Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Dezember 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Harbich und der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Walenta und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mayerhofer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Rudolf A wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems a. d. Donau als Schöffengericht vom 20. Dezember 1978, GZ. 11 Vr 264/77-50, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Posch und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 22. Februar 1929 geborene Forstarbeiter Rudolf A des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2
StGB schuldig erkannt, weil er nach Inhalt des Schuldspruchs in der Zeit von Oktober 1976 bis März 1977 in Weinern bei Großsiegharts die ihm von Josefa (auch Josefine - S 53 und 59) B als Eigentümerin der beiden Waldparzellen Nr. 394/2 und 394/3 der Katastralgemeinde Weinern vertraglich eingeräumte Befugnis, dort die dürren Bäume zu schlägern, den Wald also ordnungsgemäß zu durchforsten und das dabei anfallende Holz an die Firma C Handelsgesellschaft Wien zu verkaufen, dadurch wissentlich mißbrauchte, daß er Holzschlägerungen in großem Ausmaß, nämlich von insgesamt rund 0,6 ha durchführte und so der Josefa B einen Schaden in der Verbringung von mindestens 240 fm Holz zu einem Stammpreis von zumindest 700 S, insgesamt demnach in einer Höhe von mindestens 168.000 S und somit einen 100.000 S übersteigenden Vermögensnachteil zufügte.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Zum erstgenannten Nichtigkeitsgrund rügt der Beschwerdeführer mit der Behauptung einer Unvollständigkeit der Urteilsbegründung, daß das Schöffengericht eingehende Feststellungen über den Inhalt der ihm von B erteilten 'Vollmachten' (ON 4 und 5) unterlassen habe.
Rechtliche Beurteilung
Derartige Feststellungen wären aber zur strafrechtlichen Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers, dem ja der Mißbrauch dieser Vollmachten zum Vorwurf gemacht werde, unumgänglich nötig gewesen, insbesondere auch deshalb, weil der Beschwerdeführer eine mündliche Erweiterung dieser Vollmachten behaupte, nach der ihm die völlige Schlägerung und nicht bloß die Durchforstung eines 'Spitz' genannten Waldteiles gestattet worden sei. Auch fehle eine Feststellung über den Zeitpunkt, bis zu welchem der Beschwerdeführer vertraglich zur Abrechnung mit seiner Auftraggeberin verpflichtet gewesen wäre. Im Gegensatz zu diesem Vorbringen gibt das Urteil den Inhalt der zwischen dem Beschwerdeführer und der B getroffenen schriftlichen Vereinbarungen, von denen die unter ON 4 erliegende als 'Vollmacht' bezeichnet ist, ohnedies sinngemäß richtig wieder und enthält die Feststellung, daß der Beschwerdeführer die ihm darin erteilte Befugnis zur Durchforstung und Säuberung des Waldes von dürrem und morschem Holz dadurch wesentlich überschritten hat, daß er in großem Ausmaß auch gesundes Holz schlägerte. In Ansehung des 'Spitz' genannten Waldstücks konstatierte das Erstgericht mit eingehender Würdigung sämtlicher wesentlicher Verfahrensergebnisse, daß eine vom Beschwerdeführer behauptete Ermächtigung zur völligen (Kahl-) Schlägerung dieses Waldteils von B nicht erteilt wurde (S 275 bis 277). Dabei unterzog es insbesonders auch die Aussagen der Zeuginnen D und E ebenso einer kritischen Wertung, wie jene seiner Ehegattin Katharina A. Mit der vom Beschwerdeführer übrigens erst während des Verfahrens am 25. Jänner 1978 verfaßten Abrechnung, nach der er von Josefa B sogar noch etwa 15.000 S zu erhalten gehabt hätte, hat sich das Schöffengericht gleichfalls befaßt (S 278);
weitergehende Ausführungen hierüber waren der Ansicht des Beschwerdeführers zuwider nicht erforderlich, weil ein allenfalls vereinbarter (späterer) Zeitpunkt für die Rechnungslegung keinen Einfluß auf die Beurteilung des deliktischen Verhaltens des Beschwerdeführers hat. Daß die Menge des Schadholzes, das der Beschwerdeführer geschlägert hat, nur - die im Urteil in Übereinstimmung mit den Angaben des Zeugen F (S 236) und dem Gutachten des Sachverständigen - festgestellten 100 fm ausmachte, wird durch die globale Maximalschätzung des Zeugen G mit 'allerhöchstens' 200 fm (S 241) nicht ausgeschlossen. Im übrigen hat das Gericht auch dessen Angaben insgesamt in seine Erwägungen einbezogen (neuerlich S 280 oben) und überzeugend dargelegt, warum es den Depositionen FS die höchste Glaubwürdigkeit und Beweiskraft beimißt.
Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht bedurfte es auch keiner weiteren Auseinandersetzung mit der Frage, ob der vom Beschwerdeführer erzielte Holzpreis besonders günstig oder ungünstig war, wird dem Beschwerdeführer doch nicht der schlechte Verkauf des Holzes, sondern die durch seinen Auftrag nicht gedeckte Schlägerung von gesundem Holz zu seinem Vorteil vorgeworfen, bezüglich dessen der Sachverständige bei der Ermittlung des Wertes ohnehin von Minimalpreisen ausgegangen und für die diesbezüglich im Urteil ausdrücklich konstatierte Holzmenge von 240 fm (S 281), zu einem Schadensbetrag von 700 S pro fm Stockzins und somit insgesamt mindestens 168.000 S gelangt ist. Weil es unter diesen Umständen nur auf den hiedurch klargestellten Umfang des (Mindest-)Schadens des Opfers ankommt, nicht aber auf das Ausmaß des vom Angeklagten durch seine strafbare Handlung erlangten Vorteils, waren außerdem Erörterungen über die durch ihn wirklich erlöste Geldsumme entbehrlich. Soweit der Angeklagte im gegebenen Zusammenhang aus der Darstellung von Zeugen, deren Bekundungen das Gericht ohnehin nicht außer Acht gelassen hat - hiezu zählt neben dem bereits erwähnten Karl G auch der in der Beschwerde genannte Josef H (dort S 321; Urteil wiederum S 280 oben) - zu für ihn günstigeren Rückschlüssen zu gelangen sucht (als das Urteil aus der Gesamtheit der bedeutsamen Verfahrensergebnisse), so etwa dahin, daß das seinerseits verkaufte Holz von überwiegend minderer Qualität war (die vom Erstgericht mit 100 fm zu 240 fm angenommene Relation zwischen Schadholz und /- unberechtigt geschlägertem/-
gesundem Holz wird sogar vom Zeugen G in seiner Globalschätzung mit immerhin etwa 2 : 4 (= 1 : 2) angegeben - S 243 - und somit selbst durch diesen Zeugen unmißverständlich dargetan, daß nicht das Schadholz, sondern das gesunde Holz mengenmäßig weit überwog), erschöpfen sich die Einwände in einer unzulässigen Bekämpfung der erstrichterlichen Beweiswürdigung.
In seiner Rechtsrüge nach § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO meint der Beschwerdeführer, er hätte aus folgenden Erwägungen vom Vorwurf einer strafbaren Handlung richtigerweise losgezählt werden sollen. Nach dem Inhalt der Vollmachten sei er zur Durchforstung und Säuberung der Waldparzellen der Josefa B berechtigt gewesen. Es liege also in Wahrheit kein Bevollmächtigungs-, sondern ein Werkvertrag vor. Eine Überschreitung der ihm eingeräumten Befugnisse stelle darum keinen i.S.d. § 153 StGB tatbildlichen Vollmachtsmißbrauch durch eine Rechtshandlung dar. Es könne ihm daher die Schlägerung auch gesunder Bäume nicht als Untreue vorgeworfen werden; in Wahrheit habe er überhaupt keinen strafbaren Tatbestand verwirklicht; wenn sich B durch die Höhe der Schlägerungskosten beschwert erachte, habe sie ihre Ansprüche auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen.
