Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Lehmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerhard A wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1, Abs. 2 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10. April 1979, GZ. 1 b Vr 4601/78-49, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Fichtenbauer, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wegen des Strafausspruches wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 1 1/2 (eineinhalb) Jahre herabgesetzt. Der Berufung wegen der privatrechtlichen Ansprüche wird teilweise Folge gegeben, der Ausspruch, daß der Angeklagte der Privatbeteiligten Firma Wien-Kredit Teilzahlungsbank GesmbH einen Betrag von 66.464 S samt 1,5 % Zinsen pro Monat ab 1. August 1977 zu ersetzen hat, aufgehoben und die genannte Privatbeteiligte mit ihren Ansprüchen gemäß § 366 Abs. 2 StPO. auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Im übrigen wird dieser Berufung nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 1. Oktober 1953 geborene Autolackierer Gerhard A der Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2
StGB. (Punkt I/) und der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB. (Punkt V/) schuldig erkannt.
Nach dem Inhalt des allein mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochtenen Punktes I/ des Urteilsspruches hat er mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte durch die Vorspiegelung, er sei ein rückzahlungsfähiger und -williger Darlehensnehmer, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zur Gewährung von Darlehen, also zu Handlungen verleitet, die sie an ihrem Vermögen schädigten und wobei der Schaden 5.000 S überstieg, und zwar 1.) am 1. August 1977 in Wien Angestellte der Wien-Kredit Teilzahlungsbank Gesellschaft mbH zur Gewährung eines Darlehens von 55.000 S, Schaden in dieser Höhe;
2.) am 8. Mai 1978 in Korneuburg Angestellte der Firmen B bzw. C zur Gewährung eines Darlehens von 28.700 S, wobei er den Kaufvertrag und die Selbstauskunft als Ilse D unterschrieb, sohin unter Benützung einer falschen Urkunde, Schaden der Firma B 28.700 S.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch wegen Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 StGB. bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1
StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch Berechtigung nicht zukommt.
Wenn er im Rahmen der Mängelrüge, zunächst auf das Faktum zum Nachteil der 'Wien-Kredit' (I/1.) eingehend, behauptet, es fehle an schlüssigen Feststellungen über seinen Täuschungs- und Schädigungsvorsatz und die Nichtzahlung der Raten durch ihn sei nur die Folge der vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenden unregelmäßigen Entgeltzahlung durch seinen damaligen Dienstgeber (Koloman E), so ist hierauf zu erwidern, daß das Schöffengericht das Vorliegen des im Tatbild des Betruges beschriebenen Vorsatzes mit dem im Akteninhalt gedeckten lebensnahen Hinweis auf den Umstand gründete, daß der Beschwerdeführer, obwohl sich seine finanzielle Lage nicht wesentlich verändert hat, nach Ausfolgung des durch den Kredit finanzierten Autos, sohin ungeachtet im wesentlichen gleicher Einkommenslage wie beim Kauf nichts unternommen hat, aus dem sich sein Wille zur Einhaltung seiner Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens ergibt (S. 414 d.A.). Das Erstgericht hat sich dabei mit der vom Beschwerdeführer behaupteten unregelmäßigen Entgeltzahlung durch den Dienstgeber Koloman E ausdrücklich befaßt (S. 413 d.A.), diesem Umstand aber deshalb keine den Angeklagten entlastende Bedeutung beigemessen, weil er seiner eigenen Darstellung nach durch sogenannte Schwarzarbeiten den behaupteten, bei E erlittenen Einnahmenentfall mindestens wettgemacht hat (S. 414). Wenn das Schöffengericht aus diesem Verhalten des Beschwerdeführers, der bei etwa gleichbleibendem Einkommen nichts auf den Kredit zurückgezahlt hat, den Schluß zog, er sei entweder nicht zahlungswillig oder durch übertriebenen Aufwand bei seiner Lebensführung nicht zahlungsfähig gewesen (S. 414) und habe dies seinen Vertragspartnern nur vorgespiegelt (S. 406), reichen diese Annahmen für die Zurechnung des Schädigungs- und Bereicherungsvorsatzes hin, weshalb ihm kein Verstoß gegen die Denkgesetze oder ein sonstiger Fehler in seiner Begründungspflicht unterlaufen ist.
Es liegt aber auch im Faktum I/2.) (Betrug an Firma Radio B oder C) ein Begründungsmangel nicht vor.
