Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 10. April 1980
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Sperker als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alois A und andere wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1, 130 sowie § 15 StGB. über die vom Angeklagten Viktor B gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 8. November 1979, GZ. 25 Vr 2213/78-148, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Heller und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten Viktor B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde (unter anderen) der am 2. Februar 1954 geborene Rohstoffhändler Viktor B des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1, 130 und § 15 StGB. schuldig erkannt, weil er in der Zeit vom Oktober 1977 bis Feber 1978 in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Alois A sieben vollendete und zwei versuchte Einbruchsdiebstähle (mit einem Gesamtwert der Diebsbeute von 26.600 S) begangen hat (Punkte A/I/1-7 und B/I/1-2 des Urteilssatzes).
Der Angeklagte Viktor B bekämpft dieses Urteil mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 4, 5, 9 lit. a, 10 und 11 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen der auf den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO. gestützten Verfahrensrüge wurden durch das Zwischenerkenntnis, mit dem der Gerichtshof den vom Verteidiger des Beschwerdeführers gestellten Antrag auf Vernehmung von Barbara, Hermine und Anton B als Zeugen über Farbe ('nicht grau') und Standort ('grundsätzlich nicht in Itter, sondern in Kufstein') seiner VW-Busse 'wegen Unerheblichkeit' abwies (Band IV S. 82-83), Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers nicht beeinträchtigt. Denn wie sich aus den Gründen des angefochtenen Urteils ergibt (Band IV/S. 110), erachtete das Schöffengericht die den Beschwerdeführer belastenden Angaben des Mitangeklagten Alois A auch für den Fall als glaubwürdig, daß der (darnach zu einigen Diebszügen benützte) VW-Bus des Beschwerdeführers tatsächlich nicht - wie in der Hauptverhandlung (Band IV/S. 81) zunächst von A behauptet - grau, sondern - wie der Beschwerdeführer entgegnete und A daraufhin als möglich konzedierte - weiß war. Dem Schöffengericht ist weiters darin beizupflichten, daß der Nachweis von Kufstein als Standort der Kraftfahrzeuge die Benützung eines derselben zu den von A beschriebenen Diebsfahrten in den politischen Bezirken Kufstein, Kitzbühel und Schwaz nicht ausschließen oder auch nur unwahrscheinlich machen könnte.
Selbst das vom Beschwerdeführer angestrebte Ergebnis der beantragten Beweisaufnahme wäre demnach nicht geeignet gewesen, die dem Gericht durch die Gesamtheit der ihm vorliegenden Verfahrensergebnisse vermittelte (Sach- und) Beweislage maßgebend zu verändern, insbesondere die bisherigen Ergebnisse des Beweisverfahrens in einer bestimmten Richtung zu widerlegen und auf diese Weise die Entscheidung zu beeinflussen. Es zeigt sich sohin, daß durch das gerügte Zwischenerkenntnis keine Gesetze oder Grundsätze des Verfahrens hintangesetzt oder unrichtig angewendet wurden, deren Beobachtung durch das Wesen (vgl. hiezu in Ansehung der Ladung von Entlastungszeugen Absatz 3 lit. d des in der Nichtigkeitsbeschwerde bezogenen Art. 6 MRK) eines die Strafverfolgung und die Verteidigung (gleicherweise) sichernden Verfahrens geboten ist, sodaß eine Nichtigkeit des Urteils im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO. daraus nicht gefolgert werden kann (EvBl. 1972/36 u. a.).
Soweit der Beschwerdeführer die ihn betreffenden Urteilsannahmen, den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. relevierend, als aktenwidrig oder (offenbar) unzureichend begründet bekämpft, so ist er auch damit nicht im Recht. Im Zusammenhang mit Punkt A/I/1 des Schuldspruchs, dem zufolge dem Beschwerdeführer (und Alois A) der im Oktober 1977 in Pankrazberg begangene Diebstahl eines Christuscorpus von einem Wegkreuz zur Last liegt, wird der Sache nach nicht eine Aktenwidrigkeit, d.h. die unrichtige Wiedergabe des Inhaltes einer Aussage oder Urkunde, sondern eine unzureichende oder unvollständige Begründung des Urteils insofern behauptet, als unbeachtet geblieben sei, daß dieser Gegenstand in dem von Alois A angegebenen Versteck, nämlich unter einem Holzstoß beim Wohnhaus des Beschwerdeführers, bei den Erhebungen nicht aufgefunden werden konnte (Band II/S. 53, 173). In dieselbe Richtung weist der Vorwurf mangelhafter Begründung des Schuldspruchs (in allen Punkten), weil nicht feststehe, daß auch nur einer der darnach gestohlenen Gegenstände jemals durch die Hände des Beschwerdeführers gegangen sei. Das zuletzt erwähnte Beschwerdevorbringen ist indessen nicht aktenwidrig, denn der Beschwerdeführer hat zugegeben, die laut Punkt A/I/7 des Schuldspruchs im Jänner oder Februar 1978 aus dem unbewohnten Anwesen 'Schusterhäusel' in Niederndorferberg unter anderem gestohlenen bemalten Kastentüren, die bei ihrem letzten Erwerber sichergestellt wurden (Band II/S. 441), von Alois A gekauft und in der Folge weiterveräußert zu haben (Band II/S. 215). Daß aber weiteres Diebsgut nicht - und insbesondere nicht im Gewahrsam des Beschwerdeführers -
aufgefunden werden konnte, besagt angesichts der von den Diebstählen bis zum Einsetzen der Erhebungen (im Juni 1978) verstrichenen, demnach sowohl zum Verhandeln als auch zum Beseitigen von (restlichem) Diebsgut bei weitem ausreichenden Zeit nichts gegen die auf Grund anderer Verfahrensergebnisse als erwiesen angenommene (Mit-)Täterschaft des Beschwerdeführers bei den Diebstählen und vermag sohin der mängelfreien Begründung dieser Annahme keinen Abbruch zu tun.
