TE Vwgh Erkenntnis 2005/4/29 2003/05/0128

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Veröffentlicht am 29.04.2005
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Index

L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Kärnten;
L80001 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Burgenland;
L80002 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Kärnten;
L82000 Bauordnung;
L82002 Bauordnung Kärnten;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;

Norm

BauO Krnt 1996 §23 Abs2 litb;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3 liti;
BauO Krnt 1996 §23 Abs4;
BauRallg;
B-VG Art7 Abs1;
GdPlanungsG Krnt 1995 §3 Abs3;
GdPlanungsG Krnt 1995 §3 Abs5 litb;
GdPlanungsG Krnt 1995 §3 Abs5;
RPG Bgld 1969 §14 Abs3 lita;
StGG Art2;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2004/05/0133 E 29. April 2005

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der Maria Korenjak in Ferlach, vertreten durch Mag. Ellen Pflegerl, Rechtsanwältin in 9020 Klagenfurt, Theaterplatz 1, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 15. April 2003, Zl. 7-B-BRM-689/3/2003, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Thomas Schmautz, 2. Marlies Schmautz-Dreier, beide in 9170 Ferlach, Lastenstraße 13; 3. Stadtgemeinde Ferlach, 9170 Ferlach, Kirchgasse 5), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit bei der drittmitbeteiligten Stadtgemeinde am 5. Dezember 2002 eingelangten Schreiben beantragten der Erst- und die Zweitmitbeteiligte (kurz: Bauwerber) die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit Garage auf einer näher bezeichneten Liegenschaft.

Mit Schreiben vom 11. Dezember 2002 sprach sich die Beschwerdeführerin als Nachbarin gegen die Erteilung der Baubewilligung aus. Eingewendet wurde (soweit hier wesentlich), eine widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes sei nicht gesichert, da eine Umwidmung in Bauland noch nicht erfolgt sei. Sie betreibe auf ihren benachbarten Grundstücken eine Landwirtschaft und halte verschiedene Tierarten. Die Bauwerber müssten diesen Zustand zur Kenntnis nehmen und dürften künftig keinerlei Einwände gegen Lärm- bzw. Geruchsbelästigungen erheben.

Bei der am 16. Dezember 2002 durchgeführten mündlichen Verhandlung hielt die Beschwerdeführerin ihre Einwendungen aufrecht.

Mit Bescheid vom 18. Dezember 2002 erteilte der Bürgermeister der drittmitbeteiligten Stadtgemeinde die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von mehreren Auflagen. In der Bescheidbegründung wurde, soweit hier noch von Relevanz, ausgeführt, das gegenständliche Grundstück sei seit der Erlassung des Flächenwidmungsplanes im Jahr 1969 als "Bauland-Wohngebiet" gewidmet. Die widmungsgemäße Verwendung sei durch die Bebauung mit einem Einfamilienwohnhaus gegeben. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin betreffend Emissionen aus ihrer Landwirtschaft seien privatrechtlicher Natur. Der Betrieb einer Landwirtschaft auf als "Bauland-Wohngebiet" gewidmeten Flächen sei widerrechtlich und berechtige nicht, aus diesem Grund Einwendungen gegen die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses zu erheben.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Darin führte sie zusammengefasst aus, die Feststellung, wonach die landwirtschaftliche Nutzung ihrer Grundstücke dem Flächenwidmungsplan widerspreche, sei unrichtig und könne die Bauwerber zu der irrtümlichen Annahme veranlassen, dass sie auf ihren Grundstücken eine landwirtschaftliche Tätigkeit nicht ausführen dürfe und die damit verbundenen Emissionen widerrechtlich wären. Vor der Umwidmung des gegenständlichen Baugrundstückes im Jahr 2000 seien ihre Grundstücke von Wiesen und Ackerland umgeben gewesen. Ihre Landwirtschaft befinde sich erst jetzt im Wohngebiet.