Denn es kann entgegen dem Beschwerdevorbringen dahingestellt bleiben, ob die Gehaltsauskunft (richtig Selbstauskunft) der angeblichen Käuferin Ilse D, die der Beschwerdeführer erstellt und ohne auf ein angebliches Vertretungsverhältnis hinweisenden Zusatz mit ihrem Namen unterschrieben hat, richtig oder falsch war. Im Innenverhältnis war nämlich - und dies bestreitet auch der Beschwerdeführer nicht - vorgesehen, daß er die Kosten der Stereoanlage übernimmt, was schließlich durch Entlassung der Ilse D aus dem Kaufvertrag und Abschluß eines neuen Kaufvertrages mit dem Beschwerdeführer auch vom Kreditgeber akzeptiert wurde. Wesentlich waren daher für die kreditgewährenden Firmen nicht die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ilse D, sondern jene des Beschwerdeführers. Diese waren aber nach den Feststellungen des Schöffengerichtes (knapp nach Strafverbüßung, ohne Beschäftigung, Vorschulden, S. 410, 415 d.A.) so schlecht, daß der Beschwerdeführer mit der Einhaltung dieser formell scheinbar Ilse D, in Wahrheit im Innenverhältnis aber ihn treffenden Verpflichtung nicht rechnete (S. 415) und auch bei diesem Geschäft seine Vertragspartner, um sie zu schädigen, über die Möglichkeit der Vertragserfüllung täuschte. Der Annahme des Täuschungs- und Schädigungsvorsatzes des Beschwerdeführers haftet daher auch in Beziehung auf dieses Faktum ein Begründungsmangel nicht an. Daß zwei wesentlich verspätete Teilzahlungen auf die Stereoanlage erfolgt sind, hat das Erstgericht überdies entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers nicht stillschweigend übergangen, sondern (im Rahmen der Strafzumessungsgründe) ausdrücklich festgestellt (S. 416). Es hat diese aber, da sie erst nach Einleitung des Strafverfahrens erfolgten, zu Recht nur als (strafmildernde) teilweise Schadensgutmachung berücksichtigt.
Der Nichtigkeitsgrund nach der Z. 5 des § 281 Abs. 1
StPO. liegt somit nicht vor.
Zur Begründung seiner Rechtsrüge nach § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO. führt der Beschwerdeführer aus, die ihm als Urkundenbetrug angelastete Unterfertigung des Kaufvertrages über die Stereoanlage und der Selbstauskunft mit dem Namen (seiner damaligen Lebensgefährtin) Ilse D sei mit deren Vorwissen und Einverständnis erfolgt, er könne daher nicht als Benützer einer falschen Urkunde zum Betrug beurteilt werden.
Hiebei übersieht der Beschwerdeführer, daß die von ihm mit dem Namen der Ilse D ohne Hinweis auf ein (angebliches, vermeintliches oder wirklich bestehendes) Vertretungsverhältnis unterfertigten Urkunden im unbefangenen Dritten den Eindruck erwecken mußten, daß sie von der angeblichen Unterfertigerin stammten; diese Urkunden enthalten aber den Hinweis, daß sie wahrheitsgemäß errichtet werden müssen, weil sie als Grundlage für die Kreditgewährung (durch die Firma C) dienen (S. 285 d. A.). Da die Urkunden von einer anderen Person als vom scheinbaren Aussteller stammten, sind sie vom Schöffengericht zutreffend als falsch beurteilt worden. Es war daher das Erstgericht in keinem Rechtsirrtum befangen, wenn es die Qualifikation nach dem § 147 Abs. 1 Z. 1 StGB. für gegeben erachtete, der sachlich geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der Z. 10
des § 281 Abs. 1 StPO. haftet daher dem Urteil nicht an. Soferne der Beschwerdeführer aber sinngemäß vorbringt, er habe (im Faktum I/2.) schon deswegen keinen Betrug zu verantworten, weil die in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebende Ilse D als (angebliche) Kreditnehmerin den Eintritt eines Schadens schon infolge ihrer (finanziellen) Bonität nicht habe erwarten lassen, erweist sich die Rechtsrüge als nicht gesetzmäßig ausgeführt, da sie inhaltlich nicht von den getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes, sondern von der vom Schöffengericht abgelehnten Einlassung des Angeklagten ausgeht und insoweit keine Beachtung finden kann.
Dem Erstgericht ist daher auch keine die Nichtigkeitsgründe der Z. 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. verwirklichende unrichtige rechtliche Beurteilung der Strafsachen unterlaufen bzw. fehlt es an der gesetzmäßigen Ausführung des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes; die gänzlich unberechtigte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gerhard A war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 147 Abs. 1 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 1/2 Jahren; ferner gemäß § 369 StPO. zur Zahlung von 66.464 S samt 1,5 % Zinsen pro Monat ab 1. August 1977
an Wien Kredit Teilzahlungsbank GesmbH sowie von 26.354 S an die Firma Radio B GesmbH.
