Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Dezember 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Walenta und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mayerhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Egya A und Ramadan B wegen des versuchten Verbrechens wider die Volksgesundheit nach den §§ 15 StGB, 6 Abs. 1 SuchtgiftG und anderer strafbarer Handlungen über die vom Zollamt Wien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2. Juli 1979, GZ. 6 a Vr 10.394/78-41, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufung des Angeklagten Egya A nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten Egya A, Rechtsanwalt Dr. Franz Grois, und des Verteidigers des Angeklagten Ramadan B, Rechtsanwalt Dr. Rudolf Harramach, sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem freisprechenden Teil (B) aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
'Egya A und Ramadan B sind (des weiteren) schuldig, sie haben zugleich durch die zu A I, Egya A auch zu A II des Schuldspruches angeführten Taten vorsätzlich Sachen, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen worden war, nämlich ca. 900 Gramm Heroin (strafbestimmender Wertbetrag 202.385 S), Egya A auch ca. 40 Gramm Haschisch (strafbestimmender Wertbetrag 729 S) an sich gebracht. Sie haben hiedurch das Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen und werden hiefür nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle, Egya A unter Bedachtnahme auf den § 21 FinStrG zu Geldstrafen von je 40.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit jeweils 4 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.' Die Berufung des Zollamtes Wien wird zurückgewiesen. Der Berufung des Angeklagten Egya A wird nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 20. März 1939 geborene Drucker türkischer Staatsangehörigkeit Egya A und der am 25. Juli 1947 geborene Maschinentechniker jugoslawischer Staatsangehörigkeit Ramadan B des versuchten Verbrechens wider die Volksgesundheit nach den §§ 15
StGB, 6 Abs. 1 SuchtgiftG, Egya A überdies des Vergehens nach dem § 9 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG schuldig erkannt. Hingegen wurden beide Angeklagte von der weiteren Anklage des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG gemäß dem § 214 FinStrG wegen Unzuständigkeit des Gerichtes freigesprochen. Nach dem wesentlichen Inhalt des Urteilsspruchs haben beide Angeklagte in Wien in der Zeit zwischen Anfang Dezember und 16. Dezember 1978 versucht, Suchtgift in gemeingefährlicher Menge, nämlich ca. 900 Gramm 72,8 %iges Heroin, dadurch in Verkehr zu setzen, daß sie es von unbekannten Personen entgegennahmen und am 16. Dezember 1978 anderen unbekannten Personen übergeben wollten. Egya A hat überdies in der Zeit zwischen Herbst 1978 und Mitte Dezember 1978 wiederholt unberechtigt Haschisch erworben und in Besitz gehabt.
Darüber hinaus stellte das Erstgericht fest, daß als Kaufpreis für 1 kg Heroin der in Rede stehenden Qualität ein Preis von 80.000 DM (= S 584.000) vereinbart worden war. Der Preis für Haschisch mittlerer Qualität betrug im Dezember 1978 ca. 35 S pro Gramm. Beide Angeklagte wußten, daß das vorerwähnte Heroin und die bei A sichergestellten 40 Gramm Haschisch wenige Wochen vor Mitte Dezember 1978 nach Österreich geschmuggelt worden waren (S. 401 f.). Hinsichtlich des weiteren Anklagevorwurfs, durch die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Taten auch Sachen, hinsichtlich derer ein Schmuggel begangen worden war, an sich gebracht zu haben, sprach das Erstgericht ungeachtet der oben wiedergegebenen Feststellungen seine Unzuständigkeit aus, die es im wesentlichen damit begründete, daß der strafbestimmende Wertbetrag nicht 200.000 S übersteige, sonstige die gerichtliche Zuständigkeit begründende Umstände (Gewerbsmäßigkeit, bandenmäßige Begehung oder Rückfall) aber nicht behauptet wurden. Bei der Bemessung der Eingangsabgaben sei nämlich ausschließlich vom Zollwert der Suchtgifte auszugehen, weil ein Handelswert bei diesen nicht vorhanden sei. Selbst wenn man aber einen Grenzeingangswert von 584.000 S (80.000 DM) für ein Kilogramm Heroin zugrundelegen wollte, ergebe sich ein unter der Zuständigkeitsgrenze liegender Betrag an Eingangsabgaben, da bei deren Bemessung nicht von der Gesamtmenge des sichergestellten Heroins (900 Gramm), sondern nur von der darin enthaltenen Menge von 662 Gramm reinem Heroin ausgegangen werden könne.