Mit Bescheid vom 18. März 2003 gab der Stadtrat der drittmitbeteiligten Stadtgemeinde der Berufung keine Folge. In der Bescheidbegründung wurde im Wesentlichen dargelegt, die Grundstücke der Beschwerdeführerin seien im Flächenwidmungsplan seit 1969 als "Bauland-Wohngebiet" festgelegt. Der Betrieb der gegenständlichen Landwirtschaft stelle daher einen Widerspruch zum Flächenwidmungsplan dar und sei somit rechtswidrig. Die Geruchs- und Lärmemissionen, welche durch die landwirtschaftliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin auf das zu bebauende Grundstück der Bauwerber einwirkten, seien von als "Bauland-Wohngebiet" gewidmeten Flächen nicht zulässig.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Vorstellung als unbegründet ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Rechtsstellung des Inhabers von Anlagen sei darauf beschränkt, dass er rechtswirksam nur eine widmungswidrige Verwendung des Baugrundstückes geltend machen könne. Das verfahrensgegenständliche Wohnhaus mit Garage entspreche der für das gegenständliche Grundstück geltenden Flächenwidmung "Bauland-Wohngebiet". Der Grundeigentümer eines benachbarten Grundstückes könne ein Bauvorhaben nur dann verhindern, wenn das Bauvorhaben selbst (u.a. wegen unzulässiger Immissionen) keine widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, die belangte Behörde habe den Sachverhalt unvollständig ermittelt, weil sie es unterlassen habe zu prüfen, welche Emissionen von dem Grundstück der Beschwerdeführerin auf das zu bebauende Grundstück ausgingen, und sie gehe zu Unrecht davon aus, dass der Inhaber einer Anlage keine rechtliche Möglichkeit habe, wegen allenfalls zu befürchtender Einwendungen der künftigen Bewohner gegen Emissionen aus einer Landwirtschaft ein Wohnbauvorhaben zu verhindern. Die im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Grundstücke seien zwar seit dem Jahr 1969 als "Bauland-Wohngebiet" im Flächenwidmungsplan festgelegt, daraus könne jedoch nicht abgeleitet werden, dass der Betrieb ihrer Landwirtschaft einen Widerspruch zum Flächenwidmungsplan darstelle und somit als rechtswidrig zu qualifizieren sei. Sie betreibe seit 1979 eine Landwirtschaft und habe aus diesem Grund im Jahr 1996 einen Antrag auf Umwidmung und im Jahr 1997 einen Antrag auf Rückwidmung ihrer Grundstücke in "Grünland-Landwirtschaft" sowie einen Antrag auf Änderung des Flächenwidmungsplanes gestellt. Sämtliche Anträge seien abgelehnt worden. Bis zum Jahr 2000 seien ihre landwirtschaftlich genutzten Grundstücke nur von Ackerland und Wiesen umgeben gewesen. Die Errichtung von Wohnbauten führe dazu, dass sie nicht nur mit kostenintensiven Auflagen zum Schutz der Anrainer, sondern überhaupt damit zu rechnen habe, ihre Landwirtschaft aufgeben zu müssen und ihre Existenzgrundlage zu verlieren. Der Kärntner Landesgesetzgeber habe im Gemeindeplanungsgesetz 1995 ausdrücklich festgelegt, dass die Lage der einzelnen Baugebiete im Bauland sowie die zulässigen Nutzungen innerhalb eines Baugebietes so aufeinander abzustimmen seien, dass unter Bedachtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten und den Charakter der jeweiligen Art des Baulandes gegenseitige Beeinträchtigungen und örtlich unzumutbare Umweltbelastungen möglichst vermieden würden. Zur Sicherstellung eines wirksamen Umweltschutzes sowie der künftigen Entwicklungsmöglichkeiten von gewerblichen, industriellen und landwirtschaftlichen Betrieben dürften zwischen verschiedenen Baugebieten Schutzstreifen als Immissionsschutz festgelegt werden. Eine Flächenwidmung, die diese Verpflichtung zur möglichsten Vermeidung von Nutzungskonflikten, insbesondere durch die Festlegung von "Immissionsschutzstreifen", nicht hinreichend berücksichtige, sei gesetzwidrig. Es sei eine ungerechtfertigte Benachteiligung, wenn die Möglichkeit einer Widmung fehle, die vereinzelten bäuerlichen Betrieben in Wohngebieten wenigstens insoweit eine Chance gebe, als die von ihnen ausgehende Lärm- und Geruchsbelästigung der Umgebung zumutbar sei. Es sei davon auszugehen, dass die Kärntner Bauordnung 1996 nicht nur einen Schutz der Nachbarn gegen Immissionen durch das beabsichtigte neue Bauvorhaben enthalte, sondern darüber hinaus einen Schutz des Inhabers eines landwirtschaftlichen Betriebes. Der Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes habe daher ein subjektives Recht auf Feststellung, dass die Emissionen, die von seiner Landwirtschaft ausgingen, ortsüblich und daher nicht rechtswidrig seien.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 26. Februar 2004, G 226/03, den Abs. 2 lit. b sowie den Abs. 4 des § 23 der Kärntner Bauordnung 1996 (in der Folge: K-BO) als verfassungswidrig aufgehoben. Diese Aufhebung wurde im LGBl. Nr. 22/2004 (ausgegeben und versendet am 29. April 2004) kundgemacht. Mangels Fristsetzung durch den Verfassungsgerichtshof trat diese Aufhebung gemäß Art. 140 Abs. 5 B-VG am Tag der Kundmachung in Kraft.

