeit des Beschwerdeführers in bezug auf deren Herbeiführung rechtlich zutreffend bejaht (vgl. LSK 1976/2, SSt 47/1 u. a.).
Der Schuldspruch wegen schwerer Körperverletzung läßt sohin eine unrichtige Gesetzesanwendung oder einen auf einer solchen beruhenden Feststellungsmangel im Sinne der Z 9 lit. a oder 10 des § 281 Abs. 1 StPO nicht erkennen.
Schließlich erweist sich - den Beschwerdeausführungen zuwider - auch der Schuldspruch wegen gefährlicher Drohung nach dem § 107 Abs. 1 und 2 StGB als rechtlich einwandfrei.
Welchen Sinn und welche Bedeutung der Drohung des Beschwerdeführers zukam und von welcher Absicht dieser hiebei geleitet war, hatte das Erstgericht schon bei Lösung der Tatfrage in freier Beweiswürdigung dahin entschieden, daß es die Ernstlichkeit der Drohung in ihrem wörtlichen Sinn (einer Todesdrohung) bejahte. In rechtlicher Hinsicht ist im übrigen nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nur die objektive Eignung der Drohung (als Todesdrohung) wesentlich, bei dem Bedrohten mit Rücksicht auf die Verhältnisse und seine persönliche Beschaffenheit oder die Wichtigkeit des angedrohten Übels Furcht und Unruhe hervorzurufen; maßgebend ist also, daß das als Drohung zu wertende Tatverhalten auf Grund der näheren Begleitumstände - objektiv betrachtet - für den Bedrohten die Befürchtung rechtfertigt, der Täter sei willens und in der Lage, sein mit der Drohung zum Ausdruck gebrachtes Vorhaben wahrzumachen. Diese Voraussetzungen treffen, wie das Erstgericht unter Zugrundelegung der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen gleichfalls frei von Rechtsirrtum erkannte, auf das Tatverhalten des Angeklagten zu, zumal die Bedrohte diesen zufolge (entgegen ihrer späteren, vom Erstgericht abgelehnten Darstellung) auch wirklich in Furcht und Unruhe versetzt wurde (vgl. S. 16 ff und 95 d. A). Auch insoweit haftet dem Urteil sohin eine Nichtigkeit im Sinne der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO nicht an.
Die unberechtigte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 84 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend:
die einschlägigen Vorstrafen, den raschen Rückfall, das Zusammentreffen von zwei Vergehen und die besondere Brutalität des Vorgehens des Angeklagten, hingegen berücksichtigte es das Teilgeständnis und die offensichtliche Verzeihung seitens des Opfers als mildernd.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe an. Er verweist darauf, daß sich die Auseinandersetzung im Zuge eines Streites zwischen alkoholisierten Lebensgefährten ereignet habe und vermeint, es wäre unter Berücksichtigung der sich daraus ergebenden Situation und des Milieu eine wesentliche Herabsetzung der Freiheitsstrafe indiziert.
Der Berufung kommt Berechtigung zu:
Zunächst ist festzuhalten, daß der vom Erstgericht angenommene Erschwerungsumstand der 'besonderen' Brutalität in Wegfall zu kommen hat, weil die vom Schuldspruch erfaßten Tathandlungen des Angeklagten (nur) die deliktsspezifische, nicht aber eine darüber hinausgehende ('besondere') Brutalität aufweisen.
Auf der Basis der sohin korrigierten Strafzumessungsgründe und der allgemeinen für die Strafbemessung normierten Grundsätze (§ 32 StGB), in welchem Zusammenhang auch der Tatsituation und dem Milieu der Beteiligten Bedeutung zukommt, erachtet der Oberste Gerichtshof eine Freiheitsstrafe in der Dauer von eineinhalb Jahren für angemessen. In diesem Sinne war der Berufung ein Erfolg zuzuerkennen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruche angeführte Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02384European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00153.79.1127.000Dokumentnummer
JJT_19791127_OGH0002_0110OS00153_7900000_000