TE OGH 1980/3/18 10Os165/79

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Veröffentlicht am 18.03.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. März 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie der Richteramtsanwärterin Dr. Kronlachner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Erich A wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 25. Juli 1979, GZ 7 b Vr 681/78-18, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Lanner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19. Juni 1943 geborene Friseur Erich A der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB, der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und nach § 36 Abs. 1 lit. a WaffG schuldig erkannt, weil er in Steyr und Umgebung in der Zeit um den 27. Dezember 1977 bis um den 21. Juni 1978 die Auguste B in insgesamt sieben Fällen, in drei davon mit dem Tode, gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, die Genannte ferner um den 4. Feber, 5. Feber und um den 28. Feber 1978 durch Faustschläge und Fußtritte, die Blutunterlaufungen am Körper zur Folge hatten, vorsätzlich verletzte, und schließlich im Februar 1978 in Stadlkirchen eine Faustfeuerwaffe, nämlich eine Pistole der Marke P 38, unbefugt führte.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4, 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Verfahrensmängel im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO erblickt der Angeklagte in der Ablehnung der von seinem Verteidiger schriftlich eingebrachten (ON 16) und dann in der Hauptverhandlung (S 237) wiederholten Anträge auf 'kriminaltechnische Untersuchung' der (die inkriminierten Vorfälle behandelnden) tagebuchartigen Aufzeichnungen der Auguste B zum Beweis dafür, daß 'weite Teile' davon (nicht jeweils unmittelbar nach den darin geschilderten Ereignissen, sondern) erst später in einem Zug niedergeschrieben worden seien, und auf Vernehmung seiner Eltern Rudolf und Stefanie A zum Beweis dafür, daß die im Punkt III des Schuldspruches angeführte Pistole ständig in der Wohnung der Familie A in Steyr in einem Schrank verwahrt gewesen sei, dessen Schlüssel sich ausschließlich im Besitz der beiden beantragten Zeugen befunden habe, und deshalb nicht von ihm - wie im Urteil angenommen - am Wohnort der Auguste B in Stadlkirchen geführt worden sein könne.

Das Gericht wies den erstangeführten Antrag deshalb ab, weil die Tagebücher bei der Hauptverhandlung vorgelegt wurden und Gegenstand des Beweisverfahrens waren (S 237).

Da das Schöffengericht demnach keinen Zweifel an der von der Zeugin Auguste B (S 221) bekundeter Entstehung der Aufzeichnungen jeweils im Anschluß an die darin beschriebenen Vorgänge hatte und begründete Bedenken in dieser Richtung - von der durch nichts erhärteten bloßen Behauptung des Angeklagten abgesehen - auch durch kein anderes Verfahrensergebnis indiziert waren, bestand für das Gericht keine Verpflichtung, den beantragten Sachverständigenbeweis durchzuführen; von einem Fall vorgreifender Beweiswürdigung kann daher - dem Beschwerdevorbringen zuwider - keine Rede sein.

Die Abstandnahme von einer Anhörung der Zeugen Rudolf und Stefanie A begründete das Erstgericht sinngemäß damit, daß unter den inhaltlich des Antrags gegeben gewesenen Umständen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht auszuschliessen sei, daß der Beschwerdeführer als dritter Hausgenosse und bei der Behörde ausgewiesener Besitzer der in Rede stehenden Faustfeuerwaffe (zumindest) zeitweilig Zutritt zu der Sache erlangt und sie auch vorübergehend an einen anderen Ort mitgenommen habe, folglich das angestrebte Beweisergebnis ungeeignet sei, die Entscheidung in tatsächlicher Hinsicht zu beeinflussen. Diese Argumentation des Zwischenerkenntnisses ist mängelfrei, zumal auch dem schriftlichen Antrag (ON 16) keineswegs zu entnehmen ist, daß dieser Schlüssel ständig von einem Elternteil verwahrt wurde und der Angeklagte nur in Begleitung eines Elternteils an den Schrank herankommen konnte.

Der Angeklagte kann sich daher dadurch in seinen Verteidigungsrechten nicht mit Fug beeinträchtigt erachten. Die Mängelrüge bekämpft unter dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Begründung den Schuldspruch zu Punkt III des Urteilssatzes (Vergehen nach § 36 Abs. 1 lit. a WaffenG) und führt dagegen ins Treffen, daß die Zeuginnen Auguste B und Ulrike B (auf deren Angaben das Erstgericht seine Feststellungen über das Führen der Pistole durch ihn stützt - S 263 f.) nicht über die nötige Erfahrung verfügen, um zwischen einer solchen Faustfeuerwaffe und einem Gasrevolver (den er ebenfalls besaß, verläßlich zu unterscheiden. Damit wird aber kein Begründungsmangel aufgezeigt, sondern bloß, die Glaubwürdigkeit und Beweiskraft der Zeugenaussagen erörtert und demnach nur ein unzulässiger Angriff auf die Beweiswürdigung des Erstgerichts unternommen.

