Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28. November 1979
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Steininger, Dr. Walenta und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mayerhofer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Kurt Werner A wegen des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 24. August 1979, GZ. 35 Vr 2459/78-119, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, nach Verlesung der Rechtsmittelschrift des Angeklagten und nach Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird gemäß § 290 Abs. 1 StPO im Ausspruch über die Anwendung des § 39 StGB, damit auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Der Angeklagte wird gemäß §§ 28, 198 Abs. 1 StGB zu 4 (vier) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.
Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.
Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft wird aus dem Ersturteil übernommen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 17. August 1948 geborene Fliesenleger Kurt Werner A der Vergehen des Betruges nach § 146 StGB und der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.
Nur den erstgenannten Schuldspruch, wonach er im Februar 1977 in St. Gilgen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, den Josef B durch die Vorgabe, binnen weniger Tage Zahlung zu leisten, sohin durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, nämlich zum Verkauf eines Mercedes-Benzinmotors verleitete, welche diesen an seinem Vermögen um einen Betrag von 5.000 S schädigte, bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen des § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit. a StPO.
Gestützt auf den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund beschwert sich der Angeklagte zunächst darüber, daß das Urteil bei der angenommenen Täuschung einerseits davon ausgehe, er habe sich dem Josef B gegenüber als zahlungsfähig ausgegeben, ohne es in Wirklichkeit gewesen zu sein, andererseits aber darauf abstelle, er sei angesichts seines zeitweilig guten Verdiensts sehr wohl in der Lage gewesen, den verhältnismäßig niedrigen Kaufpreis von 5.000 S zu bezahlen, habe dies aber nicht wollen.
Er erblickt hierin einen inneren Widerspruch des Urteils, demzufolge die Annahme einer zur Tatzeit vorgelegenen Zahlungsunfähigkeit ebenso einer mängelfreien Begründung entbehre wie jene eines damals gegeben gewesenen Zahlungsunwillens, zumal letzterer aus dem Unterbleiben jedweder Zahlung nicht zwingend folge.
Rechtliche Beurteilung
Insoweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang als Grund dafür, daß er nichts bezahlte, die Mangelhaftigkeit und spätere gänzliche Unbrauchbarkeit des Motors ins Treffen führt, konfrontiert er nur seine vom Erstgericht ohnedies gewürdigte, jedoch durch die sonstigen Verfahrensergebnisse für widerlegt erachtete Verantwortung mit den gegenteiligen Urteilskonstatierungen und bekämpft solcherart lediglich unzulässigerweise die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes.
Lag aber die Ursache für die verabsäumte Zahlung nicht in dem seitens des Angeklagten geltend gemachten Umstand, so konnte das Erstgericht nach Lage des Falles kaum zu einem anderen Schluß gelangen, als den von ihm folgerichtig gezogenen, daß der Angeklagte nicht fähig und (oder) willens war, die von ihm eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen, und demnach B über diese wesentlichsten Vertragsvoraussetzungen mit Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz irregeführt hat; dabei spielt es - zumal dies keine verstärkte Tatbestandsmäßigkeit bedeutet - keine Rolle, ob der Genannte über beide angeführten Elemente (Zahlungsfähigkeit und Zahlungswillen) oder nur über eines getäuscht wurde. Außerdem ist eine Schlußfolgerung der Anfechtung wegen unzureichender Begründung nach § 281 Abs. 1 Z 5 StPO nicht erst entzogen, falls sie sich als die einzig mögliche, mithin als zwingend darstellt, sondern bereits dann, wenn sie den Denkgesetzen nicht zuwiderläuft. Mit Begründungsmängeln ist das Urteil daher nicht behaftet. Die Rechtsrüge des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO greift bei der Negierung einer vom Angeklagten gesetzten (vorsätzlichen) Täuschungshandlung auf das Vorbringen der Mängelrüge zurück, wiederholt dieses, weicht dadurch von den (gegenteiligen) Urteilsfeststellungen ab und bringt deshalb den angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 39, 146 StGB
zu sieben Monaten Freiheitsstrafe;
die Voraussetzungen für eine Strafschärfung nach § 39 StGB erachtete es mit Beziehung auf Delikte gegen fremdes Vermögen deshalb als erfüllt, weil der Angeklagte in den letzten Jahren mehrfach wegen Betruges zu Freiheitsstrafen verurteilt wurde, die er auch verbüßte (Band II, S 236 f).
Aus Anlaß der Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde mußte sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugen, daß das Urteil bezüglich der Anwendung des § 39 StGB und damit im gesamten Strafausspruch zum Nachteil des Angeklagten mit einer - von diesem nicht relevierten - Nichtigkeit im Sinne der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet ist; dies gibt Anlaß zu einer Maßnahme gemäß § 290 Abs. 1 StPO.
