Norm
RabG §1Kopf
SZ 53/50
Spruch
Der Verkauf von die zum Bezug von Waren im Wert von 1000 S berechtigenden Gutscheinen, um nur 850 S verstößt gegen das Rabattverbot
Ein allein von der Höhe des Kaufpreises oder von einem bestimmten Mindestkaufpreis abhängiger Preisnachlaß ist unzulässig
OGH 25. März 1980, 4 Ob 310/80 (OLG Wien 2 R 212/79; RG Wien 17 Cg 73/79)
Text
Die beklagte Sportartikelhändlerin veröffentlichte in der "Neuen Kronen- Zeitung" vom 10. September 1979 und vom 13. September 1979 sowie im "Kurier" vom 9. September 1979 ganzseitige Inserate mit der blickfangartig hervorgehobenen Ankündigung: "Bei K sind achthundertfünfzig (S 850,-) einen Tausender (S 1000,-) wert. Und das einen ganzen Winter lang." Darunter war ein Gutschein mit nachstehendem Text abgebildet: "K 1 000 Olympia-Schilling - Einkaufs-Wertgutschein für einen Warenwert von S 1000,-." Neben dieser Abbildung hieß es: "Kaufen Sie jetzt: Mit dem Olympia 1000er kaufen Sie alle Vorteile für einen ganzen Winter, und sparen S 150,-
pro 1000er. Sie können ihn bis 24. Dezember 1979 auf alle Waren bei Sport-K einlösen. Ob Sie nun einen Skianzug oder Ihren Traum-Ski, Modell 1980, kaufen. Die Auflage des Olympia 1000ers ist begrenzt."
Die klagende Mitbewerberin sieht in diesen Zeitungsanzeigen die Ankündigung eines Rabattes von 15% und damit einen Verstoß gegen das Rabattgesetz und gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Sie begehrt daher, zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, in ihren - im Antrag einzeln aufgezählten - Niederlassungen Warengutscheine unter der Bezeichnung "Olympia-Tausender" oder "Olympia-Schilling" mit einem Nominale von 1000 S zum Preis von 850 S zu verkaufen und diese Warengutscheine bis 24. Dezember 1979 beim Kauf von Sportartikeln um einen Betrag von 1000 S einzulösen.
Die Beklagte stellt jeden Gesetzesverstoß in Abrede. Die verbilligte Ausgabe von Warengutscheinen sei nichts anderes als eine allgemeine Herabsetzung der Preise für das gesamte Warensortiment oder für einzelne Waren. Von einem Rabattverstoß könne hier keine Rede sein, weil die Gutscheine selbst ein Teil des Warensortiments der Beklagten seien und als solche an die Stelle jener Waren träten, die innerhalb ihrer Gültigkeitsdauer vom Käufer nach Belieben bezogen werden könnten.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Das Rabattgesetz untersage lediglich individuelle Preisnachlässe oder Sonderpreise, die wegen der Zugehörigkeit des Käufers zu bestimmten Verbraucherkreisen, Berufen, Vereinen o. dgl. gewährt werden; die Beklagte habe hingegen jedermann, der innerhalb eines bestimmten Zeitraums einen Gutschein um 850 S gekauft habe, das Recht eingeräumt, mit diesem Gutschein bei ihr Waren im Wert von 1000 S zu erwerben. Der Hinweis auf die begrenzte Auflage des "Olympia-Tausenders" könne der Beklagten nicht schaden. Auch der Umstand, daß diese Preissenkungsaktion nur solchen Personen zugute gekommen sei, die Waren im Wert von mehr als 850 S gekauft hätten, sei rabattrechtlich ohne Bedeutung, weil das Rabattgesetz nur Preisnachlässe verbiete, die in der Person oder in den persönlichen Verhältnissen des Käufers begrundet sind, nicht aber auch Nachlässe, die mit der Menge oder dem Wert der gekauften Ware im Zusammenhang stehen. Der Beklagten falle somit weder ein Rabatt- noch ein Wettbewerbsverstoß zur Last.