Auf das gegenständliche Baubewilligungsverfahren ist jedoch § 23 K-BO in der vor der Aufhebung geltenden Fassung, LGBl. Nr. 62/1996, anzuwenden, weil kein Anlassfall vorliegt. § 23 K-BO in dieser Fassung lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 23. Parteien, Einwendungen

(1) Parteien des Baubewilligungsverfahrens sind:

...

e) die Anrainer (Abs. 2).

(2) Anrainer sind:

a) die Eigentümer (Miteigentümer) der an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke und aller weiteren im Einflussbereich des Vorhabens liegenden Grundstücke sowie

b) die Inhaber von Anlagen, insbesondere von gewerblichen Betriebsanlagen, sofern das Grundstück, auf dem sich die Anlage befindet, an das Baugrundstück angrenzt oder von diesem nur durch eine Verkehrsfläche getrennt ist, ausschließlich im Rahmen des Abs. 4.

(3) Anrainer im Sinn des Abs. 2 dürfen gegen die Erteilung der Baubewilligung nur begründete Einwendungen dahingehend erheben, dass sie durch das Vorhaben in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werden, die ihnen durch die Bestimmungen dieses Gesetzes, der Kärntner Bauvorschriften, des Flächenwidmungsplanes oder des Bebauungsplanes eingeräumt werden, welche nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Schutz der Anrainer dienen. Einwendungen der Anrainer im Sinn des ersten Satzes können insbesondere gestützt werden auf Bestimmungen über

a) die widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes;

...

i) den Immissionsschutz der Anrainer.

(4) Anrainer im Sinn des Abs. 2 lit. b dürfen nur gegen die Erteilung der Baubewilligung für ein Vorhaben nach § 6 lit. a auf bisher unbebauten Grundstücken Einwendungen im Sinn des Abs. 3 lit. a erheben.

..."

Im Ergebnis beurteilte der Verfassungsgerichtshof die Regelung des § 23 Abs. 2 lit. b iVm Abs. 4 K-BO deshalb als gleichheitswidrig, weil diese Regelung bewirke, dass der Betriebsinhaber die Gesetzwidrigkeit einer Flächenwidmung nicht geltend machen könne, die - im Widerspruch zu den raumordnungsrechtlichen Vorschriften - Wohnbauten in geringer Entfernung zu Betriebsanlagen mit erheblichen Emissionen zulasse; und zwar auch in jenen Fällen, in denen die Betriebsanlage in einem solchen räumlichen Naheverhältnis zu einem geplanten Wohnbau liege, dass der Betriebsinhaber im Falle der Errichtung des Wohngebäudes mit - die Emissionen des Betriebes beschränkenden - Auflagen durch die Gewerbebehörde zu rechnen hätte. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 23 Abs. 2 lit. a K-BO etwa in dem Sinne, dass er auch für den Eigentümer eines Grundstückes anwendbar sei, auf dem sich eine Betriebsanlage befinde, und der sich gegen eine heranrückende Wohnbebauung zur Wehr setzen wolle, sei im Hinblick auf die ausdrückliche Regelung des Falles der "heranrückenden Wohnbebauung" durch den Kärntner Baurechtsgesetzgeber ausgeschlossen.

