TE OGH 1980/1/24 12Os180/79

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Veröffentlicht am 24.01.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.Jänner 1980 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Steininger, Dr. Friedrich und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Lehmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Georg A wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z. 1 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 23. Oktober 1979, GZ. 9 Vr 2082/79-21, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Schneider, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß § 290 Abs. 1 StPO. das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 22.Juni 1951 geborene Tischlergehilfe Georg A des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z. 1 StGB. schuldig erkannt, weil er am 24.Juni 1979

in Werndorf fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert, nämlich ein Radiogerät Marke Comander II sowie ein Paar Ohrgehänge im Gesamtwert von 300 S, dem Josef B durch Einbruch in dessen Wohnhaus mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 9 lit. b und c des § 281 Abs. 1 StPO.

gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in der er die Auffassung vertritt, daß ihm zufolge Selbstanzeige bei der Gendarmerie tätige Reue zugute komme, die eine Verfolgung wegen (Einbruchs-) Diebstahl ausschließe. Im Falle tätiger Reue in bezug auf den Einbruchsdiebstahl lebe zwar das Delikt der anläßlich des Einbruchs verübten Sachbeschädigung wieder auf, doch sei diesbezüglich eine Anklage nicht erfolgt.

Rechtliche Beurteilung

Den Beschwerdeausführungen kommt Berechtigung nicht zu. Gemäß § 167 Abs. 1 und Abs. 2 StGB. kommt dem Täter u.a. bei Diebstahl - nicht aber bei Sachbeschädigung -

tätige Reue zustatten, wenn er, bevor die Behörde (§ 151 Abs. 3 StGB.) von seinem Verschulden erfahren hat, wenngleich auf Andringen des Verletzten, so doch ohne hiezu gezwungen zu sein, den ganzen aus seiner Tat entstandenen Schaden gutmacht. Ebenso ist der Täter dann nicht zu bestrafen, wenn er im Zuge einer Selbstanzeige, die der Behörde (§ 151 Abs. 3 StGB.) sein Verschulden offenbart, den ganzen aus seiner Tat entstandenen Schaden durch Erlag bei dieser Behörde gutmacht (§ 167 Abs. 3 StGB.).

Gutmachung des ganzen aus der Tat entstandenen Schadens erfordert aber, daß nicht nur die Diebsbeute unversehrt zurückgestellt oder deren Wert ersetzt, sondern auch jener Schaden voll gutgemacht wird, den der Täter anläßlich des Einbruchs durch Sachbeschädigung verursacht hat (ÖJZ-LSK. 1976/162 = EvBl. 1976/268; vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch2, 1100 und 1105). Gegenteiliges ist auch der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten, nur die Frage eines Wiederauflebens der mit einem Einbruchsdiebstahl verbundenen Sachbeschädigung im Falle tätiger Reue hinsichtlich des Diebstahls behandelnden Lehrmeinung nicht zu entnehmen. Im übrigen wird ein solches 'Wiederaufleben der Strafbarkeit' einer durch die Qualifikation des § 129 Z. 1 bis 3 StGB. konsumierten Sachbeschädigung infolge tätiger Reue vom Obersten Gerichtshof verneint (ÖJZ-LSK. 1976/163).

Da der Angeklagte nach den unbekämpft gebliebenen Urteilsfeststellungen lediglich das Diebsgut beim Gendarmeriepostenkommando deponiert, den beim Einbruch entstandenen Sachschaden in Höhe von 4.000 S aber nicht gutgemacht hat, wurde das Vorliegen des Strafaufhebungsgrundes der tätigen Reue vom Erstgericht insoweit zu Recht nicht angenommen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Georg A war daher zu verwerfen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde konnte sich der Oberste Gerichtshof allerdings überzeugen, daß das verurteilende Erkenntnis mit einem von Amts wegen wahrzunehmenden materiellen Nichtigkeitsgrund nach der Z. 10, teilweise auch der Z. 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO.

behaftet ist.

Zwar geht das Erstgericht im Spruch wie auch in den einleitenden Gründen davon aus, daß der Diebstahl durch 'Einbruch' begangen wurde (S. 70, 72 des Aktes), trifft aber zur subjektiven Tatseite des Angeklagten die Feststellung (siehe S. 72, 73 des Aktes), daß dieser, als er im Hause war und die im Urteilstenor (unrichtig 'Tresor') genannten Gegenstände sah, den Vorsatz faßte, sich durch deren Wegnahme unrechtmäßig zu bereichern.

Diese Konstatierungen zur subjektiven Tatseite würden aber die Annahme eines Einbruchsdiebstahls nicht decken, da nach diesen der Beschwerdeführer den Diebstahlsvorsatz erst nach erfolgtem Eindringen faßte. Wäre dies der Fall, so käme dem Angeklagten tätige Reue - wie eingangs ausgeführt - zugute, da er die (realkonkurrierende) Sachbeschädigung vor Begehung des Diebstahls begangen hätte, und diese mit der Folgetat in keinem Zusammenhang im Sinne des § 129 Z. 1 StGB. stünde.

Den Feststellungen des Erstgerichtes läßt sich allerdings nicht entnehmen, ob dieses - wie im Spruche und in den einleitenden Gründen ausgeführt - von einem vorgefaßten (globalen) Diebstahlsvorsatz ausgegangen ist, oder vielmehr der Meinung war, daß der Angeklagte nach dem (mit Sachbeschädigungen verbundenen) Eindringen in das Haus des Josef B erst den Beschluß faßte, die im Spruch genannten Gegenstände (mit Bereicherungsvorsatz) wegzunehmen. Da aber von den noch zutreffenden tatsächlichen Feststellungen, auch in Beziehung auf die subjektive Tatseite die rechtliche Beurteilung, ob tätige Reue (den Diebstahl betreffend) vorliegt oder nicht, abhängt, ist das Urteil als mit dem vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z. 10 (teilweise auch der Z. 9 lit. b) StPO. behaftet, sodaß gemäß § 290 Abs. 1 StPO. dieses aufzuheben und die Strafsache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen war, wobei im zweiten Rechtsgang das Erstgericht mit hinreichender Begründung festzustellen haben wird, ob der Beschwerdeführer bereits mit Diebstahlsvorsatz in das Haus der genannten Zeugen eingedrungen ist oder er diesen erst nach dem erfolgten Eindringen faßte. In letzterem Falle wäre die Tat des Angeklagten nach § 125 StGB. unter der (noch festzustellenden) Voraussetzung zu beurteilen, daß er die Sachbeschädigung (im Sinne seiner Verantwortung) vorsätzlich beging. Da der unter Anklage gestellte Sachverhalt auch die Sachbeschädigung umfaßt, wird durch einen Schuldspruch nach § 125 StGB. die Anklage nicht überschritten (siehe die bei Gebert, Pallin, Pfeiffer unter Nr. 4 bis 6 a zu § 281 Z. 8 StPO. und unter 18 ff. zu § 262 StPO. abgedruckten Entscheidungen).

Mit seiner - im übrigen nicht ausgeführten - Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E02456

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0120OS00180.79.0124.000

Dokumentnummer

JJT_19800124_OGH0002_0120OS00180_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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