Nicht aktenwidrig, sondern durch die Anzeige des Bestohlenen (S. 9 im Akt Z 437/78 des Bezirksgerichts Kitzbühel bei ON.50) gedeckt ist die zu Punkt A/I/3 des Schuldspruchs getroffene Feststellung, daß zwischen 14.
und 21. Jänner 1978 aus dem unbewohnten Anwesen des Josef C in Waidring außer einem Zielfernrohr auch noch eine Pendeluhr und ein Spinnrad gestohlen wurden. Daß der im übrigen geständige Mitangeklagte Alois A sich bei den Erhebungen an diese Gegenstände nicht zu erinnern vermochte (Band II/S. 171; später Band I/S. 17 a), konnte in den gemäß § 270 Abs. 2 Z. 5 StPO. in gedrängter Darstellung abzufassenden Entscheidungsgründen unerörtert bleiben, zumal dieser Umstand für die in erster Linie zu entscheidende (Beweis-)Frage nach der Mittäterschaft des Beschwerdeführers belanglos ist.
Auch der Vorwurf einer Aktenwidrigkeit durch unrichtige Wiedergabe der im Vorverfahren vom Beschwerdeführer abgelegten Verantwortung geht fehl. Der Beschwerdeführer vermag nicht zu bestreiten - und darauf weist das Urteil an der bezogenen Stelle hin (Band IV/S. 105) -, daß er das wiederholte Ansichbringen bestimmter (gestohlener) Sachen zunächst gänzlich, dann noch zum Teil ableugnete und erst nach und nach zugab (vgl. Band II/S. 49, 81, 149, 209 und 215). Diese Art der Verantwortung aufzuzeigen (und zum Nachteil des Beschwerdeführers zu würdigen), war dem Erstgericht auch nicht etwa dadurch verwehrt, daß die Staatsanwaltschaft gemäß § 34 Abs. 2 StPO. unter Vorbehalt späterer Verfolgung davon absah, dem Beschwerdeführer über die erhobene (Diebstahls-)Anklage hinaus in bezug auf weiteres Diebsgut Hehlerei zur Last zu legen (Band I/S. 3).
Mit seinen im wesentlichen auf Spekulationen über allfällige Motive einer Falschbezichtigung aufgebauten Einwänden gegen die vom Erstgericht angenommene Glaubwürdigkeit der ihn belastenden Angaben des Mitangeklagten Alois A wendet sich der Beschwerdeführer ausschließlich gegen die erstgerichtliche Beweiswürdigung, die im schöffengerichtlichen Verfahren einer Anfechtung entzogen ist, sodaß darauf nicht einzugehen ist. Von einem formellen Begründungsmangel im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.