Im vorliegenden Baubewilligungsverfahren wurde der Beschwerdeführerin jedenfalls Parteistellung gewährt. Sie war daher auch in der Lage, vor den Gerichthöfen des öffentlichen Rechts die Gesetzwidrigkeit der Flächenwidmung geltend zu machen. Darauf wird noch zurückzukommen sein.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Rechtsposition als Eigentümerin eines Grundstückes, das der zu bebauenden Liegenschaft benachbart ist, räume ihr die rechtliche Möglichkeit ein, wegen allenfalls zu befürchtender Einwendungen der zukünftigen Bewohner des geplanten Wohnhauses gegen Emissionen aus ihrer Landwirtschaft ein Wohnbauvorhaben verhindern zu können. Dazu ist ihr zu entgegnen, dass der Grundeigentümer eines benachbarten Grundstückes ein Bauvorhaben nur dann verhindern kann, wenn das Bauvorhaben selbst keine widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1999, Zl. 99/05/0058). Anderes gilt schon auf Grund des hier noch in der oben genannten Fassung anzuwendenden § 23 Abs. 4 K-BO auch nicht für den in § 23 Abs. 2 lit. b K-BO angeführten Inhaber von Anlagen. Dass das Bauvorhaben keine widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes darstellt, ist nach der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Aktenlage nicht erkennbar und wurde im Beschwerdevorbringen auch nicht behauptet.

Soweit die Beschwerdeführerin die Unsachlichkeit und somit die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes durch die für ihre Grundstücke festgesetzte Widmung "Bauland-Wohngebiet" anspricht, ist ihr zu entgegnen, dass die Überprüfung der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes dem Verfassungsgerichtshof obliegt. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich aus folgenden Gründen nicht dazu veranlasst, im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren ein Verordnungsprüfungsverfahren nach Art. 139 B-VG beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen:

§ 3 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1995 lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 3 Bauland

...

(3) Das Bauland ist entsprechend den örtlichen Erfordernissen in möglichst geschlossene und abgerundete Baugebiete zu gliedern.

Als Baugebiete kommen in Betracht: Dorfgebiete, Wohngebiete, Kurgebiete, Gewerbegebiete, Geschäftsgebiete, Industriegebiete und Sondergebiete. Die Lage der einzelnen Baugebiete im Bauland sowie die zulässigen Nutzungen innerhalb eines Baugebietes sind so aufeinander abzustimmen, daß unter Bedachtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten und den Charakter der jeweiligen Art des Baulandes (Abs. 4 bis 10) gegenseitige Beeinträchtigungen und örtlich unzumutbare Umweltbelastungen, insbesondere durch Lärm-, Staub- und Geruchsbelästigung, sonstige Luftverunreinigung oder Erschütterung möglichst vermieden werden. ... Zur Sicherstellung eines wirksamen Umweltschutzes sowie der künftigen Entwicklungsmöglichkeiten von gewerblichen, industriellen und landwirtschaftlichen Betrieben dürfen zwischen verschiedenen Baugebieten Schutzstreifen als Immissionsschutz (§ 5 Abs. 2 lit. l) festgelegt werden. ...

(5) Als Wohngebiete sind jene Grundflächen festzulegen, die vornehmlich für Wohngebäude und dazugehörige sonstige bauliche Anlagen nach Abs. 4 lit. a bestimmt sind, im übrigen

a) für Gebäude, die neben Wohnzwecken auch der Unterbringung von Büros, Kanzleien, Ordinationen u. ä. dienen und die üblicherweise in Wohngebäuden untergebracht werden, wie insbesondere Rechtsanwalts- oder Notariatskanzleien, Zivilingenieurbüros, Arztpraxen, und

b) für Gebäude und sonstige bauliche Anlagen, die überwiegend den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Einwohner des Wohngebietes dienen, wie insbesondere Geschäftshäuser, Sanatorien, Gasthäuser, Kirchen, Schulgebäude, Kindergärten und Sammelgaragen für Personenkraftwagen,

