TE OGH 1980/2/20 11Os183/79

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Veröffentlicht am 20.02.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Februar 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hochleithner als Schriftführers in der Strafsache gegen Franz A wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 21.September 1979, GZ. 1 a Vr 3.682/79-14, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwaltes Dr. Gaigg, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung, soweit sie bedingten Strafnachlaß begehrt, wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB.

unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt

nachgesehen.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 5.Oktober 1904 geborene Pensionist Franz A des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1, erster Deliktsfall, StGB. schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Ihm liegt zur Last, am 27.März 1979 in Wien vorsätzlich dadurch, daß er die am 1.Jänner 1967 geborene Fatma B am entblößten Geschlechtsteil betastete und küßte, eine unmündige Person auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer ausdrücklich auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 5, der Sache nach aber auch auf jenen der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung. Der Nichtigkeitsbeschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer Begründungs- und Feststellungsmängel zur subjektiven Tatseite geltend macht, kommt Berechtigung nicht zu.

Zwar ist dem Angeklagten darin beizupflichten, daß beim Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen der - zumindest bedingte - Vorsatz des Täters auch die Unmündigkeit des Opfers umfassen muß. Insoweit stellte das Erstgericht ohnehin fest, dem Angeklagten sei die Unmündigkeit des Mädchens bekannt gewesen (Seite 85 d.A.). Weiterer Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Richtung der Unmündigkeit bedurfte es aber - im Gegensatz zur Meinung des Beschwerdeführers - nicht.

Der vom Beschwerdeführer behauptete (materiellrechtliche) Feststellungsmangel haftet daher dem erstgerichtlichen Urteil nicht an.

Was die Mängelrüge nach dem § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. anlangt, so schloß das Erstgericht keineswegs allein aus dem Umstand, daß der Angeklagte wußte, Fatma B gehe noch zur Schule, auf die Kenntnis der Unmündigkeit, sondern zog in diesem Zusammenhang auch in Betracht, daß der Angeklagte das im selben Haus wohnende Mädchen schon länger kannte, was in Verbindung mit dem Alter des Kindes von 12 1/4 Jahren im Tatzeitpunkt zur Schlußfolgerung berechtigte, dem Angeklagten war bekannt, daß Fatma B das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hatte.

Mit dem Umstand, daß Kinder orientalischer Herkunft früher reifen, brauchte sich das Erstgericht nicht auseinanderzusetzen, weil der Angeklagte sich gar nicht damit verantwortete, Fatma B für älter als vierzehn Jahre gehalten zu haben. Zudem hatten die Mitglieder des Schöffensenats in der Hauptverhandlung Gelegenheit, sich ein persönliches Bild vom Aussehen des Mädchens zu verschaffen, dessen Alter von Zeugen auf zehn bis zwölf Jahre geschätzt worden war (Seiten 14 und 34 d.A.).

Da somit auch ein den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. verwirklichender Umstand nicht vorliegt, war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 207 Abs. 1 StGB. eine Freiheitsstrafe von einem Jahr. Bei der Strafbemessung nahm es keinen Umstand als erschwerend, hingegen den bisherigen ordentlichen Lebenswandel als mildernd an.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte unter Hinweis auf sein fortgeschrittenes Alter, seinen - nach Herzinfarkt angegriffenen - Gesundheitszustand und die bisherige Unbescholtenheit die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an.

Dem Begehren um Gewährung der bedingten Strafnachsicht kann Berechtigung nicht abgesprochen werden:

Berücksichtigt man nämlich die bisherige Straflosigkeit des Berufungswerbers und sein fortgeschrittenes Alter, gelangt man zu dem Ergebnis, daß die bloße Androhung der verhängten Freiheitsstrafe genügen wird, um nicht nur den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, sondern auch der Begehung solcher Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Ob nämlich der Vollzug einer (hier: Freiheits-)Strafe generalpräventiv geboten ist, hängt - unter Bedacht auf die Umstände des Einzelfalls - davon ab, ob die bedingte Nachsicht der Strafe die Motivationskraft der Rechtsnorm überhaupt und insbesondere der in Betracht kommenden Strafnorm hinlänglich aufrechterhalten kann (ÖJZ-LSK. 1980/3; siehe auch ÖJZ-LSK. 1978/108): Unter Würdigung der durch ein hohes Alter und die bis dahin gewahrte Unbescholtenheit des Berufungswerbers gekennzeichneten Fallgestaltung sind hier - im Gegensatz zur Ansicht des Erstgerichtes - auch die im § 43 Abs. 1 StGB. normierten generalpräventiven Voraussetzungen durchaus als gegeben anzunehmen. Hingegen besteht zur Herabsetzung der Freiheitsstrafe kein Anlaß. Denn der Oberste Gerichtshof erachtet auf der Basis der vom Erstgericht zutreffend angenommenen Strafzumessungsgründe und der für die Strafbemessung geltenden allgemeinen Grundsätze (§ 32 StGB.) die vom Erstgericht verhängte Strafe als angemessen. Aus den dargelegten Gründen war über die Berufung spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Urteilsspruch angeführte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02464

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0110OS00183.79.0220.000

Dokumentnummer

JJT_19800220_OGH0002_0110OS00183_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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