TE OGH 1979/12/13 13Os168/79

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Veröffentlicht am 13.12.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Dezember 1979

unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, Dr. Kießwetter, Dr. Horak und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Böhm-Hiller als Schriftführers in der Strafsache gegen Ernst A wegen des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z. 2, Abs. 3, 2. Satz, StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Schöffengerichtes vom 26.April 1979, GZ. 10 Vr 878/78-14, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwaltes Dr. Willheim, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß der Vollzug der über den Angeklagten verhängten Geldstrafe in Anwendung des § 43 Abs. 1 StGB. unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ernst A des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 3 '2.Fall' (gemeint offenbar: § 164 Abs. 1 Z. 2, Abs. 3, 2.Satz,) StGB. schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er am 9.Oktober 1978 von dem abgesondert verfolgten Heinrich B durch Einbruch gestohlene Lebensmittel und 'Alkoholika', nämlich eine Flasche Perlwein, drei Packungen Manner-Schnitten, drei Packungen Schokolade und eine Stange Wurst, in Kenntnis deren Herkunft aus einem Einbruchsdiebstahl, teils durch deren (Mit-) Konsum, an sich gebracht hatte.

Nach den Urteilsfeststellungen entdeckte die Inhaberin des Buffets am Frachtenbahnhof in Krems, Alice C, am Morgen des 9.Oktober 1978, daß die Eingangstüre zu ihrem Geschäftslokal beschädigt, zwei Fensterscheiben eingeschlagen waren und zahlreiche Lebensmittel und Alkoholika sowie ein roter Plastikkorb fehlten. Noch am selben Morgen wurden der Angeklagte und ein gewisser Heinrich B in einem Park nächst dem Bahnhof von einer Gendarmeriepatrouille aufgegriffen, wobei sie sich im Besitz von Lebensmitteln befanden, die von dem Diebstahl aus dem Buffet stammten.

Heinrich B gab den Einbruchsdiebstahl sofort zu. Der Angeklagte war von B nach dem Diebstahl eingeladen worden, mit ihm in den Park zu kommen, wo er 'etwas zu essen' habe, und hatte trotz Kenntnis des Umstandes, daß B die Lebens- und Genußmittel durch einen 'Einbruch' erlangt hatte, (auch) davon gegessen und getrunken. Gegen dieses Urteil richtet sich die ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Die Feststellung über die Kenntnis des Beschwerdeführers von der Herkunft der Sachen gründet das Erstgericht auf dessen Verantwortung, wonach er hievon nicht nur durch Heinrich B erfahren, sondern auch den Plastikkorb, in welchem sich die Sachen befanden, als aus dem Besitz der Bestohlenen stammend erkannt und außerdem gewußt habe, daß diese das Buffet 'immer über Nacht versperrt' gehalten habe.

Als im Sinne der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. unzureichend begründet bemängelt der Beschwerdeführer den erstgerichtlichen Ausspruch, es hätten für den Angeklagten keine Zweifel bestanden, 'daß die Waren durch einen Einbruch erlangt wurden'. Nach Ansicht der Beschwerde ergebe sich insbesondere auch nach allgemeiner Lebenserfahrung aus dem Umstand, daß das Buffet über Nacht versperrt war, noch nicht zwingend, daß die Sachen tatsächlich des Nachts aus dem versperrten Buffet gestohlen wurden; es wäre auch möglich, daß der Diebstahl tagsüber, während etwa die Buffetbesitzerin durch andere Kunden abgelenkt war, verübt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Einwand geht fehl.

Denn die Beschwerde übersieht zum einen, daß objektiv die Urteilsannahmen über die Art der Ausführung des Diebstahls, nämlich durch Einbruch, in den vom Erstgericht als Feststellungsgrundlage verwerteten (S. 90) Gendarmerieerhebungen (ON. 4 in Verbindung mit S. 84) und in den, diesbezüglich für glaubwürdig befundenen, Angaben des Zeugen B (S. 81) sowie in subjektiver Hinsicht, nämlich über das tatsächliche Bewußtsein des Beschwerdeführers von der Diebstahlsbegehung durch Einbruch, in dessen ausdrücklichem Geständnis (vgl. S. 90 f. sowie S. 17, 33, 35 in Verbindung mit S. 84 und S. 79 - 82 und 84) ihre aktenkonforme Deckung finden. Andererseits wird die in der Beschwerde behauptete Alternative einer anderen, nicht der Einbruchsqualifikation (§ 129 Z. 1 StGB.) entsprechenden Diebstahlsausführung durch den Akteninhalt sogar ausgeschlossen; ganz abgesehen davon, daß die bloße Möglichkeit denkbarer anderer, für einen Angeklagten günstigerer Schlußfolgerungen keinen formellen Begründungsmangel abgeben kann. Ebensowenig liegt, entgegen dem weiteren, diesfalls eine Unvollständigkeit des erstgerichtlichen Ausspruches relevierenden Vorbringen der Mängelrüge ein solcher Begründungsmangel deshalb vor, weil das Erstgericht aus der Verantwortung des Beschwerdeführers unberücksichtigt gelassen habe, daß er 'erst später', nachdem er die Lebensmittel bereits verzehrt gehabt hätte, erfahren (gesehen) habe, daß im Buffet 'eingebrochen' worden, und ihm bis zur Hauptverhandlung der Unterschied zwischen 'Einbruchsdiebstahl und gewöhnlichem Diebstahl' nicht bekannt gewesen sei.