kann hier keine Rede sein, da die Erwägungen, aus denen das Erstgericht auf Grund seines von den Beteiligten gewonnenen persönlichen Eindrucks die Verantwortung des Angeklagten A für glaubwürdiger erachtete als die (leugnende) Darstellung des Beschwerdeführers, im Urteil angeführt sind, ohne daß es notwendig gewesen wäre, dabei im voraus die in der Beschwerdeschrift gegen die Glaubwürdigkeit des A gerichteten Einwendungen zu erörtern (vgl. abermals § 270 Abs. 2 Z. 5 StPO.; RZ. 1970, 16 u.a.). Mit seinem auf die Z. 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO., der Sache nach jedoch nur auf den letztgenannten Nichtigkeitsgrund gestützten Vorbringen wendet sich der Beschwerdeführer gegen die rechtliche Qualifizierung seiner Tat als gewerbsmäßiger Diebstahl. Auch damit vermag er nicht durchzudringen:
Wegen gewerbsmäßigen Diebstahls ist nach § 130 zweiter Satz StGB. zu bestrafen, wer einen (u.a.) durch Einbruch qualifizierten Diebstahl in der Absicht begeht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Für den Begriff der Gewerbsmäßigkeit ist demnach wesentlich, daß der Täter in der Absicht handelt, durch öftere Wiederholung der Tat eine für einige Zeit wirksame - wenn auch nicht unbedingt regelmäßige - Einnahmsquelle in der Bedeutung eines wiederkehrenden Mittelzuflusses zu erzielen (vgl. SSt. 46/52;
EvBl. 1976/274 u.v.a.). Ist die dargelegte begriffsessentielle Tendenz des Täters vorhanden, welche zwar nicht die einzige, aber doch eine Zielsetzung der begangenen und beabsichtigten Delikte sein muß, dann kommt es auf die Intervalle zwischen den einzelnen Diebstählen (bzw. Diebstahlsversuchen) nicht an (ÖJZ-LSK. 1977/365; EvBl. 1978/199). Grundsätzlich irrelevant ist das Verhältnis zwischen den sonstigen Einkünften und dem aus Straftaten erstrebten Einkommen des Täters, falls nur das kriminelle Nebeneinkommen die Bagatellgrenze übersteigt (SSt. 46/38 u.a.). Ebenso ohne Belang ist schließlich, ob und in welchem Maße der Täter das erstrebte (Neben-)Einkommen tatsächlich erzielen konnte. Ausgehend von diesen rechtlichen Kriterien zeigt sich, daß die festgestellte Verübung zweier Diebstähle (Fakten A/I/1 und 2) und eines Diebstahlsversuchs (Faktum B/I/1) im Herbst 1977 sowie von fünf Diebstählen (Fakten A/I/3 bis 7) und eines weiteren Diebstahlsversuchs (Faktum B/I/2) im Jänner bzw. Februar 1978 in ihrer zeitlichen Verteilung der Annahme gewerbsmäßiger Begehung der solcherart wiederkehrenden Taten an sich nicht entgegensteht. Unentscheidend ist ferner der Umstand, daß der Beschwerdeführer, wie er behauptet, im Tatzeitraum über ein gesichertes namhaftes Einkommen als Rohstoffhändler und über Vermögen verfügte. Es bedurfte auch nicht der Feststellung, welche Erlöse er aus der Verwertung des ihm verbliebenen Diebsgutes erzielt hat. Es genügt die Absicht des Täters, sich durch die wiederholte Begehung von (Einbruchs-) Diebstählen ein fortlaufendes (zusätzliches) Einkommen in der dargelegten Bedeutung zu verschaffen, welche das Erstgericht im Fall des Beschwerdeführers mit mängelfreier Begründung unter Hinweis auf den von ihm als Nebenerwerb betriebenen 'illegalen' Antiquitätenhandel im Tatsächlichen als erwiesen angenommen hat; soweit der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen zur subjektiven Tatseite von dieser Urteilskonstatierung abweicht, führt er den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. nicht gesetzmäßig aus.
Steht sohin der Ausspruch, der Beschwerdeführer habe den Diebstahl gewerbsmäßig begangen, mit dem Gesetz im Einklang, so erweist sich auch die mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO. bekämpfte Anwendung des im § 130 zweiter Satz StGB. normierten höheren Strafsatzes als berechtigt. Denn wie schon erwähnt, unterliegt dieser strengeren Strafdrohung u.a., wer - wie der Beschwerdeführer - einen (sonst nach § 129 StGB. strafbaren) Diebstahl durch Einbruch gewerbsmäßig begeht, wogegen die Grundstrafdrohung des ersten Satzes in § 130
StGB. - was der Beschwerdeführer zu verkennen scheint - gleichfalls Gewerbsmäßigkeit voraussetzt, die sich aber nicht auf einen nach den §§ 128 oder 129 StGB. qualifizierten Diebstahl beziehen darf.
Die sohin zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten Viktor B nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB.
zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 14 (vierzehn) Monaten. Dabei wertete es als erschwerend eine einschlägige Vorstrafe sowie die mehrfache Qualifikation des Diebstahls, als mildernd hingegen, daß es in zwei Fällen beim Versuch geblieben ist.
Mit seiner Berufung strebt B die Herabsetzung der Strafe sowie die Gewährung bedingter Strafnachsicht an.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe richtig und vollständig festgestellt, aber auch zutreffend gewürdigt. Das gefundene Strafmaß entspricht der Schuld des Berufungswerbers, aber auch seiner Täterpersönlichkeit, weshalb eine Herabsetzung der Strafe nicht in Betracht kam. Schon im Hinblick auf die einschlägige Vorstrafe kam aber auch eine bedingte Strafnachsicht, die vorliegend im übrigen nur unter den Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 StGB. zulässig wäre, nicht in Betracht.
Der Berufung mußte daher gleichfalls zur Gänze ein Erfolg versagt
bleiben.
Es war somit spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02564European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1980:0120OS00013.8.0410.000Dokumentnummer
JJT_19800410_OGH0002_0120OS00013_8000000_000