TE OGH 1980/2/14 13Os3/80

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Veröffentlicht am 14.02.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Februar 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Vichytil als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alfred A wegen des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach dem § 206 Abs. 1 und 2 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 1.Oktober 1979, GZ. 20 k Vr 4418/79-25, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Doczekal und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe unter Bedachtnahme gemäß dem § 31 StGB. auf das Urteil des Jugendgerichtshofs Wien vom 18.Jänner 1979, GZ. 5 E Vr 84/79-13, sowie unter Anwendung des § 41 StGB.

auf eine zusätzliche Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 (zwei) Jahren und 1 (einem) Monat herabgesetzt.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 31.Mai 1952 geborene Elektriker Alfred A des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach dem § 206 Abs. 1 und 2 StGB.

schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, weil er - im Sinne der von den Geschwornen stimmeneinhellig bejahten, hinsichtlich des Tatzeitraums mit einer Beschränkung (§ 330 StGB.) versehenen Hauptfrage - von Mai 1978 bis Ende 1978 in Wien mit der am 9.Mai 1965 geborenen unmündigen Ilse B wiederholt den außerehelichen Beischlaf unternahm, wobei die Tat eine - übrigens am 23. Februar 1979 abgebrochene (siehe dazu S. 38 unten und 177) - Schwangerschaft der Unmündigen zur Folge hatte.

Dieses Urteil ficht der Angeklagte im Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde und im Ausspruch über die Strafe mit Berufung an.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde, mit welcher er unter dem § 345 Abs. 1 Z. 5 StPO. die Abweisung (S. 160 samt Beiblatt) des vom Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf Vernehmung des Werner C als Zeugen zum Beweis dafür, daß es in der Zeit, in welcher dieser in der Wohnung des Beschwerdeführers in Wien XX., Raffaelgasse (Nr. 30) gewohnt hätte, nämlich von Beginn der Beziehung des Beschwerdeführers (mit B) bis zur Eheschließung mit Monika A (am 13. November 1978 - siehe dazu S. 102, 149) zu keinen geschlechtlichen Beziehungen zwischen Ilse B und dem Angeklagten gekommen sei (S. 158/159), rügt, kommt keine Berechtigung zu. Wie nämlich der Schwurgerichtshof zutreffend begründete (vgl. dazu das Beiblatt zu S. 160), wäre selbst durch eine Aussage CS des Inhalts, er habe niemals Wahrnehmungen über geschlechtliche Beziehungen zwischen dem Beschwerdeführer und Ilse B gemacht, die Zeugenaussage der Letztgenannten über das Stattfinden solcher Beziehungen noch nicht wiederlegt, weil im Beweisantrag gar nicht behauptet wurde, Werner C sei stets zugegen gewesen, wenn sich der Beschwerdeführer und Ilse B in der bezeichneten Wohnung in der Raffaelgasse aufhielten. Zeugen aber, deren Vernehmung der Angeklagte beantragt, um seine Täterschaft auszuschließen, kann das Gericht ablehnen, wenn sie nicht in der Lage waren, den Angeklagten dauernd zu beobachten.

Daß - wie der Beschwerdeführer in seinem Rechtsmittel vorbringt (S. 206/207) - Werner C über die tatsächlichen Beziehungen zwischen der Zeugin B und dem Beschwerdeführer insbesondere auch deshalb im Bilde gewesen sei, weil dieser mit ihm gut befreundet gewesen sei, in seiner Wohnung gewohnt und über seine 'Verhältnisse' Bescheid gewußt habe, vermag die vorstehend wiedergegebenen Argumente des Erstgerichts nicht zu entkräften, weil eben - schon nach dem Inhalt des Beweisantrags -

nicht davon ausgegangen werden kann, daß C den Beschwerdeführer und Ilse B in dem vom Schuldspruch erfaßten Zeitraum von ca. acht Monaten dauernd beobachtete und der Beschwerdeführer seinem Freund C jedenfalls die (negative) Mitteilung gemacht habe, mit dem wiederholt genannten Mädchen keinen Geschlechtsverkehr unternommen zu haben.

Mithin erweist sich der vom Beschwerdeführer relevierte Beweisantrag als unerheblich; dessen Ablehnung vermochte Verteidigungsrechte nicht zu beeinträchtigen. Es ist daher ein den Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 345 Abs. 1 StPO. verwirklichender Umstand nicht gegeben, sodaß die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 206 Abs. 2 StGB. eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es die einschlägige Vorstrafe und die Fortsetzung der Tathandlungen mehrere Monate hindurch als erschwerend, hingegen berücksichtigte es die Verleitung zur Tat durch die infolge des bereitwilligen Verhaltens des Opfers geschaffene besonders verlockende Gelegenheit (§ 34 Z. 9 StGB.) als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe an. Er behauptet, nunmehr (infolge Eheschließung am 13. November 1978) in 'wohlgeordneten sozialen Verhältnissen' zu leben und verweist auf das Gewicht des vom Erstgericht angeführten Milderungsgrunds und den vorgenommenen Schwangerschaftsabbruch. Der Berufung kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Mit Rücksicht auf die rechtskräftige Verurteilung des Angeklagten am 18. Jänner 1979 zur GZ. 5 E Vr 84/79-13

des Jugendgerichtshofs Wien (zu fünf Monaten Freiheitsstrafe wegen des Vergehens nach dem § 198 Abs. 1 und 2

StGB.) ist eine Zusatzstrafe gemäß dem § 31 StGB. zu verhängen, weil die vom angefochtenen Urteil erfaßte Tat nach der Zeit ihrer Begehung, nämlich zwischen Mai und Ende 1978, schon in dem früheren Verfahren (zu 5 E Vr 84/79 des Jugendgerichtshofs Wien) hätte abgeurteilt werden können.

Des weiteren sind die vom Erstgericht angenommenen Strafzumessungsgründe durch den im § 34 Z. 17, zweiter Fall, StGB. vorgesehenen Milderungsumstand zu ergänzen.

Der Angeklagte trug nämlich durch das Eingeständnis der Kenntnis des Alters und des - wenn auch nicht sexuellen -

Umgangs mit Ilse B wesentlich zur Wahrheitsfindung bei. Von den sohin korrigierten Strafzumessungsgründen ausgehend, kann unter Berücksichtigung des nach Lage des Falls besonderen Gewichts des erwähnten Milderungsumstands nach dem § 34 Z. 9 StGB. von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe im Verhältnis zu den Erschwerungsumständen gesprochen werden. Die vom Obersten Gerichtshof ausgemessene Strafe einerseits und die Tatsache der Eheschließung des Angeklagten andererseits begründen die Aussicht auf eine solche soziale Integration, die den Berufungswerber auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Zusatzstrafe abhalten wird, weitere strafbare Handlungen zu begehen. Demgemäß wurde dem Berufungswerber die außerordentliche Strafmilderung (§ 41 StGB.) gewährt.

Auf der Basis der vorstehend erörterten Strafzumessungsgründe sowie der für die Strafbemessung geltenden Vorschriften allgemeiner Art (§ 32 StGB.) und bei nachträglicher Verurteilung (§ 40 StGB.) erachtete der Oberste Gerichtshof eine Zusatzfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat als gerecht. In diesem Sinne war der Berufung ein Erfolg zuzuerkennen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Urteilsspruch angeführte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02467

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0130OS00003.8.0214.000

Dokumentnummer

JJT_19800214_OGH0002_0130OS00003_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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