Rechtliche Beurteilung
Während der Schuldspruch unangefochten blieb und nur der Angeklagte Egya A sich mit Berufung gegen den Strafausspruch wendet, bekämpft das Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz den Freispruch mit einer ausdrücklich auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z. 5 und 6 (der Sache nach 9 lit. a) StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher Berechtigung zukommt. Was zunächst die Meinung des Erstgerichtes anbelangt, der Bemessung der Einfuhrumsatzsteuer und des Außenhandelsförderungsbeitrages wäre der für den Gewichtszoll festgesetzte Betrag von 100.000 S für 1 kg Heroin (9. Zolltarifgesetznovelle, BG vom 30.11.1976, BGBl. Nr.669) zugrundezulegen, so ist dieser entgegenzuhalten, daß bereits in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 8. Juni 1979, 11 0s 2/79 (RZ. 1979/ 72), klargestellt wurde, daß sich aus dem zitierten Gesetz zwar die Statuierung einer allgemeinen, auch Einfuhrumsatzsteuer und Außenhandelsförderungsbeitrag umfassenden Eingangsabgabenpflicht für Heroin und andere Suchtgifte ergibt, Grundlage für die Berechnung der Einfuhrumsatzsteuer aber weiterhin die Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223, sind. Gemäß dem § 5 Abs. 2 UStG 1972 ist, wenn eine einfuhrumsatzsteuerpflichtige Ware - wie im vorliegenden Fall - nicht einem Wertzoll (sondern wie hier einem Gewichtszoll) unterliegt, Bemessungsgrundlage bei der Einfuhr primär das dem Lieferer für die eingeführte Ware geschuldete Entgelt. Der für die Eingangsabgabenberechnung bedeutsame Zollwert des Suchtgiftes kann nicht aus einem vom Warenwert unabhängigen Gewichtszoll abgeleitet werden. Das geschuldete Entgelt betrug nach den mängelfrei getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes im vorliegenden Fall - ausgehend von einem vereinbarten Preis von 80.000 DM für 1 kg Heroin - 525.600 S für die eingeschmuggelten 900 Gramm Heroin. Wenn das Erstgericht den von ihm festgestellten Kaufpreis von 80.000 DM für das in Rede stehende Heroin mit einem Gehalt von 72,8 % nun auf 'reines' Heroin umrechnete, unterlag es einem Denkfehler, da der vereinbarte Preis sich eben nicht auf 'reines' Heroin, sondern auf solches mit einem Wirkstoffgehalt von 72,8 % bezog. Für die Bemessung der Einfuhrumsatzsteuer ist dem geschuldeten Entgelt von 525.600 S gemäß § 5 Abs. 5 UStG 1972 der auf die Ware entfallende Gewichtszoll von hier 90.000 S zuzuzählen, sodaß die 18 %ige Einfuhrumsatzsteuer 110.808 S beträgt. Der Gewichtszoll ist, wie es schon dem Wesen dieser Zollart entspricht, nicht von der Qualität der eingeführten Ware beeinflußt, sondern hängt ausschließlich von deren Menge ab, die vorliegend 900 Gramm betrug, sodaß die Frage, wieviel 'reines' Heroin fiktiv in dieser Gesamtmenge enthalten war, der Meinung des Erstgerichtes zuwider gänzlich belanglos ist (vgl. auch Z. 2 und 3 lit. b der Allgemeinen Tarifierungsvorschriften des ZolltarifG 1958, BGBl. Nr. 74). Unter schließlicher Zurechnung des 3 %o vom Erwerbspreis betragenden Außenhandelsförderungsbeitrages - das sind im konkreten Fall 1.576,80 S (gerundet S 1.577) - ergibt sich die Summe der durch den Schmuggel des Heroins hinterzogenen Eingangsabgaben, die den strafbestimmenden Wertbetrag darstellen, mit 202.385 S. Die zu einem anderen Ergebnis kommende Berechnung des beschwerdeführenden Zollamtes übersieht, daß nicht 1 kg Heroin (zum Preis von 584.000 S), sondern nur 900 Gramm eingeschmuggelt worden sind, für die das geschuldete Entgelt entsprechend geringer war. Der für die Zuständigkeit des Gerichtes maßgebende Grenzbetrag von 200.000 S ist aber jedenfalls überschritten.
