TE OGH 1979/12/20 12Os164/79

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Veröffentlicht am 20.12.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Dezember 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Lehmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl A wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21.September 1979, GZ. 5 a Vr 5214/79-10, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Witt, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 3.August 1953 geborene Kürschnergeselle Karl A des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 StGB.

schuldig erkannt, weil er am 23.Mai 1979 in Wien dadurch, daß er Margit B zu Boden stieß und in der Folge nach Geld durchsuchen wollte, sohin mit Gewalt gegen eine Person, der Genannten fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht hat, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Karl A mit seiner auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 4, 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Worin ein vom Beschwerdeführer unter Anrufung des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes geltend gemachter Verfahrensmangel gelegen sein soll, ist seinem Vorbringen nicht zu entnehmen. Nach der Aktenlage ist während der Hauptverhandlung weder vom Angeklagten noch von seinem Verteidiger ein Antrag gestellt worden, der Anlaß zur Fällung eines Zwischenerkenntnisses hätte bieten können.

Mit der allgemeinen Behauptung, das Verfahren sei nicht entsprechend tiefschürfend geführt worden, wird weder der Nichtigkeitsgrund der Z. 4 noch ein anderer Nichtigkeitsgrund im Sinne des § 281 Abs. 1 StPO. aufgezeigt.

Ebensowenig vermag der Beschwerdeführer einen Begründungsmangel im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. darzutun.

Daß Karl A die ziffernmäßige Höhe der von Margit B erzielten Tageslosung nicht bekannt gewesen ist, bedurfte keiner besonderen Feststellung. Dennoch konnte das Erstgericht in Einklang mit der allgemeinen Lebenserfahrung mit zureichendem Grund als erwiesen annehmen, daß der Vorsatz des Angeklagten bei Begehung des Raubüberfalls nicht bloß auf eine Sache geringen Wertes gerichtet, sondern der Angeklagte - der sich damals in finanziellen Schwierigkeiten befunden hatte (siehe S. 40 d. A.) - zumindest mit bedingtem Vorsatz auf einen höheren Geldbetrag aus gewesen ist (S. 75-76 d.A.).

Zudem hat die Zeugin Margit B keineswegs ausgesagt, daß es sich bei der Tageslosung um einen Betrag von 1.000 S gehandelt haben dürfte, sondern sie hat auf Vorhalt des von ihr bei der Polizei genannten Betrages von 2.500 S dezidiert erklärt, daß es auf jeden Fall über 1.000 S gewesen sei (S. 64 d.A.).

Die weiteren Ausführungen der Mängelrüge, welche darauf abzielen, die der Zeugin Margit B vom Erstgericht zugebilligte Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen, laufen im wesentlichen auf eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige und solcherart unbeachtliche Bekämpfung der erstrichterlichen Beweiswürdigung hinaus. Dazu wird lediglich bemerkt, daß die Art der - sich aus dem in der Hauptverhandlung verlesenen polizeiamtsärztlichen Befund und Gutachten (S. 31 d.A.) ergebenden - Verletzungen der Zeugin für die strafrechtliche Beurteilung der Tat bedeutungslos erscheint und ein gewisses Aggravieren der Zeugin bei der Schilderung des Überfalles sich schon aus der Art ihres Erlebnisses zwanglos erklären läßt (vgl. S. 74-75 d.A.).

Im übrigen hat sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung ausdrücklich schuldig bekannt und hat wie schon im Vorverfahren sowohl die Gewaltanwendung als auch sein Vorhaben, der Zeugin das Geld wegzunehmen, zugegeben.

In der auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Rechtsrüge vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, daß die Tat zu Unrecht dem § 142 Abs. 1 StGB. unterstellt worden sei und richtigerweise die Bestimmung des § 142 Abs. 2 StGB. anzuwenden gewesen wäre, weil mangels Feststellbarkeit der ziffernmäßigen Höhe der Tageslosung sowie unter Berücksichtigung der Wert- und Preisentwicklungen eher von einem geringen als von einem vermuteten höheren Wert auszugehen und zudem gar nicht konstatiert worden sei, daß die Absicht des Angeklagten auf diese Wegnahme von - offenbar gemeint: höheren - Vermögenswerten gerichtet war.