Diese wird zudem - was der Beschwerdeführer vollkommen außer acht läßt - noch dadurch untermauert, daß im Vorverfahren beiden Zeuginnen die gegenständliche Pistole Modell Walther P 38 und der (im Besitz des Beschwerdeführers gewesene) Gasrevolver gleichzeitig vorgelegt wurden, worauf sie (voneinander unabhängig) beim Vergleich beider die erstgenannte Faustfeuerwaffe als jene bezeichneten, welche der Angeklagte jedenfalls in Stadlkirchen bei sich gehabt hatte (S 73-74, 82, 159, 170; 264).

Mit der auf Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rechtsrüge wendet sich der Angeklagte zunächst gegen den Schuldspruch wegen gefährlicher Drohung (Faktengruppe I a bis g des Urteilssatzes). Der insoweit erhobene Vorwurf, daß 'praktisch keine Feststellungen' vorlägen, ist bereits im Hinblik auf die im Urteilsspruch enthaltene Beschreibung des konkreten Inhalts der als gefährliche Drohung (zum Teil mit dem Tod) inkriminierten Äußerungen, auf die in der Urteilsbegründung Bezug genommen wird, und auf die dort gegebene ausführliche Darlegung der gemeinsamen Hintergründe all' dieser Vorfälle, unbegründet.

Im Zusammenhang (sowie in Verbindung mit dem Spruch) ist den Urteilsgründen zu entnehmen, daß das Erstgericht schlüssig den im schuldigsprechenden Teil des Urteilssatzes unter Punkt I angeführten Äußerungen zu b), c) und e) (jeweils: 'er werde sie zum Krüppel schlagen') sowie zu f) ('er werde sie zertreten wie nichts, er werde ihr auflauern, er werde einen Unfall fingieren und sie samt ihrem Auto mit seinem eigenen Fahrzeug in einen Graben scheren') den Sinn von Drohungen mit einer Verletzung am Körper, den Äußerungen zu a) ('er werde sie....durch seine Geheimorganisation liquidieren lassen') sowie zu d) und zu g) (jeweils: 'er werde sie umbringen') hingegen den Sinn von Drohungen mit dem Tod beimaß, wobei der Beschwerdeführer mit allen diesen Drohungen nach den unzweideutig dahin lautenden Urteilskonstatierungen die Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) verfolgte, Auguste B in Furcht und Unruhe zu versetzen (s. insbesondere S 263). Daß die zuletzt erwähnten verbalen Todesdrohungen inhaltlich objektiv nur in übertriebener Weise ausgedrückte Drohungen mit einer körperlichen Mißhandlung darstellten und auch nur so beabsichtigt gewesen wären, kann im vorliegenden Fall nicht gesagt werden; die vom Gericht festgestellten, damit verknüpften konkreten Umstände weisen vielmehr darauf hin, daß der Beschwerdeführer mit den betreffenden Ankündigungen bei der Bedrohten, der er insbesondere Existenz und Wirksamkeit einer vor 'Liquidierungen' gegebenenfalls nicht zurückschreckenden bewaffneten Geheimorganisation in besonderer Weise glaubhaft zu machen verstanden hatte, dem Wortsinn seiner Äußerungen gemäß wirklich Furcht vor einem (durch ihn unmittelbar oder über Mittelspersonen herbeizuführenden) Anschlag auf ihr Leben hervorrufen wollte, um solcherart seinen Drohungen einen (von ihm bezweckten) besonderen Nachdruck zu verleihen. Sinngehalt und rechtliche Bedeutung der im Faktum I f) mit der (Verletzungs-)Drohung, Auguste B durch einen fingierten schweren Autounfall zu körperlichem Schaden zu bringen, noch verbundenen Ankündigung, sie ins Wagner-Jauregg-Krankenhaus zu bringen, können bei der gegebenen Sachlage mangels rechtlicher Relevanz unerörtert bleiben.