Mit diesen Einwendungen löst die Beschwerde indes einzelne Passagen der Verantwortung des Beschwerdeführers willkürlich aus dem Zusammenhang. Denn nach seinen Angaben, sowohl vor der Gendarmerie als auch in der Hauptverhandlung, hatte der Beschwerdeführer schon zur Tatzeit von B vom Einbruchsdiebstahl gewußt (vgl. neuerlich S. 17, 35, 79).

Ob und wann der Beschwerdeführer dieses Wissen durch spätere, dem Ansichbringen der Sachen nachfolgende Wahrnehmungen bestätigt sah, ist nicht entscheidungswesentlich.

Daß der Beschwerdeführer seiner Aussage in der Hauptverhandlung zufolge die Begriffe Diebstahl und Einbruchsdiebstahl für völlig synonym hielt, ändert nichts daran, daß er (zur Tatzeit) davon ausging, daß der Diebstahl durch Eindringen in das Buffet nach Einschlagen eines Fensters (wie dies tatsächlich zutraf) oder der Glastüre (S. 84), somit in einer die Qualifikation nach dem § 129 Z. 1 StGB.

bedingenden Weise, verübt wurde.

Da das Erstgericht mit der erfolgten Bezugnahme auf die Verantwortung des Beschwerdeführers somit zureichend und auch sonst mängelfrei seiner, ihm im übrigen in gedrängter Darstellung aufgetragenen (§ 270 Abs. 2 Z. 5 StPO.) Begründungspflicht nachgekommen ist, haftet dem angefochtenen Urteil eine Nichtigkeit im Sinne der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. nicht an.

In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. macht der Beschwerdeführer das Fehlen einer Feststellung, in welcher 'Absicht' er die Sachen an sich gebracht hat, geltend. Der Beschwerdeauffassung zufolge sei für die sachliche Begünstigung eines Vortäters im Sinne des Tatbildes der Hehlerei nach dem § 164 StGB. in subjektiver Hinsicht erforderlich, daß der Nachtäter darauf abziele, 'die Entdeckung einer abhanden gekommenen Sache durch den Berechtigten oder die Strafverfolgungsorgane zu verhindern und damit ihr Auffinden zu vereiteln oder zu erschweren'. Ferner sei wesentlich, daß der Nachtäter auch in der 'Absicht' handle, den Vortäter 'vor der Entdeckung' zu schützen; gleich wie im Falle des § 299 StGB. müsse es dem Nachtäter darauf ankommen, 'die Vereitelung der Verfolgung oder Strafvollstreckung zu bewirken'. Da eine derartige Absicht nicht hätte nachgewiesen werden können und sich hierüber auch im Urteil keine Feststellungen fänden, liege keine zur Zuständigkeit der Gerichte gehörige strafbare Handlung vor. Alle diese Einwendungen versagen.

Ihrem Wesen nach ist die Sachhehlerei (§ 164 Abs. 1 Z. 1 und 2 StGB.) eine Fortsetzung der Vortat, eine Weiterentziehung der dem Eigentümer durch die Vortat entzogenen Sache (Dok. StGB. S. 177). Auf der inneren Tatseite dieses Deliktes ist, entgegen der Beschwerdeansicht, nur einfacher, wenigstens bedingter Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB.) in Ansehung sämtlicher Tatbildmerkmale erforderlich, wozu, ebenfalls den Beschwerdeausführungen zuwider, eine (auch) persönliche Begünstigung des Vortäters mit dem Ziele, diesen der Strafverfolgung oder der Strafvollstreckung zu entziehen (§ 299 Abs. 1 StGB.), nicht gehört, weil es sich bei der Hehlerei zum Unterschied von dem Rechtspflegedelikt der Begünstigung nach dem § 299 Abs. 1 StGB. um eine Straftat gegen fremdes Vermögen (sechster Abschnitt des Besonderen Teiles des StGB.) handelt (Leukauf-Steininger2 1081 f., 1087).

