TE OGH 1980/3/6 13Os20/80

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Veröffentlicht am 06.03.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.März 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Vichytil als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johannes A wegen des Verbrechens der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach dem § 209 StGB. und einer weiteren strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 19.Oktober 1979, GZ. 4 d Vr 6929 (richtig: 6429)/79-20, erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schreiber und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Strafe auf 10 (zehn) Monate herabgesetzt.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 12.April 1941 geborene, freiberuflich als Statistiker tätige Johannes A des Verbrechens der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach dem § 209 StGB. und des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 StGB. schuldig erkannt, weil er in Wien (zu Punkt 1 des Urteilssatzes) vom Juni 1978 bis Juli 1979 wiederholt mit dem am 12. März 1964 geborenen Jugendlichen Kurt B durch gegenseitige manuelle und orale sexuelle Befriedigung gleichgeschlechtliche Unzucht getrieben und (zu Punkt 2 des Urteilssatzes) am 19.Juli 1979 in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Beteiligten Kurt B zwanzig Parkscheine des Wiener Magistrats im Wert von 60 S und diverses Verbandszeug einem Unbekannten (aus einem unversperrt abgestellten PKW.) gestohlen hat.

Das Erstgericht verhängte hiefür über den Angeklagten unter Anwendung des § 28 StGB. nach dem § 209 StGB. eine Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten.

In Bemessung dieser Strafe erachtete es die Tatwiederholung beim Verbrechen der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen und das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen derselben (gemeint: verschiedener) Art als erschwerend; als mildernd sah es hingegen den bisher ordentlichen Wandel des Angeklagten und den Beitrag seiner Aussage zur Wahrheitsfindung im Falle des Diebstahls an. Der Angeklagte bekämpfte dieses Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung. Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obersten Gerichtshof bereits mit Beschluß vom 14.Februar 1980, GZ. 13 Os 20/80-6, in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen; Gegenstand des Gerichtstages war demnach nur mehr seine Berufung, mit der Johannes A eine Herabsetzung und die bedingte Nachsicht der über ihn verhängten Freiheitsstrafe anstrebt.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung erweist sich in ihrem Begehren nach Reduzierung des Strafausmaßes, nicht aber in dem nach Gewährung der bedingten Strafnachsicht als berechtigt.

Eminentester Strafzweck ist es, die Wiedereingliederung des Rechtsbrechers in die Gesellschaft effizient vorzubereiten. Welches Strafmaß im konkreten Einzelfall angemessen ist, wird demnach weitgehend von der Abschätzung bestimmt, welche Dauer einer nur im Strafvollzug möglichen intensiven Einwirkung auf den Delinquenten dessen wirksame Resozialisierung verspricht. Angesichts der außergewöhnlich sorgfältigen Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung zum Ausmaß der verhängten Freiheitsstrafe bedarf es einer eingehenden Darstellung jener Überlegungen, die den Obersten Gerichtshof zu einer Herabsetzung der Freiheitsstrafe von fünfzehn auf zehn Monate bewogen. Im Vordergrund steht dabei die Erwägung, daß es sich um den ersten Rechtsbruch eines in mittleren Lebensjahren stehenden Menschen handelt, bei dem die Tatsache des Vollzugs einer in ihrer Dauer immerhin deutlich über der Untergrenze des anzuwendenden Strafsatzes liegenden Freiheitsstrafe ausreichende Gewähr bietet, dem Verurteilten zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepaßten Lebenseinstellung zu verhelfen und ihn abzuhalten, seinen schädlichen Neigungen nachzugehen, wozu noch kommt, daß ein solches Strafmaß bei einem bisher Unbescholtenen auch genügt, um überdies den Unwert des der Verurteilung zugrunde liegenden Verhaltens unmißverständlich aufzuzeigen (§ 20 Abs. 1 StVG.).

Das untadelige Vorleben eines nahezu Vierzigjährigen eröffnet gewöhnlich als gewichtiges Indiz für ein künftiges Wohlverhalten nicht nur, wie das Erstgericht vermeint, die Möglichkeit einer bedingten Strafnachsicht, sondern gibt dem betroffenen Ersttäter geradezu ein Anrecht auf die Gewährung dieser Rechtswohltat, dies freilich immer nur dann, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 43 StGB.

gegeben sind.

Nun ist das untadelige Vorleben eines Rechtsbrechers ein zwar sehr beachtlicher, aber eben nur ein Aspekt, der neben anderen Aspekten bei der Beurteilung zu berücksichtigen ist, ob die bloße Androhung der Vollziehung allein oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen genügen werde, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Das Erstgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Art der (einen) Tat, nämlich der wiederholte geschlechtliche Mißbrauch eines knapp Vierzehnjährigen durch etwa ein ganzes Jahr, besonders belastend ins Gewicht fällt. Als äußerst gravierend erachtete es darüber hinaus aber die im Strafverfahren manifest gewordene verderbliche Einflußnahme auf den Jugendlichen mit den in seinem Entwicklungsstadium psychisch nachteiligen weiteren Konsequenzen. Gerade dieses Verhalten des hartnäckig leugnenden Angeklagten nach der Tat wirft ein sehr ungünstiges Licht auf seine Person, sodaß die wohl begründete Auffassung des Schöffengerichts, daß angesichts des fortwirkenden Einflusses auf den ohne wesentlich schützenden Halt eines Elternhauses auf sich allein gestellten und in der mangelnden Reife dem Angeklagten geradezu ausgelieferten, auch heute noch nicht Sechzehnjährigen Gründe fehlen, die annehmen ließen, daß der Angeklagte künftighin keine strafbaren Handlungen begehen werde. Bei dieser Konstellation hat das Gericht dem Angeklagten durchaus zu Recht die Gewährung der Rechtswohltat einer bedingten Strafnachsicht versagt.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02493

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0130OS00020.8.0306.000

Dokumentnummer

JJT_19800306_OGH0002_0130OS00020_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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