Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Dezember 1979
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Lehmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Adalbert A und andere wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129
Z 1, 130 (zweiter Fall) StGB und andere strafbare Handlungen über die vom Angeklagten Andreas Hermann B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6. Juli 1979, GZ. 5 e Vr 3110/79-29, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Oehlzahnd, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird jedoch gemäß § 290 Abs. 1 StPO das erstgerichtliche Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Andreas Hermann B wegen Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 1, 224 StGB (Punkt IV des Urteilssatzes) und demzufolge auch im Strafausspruch hinsichtlich dieses Angeklagten aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Andreas Hermann B wird von der Anklage, er habe im Jänner 1979 in Wien im einverständlichen Zusammenwirken mit einem unbekannten Mann als Beteiligten eine inländische öffentliche Urkunde, nämlich den für Werner C ausgestellten Führerschein Nr. 319.127/78, dadurch, daß er von dem Unbekannten sein Lichtbild in diesen Führerschein einkleben und seinen Namen eintragen ließ, mit dem Vorsatz verfälscht, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis des Rechtes und der Tatsache, daß er eine Lenkerberechtigung besitze, gebraucht werde, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Für das ihm laut aufrecht bleibenden Schuldspruch zur Last fallende Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 130 StGB wird Andreas Hermann B nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 1/2 (zweieinhalb) Jahren verurteilt. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Andreas Hermann B auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. der am 24. März 1951 geborene Lagerarbeiter Andreas Hermann B des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 130 (zweiter Fall) StGB und des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 1, 224 StGB schuldig erkannt.
Als das (zuerst) genannte Verbrechen liegt ihm darnach zur Last, daß er gemeinsam mit teils zugleich abgeurteilten, teils gesondert verfolgten Mittätern im Jänner 1979 in Wien und Klosterneuburg sieben Einbruchsdiebstähle in Gebäuden und Personenkraftwagen verübte, wobei der (nicht genau feststellbare) Wert des Gestohlenen - überwiegend Einrichtungs- und Gebrauchsgegenstände verschiedenster Art - 5.000 S um ein Mehrfaches überstieg, jedoch 100.000 S nicht erreichte (Punkte I/1/A /-AA - FF/- und B des Urteilssatzes). Nach den Urteilsannahmen wollte Andreas Hermann B - vorübergehend ohne Arbeitsverdienst und mit größeren Schulden belastet - durch die Mitwirkung an den diebischen Angriffen seinen Lebensunterhalt finanzieren oder doch zumindest sein Einkommen 'aufbessern'. Daraus leitete das Erstgericht ab, daß er den (schweren und Einbruchs-) Diebstahl im Sinne des § 130 zweiter Satz StGB gewerbsmäßig begangen habe.
Rechtliche Beurteilung
Lediglich gegen diese Annahme gewerbsmäßiger Begehung der diebischen Angriffe, damit auch gegen die Unterstellung der Diebstahlstaten unter § 130 StGB und die darauf nach Lage des Falles beruhende Anwendung des zweiten Strafsatzes der zitierten Gesetzesstelle wendet sich Andreas Hermann B mit seiner auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.
Die (primäre) Tatfrage nach der die gewerbsmäßige Begehung einer strafbaren Handlung im allgemeinen (§ 70 StGB) und (u.a.) von Einbruchsdiebstählen im besonderen (§ 130 zweiter Satz StGB) kennzeichnenden Absicht des Täters, sich durch die wiederkehrende Begehung strafbarer Handlungen des betreffenden Deliktstypus eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, hat das Schöffengericht - von der feststehenden Wiederholung der diebischen Angriffe während eines gewissen Zeitraums ausgehend - im Fall des Beschwerdeführers mit dem Hinweis auf dessen bezügliches Geständnis ohne den in der Beschwerde behaupteten Begründungsmangel bejaht. Denn das vom Beschwerdeführer für die wiederholte Begehung von Einbruchsdiebstählen angegebene und in der Beschwerde abermals hervorgekehrte Tatmotiv, in seiner damaligen Situation für die Bezahlung von Schulden (in monatlichen Raten) Geld gebraucht zu haben (S 382 d. A), indiziert klar seine Zielsetzung, sich durch die (beabsichtigte) Veräußerung der erwarteten Diebsbeute eine zumindest für einige Zeit wirksame Einnahmsquelle - zur Deckung des erwähnten (wiederkehrenden) Geldbedarfs - zu erschließen. Insoweit liegt daher weder - wie der Beschwerdeführer meint - eine Aktenwidrigkeit (in bezug auf seine laut dem Verhandlungsprotokoll vorgebrachte Verantwortung) noch sonst ein der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO unterstellbarer Mangel der Entscheidungsgründe vor. Rechtlich ist es für die Annahme von Gewerbsmäßigkeit im dargelegten Sinn ohne Bedeutung, ob der Täter die Einkommensquelle (nur) für den Lebensunterhalt oder zur Deckung anderer Bedürfnisse verwenden will oder benötigt (ÖJZ-LSK 1977/37 u.a.). Der bekämpften Urteilsannahme steht demnach die vom Beschwerdeführer geltend gemachte (weitere) Zielsetzung, die angestrebten Einnahmen aus seiner deliktischen Handlungsweise zur Tilgung von Schulden zu verwenden, in keiner Weise entgegen.