und die unter Bedachtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten und den Charakter als Wohngebiet die Voraussetzungen nach Abs. 3 dritter Satz erfüllen. In Wohngebieten dürfen Flächen als reine Wohngebiete festgelegt werden, in denen neben Wohngebäuden samt dazugehörigen sonstigen baulichen Anlagen (Abs. 4. lit. a) nur solche Gebäude errichtet werden dürfen, die der Versorgung der Einwohner des reinen Wohngebietes mit häufig benötigten Gütern und Dienstleistungen dienen.

...".

Hinsichtlich des Vorbringens der Beschwerdeführerin zum Erfordernis von Schutzstreifen genügt es darauf hinzuweisen, dass sowohl die Grundstücke der Beschwerdeführerin als auch das Baugrundstück als "Bauland-Wohngebiet" gewidmet sind, weshalb die Errichtung von Schutzstreifen zwischen Grundflächen verschiedener Widmung nicht in Rede stehen kann.

Die Beschwerdeführerin betreibt - wie sie selbst einräumt - seit 1979 eine Landwirtschaft auf Grundstücken, die seit dem Jahr 1969 als "Bauland-Wohngebiet" festgelegt sind. Da diese Widmung bereits vor der Inbetriebnahme ihrer Landwirtschaft bestand, kann die Beschwerdeführerin keinen Vertrauensschutz im Hinblick auf die Unterlassung der Änderung einer Widmung genießen. Auch kann sie nicht dadurch in Rechten verletzt sein, dass im Wohngebiet landwirtschaftliche Betriebe nicht zulässig sind (siehe dazu sogleich im Folgenden), da solche in dieser Widmungskategorie auch nach der damaligen Rechtslage nicht errichtet werden durften (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1979, Slg.Nr. 9775/A).

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes hat die von ihm bei heranrückender Wohnbebauung aus dem Gleichheitsgrundsatz abgeleitete, von der Beschwerdeführerin offenbar angesprochene Auslegung nachbarschützender Vorschriften zur Voraussetzung, dass ein bereits bestehender Betrieb gewerblicher Art auf Grund des gewerberechtlichen Immissionsschutzes im Falle heranrückender Wohnbebauung mit zusätzlichen Auflagen nach der Gewerbeordnung zu rechnen hat. Dieses Risiko entfällt jedoch für einen landwirtschaftlichen Betrieb (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. März 1997, VfSlg. 14.777).

Ob die Beschwerdeführerin abgesehen davon damit rechnen muss, auf Grund von Einwendungen künftiger Nachbarn ihren landwirtschaftlichen Betrieb nicht mehr ändern oder erweitern zu können, kann aus folgenden Gründen dahingestellt bleiben:

Grundvoraussetzung für die Zulässigkeit von Gebäuden und baulichen Anlagen wäre im vorliegenden Zusammenhang auf Grund des § 3 Abs. 5 lit. b Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1995, dass diese überwiegend den dort näher genannten Bedürfnissen der Bevölkerung des betreffenden Wohngebietes selbst und nicht etwa sonstiger Personen oder nur den Interessen von einzelnen Personen dienen. Das Schwergewicht landwirtschaftlicher Betriebe besteht im allgemeinen jedoch typischerweise nicht in der Versorgung der Bevölkerung des unmittelbar umgebenden Gebietes, sondern im Beitrag zur Wirtschaft eines größeren Raumes (vgl. auch die Darlegungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 10. Dezember 1979, VfSlg. 8701, zu der insofern vergleichbaren Regelung des § 14 Abs. 3 lit. a des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1969). Änderungen oder Erweiterungen des landwirtschaftlichen Betriebes steht somit schon die - im gegebenen Zusammenhang, wie oben dargelegt:

unbedenkliche - Widmung "Bauland-Wohngebiet" entgegen und nicht erst zu erwartende Nachbareinwendungen.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 29. April 2005

Schlagworte

Auflagen BauRallg7 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9 Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003050128.X00

Im RIS seit

02.06.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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