Die für das Tatbildmerkmal der 'Gefährlichkeit' im Sinne des § 107 Abs. 1 StGB begriffswesentliche Eignung einer (Be-)Drohung, der bedrohten Person begründete Besorgnisse einzuflößen, ist nach dem Gesetz (§ 74 Z 5 StGB) objektiv, aber mit Rücksicht auf alle Verhältnisse einschließlich der persönlichen Beschaffenheit des Bedrohten zu beurteilen; gleiches gilt für die zur Annahme eines der Qualifikationsgründe des § 107 Abs. 2 StGB erforderliche Eignung der Tat, beim Bedrohten den Eindruck zu erwecken, der Täter sei in der Lage und willens, eine der in der zitierten Gesetzesstelle bezeichneten Folgen (hier: den Tod der Bedrohten) herbeizuführen. Gemessen an diesen rechtlichen Kriterien wurden die umschriebenen Deliktsvoraussetzungen hinsichtlich aller Punkte des einschlägigen Schuldspruchs zutreffend für erfüllt erachtet. Daran vermag - dem Beschwerdevorbringen zuwider - auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Angeklagte ähnlich lautende Drohungen in kürzeren oder längeren Abständen zu wiederholten Malen gebrauchte. Schließlich versagt auch der auf das zeitlich nahe Zusammentreffen der gemäß Punkt I c) des Schuldspruchs 'um den 28. Februar 1978' geäußerten Drohung mit der laut Punkt II des Schuldspruchs am 28. Februar 1978 an Auguste B begangenen Körperverletzung gestützte Einwand, angedrohte und sodann umgehend ausgeführte Verletzungen am Körper seien nicht dem § 107 StGB, sondern nur dem § 83 StGB zu unterstellen. Der Beschwerdeführer übersieht hiebei, daß echte Realkonkurrenz der Tatbestände des § 107 StGB und des § 83 StGB jedenfalls dann möglich ist, wenn es an der Kongruenz zwischen dem angedrohten Übel und der dem Opfer tatsächlich zugefügten Körperverletzung fehlt (ÖJZ-LSK 1978/377). Die im Punkt II des Schuldspruchs unter den Tatbestand des § 83 Abs. 1 StGB subsumierten Faustschläge und Fußtritte, welche bei Auguste B (bloß) eine (leichte) Verletzung am Körper zur Folge hatten, steht so gesehen der Beurteilung selbst einer damit zeitlich nahe zusammenliegenden Drohung des Täters, er werde die Genannte 'zum Krüppel schlagen', worunter die Bedrohte den Eindruck des Bevorstehens eines über den tatsächlich gesetzten bei weitem hinausgehenden, bis zu schweren Körperverletzungen führenden gewaltsamen Angriffs auf ihre körperliche Unversehrtheit gewinnen mußte, als gefährliche Drohung im Sinne des § 107

StGB nicht entgegen, ohne daß es der vom Beschwerdeführer vermißten näheren Feststellungen über das tatsächliche Verhältnis der beiden Tathandlungen zueinander (namentlich in zeitlicher Hinsicht) bedurfte.

Nicht gesetzmäßig ausgeführt ist die Rechtsrüge gegen den Schuldspruch (Punkt II des Urteilssatzes) wegen Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB, weil die als fehlend reklamierten Feststellungen zur subjektiven Tatseite im Urteil enthalten sind, in dessen Begründung das Vorliegen des von § 83 Abs. 1 StGB geforderten Vorsatzes, einen anderen am Körper zu verletzen, mit den Worten konstatiert wird, der Angeklagte habe die der Auguste B zugefügten Verletzungen vorsätzlich verursacht (S 263). Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 107 Abs. 2 StGB zu sieben Monaten Freiheitsstrafe, die gemäß § 43 Abs. 1 StPO unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.

Bei der Strafbemessung nahm es als erschwerend die Wiederholung der gefährlichen Drohungen und Mißhandlungen sowie die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art an, als mildernd hingegen das Teilgeständnis vor der Polizei, den bisher ordentlichen Lebenswandel und die psychopathische Veranlagung des Angeklagten. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe an.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig erfaßt sowie auch zutreffend gewürdigt. Der Angeklagte vermag in seiner Berufung nichts aufzuzeigen, was eine Strafminderung rechtfertigen könnte. Nach Lage des Falles ist die über ihn verhängte Freiheitsstrafe, welche den im § 32 StGB normierten allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung wie den angenommenen Strafzumessungsgründen Rechnung trägt, nicht überhöht. Es war darum der Berufung ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E02601

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0100OS00165.79.0318.000

Dokumentnummer

JJT_19800318_OGH0002_0100OS00165_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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