Dem weiteren Argument des Beschwerdeführers, gewerbsmäßiges Handeln könne ihm deshalb nicht angelastet werden, weil er sich seit der Verbüßung seiner letzten (Diebstahls-)Vorstrafe bis zu den urteilsgegenständlichen Taten mehr als drei Jahre lang wohlverhalten und von einer sich mit dem Tatzeitraum (annähernd) deckenden zweiwöchigen Arbeitslosigkeit abgesehen, stets einer geregelten Beschäftigung nachgegangen sei, ist zu erwidern, daß zwar über die Tatfrage nach der Tendenz des Täters, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, unter Bedachtnahme auf sein Gesamtverhalten (auch) vor und nach der Anlaßtat und seine persönlichen Verhältnisse abzusprechen ist (SSt. 46/52 u.a.; Leukauf-Steininger, Kommentar2 4 zu § 70 StGB); steht aber - wie nach dem oben Gesagten im Fall des Beschwerdeführers -
die in Rede stehende Tendenz fest, dann kommt es rechtlich auf das Intervall zwischen einer allfälligen Vorstrafenverbüßung und den Anlaßtaten ebensowenig an wie auf die sonstigen Lebensverhältnisse des Täters.
Soweit der Beschwerdeführer schließlich mit dem Einwand, er habe durch sein (in die Zeit seiner zweiwöchigen Arbeitslosigkeit fallendes) deliktisches Verhalten die Gewinnung der Mittel für (Schuld-) Zahlungen nur 'innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne' bezweckt, bestreiten will, eine 'fortlaufende' Einnahme im Sinne der §§ 70, 130 StGB intendiert zu haben, muß ihm entgegnet werden, daß dafür das Anstreben einer zumindest für einige Zeit wirksamen (und nicht bloß einmaligen) Einnahmsquelle genügt (EvBl. 1976/274 u.a.) und unter der Voraussetzung einer solchen Tendenz der Umstand, daß sich die einzelnen Angriffe dann tatsächlich nur über einen relativ kurzen Zeitraum erstreckten, der Annahme gewerbsmäßiger Diebstahlsverübung nicht entgegensteht. Daß die Absicht des Beschwerdeführers von vornherein bloß auf einen vereinzelten und nicht auf einen im dargelegten Sinn 'fortlaufenden' Mittelzufluß gerichtet gewesen sei, kann nach dem Urteilssachverhalt in Verbindung mit den ihm zugrundeliegenden Ergebnissen des Verfahrens keineswegs unterstellt werden; darnach entschloß sich der Beschwerdeführer erst nach dem Verschwinden seines Hauptkomplizen (Walter D), mit den Diebstählen aufzuhören und wieder einen Arbeitsplatz anzustreben (S 107 d. A).
Mithin erweist sich auch die Rechtsrüge als verfehlt, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war.
Es zeigt sich aber, daß der unbekämpfte Schuldspruch wegen Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 1, 224 StGB (Punkt IV des Urteilssatzes) auf einer unrichtigen Gesetzesanwendung zum Nachteil des Angeklagten Andreas Hermann B beruht (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO). Wegen des in Rede stehenden Vergehens ist nämlich - zufolge tätiger Reue - gemäß § 226 Abs. 1 StGB nicht zu bestrafen, wer freiwillig, bevor die falsche oder verfälschte Urkunde im Rechtsverkehr gebraucht worden ist, durch Vernichtung der Urkunde oder auf andere Art die Gefahr beseitigt, daß die Urkunde im Rechtsverkehr zu Beweiszwecken gebraucht werde. Diese Strafaufhebungsvoraussetzung trifft auf den genannten Angeklagten zu: Nach Inhalt der Urteilsgründe hat er den Führerschein, dessen (laut Urteilstenor) im Jänner 1979 mit dem im § 223 Abs. 1 StGB umschriebenen Vorsatz (zwecks Nachweises einer Lenkerberechtigung) bewirkte Verfälschung ihm schuldspruchmäßig zur Last gelegt wird, freiwillig am 16. Februar 1979 beim Bezirkspolizeikommissariat Favoriten erlegt. Daß der verfälschte Führerschein bis dahin schon zu Beweiszwecken im Rechtsverkehr gebraucht worden wäre, stellte das Erstgericht nicht fest; eine derartige Konstatierung hätte mangels jedweden in diese Richtung weisenden Verfahrensergebnisses entgegen der einen solchen Gebrauch des Falsifikats ausdrücklich negierenden Verantwortung des Angeklagten (S 131 d. A) auch nicht erfolgen können. Da der Angeklagte Andreas Hermann B mithin aber auch die Gefahr eines (künftigen) Gebrauchs der verfälschten Urkunde durch deren Erlag bei einer Polizeidienststelle (freiwillig) beseitigt hat, kommt ihm gemäß § 226 Abs. 1 StGB tätige Reue zustatten. Die dem gleichwohl gegen ihn ergangenen Schuldspruch (Punkt IV des Urteilssatzes) anhaftende Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO war gemäß § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO insoweit sofort mit Freispruch (§ 259 Z 3 StPO) vorzugehen.
Die Strafe war somit nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB neu zu bemessen. Bei der Strafbemessung war erschwerend die Tatwiederholung und die einschlägigen Vorstrafen, mildernd das reumütige Geständnis und die teilweise Schadensgutmachung. Die Erschwerungsumstände fallen allerdings nicht besonders ins Gewicht, da Tatwiederholung und einschlägige Vorstrafen bei gewerbsmäßig handelnden Tätern erfahrungsgemäß in der Regel gegeben sind (ÖJZ-LSK 1978/70). Eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren entspricht dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Täters.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu
verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02432European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0120OS00157.79.1220.000Dokumentnummer
JJT_19791220_OGH0002_0120OS00157_7900000_000