TE OGH 1980/1/16 11Os176/79

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Veröffentlicht am 16.01.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Jänner 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mayerhofer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Reinhard A wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127

Abs. 1, 129 Z. 1 StGB. über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 28.August 1979, GZ. 15 b E Vr 1.283/79-11, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

Spruch

Im Verfahren zu AZ. 15 b E Vr 1.283/79 des Landesgerichtes Feldkirch gegen Reinhard A wegen §§ 15, 127

Abs. 1, 129 Z. 1 StGB. wurde das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 13 Abs. 2 Z. 1 (485 Abs. 1 Z. 2, 488 Z. 6) StPO. verletzt. Das Urteil vom 28.August 1979, GZ. 15 b E Vr 1.283/79-11, wird aufgehoben, die Unzuständigkeit des Einzelrichters ausgesprochen und dem Erstgericht aufgetragen, dem Gesetz gemäß vorzugehen. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte werden mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Der am 24.November 1955 geborene Reinhard A wurde vorerst mit dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Jugendschöffengericht vom 4.Mai 1972, GZ. 14 Vr 379/72-12, des am 28. August 1971 begangenen Verbrechens des Diebstahls nach den §§ 171, 173 StG.

schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe (sechs Wochen strenger Arrest) verurteilt, die er nach dem am 20.August 1976 beschlossenen Widerruf der zunächst gewährten bedingten Nachsicht bis 15.März 1977 verbüßte.

Mit Urteil desselben Gerichtshofes vom 25.Oktober 1973, GZ. 14 Vr 1.348/73-16, wurde er sodann des Verbrechens des Diebstahls nach den §§ 171, 174 II a StG., begangen am 23.Dezember 1972, schuldig erkannt und abermals zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe (zwei Monate strenger Arrest) verurteilt, die er nach dem am 20. August 1976 verfügten Widerruf bis 1.Februar 1977 verbüßte. Ungeachtet dieser vollzogenen Vorstrafen wurde Reinhard A /auf Grund eines Strafantrages (§ 483 f. StPO.) vom 16.Juli 1979 / mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes Feldkirch vom 28.August 1979, GZ. 15 b E Vr 1.283/79-11, des in der Nacht zum 3.Februar 1979 begangenen Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127 Abs. 1, 129 Z. 1 StGB. schuldig erkannt und hiefür nach dem § 129 StGB. zu einer Freiheitsstrafe (drei Monate) verurteilt. Das Urteil ist infolge Erhebung von Rechtsmitteln noch nicht rechtskräftig. Ein Verteidiger stand dem Beschuldigten in diesem Verfahren nicht zur Seite.

Rechtliche Beurteilung

Die Anordnung und Durchführung der Hauptverhandlung am 28.August 1979 sowie die Fällung des angeführten Sachurteils durch den Einzelrichter stehen mit dem Gesetz nicht im Einklang. Gemäß dem § 13 Abs. 2 Z. 1 StPO. obliegt die Hauptverhandlung und Urteilsfällung wegen der dem Gerichtshof erster Instanz zugewiesenen strafbaren Handlungen dem Schöffengericht, wenn eine Freiheitsstrafe angedroht ist, deren Höchstmaß drei Jahre, in den Fällen des § 129 Z. 1 bis 3 StGB. aber fünf Jahre übersteigt. Auf die Veränderung der Strafdrohungen durch § 39 StGB. ist dabei Bedacht zu nehmen (§ 8 Abs. 3 StPO.; vgl. dazu auch EvBl. 1975/268 = verstärkter Senat). Die Strafdrohung des § 129 StGB. reicht von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Gemäß § 39 StGB. kann das Höchstmaß um die Hälfte überschritten werden, wenn der Täter schon zweimal wegen Taten, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, diese Strafen wenigstens zum Teil verbüßte und nach Vollendung des 18. Lebensjahres neuerlich aus der gleichen schädlichen Neigung eine strafbare Handlung begeht.

Diese Voraussetzungen lagen im gegebenen Fall vor:

Der Angeklagte war am 3.Februar 1979 bereits 23 Jahre alt und hatte schon zwei Freiheitsstrafen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Straftaten verbüßt. Die nach dem § 8 Abs. 3 StPO. maßgebliche Strafdrohung reichte daher bis zu 7 1/2 Jahren Freiheitsstrafe, sodaß zur Durchführung der Hauptverhandlung und Urteilsfällung das Schöffengericht zuständig gewesen wäre. Demzufolge hätte der Einzelrichter - anstatt eine Hauptverhandlung anzuordnen - gemäß § 485 Abs. 1 Z. 2

StPO. die Entscheidung der Ratskammer über seine Unzuständigkeit herbeiführen müssen. Keinesfalls durfte er aber in der Hauptverhandlung ein Sachurteil fällen; vielmehr wäre er verbunden gewesen, gemäß § 488 Z. 6 StPO.

(im Urteil) seine Unzuständigkeit auszusprechen.

Da der (leugnende) Beschuldigte in der Hauptverhandlung nicht durch einen Verteidiger vertreten war, gereichte ihm die gesetzwidrige Verhandlungsdurchführung vor dem Einzelrichter schon deshalb zum Nachteil, weil im Verfahren vor dem Schöffengericht Verteidigerzwang (§ 41 Abs. 3 StPO.) bestanden hätte.

Gemäß dem § 292 letzter Satz StPO. war daher das Sachurteil des Einzelrichters aufzuheben und im Sinne des § 486 Abs. 2 StPO. vorzugehen.

Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte waren mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E02433

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0110OS00176.79.0116.000

Dokumentnummer

JJT_19800116_OGH0002_0110OS00176_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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