Das Rekursgericht verbot der Beklagten, im geschäftlichen Verkehr beim Handel mit Sportartikeln Warengutscheine unter der Bezeichnung "Olympia-Tausender" oder "Olympia-Schilling" mit einem Nominale von 1000 S zum Preis von 850 S zu verkaufen und die um diesen Preis verkauften Warengutscheine bis 24. Dezember 1979 beim Kauf von Sportartikeln gegen Waren im Wert von mehr als 850 S einzulösen. Im konkreten Fall sei davon auszugehen, daß das Verteilen von Gutscheinen, die zum verbilligten Bezug von Waren des täglichen Bedarfs berechtigen, nach ständiger Rechtsprechung als Ankündigung eines verbotenen Rabattes beurteilt werden müsse. Das gelte auch für die beanstandeten Gutscheine der Beklagten, welche als unwiderrufliche Anweisungen auf den Bezug von Waren aus dem Sortiment der Beklagten oder, genauer, als Inhaberzeichen, die einen rein schuldrechtlichen Warenanspruch verbrieften, zu qualifizieren seien. Werde ein solcher Gutschein mit einem Nominale von 1000 S um nur 850 S verkauft, dann liege darin die Zusage, Waren im Wert von 1000 S bei Vorlage des Gutscheins um nur 850 S also mit einem Preisnachlaß von 15%, abzugeben. Damit werde aber ein gesetzwidriger Rabatt angekundigt, weil die Ermäßigung nur solchen Personen zugute komme, die - auf welchem Weg immer - in den Besitz eines Gutscheins gekommen sind. Der dadurch hervorgerufene Eindruck eines individuellen Preisnachlasses werde noch durch den Hinweis auf die begrenzte Auflage des "Olympia-Tausenders" verstärkt, zumal eine solche Einschränkung der zeitlichen Begrenzung einer generellen Preissenkung keinesfalls gleichgehalten werden könne. Da der unzulässige Rabatt nicht schon mit der Ausgabe der Gutscheine, sondern erst mit deren Einlösung gewährt werde, habe der Beklagten nicht nur das Ankundigen, sondern auch das Einlösen der von ihr ausgegebenen Gutscheine zu einem Betrag von mehr als 850 S verboten werden müssen. Die von der Klägerin beantragte einstweilige Verfügung sei somit in der aus dem Spruch ersichtlichen, etwas modifizierten Fassung zu erlassen gewesen.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Rechtsmittelwerberin ist zuzugeben, daß die vom Rekursgericht herangezogene Rechtsprechung zur Zulässigkeit sogenannter "Rabattgutscheine" (SZ 33/75; ÖBl. 1964, 117; ÖBl. 1974, 119; ÖBl. 1975, 67; ÖBl. 1977, 43; ÖBl. 1977, 130; ÖBl. 1978, 73) im konkreten Fall deshalb nicht unmittelbar anwendbar ist, weil es in diesen Fällen durchwegs um sogenannte "Werbegutscheine" gegangen war, welche durch die Zusage eines Preisnachlasses einen künftigen Vertragsabschluß herbeiführen oder doch erleichtern sollten, während den Erwerbern der hier beanstandeten "Warengutscheine" ("Geschenkgutscheine") auf Grund des bei ihrer Ausgabe schon endgültig abgeschlossenen Güteraustauschvertrages bereits ein unwiderruflicher Anspruch auf Waren des Ausstellers der Gutscheine in der Höhe des jeweiligen Nennwertes verbrieft worden ist (s. dazu Eccher, Zur Rechtsnatur der Gutscheine, ÖJZ 1974, 337 ff.). Für den Standpunkt der Beklagten ist damit aber im Ergebnis nichts gewonnen. Auch wenn man mit dem Revisionsrekurs davon ausgeht, daß bei der Ausgabe derartiger Warengutscheine der Kaufvertrag selbst schon durch den entgeltlichen Erwerb eines oder mehrerer Gutscheine abgeschlossen wird, während die nachträgliche Einlösung der Gutscheine durch Auswahl von Waren bis zur Höhe ihres Nennwertes nur noch der Abwicklung des Rechtsgeschäftes dient, dürfen diese Vorgänge dennoch nicht isoliert betrachtet werden; sie sind vielmehr wirtschaftlich und rechtlich als zeitlich aufeinanderfolgende Phasen eines einheitlichen Rechtsgeschäftes zu sehen, in dessen Rahmen der Inhaber eines solchen Gutscheines beim Ankauf von Waren im Mindestwert von 1000 S eine Ermäßigung von 15% für je volle 1000 S des Kaufpreises erhält. Damit hat aber die Beklagte nicht etwa eine allgemeine, rabattrechtlich unbedenkliche Preissenkung vorgenommen, sondern einen gesetzwidrigen Preisnachlaß im Sinne des § 1 Abs. 2 RabG angekundigt und gewährt.
