TE OGH 1980/2/18 11Os4/80

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Veröffentlicht am 18.02.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Februar 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Vichytil als Schriftführers in der Strafsache gegen Othmar A wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Klagenfurt vom 27. November 1979, GZ. 7 Vr 1.016/79-62, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Zach und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO. hat der Angeklagte die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.

Text

Gründe:

Auf Grund des Wahrspruches der Geschwornen wurde der am 23.Mai 1954 geborene, zuletzt arbeitsunfähige Fleischergeselle Othmar A des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143 StGB. schuldig erkannt, weil er am 7.Mai 1979 in Velden in Gesellschaft des gesondert verfolgten Beteiligten Franz B dessen 74-jähriger Tante Helene C mit Gewalt gegen ihre Person, nämlich durch mehrere Faustschläge gegen den Kopf und Zubodenstoßen, sowie durch Bedrohung mit dem Tode einen Plastiksack und ca. 4.500 S Bargeld weggenommen hatte.

Die Geschwornen hatten jeweils einstimmig die im Sinn des (Grund-) Tatbestandes des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs. 1 StGB. an sie gerichtete Hauptfrage (I) und die erste Zusatzfrage (II) nach der Verübung des Raubes in Gesellschaft gemäß dem § 143 (erste Alternative) StGB.

bejaht sowie die zweite Zusatzfrage (III) nach dem Vorliegen voller Berauschung (§ 11 StGB.) verneint. Die in die Richtung des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach dem § 287

StGB. gestellte, nur im Fall der Bejahung der Hauptfrage und der zweiten Zusatzfrage zu beantwortende Eventualfrage (IV) blieb (folgerichtig) unbeantwortet.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit einer auf die Z. 6 und 12 des § 345 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. In Ausführung des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes rügt er zu Unrecht das Unterbleiben einer weiteren Zusatzfrage nach dem Vorliegen eines pathologischen Rauschzustandes.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerdeführer verkennt, daß eine pathologische Alkoholintoleranz, welche schon bei einer verhältnismäßig geringen (gemeiniglich hiezu nicht ausreichenden) Menge des genossenen berauschenden Mittels zu einer vollen Berauschung im Sinn einer tiefgreifenden, Zurechnungsunfähigkeit nach dem § 11 StGB. bedeutenden Bewußtseinsstörung führt, nur für die (Eventual-) Frage der Vorwerfbarkeit der Herbeiführung eines solchen Zustandes gemäß dem Tatbild der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach dem § 287 StGB. (Frage IV) von Bedeutung und deshalb erst dann zu beantworten ist, wenn eine die Zurechnungsfähigkeit ausschließende volle Berauschung feststeht, in Ansehung welcher das Gesetz aber nicht zwischen physiologischer oder pathologischer Beschaffenheit unterscheidet (Leukauf-Steininger2 RN. 29 zu § 11 StGB.).

Da die Geschwornen im vorliegenden Fall in Beantwortung der zweiten Zusatzfrage (III) eine volle Berauschung verneinten, erwies sich denknotwendig die Frage (Eventualfrage IV) der schuldhaften Herbeiführung eines solchen Zustands nicht als aktuell, weshalb diese - auch einen allfälligen pathologischen Rausch erfassende Frage (vgl. die diesbezügliche Rechtsbelehrung S. 298 f.) - nicht mehr zu beantworten war.

Die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit der Fragestellung liegt sohin nicht vor.

Aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 12 des § 345 Abs. 1 StPO. wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Qualifikation der Tat als schwerer Raub nach dem § 143 StGB.

Auch diese Rechtsrüge hält nicht stand.

Soweit sie zur Verwirklichung des Tatbildes des Gesellschaftsraubes ein gemeinsames Zusammenwirken bei der 'Gewaltanwendung' für erforderlich hält, mißdeutet sie den in Rede stehenden Rechtsbegriff.

