Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Jänner 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Zehetmayr als Schriftführer in der Strafsache gegen Dietmar A und andere wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 StGB. sowie anderer strafbarer Handlungen über die von den Angeklagten Dietmar A, Alois B und Josef C gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 4. Oktober 1979, GZ. 20 Vr 1004/79-70, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Santer, Dr. Höllerl und Dr. Karner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 11. März 1955 geborene Fotograf Dietmar A, der am 4. Jänner 1956
geborene Maler- und Anstreichergeselle Alois B und der am 3. Jänner 1952 geborene Fleischhauergeselle Josef C auf Grund des Wahrspruches der Geschwornen neben anderer strafbarer Handlungen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 StGB. schuldig erkannt, weil sie am 16. September 1978 in Fulpmes in Gesellschaft als Beteiligte und unter Verwendung von Waffen, nämlich eines Holzknüppels und einer Pistole, dem (Tankstellenpächter) Franz D mit Gewalt gegen dessen Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben zwei Taschen mit 45.216 S Bargeld und eine angebrochene Stange Zigaretten nicht erhobenen Wertes mit Bereicherungsvorsatz wegnahmen, indem A und B von D die Herausgabe der Taschen verlangten, wobei B eine Pistole gegen ihn richtete und ihn an den Füßen aus seinem PKW. zu zerren suchte, A ihn mit dem Knüppel bedrohte und mit diesem auf ihn einschlug, während C seinen PKW. in der Nähe des Tatortes zur Flucht seiner Komplizen bereitstellte und (auf diese) wartete (Punkt I/ des Schuldspruches). Lediglich gegen diesen Teil des Schuldspruches, und zwar nur in Ansehung der durch Verwendung einer Waffe, bei C auch der durch Begehung in Gesellschaft verwirklichten Qualifikation des § 143 StGB. wenden sich die Nichtigkeitsbeschwerden aller drei Angeklagten, welche A und B auf Z. 11
lit. a (der Sache nach Z. 12), C hingegen auf Z. 8 des § 345 Abs. 1 StPO. stützen.
Rechtliche Beurteilung
Den Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu. Mit ihren - der Sache nach eine Nichtigkeit im Sinne des § 345 Abs. 1 Z. 12 StPO. relevierenden - Einwänden, es sei ihnen rechtsirrig die zweifache Eignung als schwerer Raub gemäß § 143 erster Satz StGB. angelastet worden, weil die Verwendung einer (ungeladenen) Pistole ohne Magazin nicht die Qualifikation nach § 143 erster Satz, zweite Alternative, StGB.
erfülle, beziehen sich die Beschwerdeführer A und B auf frühere, durch die Plenarentscheidung vom 11. September 1978, 12 0s 58/78
(ÖJZ-LSK. 1978/293 = EvBl.
1978/175 = RZ. 1978/101 = JBl. 1979, 38), jedoch ausdrücklich
abgelehnte und somit überholte höchstgerichtliche Erkenntnisse. Nach nunmehr herrschender Rechtsprechung erfüllt auch die Benützung einer ungeladenen Schußwaffe als Mittel der Drohung bei einem Raub die in Rede stehende Qualifikation, und zwar auch dann, wenn die Waffe nicht sofort schußbereit gemacht werden kann (vgl. hiezu auch Leukauf-Steininger, Kommentar2, § 143 RN 11
und 12).
Da somit der höhere Strafsatz des § 143 StGB. im gegebenen Fall nicht nur (und insoweit von A und B unangefochten) wegen der Tatbegehung in Gesellschaft eines oder mehrerer Beteiligter, sondern auch wegen Verwendung einer (Schuß-)Waffe zu Recht angewendet wurde, erübrigt sich eine Erörterung der von den Beschwerdeführern weiters aufgeworfenen Frage nach der Rechtsnatur des bei Begehung des Raubes überdies verwendeten Knüppels.
Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten A und B waren somit zu verwerfen.
Der Angeklagte Josef C bekämpft gleichfalls nur die Qualifikation nach § 143 erster Satz StGB., und zwar auch in Ansehung der vom Erstgericht angenommenen Begehung der Tat in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB.), wobei dieser Angeklagte jedoch eine Nichtigkeit im Sinne des § 345 Abs. 1 Z. 8 StPO. behauptet, weil die Rechtsbelehrung insoweit derart unvollständig geblieben sei, daß sie einer unrichtigen gleichkomme.