§ 1 Abs. 2 RabG definiert den - nach Abs. 1 dieser Gesetzesstelle bei der Veräußerung von Waren des täglichen Bedarfs im Einzelverkauf an den letzten Verbraucher grundsätzlich unzulässigen - "Preisnachlaß" als "Nachlaß" von den Preisen, die der Unternehmer ankundigt oder allgemein fordert". Der wesentliche Unterschied zwischen einem nach dem Rabattgesetz zu beurteilenden Preisnachlaß (Rabatt) und einer - rabattrechtlich unbedenklichen - generellen Preissenkung besteht also darin, daß der Rabatt ein individueller, Einzelpersonen oder bestimmten Personengruppen im Sinne des § 1 Abs. 2 RabG angekundigter oder gewährter Nachlaß von den sonst geforderten Normalpreisen ist, die der Unternehmer selbst gegenüber dem letzten Verbraucher als seine Preise kenntlich macht oder regelmäßig von ihnen verlangt (ÖBl. 1977, 130 mit weiteren Hinweisen). Wird also der frühere Normalpreis gegenüber allen Interessenten durch einen neuen, niedrigeren Normalpreis ersetzt, dann liegt eine generelle Preissenkung vor; steht dagegen dem unverändert gebliebenen Normalpreis des Unternehmers ein individueller, durch einen entsprechenden Nachlaß im Einzelfall gewonnener Ausnahmepreis gegenüber, dann ist eine Rabattgewährung im Sinne des § 1 Abs. 2 RabG anzunehmen (Baumbach - Hefermehl, Wettbewerbsrecht[12], 1616 § 1 RabG Anm. 16, 1617 Anm. 18 f; Hoth - Gloy, Zugabe und Rabatt, 323 § 1 RabG Anm. 23, 326 Anm. 25).
Letzteres trifft auch diesmal zu: Die Beklagte hat im Rahmen ihrer "Olympia-Tausender" - Aktion bei keinem einzigen Artikel ihres Sortiments den Preis - sei es auch nur für kurze Zeit - allgemein und gegenüber allen Kaufinteressenten im gleichen Ausmaß herabgesetzt; sie hat vielmehr auf dem Umweg über die Ausgabe verbilligter Gutscheine einer bestimmten Personengruppe - nämlich den Inhabern solcher Gutscheine - einen Nachlaß von 15% von ihren - ohne Ausnahme unverändert gebliebenen - Normalpreisen gewährt. Dem kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, daß es während der Zeitspanne, in der die beanstandeten Gutscheine ausgegeben wurden, jedermann freigestanden sei, einen oder mehrere solcher
Gutscheine zu erwerben: Selbst wenn man nämlich unter diesem Gesichtspunkt zugunsten der Beklagten davon ausgeht, daß die beanstandete Gutscheinaktion im Ergebnis nicht anders beurteilt werden kann als die Ankündigung eines Unternehmers, jedem, der innerhalb eines bestimmten Zeitraums bei ihm Waren im Wert von mindestens 1000 S kauft, für jeweils volle 1000 S des Kaufpreises einen Nachlaß von 15% zu gewähren, ist damit für die Beklagte nichts gewonnen. Entgegen der Meinung des Erstgerichtes sind nämlich Preisnachlässe, die "mit der Menge oder dem Wert der gekauften Ware im Zusammenhang stehen", nach dem Rabattgesetz keineswegs uneingeschränkt erlaubt; ein derartiger Mengennachlaß ist vielmehr nach §§ 7, 8 RabG nur dann zulässig, wenn mehrere Stücke oder eine größere Menge von Waren in einer Lieferung veräußert (oder Aufträge für mehrere gewerbliche Leistungen oder für eine gewerbliche Leistung größeren Umfanges erteilt) werden. Diese Voraussetzungen liegen hier schon deshalb nicht vor, weil mit den auf 1000 S lautenden Gutscheinen der Beklagten nicht nur eine Mehrzahl von Waren, sondern ebensogut auch ein einzelner, entsprechend höherwertiger Artikel gekauft werden konnte. Ein allein von der Höhe des Kaufpreises - oder, wie hier, von einem bestimmten Mindestkaufpreis - abhängiger Preisnachlaß fällt aber unter keine der Ausnahmebestimmungen der §§ 2 ff. RabG und ist daher gemäß § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes verboten.
Abschließend ist noch darauf zu verweisen, daß im Sinne der zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses auch gegen das Verbot des Einlösens der beanstandeten Gutscheine keine Bedenken bestehen, weil der zur Klageführung wegen eines Rabattverstoßes Berechtigte gemäß § 12 RabG ein Verbot nicht nur des Ankundigens, sondern auch des Gewährens gesetzwidriger Rabatte erwirken kann, der Preisnachlaß aber nicht schon durch die Ausgabe des Gutscheins, sondern erst dadurch gewährt wird, daß der Inhaber eines solchen Gutscheins mit dessen Hilfe innerhalb der hiefür festgesetzten Frist Waren im Wert von mehr als 850 S erwirbt.
Anmerkung
Z53050Schlagworte
Ausnahmepreis, Gutscheine, Preisnachlaß für Waren-, Werbe-, Geschenkgutscheine, Preissenkung für Normalpreis, Warengutscheine, Rabattgesetz, Werbe-(Geschenk-)Gutscheine, RabattgesetzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1980:0040OB00310.8.0325.000Dokumentnummer
JJT_19800325_OGH0002_0040OB00310_8000000_000