TE OGH 1980/1/22 9Os160/79

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Veröffentlicht am 22.01.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Jänner 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Zehetmayr als Schriftführer in der Strafsache gegen Helmut A und andere wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z. 1

StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten Walter A gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 26. Juli 1979, GZ. 10 a Vr 920/77-38, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, nach Verlesung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, nach Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, und der Ausführungen der Verteidigerin Dr. Oehlzand, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, das - ansonsten unberührt bleibende -

angefochtene Urteil im Freispruch des Zweitangeklagten Walter A von der Anklage wegen Vergehens der fahrlässigen Krida (Punkt II 4 des Urteilssatzes) aufgehoben und in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 23. November 1951 geborene kaufmännische Angestellte Helmut A der Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z. 1 StGB. und nach § 114 ASVG. schuldig erkannt, weil er in Wiener Neustadt 1.) in der Zeit von Juni 1975 bis Oktober 1976 als Inhaber der mehreren Gläubigern verpflichteten Baustoffhandlung Helmut A fahrlässig die Zahlungsunfähigkeit dieses Unternehmens insbesondere dadurch herbeigeführt hat, daß er es mit zu geringem Eigenkapital gründete, unverhältnismäßig Kredit benützte, das Unternehmen zu stark ausweitete und nicht kostendeckend kalkulierte;

2.) in der Zeit von September 1976 bis 10. Mai 1977 als Dienstgeber Beiträge von Dienstnehmern zur Sozialversicherung in der Höhe von 74.864,11 S einbehalten und dem berechtigten Versicherungsträger, der N§.Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte, vorenthalten hat.

Hingegen wurde der am 9. Dezember 1949 geborene Werbemittelverteiler Walter A von der Anklage, in der Zeit von Juni 1975 bis Oktober 1976 als leitender Angestellter der mehreren Gläubigern verpflichteten Baustoffhandlung Helmut A gemeinsam mit Helmut A durch die zu Punkt

1.) des Schuldspruchs bezeichneten Handlungen fahrlässig die Zahlungsunfähigkeit dieses Unternehmens herbeigeführt und hiedurch das Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z. 1 StGB. begangen zu haben, gemäß § 259 Z. 3 StPO. freigesprochen, und zwar im wesentlichen mit der Begründung, daß er zwar im Einverständnis mit seinem Bruder gehandelt habe, ihm aber die zum Subjekt des Sonderdeliktes nach § 159 StGB. erforderliche Qualifikation als 'Schuldner mehrerer Gläubiger' fehle, die Bestimmungen des § 161 StGB. über die Verantwortlichkeit leitender Angestellter auf ihn nicht zuträfen und strafbare Beteiligung im Sinne des § 12 StGB. an einem Fahrlässigkeitsdelikt rechtlich nicht möglich sei.

Diesen Freispruch - die Freisprüche des Angeklagten Walter A von der weiteren Anklage wegen Vergehens der Veruntreuung sowie des Angeklagten Helmut A von den Anklagepunkten Vergehen des schweren Betruges und Verbrechen der betrügerischen Krida sind unangefochten geblieben - bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Darin wendet sie im wesentlichen ein, daß Walter A, dem als leitenden Angestellten im Betrieb seines Bruders auf die Geschäftsführung des Unternehmens ein maßgeblicher Einfluß zugestanden sei, selbst ein für das Delikt des § 159 StGB. typisches, objektiv sorgfaltswidriges Verhalten gesetzt und dadurch zur fahrlässigen Krida des Helmut A im Sinne des § 12 StGB. beigetragen habe.

Rechtliche Beurteilung

Diesem Vorbringen kommt im Ergebnis Berechtigung zu. Des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z. 1 StGB. macht sich schuldig, wer als Schuldner mehrerer Gläubiger fahrlässig seine Zahlungsunfähigkeit herbeiführt. Gleich einem solchen Schuldner ist gemäß § 161 Abs. 1 StGB. zu bestrafen, wer die im § 159 StGB.

genannten Handlungen als leitender Angestellter (§ 309 StGB.) einer juristischen Person oder einer Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit begeht; ebenso wer zwar ohne Einverständnis mit dem Schuldner, aber als dessen leitender Angestellter handelt (§ 161 Abs. 1 zweiter Satz StGB.) und somit durch sein Verhalten gegen die ihn treffende deliktstypische objektive Sorgfaltspflicht verstößt. Handelt der leitende Angestellte jedoch im Einverständnis mit dem Schuldner, so bedarf es der Haftungsbestimmung des § 161 StGB. nicht, weil er, wenn er auch mangels der dort geforderten persönlichen Qualifikation als unmittelbarer Täter nicht in Betracht kommt, zufolge der (auch) ihn selbst treffenden objektiven Sorgfaltspflicht und angesichts dessen, daß die 'Eigenschaft als Gemeinschuldner' das Unrecht der Tat betrifft, weshalb gemäß § 14 Abs. 1 StGB. auch ein extraneus Täter des Delikts nach § 159 StGB. (durch sonstigen Beitrag) sein kann, ohnehin als Beteiligter (§ 12 StGB.) mit seinem Geschäftsherrn haftet (siehe Dokumentation, 175; Leukauf-Steininger2 § 12 RN 45; § 161, RN 3; Burgstaller, RZ. 1975, 32).

Es ist mithin vorliegend entscheidend, ob der Angeklagte Walter A einen maßgeblichen Einfluß auf die Geschäftsführung des Unternehmens des Helmut A hatte und dabei die Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (im Sinne des § 159 Abs. 1 Z. 1 StGB.) ursächlich gefördert hat. In diese Richtung gehen die Feststellungen des Erstgerichts, sodaß - hievon ausgehend - an sich sogleich in der Sache selbst entschieden werden könnte. Nun hat aber Walter A gerade zum Beweisthema, ob er maßgeblichen Einfluß auf die Geschäftsgebarung des Unternehmens hatte, Beweisanträge gestellt, die das Erstgericht - zum Teil ohne Begründung - abgewiesen hat. Da der Angeklagte diese seine Verteidigungsrechte beeinträchtigende Vorgangsweise angesichts des vom Erstgericht gefällten Freispruchs nicht rügen konnte, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst aber voraussetzt, daß die für die rechtliche Subsumtion relevanten erstgerichtlichen Sachverhaltsfeststellungen verfahrens- und begründungsmängelfrei sind, mußte sohin spruchgemäß entschieden und die Sache im Umfang der Anfechtung aufgehoben und zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen werden.

Anmerkung

E02443

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00160.79.0122.000

Dokumentnummer

JJT_19800122_OGH0002_0090OS00160_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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