Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Vichytil als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl A wegen des Verbrechens der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach § 209 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vo 20.Dezember 1979, GZ. 3 d S Vr 4942/77-99, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 1.Juni 1923 geborene Handelsreisende Karl A des Verbrechens der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach § 209 StGB. und des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt, weil er in Wien im Jänner 1977 (richtig Anfang Feber 1977, siehe S. 238 und 239) mit dem am 1. Februar 1963 geborenen Gerhard B und am 20.Juni 1977 mit dem am 7. November 1959 geborenen Edmund C gleichgeschlechtliche Unzucht getrieben (Punkt I 1 und 2 des Urteilssatzes) und im Juni 1977 den Robert D durch die Äußerung, er werde den Genannten abstechen lassen, wenn D den Angeklagten wegen seiner Kontaktversuche mit Edmund C bei der Polizei anzeige, zur Unterlassung einer Anzeige genötigt hat.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO.
gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Mit seiner Mängelrüge bezeichnet der Angeklagte das Urteil als unvollständig begründet, weil unerörtert geblieben sei, daß die Belastungszeugen Gerhard B und Edmund C aussageunwillig und 'an der gerichtlichen Wahrheitsfindung desinteressiert' waren, was bei richtiger Würdigung zu einer anderen Wertung (dieser Zeugenaussagen) hätte führen müssen. Damit macht die Beschwerde aber keinen Begründungsmangel im Sinn der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. geltend, sondern beschwert sich in Wahrheit darüber, daß diesen Zeugen höhere Glaubwürdigkeit zuerkannt wurde als dem Angeklagten und unternimmt mit diesem Vorbringen lediglich einen unzulässigen Angriff auf die erstrichterliche Beweiswürdigung. Mit dem als Rechtsrüge deklarierten Einwand, das Erstgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt und auch keine Feststellungen darüber getroffen, ob die dem Angeklagten angelastete Drohung (II) ernst gemeint war, insbesondere, ob der Angeklagte die angedrohte Handlung überhaupt herbeizuführen vermocht hätte und die Drohung etwa bloß als (nicht ernstgemeinte) milieubedingte Unmutsäußerung aufzufassen gewesen wäre, wird kein Feststellungsmangel im Sinn der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. aufgezeigt. Welche von mehreren nach dem Sprachgebrauch, nach den Gewohnheiten und dem Bildungsgrad des Sprechenden und dem seiner Umgebung möglichen Bedeutungen einer Äußerung zukommt, hat das Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung festzustellen (Gebert-Pallin-Pfeiffer, Nr. 26 bei § 281 StPO.). Ob im vorliegenden Falle die Drohung ernst gemeint war, ist daher eine Beweis- und keine Rechtsfrage.
Dazu stellte das Erstgericht fest, daß Robert D diese Drohung des Angeklagten ernst genommem hat (S. 525) und es auch dem Angeklagten bei dieser Drohung durchaus ernst war (S. 529). Die physische Verwirklichungsmöglichkeit spielt nur dann eine Rolle, wenn sie dem Bedrohten undenkbar oder wenigstens fraglich erscheinen müßte; das kann von der Ankündigung des 'Abstechens' - gerade auf Grund des Urteilssachverhalts - nicht gesagt werden. Die denkrichtige Feststellung des Sinns einer Äußerung aber damit zu bekämpfen, daß, worauf das Beschwerdevorbringen letztlich hinausläuft, dieser Äußerung auch ein anderer Sinn unterlegt werden könnte, macht keinen Rechtsirrtum geltend;
letzteres wäre aber für die gesetzmäßige Darstellung einer Rechtsrüge erforderlich.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO., teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach der Z. 1
dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO. schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen. Für die Verhandlung und Entscheidung über die Berufung wird ein Gerichtstag anberaumt werden (§ 296 Abs. 3 StPO.).
Anmerkung
E02705European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1980:0130OS00017.8.0320.000Dokumentnummer
JJT_19800320_OGH0002_0130OS00017_8000000_000