TE OGH 1979/12/19 10Os167/79

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Veröffentlicht am 19.12.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Dezember 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Harbich und der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Walenta und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mayerhofer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Harald A wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 20. September 1979, GZ. 11 c Vr 359/76-86, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, nach Verlesung der Rechtsmittelschrift sowie nach Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, und des Verteidigers Dr. Mühl, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft, soweit damit gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 StGB (auch) die Zeit vom 9. März 1978, 15,00 Uhr, bis 9. Juli 1978, 15,00 Uhr, auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wurde, aufgehoben.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 13. Mai 1940 geborene Kaufmann Harald A der Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB, der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2 (erster Fall) StGB, der fahrlässigen Krida nach § 486 Abs. 1 StG und nach § 159 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB und der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 224 (223 Abs. 1) StGB schuldig erkannt und hiefür nach §§ 28, 147 Abs. 1

StGB zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt. Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 StGB wurde die in der Zeit vom 9. März 1978, 15,00 Uhr, bis 8. September 1978, 11,15 Uhr, und vom 8. September 1979, 14,00 Uhr, bis 20. September 1979, 10,30 Uhr, erlittene Vorhaft auf die verhängte Strafe angerechnet.

Die Staatsanwaltschaft bekämpft dieses Urteil mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde lediglich insoferne, als die erwähnte Vorhaftanrechnung auch den Zeitraum vom 9. März 1978, 15,00 Uhr, bis zum 9. Juli 1978, 15,00 Uhr, umfaßt.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt.

Nach § 38 Abs. 1, letzter Halbsatz, StGB hat eine Vorhaftanrechnung in den in den Z 1 und 2 dieser Gesetzesstelle bezeichneten Fällen nur zu erfolgen, soweit die Haft nicht bereits auf eine andere Strafe angerechnet oder der Verhaftete dafür entschädigt worden ist. Hiebei ist unter Anrechnung auf eine andere Strafe allerdings erst die tatsächliche Anrechnung beim Vollzug der anderen Strafe zu verstehen, sodaß das erwähnte Anrechnungsverbot auf Fälle beschränkt bleibt, in denen eine urteilsmäßige Vorhaftanrechnung bereits effektiv zu einer Verkürzung der Strafhaft oder der verhängten Geldstrafe geführt hat (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2, RN 9 zu § 38, ÖJZ-LSK 1977/6, 94).

Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben. Die Staatsanwaltschaft weist zutreffend darauf hin, daß der Vorhaftzeitraum vom 9. März 1978, 15,00 Uhr, bis 9. Juli 1978, 15,00 Uhr, bereits auf eine über den Angeklagten mit dem (zur Zeit der gegenständlichen Urteilsfällung rechtskräftigen) Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19. September 1978, GZ. 6 e Vr 5508/77-20, verhängte Geldstrafe von 150.000 S, deren Ersatzfreiheitsstrafe vier Monate betrug, angerechnet wurde. Da die Anrechnung - für die (was den Zeitraum anlangt) nach § 38 Abs. 2 StGB allerdings die Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend ist - rechtsrichtig (vgl. SSt. 45/32) auf die Geldstrafe selbst (und nicht etwa nur auf die im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe) zu erfolgen hatte und auch tatsächlich erfolgte, bewirkte sie nach Lage des Falles (Ersatzfreiheitsstrafe: vier Monate; angerechnete Vorhaft gleichfalls vier Monate) eine gänzliche Aufzehrung der verhängten Geldstrafe, die demgemäß nicht mehr einzuheben war. Mithin war in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde die dem Anrechnungsverbot des § 38 Abs. 1, letzter Halbsatz, StGB zuwiderlaufende - Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 11 StPO begründende (vgl. ÖJZ-LSK 1975/38) - (neuerliche) Anrechnung der Vorhaftzeit vom 9. März 1978, 15,00 Uhr, bis zum 9. Juli 1978, 15,00 Uhr, im gegenständlichen Verfahren durch die Aufhebung des betreffenden Ausspruchs aus dem angefochtenen Urteil auszuschalten und spruchgemäß zu erkennen.

Bei der Strafbemessung nahm das Erstgericht als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und die Wiederholung einzelner Delikte an; als mildernd erachtete es hingegen das volle Geständnis des Angeklagten hinsichtlich der Fakten 3 bis 7 und das Teilgeständnis zu den Fakten 1 und 2, weiters eine Notsituation bei Fälschung des Wechselkennzeichens und den Umstand, daß der Angeklagte durch die erlittene Untersuchungshaft das Strafübel (gemeint: durch den faktischen Freiheitsentzug) zu einem Großteil schon verspürt hat.

Mit ihrer Berufung strebt die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung der Freiheitsstrafe an.

Zuzugeben ist ihr, daß die Vorhaft niemals als Milderungsgrund in Betracht kommt. Dennoch ist auch bei Wegfall dieser Haft als mildernder Umstand nach Lage des Falles die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe durchaus angemessen, sie trägt den im § 32 StGB normierten allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung und ebenso der Tatsache (hinreichend) Rechnung, daß der Angeklagte nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft eine neue strafbare Handlung beging (Faktum 7). Der Unrechtsgehalt der Taten hat bei der Festsetzung der Strafe gleichfalls genügende Berücksichtigung gefunden.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft war daher ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E02413

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00167.79.1219.000

Dokumentnummer

JJT_19791219_OGH0002_0100OS00167_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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