Zunächst ist festzuhalten, daß der Schwurgerichtshof - entgegen der Meinung dieses Beschwerdeführers - den Geschwornen sehr wohl eine Rechtsbelehrung (auch) zu der in Ansehung des Angeklagten C an sie gestellten (Haupt-) Frage nach (schwerem) Raub erteilt hat. Wenngleich auf Seite 7
und 15 der Rechtsbelehrung ersichtlich durch einen Schreiboder Diktatfehler auf die Hauptfragen 1, 3 und 5 hingewiesen wird, statt richtig auf 1, 5 und 8, so konnte dadurch doch für die Geschwornen nicht zweifelhaft werden, daß dieser Teil der Belehrung auch für die den Beschwerdeführer betreffende Hauptfrage 8, die inhaltlich mit den bezüglich des Erst- und des Zweitangeklagten gestellten Hauptfragen 1 und 5
im wesentlichen übereinstimmt, bestimmt war.
Diese Rechtsbelehrung enthält den (richtigen) Hinweis, daß 'ein in Gesellschaft eines oder mehrerer Beteiligter (§ 12 StGB.) oder unter Verwendung einer Waffe' verübter Raub strenger bestraft wird, erläutert allerdings in diesem Zusammenhang die Qualifikationsmerkmale der Gesellschaft und der Waffe nicht näher. Dadurch wird sie aber nicht in einem solchen Maße unvollständig, daß dies einer Unrichtigkeit gleichkäme; denn es sind im Alltag verwendete Ausdrücke, wie sie der Gesetzgeber im allgemeinen bei der Beschreibung der gesetzlichen Tatbilder benützt (deskriptive Begriffe), in der Regel nicht besonders zu erläutern (Melnizky, Strafrechtliche Probleme der Gegenwart 1973, 153; Rittler2 I 92;
SSt. 23/80, 26/32;
EvBl. 1971/315, RZ. 1973/102). Einen solchen nicht erläuterungsbedürftigen Begriff stellt der vom Schwurgerichtshof (in der Frage) gebrauchte Ausdruck 'Schußwaffe' dar, unter dem man im allgemeinen Sprachgebrauch auch eine nicht schußbereite Waffe versteht.
Aber auch in Ansehung des Merkmales der Begehung der Tat 'in Gesellschaft eines oder mehrerer Beteiligter (§ 12 StGB.)' leidet die Rechtsbelehrung nicht an einer solchen Unvollständigkeit, durch welche die Geschwornen nach den Umständen des Falles über für ihren Wahrspruch hinsichtlich des Beschwerdeführers C wesentliche Rechtsbegriffe im Unklaren gelassen worden wären oder welche Anlaß zu Mißverständnissen über die Rechtslage sein hätte können; enthält doch die Rechtsbelehrung, die von den Geschwornen als Ganzes zur Kenntnis zu nehmen, daher als eine Einheit und nicht nach ihren Teilstücken zu betrachten ist (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer III/3 Nr. 21 a zu § 345 Z. 8 StPO.), in ihrem allgemeinen Teil (S. 6 f) eine eingehende Erklärung des Begriffes der Täterschaft, auf den die Geschwornen in der Rechtsbelehrung zum Raub durch das (mehrfache) Zitat des § 12 StGB. im gegebenen Zusammenhang hingewiesen werden (S. 12), und auch des Begriffes der Tatbegehung 'in Gesellschaft eines oder mehrerer Beteiligter', der in der Folge im Zusammenhang mit der Belehrung zu den - auch den Angeklagten C betreffenden - Hauptfragen 2, 3, 4, 6, 9 und 10 näher erläutert wird (S. 10 bis 12 der Rechtsbelehrung). Die Zurückführung der in die Fragen aufgenommenen gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung oder eines qualifikationsbegründenden Umstands auf den konkreten Sachverhalt, auf welche die Beschwerde letztlich abstellt, war aber nicht Sache der schriftlichen Rechtsbelehrung, sondern durfte erst in der nach § 323 Abs. 2 StPO. im Anschluß daran vom Vorsitzenden mit den Geschwornen abzuhaltenden Besprechung erfolgen (RZ. 1972, 132 u.a.).
Daß Voraussetzung für die (uneingeschränkte) Bejahung der den Beschwerdeführer C betreffenden Hauptfrage 8 (auch) war, daß dieser die Verwendung einer Waffe durch seine Komplizen bei Begehung der Tat in den Vorsatz aufgenommen hatte, wurde den Geschwornen hinwiederum im Zusammenhang mit der inneren Tatseite (S. 2 f der Rechtsbelehrung) hinlänglich erläutert.
Damit kommt auch der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten C keine Berechtigung zu, weshalb auch sie zu verwerfen war. Das Geschwornengericht verurteilte die drei Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 StGB. sowie weiters A wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1, 15 und 12 StGB., B wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 Abs. 1 StGB. und des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit. a WaffG., und C wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 15 StGB., nach §§ 28, 143 StGB. zu Freiheitsstrafen, und zwar A zu 5 (fünf) Jahren und B sowie C zu je 6 (sechs) Jahren.