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Zollamtes Wien, der in der Rüge wegen Unterbleibens einer Feststellung des angefochtenen Urteils zu den sonstigen Kompetenzvoraussetzungen des § 53 FinStrG keine Bedeutung zukommt, weil das Gericht zu Feststellungen über eine gewerbs- oder bandenmäßige Begehung der Tat (Rückfall scheidet schon nach den Urteilsfeststellungen zur Person der Angeklagten aus) mangels eines derartigen (mit der Qualifikation des § 38 FinStrG verbundenen) Anklagevorwurfs und jeglicher Anhaltspunkte im Beweisverfahren nicht verhalten war, war daher aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO Folge zu geben. Da im Ersturteil alle für den Schuldspruch erforderlichen Feststellungen unbedenklich und mängelfrei begründet getroffen wurden, konnte der Oberste Gerichtshof sogleich in der Sache entscheiden und mit Schuldspruch wegen des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG vorgehen, wobei hinsichtlich des vom Erstangeklagten Egya A allein verhehlten Haschisch (40 Gramm) der strafbestimmende Wertbetrag ausgehend von einem 'Normalpreis' (§§ 1 Abs. 2, 2 WertzollG 1955 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 UStG 1972) von 1.400 S 729 S beträgt (Gewichtszoll - 10.000 S pro kg - 400 S, Einfuhrumsatzsteuer 324 S, Außenhandelsförderungsbeitrag (gerundet) 5 S).
Bei der für das Finanzvergehen vorzunehmenden Strafbemessung wurde als erschwerend beim Angeklagten Egya A die Wiederholung der Abgabenhehlerei, beim Angeklagten Ramadan B nichts gewertet. Als mildernd war beiden Angeklagten die voll (A) bzw. im wesentlichen (B) geständige Verantwortung, die bisherige finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit im Inland und der Umstand zugute zu halten, daß das verhehlte Gut zustandegebracht wurde.
Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen erscheinen die verhängten Geldstrafen schuldangemessen.
Die (offenbar irrtümlich und ohne Bezeichnung eines Beschwerdepunktes) angemeldete Berufung des Zollamtes Wien, die auch unausgeführt blieb, war zurückzuweisen.
Wegen der Suchtgiftdelikte verhängte das Erstgericht über den Angeklagten Egya A nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG (unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB) eine Freiheitsstrafe in der Dauer von dreißig Monaten. Es nahm dabei als erschwerend die große Menge des den Gegenstand der Verbrechenstat bildenden Suchtgiftes sowie das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen an und zog als mildernd das Geständnis, den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten und den Umstand in Betracht, daß die Verbrechenstat beim Versuch blieb.
Mit seiner Berufung strebt dieser Angeklagte eine Herabsetzung des Ausmaßes der über ihn verhängten Freiheitsstrafe an. Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig angeführt. Es hat sie aber auch ihrem Gehalt entsprechend gewürdigt.
Für das Vorbringen des Berufungswerbers, er sei das Opfer eines 'agent provocateur' geworden, ist in den Akten kein konkreter Anhaltspunkt zu finden. Insbesondere im Hinblick auf die große Menge und die Art des Suchtgiftes, das in Verkehr gesetzt werden sollte, erscheint auch unter entsprechender Berücksichtigung der (sicherlich gewichtigen) Milderungsgründe die verhängte Strafe nicht überhöht. Ebensowenig liegt das behauptete Mißverhältnis zu der über den Mitangeklagten verhängten Strafe vor.
Der Berufung des Angeklagten A mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.
Die Entscheidung über den Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die angeführte Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02399European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00151.79.1218.000Dokumentnummer
JJT_19791218_OGH0002_0110OS00151_7900000_000