Auch die Rechtsrüge versagt.

Des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB.

macht sich schuldig, wer mit Gewalt gegen eine Person oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) einem anderen eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz wegnimmt oder abnötigt, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern.

Wurde der Raub jedoch ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangen, so findet, wenn die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und es sich um keinen schweren Raub (§ 143) handelt, die mildere Strafbestimmung des § 142 Abs. 2 StGB. Anwendung.

Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre kann von einem 'geringen Wert' jenseits eines Betrages von (höchstens) 500 S auf keinen Fall mehr gesprochen werden (SSt. 46/71; Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch2, 949; Foregger-Serini, StGB.2, 259). Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die 'Wert- und Preisentwicklungen' schlägt - von den niedrigen Inflationsraten der letzten Jahre abgesehen - schon darum nicht durch, weil sich der Gesetzgeber zu keiner Änderung der Wertgrenze von (mehr als) 5.000 S veranlaßt gesehen hat, auf welche die Rechtsprechung bei der Festlegung einer Obergrenze von 500 S abstellt. Zudem geht aus den Entscheidungsgründen hervor, daß der zur Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes ausreichende zumindest bedingte Vorsatz des Angeklagten auf einen höheren Betrag gerichtet war und der Angeklagte auf jeden Fall den von Margit B mitgeführten Geldbetrag an sich genommen haben würde.

Schließlich muß im vorliegenden Fall schon wegen des zweimaligen Niederstoßens der 59-jährigen Frau von Anwendung erheblicher Gewalt gesprochen werden, wodurch eine Beurteilung der Tat nach § 142 Abs. 2 StGB. ebenfalls ausgeschlossen wird.

Da sich somit auch die Rechtsrüge als unbegründet erweist, war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Karl A zu verwerfen. Karl A wurde nach § 142 Abs. 1 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt. Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend keinen Umstand, als mildernd das weitgehende Geständnis des Angeklagten, seinen bisher untadeligen Wandel und den Umstand, daß es beim Versuch geblieben ist. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe, die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes und bedingte Strafnachsicht an.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Zu den vom Erstgericht im übrigen zutreffend festgestellten Strafbemessungsgründen kommt als weiterer Erschwerungsgrund hinzu, daß das Raubopfer Margit B durch den Angeklagten beim Raubversuch leicht verletzt wurde. Bei der Intensität des Angriffes, der Angeklagte hat die Zeugin zweimal niedergestoßen, erscheint somit trotz der vorliegenden Milderungsgründe und des Umstandes, daß der Angeklagte die Tat nicht reiflich überlegt hat, die Aussicht, daß der Täter auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, nicht begründet. Die außerordentliche Strafmilderung, die nur in besonders gelagerten Ausnahmsfällen ein Unterschreiten der Strafuntergrenzen ermöglichen soll, ist somit nicht vertretbar. Vielmehr ist die Höhe der vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafe bei dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat auch unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des unbescholtenen Angeklagten angemessen.

Die besonderen Umstände der Tat, die Heftigkeit mit der das Opfer angegriffen und der Angriff wiederholt wurde, wobei die 59 Jahre alte Zeugin Verletzungen erlitt, erfordert die Vollstreckung der Strafe, um der Begehung von Raubüberfällen durch andere entgegenzuwirken.

Unter diesen Umständen ist trotz der Unbescholtenheit und Schuldeinsicht des Täters auch keine Gewähr dafür geboten, daß der Angeklagte keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde. Die Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 StGB. liegen daher nicht vor.

Es war somit der Berufung nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02426

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0120OS00164.79.1220.000

Dokumentnummer

JJT_19791220_OGH0002_0120OS00164_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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