Aus dem (seit 9. März 1974 rechtskräftigen) Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 6. März 1974, GZ. 25 Vr 2871/73-86, ergibt sich nämlich, daß der Angeklagte damals - entgegen der sich darauf beziehenden Eintragung zu Punkt 6 der Strafregisterauskunft II. Band S 117, wo auch der § 200 (und § 202) StG zitiert wird -, nur wegen eines sogenannten 'unechten' Betrugsdeliktes nach §§ 197, 199 lit. d und 8 StG (in 2 Fällen) schuldig gesprochen wurde (also wegen strafbarer Handlungen, welche nach dem /-neuen/- StGB als Delikte gegen die Zuverlässigkeit von Urkunden /-Fälschung besonders geschützter Urkunden gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 StGB/- und gegen die Freiheit /-Täuschung gemäß §§ 108 (Abs. 2), 15 StGB/- nicht um Straftaten gegen fremdes Vermögen; sie waren weder gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet wie der den Gegenstand des nunmehrigen Schuldspruches wegen Vergehens des Betruges nach § 146 StGB bildende Deliktsakt, noch sind sie nach Lage des Falles auf gleichartige verwerfliche Beweggründe oder auf den gleichen Charaktermangel zurückzuführen; demnach beruhen sie nicht auf der gleichen schädlichen Neigung im Sinne des § 39 Abs. 1 StGB (siehe hiezu die Legaldefinition des § 71 StGB). Die letzte Bestrafung des Angeklagten wegen eines Vermögensdeliktes (zu einer einjährigen Freiheitsstrafe) erfolgte mit dem (seit 7. Februar 1970 rechtskräftigen) Urteil des Landesgerichtes Linz vom 3. Februar 1970, GZ. 18 Vr 1810/69-36 (Punkt 5 der Strafregisterauskunft). Diese Strafe hatte der Angeklagte am 9. Oktober 1970 verbüßt. Selbst unter Berücksichtigung jener Zeiträume, innerhalb derer er sich darnach zufolge weiterer Verurteilungen (Punkte 6 und 7 der Strafregisterauskunft) in Strafhaft befand, sind seit der Verbüßung der letzten Freiheitsstrafe wegen eines Vermögensdelikts bis zur Begehung des urteilsgegenständlichen Betruges im Februar 1977 mehr als 5 Jahre vergangen, sodaß Rückfallsverjährung gemäß § 39 Abs. 2 StGB eingetreten ist. Da das Erstgericht vorliegend die Bestimmung des § 39 StGB über die Strafschärfung aber tatsächlich anwendete und über den Angeklagten eine die Höchstgrenze des § 146 StGB übersteigende Freiheitsstrafe verhängte, hat es zum Nachteil des Angeklagten seine die Grenzen des gesetzlichen Strafsatzes überschritten (§ 281 Abs. 1 Z 11 StPO). Es war demnach das Urteil, das im übrigen, so insbesondere auch im Adhäsionserkenntnis unberührt bleibt, im gesetzwidrigen Ausspruch über die Anwendung des § 39 StGB sowie in dem infolgedessen nichtigen Strafausspruch aufzuheben und mit einer Neubemessung der Strafe vorzugehen. Ihr war im Sinne des § 28 Abs. 1, zweiter Satz, StGB die Bestimmung des § 198 Abs. 1 StGB zugrundezulegen, welche die höchste (= strengste - EBRV 1971 S 118) Strafe androht, weil sie ausschließlich Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten vorsieht, während die Strafdrohung des § 146
StGB auf Freiheitsstrafe im gleichen Ausmaß oder (eine wahlweise zu verhängende primäre) Geldstrafe (bis zu 360 Tagessätzen) lautet, somit - im gesamten gesehen - milder ist.
Bei der Neubemessung der Strafe waren erschwerend die Begehung strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art, wobei der Angeklagte seine Unterhaltspflicht gegenüber drei außerehelichen Kindern (und bei einem davon in raschem Rückfall - siehe dazu 8 U 1925/75-6 des Bezirksgerichtes Innsbruck) längere Zeit hindurch gröblichst verletzte, sowie in Ansehung beider vom Schuldspruch erfaßten Delikte die vorangegangenen Verurteilungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Taten.
Mildernd war die teilweise Schadensgutmachung durch Abdeckung eines Teils der Unterhaltsrückstände durch den Angeklagten seit Einleitung dieses Strafverfahrens und das Teilgeständnis. Hievon ausgehend erweist sich eine Freiheitsstrafe von vier Monaten als angemessen. Da der Unrechtsgehalt des Betrugsdelikts verhältnismäßig gering ist, insoweit die letzte einschlägige Vorstrafe nahezu ein Jahrzehnt zurückliegt, der Angeklagte (welcher sich mittlerweile neuerlich verehelicht, im Betrieb seiner Schwiegermutter eine berufliche Tätigkeit aufgenommen und durch Zahlung namhafter Beträge die aufgelaufenen Unterhaltsrückstände vermindert hat) nunmehr ersichtlich eine Lebensführung in geordneten Verhältnissen anstrebt, erscheint - trotz seines getrübten Vorlebens - die Annahme gerechtfertigt, daß die bloße Androhung der Strafe genügen werde, um ihn zukünftig doch von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Generalpräventive Erwägungen stehen der Gewährung der Rechtswohltat der bedingten Strafnachsicht nach § 43 Abs. 1 StGB nicht entgegen. Hingegen wurde, nicht zuletzt wegen der einschlägigen Vorverurteilungen, die Verhängung einer Geldstrafe gemäß § 37 Abs. 1 StGB (an Stelle der Freiheitsstrafe) nicht in Betracht gezogen, bedarf es doch offenkundig der Androhung einer Freiheitsstrafe, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft nach § 38 Abs. 1 StGB konnte aus dem Ersturteil übernommen werden.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E02398European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00153.79.1128.000Dokumentnummer
JJT_19791128_OGH0002_0100OS00153_7900000_000