TE OGH 1980/2/7 13Os183/79

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Veröffentlicht am 07.02.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Februar 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Vichytil als Schriftführerin in der Strafsache gegen Herbert A wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 19. November 1979, GZ. 20 r Vr 3812/79-59, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Obendorfer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf den Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde der am 22.Juli 1956 geborene Autospengler Herbert A des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt, weil er am 19.April 1979 in Wien dadurch, daß er zuerst an der Umhängetasche des Mario B riß und sie dem Genannten zu entreißen versuchte, sodann seinen Rottweiler durch das Kommando 'faß' auf Mario B hetzte, worauf der Hund diesen niederriß und in die Brust biß, dem Mario B mit Gewalt gegen seine Person 500 S Bargeld mit Bereicherungsvorsatz weggenommen hat. Hingegen wurde Ronald A gemäß § 336 StPO. von der Anklage freigesprochen, er habe diese Tat in Gesellschaft als Beteiligter mit Herbert A dadurch begangen, daß er dem Hund des Herbert A den Beißkorb abnahm und dem Mario B einen Schlag in das Gesicht versetzte.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Herbert A mit einer allein auf die Z. 12 des § 345 Abs. 1

StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsrüge geht ersichtlich davon aus, daß nach dem Inhalt der an die Geschwornen gerichteten Hauptfragen 1 und 5 lediglich der (freigesprochene) Angeklagte Ronald A den Hund auf Mario B gehetzt habe, nicht aber der Beschwerdeführer, und kommt daher zu der Schlußfolgerung, daß die Bejahung der (den Beschwerdeführer betreffenden) Hauptfrage 1 in unlösbarem Widerspruch mit der Verneinung der (den Ronald A betreffenden) Hauptfrage 5 stehe. Wie der Beschwerdeführer nämlich sinngemäß meint, habe ein allfälliger Tatbeitrag des Ronald A außer Betracht zu bleiben und dem Wahrspruch könne sonach eine Gewaltanwendung des Beschwerdeführers nicht mehr entnommen werden, sodaß der im Wahrspruch der Geschwornen festgestellte Sachverhalt zu Unrecht als Verbrechen des Raubes nach §§ 142 Abs. 1 StGB. beurteilt worden sei. Der Beschwerdeführer geht damit aber von wahrspruchsfremden Voraussetzungen aus, weil nach dem Inhalt der - mit der Beschränkung (§ 330 Abs. 2 StPO.), daß die Tat ohne (Verwendung einer) Waffe und nicht in Gesellschaft als Beteiligter (nämlich des Mitangeklagten Ronald A) begangen wurde, bejahten - Hauptfrage 1 der Beschwerdeführer es war, der den Hund auf Mario B hetzte. Damit bringt der Beschwerdeführer den Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen - und beachtlichen - Darstellung; denn er vergleicht nicht den im Wahrspruch der Geschwornen festgestellten Sachverhalt mit dem darauf angewendeten Gesetz.

Der Beschwerdeführer ist aber auch insoweit nicht im Recht, als er die Tat - die Annahme einer Gewaltanwendung vorausgesetzt - bloß als Verbrechen des 'minderschweren' Raubes nach § 142 Abs. 2 StGB. beurteilt wissen will. Die Anwendung dieser Gesetzesstelle setzt kumulativ voraus, daß der Raub ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangen wird, die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und es sich um keinen schweren Raub (§ 143 StGB.) handelt. Vorliegend trifft aber - ohne daß es daher eines Eingehens auf die weiteren Voraussetzungen bedarf - zumindest das erste dieser vom Gesetz normierten Erfordernisse nicht zu, weil das Hetzen eines größeren Hundes (Rottweiler) auf einen Menschen, wobei das Tier den Betreffenden zu Boden reißt und in die Brust beißt, nicht mehr als bloß unerhebliche Gewalt angesehen werden kann. Die Beurteilung der dem Angeklagten Herbert A nach dem Wahrspruch der Geschwornen zur Last liegenden Tat als Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB. entspricht sohin dem Gesetz. Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach zu verwerfen. Das Geschwornengericht verurteilte Herbert A gemäß § 142 Abs. 1 StGB. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Dabei waren zwei einschlägige Vorstrafen wegen Vermögensdelikten erschwerend, die leichte Erregbarkeit des Angeklagten war mildernd. Mit seiner Berufung strebt Herbert A eine Strafermäßigung an.

Die Berufung ist unbegründet.

Zunächst ist zu den Berufungsausführungen im Gerichtstag zu sagen, daß die Auswirkungen des vom Rechtsmittelwerber erlittenen Unfalls im Gutachten des Gerichtspsychiaters schon berücksichtigt worden sind (ON. 51 und Seite 295).

Im übrigen aber ist dem Berufungsvorbringen folgendes zu erwidern:

Der Angeklagte war erst sechseinhalb Wochen vor dem nunmehr abgeurteilten Raub, nämlich am 5.März 1979, im Landesgericht für Strafsachen Wien zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil er seinen Hund auf einen Polizeibeamten gehetzt hatte (10 E Vr 198/79;

§§ 15, 269 Abs. 1 StGB.; der Schuldspruch wurde am 9.August 1979 vom Berufungsgericht nach §§ 15, 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z. 4 StGB. ergänzt und die Strafe mit acht Monaten neu festgesetzt). Dieses am 5.März 1979 in Gegenwart des Angeklagten verkündete, wenn auch damals nicht rechtskräftige Urteil hat seine spezialpräventive Wirkung offensichtlich ganz verfehlt; desgleichen ein vorangegangenes Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 22.November 1976, mit dem der Berufungswerber wegen vollendeten Betrugs und versuchter Nötigung sowie wegen Waffenvergehens zu vier Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden war (10 E Vr 7792/76; bestätigt vom Berufungsgericht am 1.Februar 1977; §§ 15, 105 Abs. 1, 146 StGB., § 36 Abs. 1

lit. a WaffG.). Dem lag unter anderem zugrunde, daß der Angeklagte im Wiener Augustinerkeller, als er sich ohne Bezahlung der Zeche entfernen wollte, einem ihn anhaltenden Kellner eine aufgebohrte und geladene Gaspistole vor das Gesicht gehalten hatte (S. 10, 35, 40, 41, 54 im bezogenen Akt).

Mit diesen Konstatierungen aus den letzten Strafvorakten und mit dem Hinweis auf die Wirkungslosigkeit der früheren Abstrafungen ist die Persönlichkeit des Berufungswerbers hinreichend gekennzeichnet. Unter diesen Umständen konnte das Geschwornengericht bei der Ahndung des Gewaltverbrechens des Raubes zwar noch mit weniger als einem Drittel des zur Verfügung stehenden Strafrahmens des § 142 Abs. 1 StGB. das Auslangen finden. Eine Herabsetzung dieser Strafe erscheint aber aus den dargelegten Erwägungen der Spezialprävention schlechthin unvertretbar, wenn man den Belangen der Besserung und der Wiedereingliederung des Rechtsbrechers in die Gesellschaft eine Erfolgsaussicht wahren will.

Anmerkung

E02469

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0130OS00183.79.0207.000

Dokumentnummer

JJT_19800207_OGH0002_0130OS00183_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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