Bei der Strafzumessung nahm das Erstgericht als erschwerend die Wiederholung der Betrügereien, das Zusammentreffen von zwei Vergehen und die einschlägigen Vorstrafen, welche die Anwendung des § 39 StGB. gerechtfertigt hätten, an, wertete hingegen als mildernd die teilweise nachträgliche Schadensgutmachung im Falle des Faktums I/2 sowie das Geständnis zum Faktum II des Urteilssatzes. Die Entscheidung über die privatrechtlichen Ansprüche gründete es auf die im Urteilssatz angeführte Gesetzesstelle nach § 369 StPO. Die gegen den Strafausspruch erhobene Berufung, welche eine Strafminderung begehrt, ist zur Gänze, die Berufung gegen den erfolgten Zuspruch an die Privatbeteiligten teilweise berechtigt. Zwar vermag der Berufungswerber keine zusätzlichen Milderungsgründe vorzubringen, doch ist ihm zuzugeben, daß der Unrechtsgehalt der Straftaten vom Erstgericht zu hoch bewertet wurde, da ihm die Tatbegehungen nicht all zu schwer gemacht wurden und sich die Vorstrafen nicht als so gravierend erweisen, um ein Strafausmaß im oberen Drittel des Strafrahmens zu rechtfertigen.
Eine Herabsetzung auf das im Spruch angeführte Ausmaß entspricht durchaus dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Straftaten sowie den allgemeinen Bestimmungen für die Strafbemessung nach § 32 StGB. Was die Berufung hinsichtlich der privatrechtlichen Ansprüche anlangt, so übersteigt der an die privatbeteiligte Firma Wien-Kredit Teilzahlungsbank GesmbH erfolgte Zuspruch in der Höhe von 66.464 S samt 1,5 % Zinsen pro Monat ab 1. 8. 1977 den strafrechtlich festgestellten Schaden von 55.000 S im Faktum I/1 des Urteilssatzes, sodaß hinsichtlich des Differenzbetrages die Zuerkennung eines Entschädigungsanspruches (selbst bei einem Anerkenntnis) nicht erfolgen hätte dürfen (ÖJZ-LSK. 1976/153).
Im übrigen wird im Urteil aber in keiner Weise auf die (zivilrechtlich bedeutsamen) Einwendungen des Angeklagten BBedacht genommen, daß eine Schadensminderung durch Verwertung des nur unter Eigentumsvorbehalt für den Kreditgeber überlassenen PKWs eintreten könnte (siehe S. 34, 37 d.A.), der im Zeitpunkt der Urteilsfällung jedenfalls bereits die Verfügungsgewalt über diesen hatte (S. 155 d. A.).
Insoweit reichen die Ergebnisse des Strafverfahrens nicht aus, um verläßlich über den gestellten Entschädigungsanspruch auch nur in der Höhe des strafrechtlich verurteilenden Erkenntnisses urteilen zu können, zumal nicht auszuschließen ist, daß infolge der erfolgten Naturalrestitution eine Schadensminderung unter dem Betrag von 55.000 S erfolgt ist. In diesem Umfange war sohin der Berufung Folge zu geben und der Privatbeteiligte gemäß § 366 Abs. 2 StPO. auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.
Anders verhält sich hinsichtlich des Zuspruches an die privatbeteiligte Firma Radio B GesmbH in der Höhe von 26.354 S, da diese Summe nicht nur durch den Schuldspruch zu Punkt I/2 des Urteilssatzes (Schadenssumme 28.700 S) gedeckt ist, sondern dieser auch seine Grundlage in dem (konstitutiven) Anerkenntnis des Angeklagten (S. 389 d.A.) Deckung findet.
Insoweit verschlägt es nicht, wenn das Erstgericht diesen Zuspruch nur unter Zitierung auf die Bestimmungen des § 369 StPO. gestützt hat, wenngleich sonst in der Regel auch eine Begründung für den Entschädigungsanspruch gefordert werden muß.
Den Einwendungen des Berufungswerbers in diesem Punkte, er sei nicht Vertragspartner der Firma Radio B GesmbH gewesen, steht nicht nur das (strafrechtlich) schuldig sprechende Erkenntnis, sondern auch - soferne damit eine Mithaftung anderer Beteiligter gemeint sein sollte - die Bestimmungen des § 1302 zweiter Halbsatz ABGB. entgegen, sodaß auf diese nicht näher einzugehen war. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.
Anmerkung
E02419European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0120OS00107.79.1213.000Dokumentnummer
JJT_19791213_OGH0002_0120OS00107_7900000_000