Dabei wertete es als erschwerend bei A das Zusammentreffen zweier Verbrechen, die zweifache Qualifikation des Raubes, die Wiederholung des Diebstahls, die Anstiftung des Mitangeklagten C zu einem Diebstahl, die Verletzung des Raubopfers und die Intensität des räuberischen Angriffs, weil A schon rund eine Woche vor dem 16. September 1978 am Tatort war und den Raub bereits damals begehen wollte, bei B die einschlägigen Vorstrafen wegen Körperverletzung und unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die zweifache Qualifikation des Raubes, die Verletzung des Raubopfers und ebenfalls die Intensität des räuberischen Angriffs, weil auch er schon eine Woche vor Begehung des Raubes den Überfall durchführen wollte und zu diesem Zweck schon damals am Tatort war, und bei C die beiden einschlägigen Vorstrafen wegen Diebstahls, das Zusammentreffen zweier Verbrechen, die Wiederholung des Diebstahls, die zweifache Raubqualifikation und die Verletzung des Raubopfers, als mildernd hingegen bei A das umfassende Geständnis, daß es in einem Fall beim Versuch geblieben ist, daß der Genannte zu einem geringen Teil bereits Schadensgutmachung geleistet und im übrigen sich im Faktum III/a zur Schadensgutmachung verpflichtet hat, sowie eine gewisse finanzielle Notlage, bei B gleichfalls das Geständnis und daß es in einem Fall beim Versuch geblieben ist, und bei C ebenfalls das Geständnis, weiters seine mindere Beteiligung beim Raub und daß es auch bei ihm in einem Fall beim Versuch geblieben ist.
Gegen den Strafausspruch richten sich die Berufungen der drei Angeklagten, mit welchen sie eine Herabsetzung der Strafen, jeweils unter Anwendung des § 41 StGB., begehren.
Sämtlichen Berufungen kommt keine Berechtigung zu.
Auch unter Berücksichtigung des Umstands, daß dem Angeklagten A -
entgegen der Auffassung des Erstgerichtes -
dessen ordentlicher Lebenswandel vor Begehung aller vorliegend abgeurteilten Straftaten (worauf allein es ankommt) als mildernd zugute zu halten ist, daß weiters die Intensität des Tatentschlusses zum Raub bei den Angeklagten A und B als gesonderter Erschwerungsgrund zu entfallen hat und daß schließlich beim Angeklagten C nur eine einschlägige Vorstrafe vorliegt, weil die beiden Vorverurteilungen nach der Aktenlage zueinander im Verhältnis des § 31 StGB. (bzw. des § 265 StPO. a.F.) stehen, entsprechen dennoch insgesamt die über die drei Angeklagten verhängten Strafen dem hohen Schuld- und Unrechtsgehalt der ihnen zur Last fallenden Straftaten, vor allem des ihnen angelasteten Raubüberfalles, bei dem das Opfer brutal mißhandelt wurde, sowie auch der Täterpersönlichkeit der Angeklagten, weshalb eine Reduzierung der Strafe bei keinem Angeklagten in Betracht kam. Beim Angeklagten C fällt dessen schwerere kriminelle Vorbelastung entsprechend ins Gewicht, wodurch seine geringere Beteiligung am Raub im Ergebnis aufgewogen wird. Seine beiden Vorverurteilungen stehen - wie schon erwähnt - zueinander im Verhältnis des § 31 StGB. (bzw. des § 265 StPO. a.F.), weshalb sie zwar nur eine einzige Verurteilung darstellen, wobei sich aber die Tilgungsfrist gemäß § 4 Abs. 4 TilgG. nach der Summe der Strafen richtet, sodaß, da die Strafsumme ein Jahr übersteigt, die zehnjährige Tilgungsfrist Platz greift, mithin noch keine Tilgbarkeit gegeben ist.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist § 41 StGB. auf atypisch leichte Fälle beschränkt (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar2, § 41 RN. 4).
Von einem solchen atypisch leichten Fall kann aber vorliegend - abgesehen davon, daß die festgestellten Milderungsgründe die Erschwerungsgründe keineswegs beträchtlich überwiegen - keine Rede sein, und zwar auch nicht beim Angeklagten A. Auch unter Berücksichtigung der bisherigen Unbescholtenheit des Genannten war daher über ihn die gesetzliche Mindeststrafe zu verhängen, wie dies das Erstgericht ohnehin getan hat.
Da sohin keine der Berufungen begründet ist, mußte ihnen ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02442European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00175.79.0122.000Dokumentnummer
JJT_19800122_OGH0002_0090OS00175_7900000_000