Auch die rechtlichen Einwände schlagen nicht durch. Zuzugeben ist ihnen, daß das Wesen der Untreue, wie der Oberste Gerichtshof schon wiederholt (zuletzt EvBl. 1979/ 97) ausgesprochen hat, im wissentlichen Mißbrauch der rechtlichen Vertretungsbefugnis zur Vornahme von Vermögensverfügungen, also darin liegt, daß sich der Täter beim Gebrauch der Vollmacht im Rahmen der ihm hiedurch nach außen eingeräumten (de iure bestehenden) Verfügungsmacht über fremdes Vermögen (durch rechtsgeschäftliche oder - sonstige - rechtlichen Charakter tragende Handlungen) bewußt über die im Innenverhältnis gezogenen Schranken hinwegsetzt. Eine derartige Handlungsweise ist den Sachverhaltsfeststellungen des Erstgerichts jedoch zwanglos zu entnehmen. Hienach hatte der Angeklagte die ihm durch die 'Vollmachten ON 4 und 5' (S 271) seitens der Josefa B erteilte Befugnis, ihr gehörige Waldstücke zu durchforsten, das geschlägerte Holz zu veräußern und den Erlös mit der Auftraggeberin abzurechnen, wobei er die zu schlägernden Bäume selbst auszusuchen und zu bestimmen sowie anläßlich des Verkaufs die Preisabsprachen mit dem Erwerber zu treffen hatte, dadurch bewußt mißbraucht, daß er in Überschreitung der ihm erteilten (im Innenverhältnis maßgebenden) Ermächtigung, die seine betreffende Tätigkeit auf die dürren und morschen Bäume beschränkte (S 271), diese Tätigkeit zum eigenen Nutzen und Vorteil sowie entsprechenden Schaden der Machtgeberin B auf gesunde Bäume ausdehnte und Waldteile kahlschlug. Im übrigen wäre das inkriminierte Verhalten des Angeklagten, selbst wenn seine Meinung zuträfe, daß darin kein Mißbrauch einer rechtlichen Befugnis im Sinne des § 153 StGB liege (S 324 unten), keineswegs straflos, sondern - wie die (dann Platz greifende) Prüfung nach §§ 262, 267 StPO ergäbe - als (gemäß § 128 Abs. 2 StGB mit gleich hoher Strafe bedrohter) Diebstahl von Holz zu werten und der Angeklagte durch eine allfällige unzutreffende rechtliche Unterstellung der Tat seitens des Gerichts daher nicht beschwert. Unter dem Gesichtspunkt eines solchen Subsumtionsirrtums (§ 281 Abs. 1 Z 10 StPO) erachtet er sich aber im gegebenen Zusammenhang in seinen Rechten gar nicht beeinträchtigt.
Insoweit der Beschwerdeführer davon ausgeht, daß er nicht vertragswidrig gehandelt habe, um der Josefa B hiedurch einen Vermögensnachteil zuzufügen, liegt keine gesetzmäßige Ausführung des angerufenen Nichtigkeitsgrundes vor, weil er die ausdrücklichen gegenteiligen Feststellungen des Schöffengerichtes (S 279, 281) übergeht und sie durch einen anderen, seiner Verantwortung entsprechenden (urteilsfremden) Sachverhalt zu ersetzen sucht. Das gleiche gilt für jenes Vorbringen, womit der Beschwerdeführer einen Schaden der Josefa B zur Gänze (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO) oder zumindestens in einer ihm zurechenbaren Höhe von mehr als 100.000 S (§ 281 Abs. 1 Z 10) in Wahrheit (auch hier) aus tatsächlichen Gründen negiert wissen will.
Unerheblich ist schließlich, wann der Beschwerdeführer mit der Josefa B abrechnen sollte, zumal sowohl Untreue als auch Diebstahl mit dem Schadenseintritt vollendet ist (wozu noch kommt, daß der Beschwerdeführer im konkreten Fall in der nach Verfahrenseinleitung vorgenommenen Rechnungslegung ein - nicht unbeachtliches - Guthaben zu seinen Gunsten geltend macht).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 153 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von eineinhalb Jahren und sah die Strafe gemäß § 43 Abs. 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nach. Bei der Strafbemessung wertete es keinen Umstand als erschwerend, hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel als mildernd.
Der Angeklagte begehrt mit seiner Berufung eine Strafermäßigung, die Staatsanwaltschaft hingegen sowohl eine Erhöhung der Strafe als auch die Ausschaltung des Ausspruchs über die bedingte Strafnachsicht. Beide Berufungen erweisen sich jedoch als unberechtigt. Das Strafmaß ist nicht überhöht, zumal der Angeklagte das Vertrauen und, die durch das hohe Alter bedingte Unbeholfenheit einer 81- jährigen Frau bei der Regelung ihrer Angelegenheiten gröblich mißbraucht und sie erheblich geschädigt hat. Im Hinblick auf seinen bisher ordentlichen Lebenswandel ist aber auch keine Erhöhung geboten. Das vom Schöffengericht gefundene Strafmaß erscheint vielmehr durchaus schuldangemessen und tätergerecht. Da die gegenständliche Straftat des nunmehr 50-jährigen Angeklagten offenkundig eine einmalige Entgleisung darstellt, ist ferner im Sinne der Ausführungen des Erstgerichtes Gewähr dafür geboten, daß der Angeklagte auch bei bloßer Androhung der Strafvollziehung keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, wobei generalpräventive Erwägungen nach der Sachlage dieser Rechtswohltat nicht entgegenstehen.
Es war daher beiden Berufungen ein Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E02452European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00026.79.1205.000Dokumentnummer
JJT_19791205_OGH0002_0100OS00026_7900000_000