Für Gesellschaftsraub genügt nämlich, wie dies den Geschwornen in der Rechtsbelehrung zutreffend verdeutlicht wurde (S. 296 f.), unter den Voraussetzungen gleichzeitiger Anwesenheit des Beteiligten am Tatort oder in dessen Nähe und des Einverständnisses mit dem Haupttäter jegliche die Raubausführung fördernde Tätigkeit im Sinn eines sonstigen Tatbeitrages nach dem dritten Fall des § 12 StGB., worin insbesondere die Leistung von Aufpasserdiensten, das Sichbereithalten zum Zweck des Wegschaffens der Beute vom Tatort oder überhaupt die bloß beim Tatgeschehen zum Ausdruck kommende Entschlossenheit zu einem allfälligen Eingreifen zu verstehen ist (Leukauf-Steininger2 RN. 7 zu § 143, RN. 74 bis 77 zu § 127 StGB.). Wenn die Beschwerde darüber hinaus das Einverständnis des Beteiligten Franz B mit dem Raube bestreitet, bringt sie damit den materiellen Nichtigkeitsgrund, welcher ein Festhalten an den bindenden Tatsachenfeststellungen des Wahrspruches voraussetzt, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Auf angebliche Ergebnisse des Beweisverfahrens, welche in den Wahrspruch nicht aufgenommen wurden - wie von der Beschwerde offenbar gemeint, die wechselnde und teils die tatsächlichen Voraussetzungen des Gesellschaftsraubes leugnende Verantwortung des Angeklagten -, kann die Rechtsrüge, der Beschwerdeauffassung zuwider, zulässigerweise nicht gestützt werden (Gebert-Pallin-Pfeiffer III/3 Nr. 4 f. zu § 345 Abs. 1 Z. 12 StPO. u. a.).

Da die Geschwornen sowohl die Hauptfrage nach dem Grundtatbestand des Raubes als auch die Zusatzfrage nach Gesellschaftsraub bejahten, besteht an der Rechtsrichtigkeit der Subsumtion des vom Beschwerdeführer verantworteten Raubes auch unter die Deliktsqualifikation des § 143, erster Fall, StGB. kein Zweifel. Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher der Erfolg zu versagen. Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB. eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren.

Bei der Strafbemessung wertete es die mehrfachen, einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten, die Verübung des Raubes mit Gewalt als auch gefährlicher Drohung sowie das brutale Vorgehen gegen eine alte, gebrechliche und somit hilflose Frau als erschwerend. Als mildernd berücksichtigte es demgegenüber das Tatsachengeständnis sowie die Schadensgutmachung.

Othmar A strebt mit seiner Berufung die Herabsetzung der über ihn

verhängten Strafe an.

Die Berufung ist nicht begründet.

Die Strafzumessungsgründe wurden vom Erstgericht im wesentlichen richtig festgestellt und im Ergebnis zutreffend gewürdigt. Unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 35 StGB. wäre dem Angeklagten zwar auch eine erhebliche Alkoholisierung zur Tatzeit als mildernd zugutezuhalten gewesen, jedoch darf anderseits nicht außer Betracht bleiben, daß Helene C Verletzungen davontrug, welche einen mehrtägigen Krankenhausaufenthalt erforderlich machten. Daß der Angeklagte die Tathandlung, wie er in der Berufung vorbringt, nur infolge der Einwirkung des gesondert verfolgten Beteiligten Franz B verübt habe, ist in diesem Sinn durch die Aktenlage nicht gedeckt, weil der Berufungswerber unerwähnt läßt, daß er unabhängig vom konkreten Vorschlag BS, Helene C zu berauben, zu diesem Zeitpunkt im Hinblick auf seine Geldschwierigkeiten bereits zur Verübung einer Straftat entschlossen war.

Die vom Erstgericht ohnehin nahe der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens ausgemessene Strafe wird dem Unrechtsgehalt der Tat und dem Verschulden des durch einschlägige Vorstrafen belasteten Angeklagten durchaus gerecht.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die begehrte Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach dem § 41 StGB. liegen nicht vor.

Auch der Berufung des Angeklagten konnte daher kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02475

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0110OS00004.8.0218.000

Dokumentnummer

JJT_19800218_OGH0002_0110OS00004_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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