Von den in den Z. 1 und 2 des § 164 Abs. 1 StGB.

pönalisierten Begehungsformen der Sachhehlerei bedeuten indes nur jene der Z. 1, nämlich die Unterstützung des Vortäters beim Verheimlichen oder Verhandeln der Sache, begriffsmäßig zugleich auch eine sachliche Begünstigung des Vortäters.

Gegenständlich ist die Ansichbringung, d.i. der Erwerb des Gewahrsams, der gestohlenen Lebens- und Genußmittel durch den Beschwerdeführer jedoch objektiv tatbildlich im Sinne der Z. 2 des § 164 Abs. 1 StGB. (3. Alternative: ' ... oder sonst an sich bringt ....').

Bei der Verwirklichung des Tatbestandes der Hehlerei in dieser Form ist aber, entgegen der Beschwerdeauffassung, ein spezifischer Verheimlichungs- oder Begünstigungsvorsatz des Täters nicht erforderlich; ebensowenig kommt es hiebei auf dessen sonstige strafgesetzwidrige Zielsetzungen und Motive an (vgl. Leukauf-Steininger2 1087;

EvBl. 1977/183; 12 Os 39/77).

Da die für die Sachhehlerei begriffsessentielle Weiterentziehung der Sache schon durch den Gewahrsamswechsel zwischen Vor- und Nachtäter eintritt, genügt vielmehr auf der inneren Tatseite des Deliktes in diesem Falle, daß sich, abgesehen von der vorsätzlichen Erlangung des Gewahrsams, der Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB.) des Hehlers auf das Tatobjekt bezog, er also die Herkunft der Sache aus einem Vermögensdelikt zumindest ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand (EvBl. 1977/183).

Sohin reicht auch vorliegend die Urteilsfeststellung, wonach der Beschwerdeführer die Herkunft der Sachen, die durch Übergang des Gewahrsams an ihn und durch ihren teilweisen Verbrauch (vgl. auch Leukauf-Steininger2 1080) der Eigentümerin weiter entzogen wurden, kannte, für die Bejahung der subjektiven Tatseite der Hehlerei aus. Da somit die behaupteten Feststellungsmängel nicht vorliegen und die rechtliche Subsumtion des Tatverhaltens des Beschwerdeführers durch das Erstgericht rechtsrichtig erfolgt ist (mag es auch hiebei, was aber keine Nichtigkeit bewirkt, entgegen § 260 Abs. 1 Z. 4 StPO. die Anführung des Grundtatbildes des Abs. 1 Z. 2 des § 164 StGB. unterlassen haben), war der zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerde der Erfolg zu versagen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 164 Abs. 3 StGB. unter Anwendung der §§ 41

und 37 StGB. eine Geldstrafe von einhundert Tagessätzen, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünfzig Tagen, wobei es den Tagessatz mit zwanzig Schilling festsetzte. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend keinen Umstand, als mildernd jedoch das Geständnis, den geringen Wert der verhehlten Sachen und das relativ geringe Verschulden des Angeklagten infolge seiner Verstandesschwäche.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine der Geringfügigkeit des Straffalles angemessene Herabsetzung der Anzahl der Tagessätze bis zur Untergrenze und überdies auch die Gewährung einer bedingten Strafnachsicht an.

Die Berufung ist lediglich in ihrem Begehren nach bedingter Strafnachsicht berechtigt.

Wie sich nunmehr im Rechtsmittelverfahren herausgestellt hat, wurde der Angeklagte zwar entgegen der Annahme des Erstgerichts bisher nicht bloß dreimal nach dem Landstreichereigesetz abgeurteilt (S. 90), sondern überdies auch noch am 18.September 1978 durch das Kreisgericht Krems an der Donau zu GZ. 10 E Vr 339/78-14 wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs. 1

StGB. zu einer unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Diese weitere Vorstrafe beruht allerdings ebensowenig auf einer aus gleicher schädlicher Neigung wie die nunmehrige Verhehlung begangenen Tat, wie auch die drei Vorverurteilungen nach dem - derzeit gar nicht mehr gültigen - Landstreichereigesetz. Es kann daher angenommen werden, daß bei dem sohin trotz seiner ärmlichen Lebensverhältnisse am Rande der menschlichen Gesellschaft jetzt erstmals wegen eines Vermögensdelikts verurteilten, bereits fünfundvierzigjährigen Angeklagten die bloße Androhung der Vollziehung der verhängten Geldstrafe genügen werde, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, zumal es schon angesichts des geringen Unrechtsgehaltes der Tat auch nicht der Vollstreckung der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Hingegen erscheint die Anzahl der Tagessätze angemessen; es war daher der Berufung, soweit sie auf eine Reduzierung derselben abzielt, keine Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02424

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0130OS00168.79.1213.000

Dokumentnummer

JJT_19791213_OGH0002_0130OS00168_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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