TE OGH 1980/4/15 9Os21/80

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.04.1980
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. April 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hochleithner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Heinrich A wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 6. Dezember 1979, GZ. 25 Vr 36/79-135, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, nach Verlesung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung sowie nach Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 25. September 1932 geborene Heinrich A im zweiten Rechtsgang unter anderem des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 18. Juni 1970

in Heilbronn (BRD) mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, den Emil B durch Verbergen hinter dem falschen Schein eines zahlungsfähigen und zahlungswilligen Käufers, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zur Ausfolgung eines Personenkraftwagens der Marke Mercedes 190, Baujahr 1966, zum Kaufpreis von DM 4.440 bei einer Anzahlung von DM 540, sohin zu einer Handlung verleitet hatte, die diesen am Vermögen schädigte, wobei der Schade DM 3.900 betrug und sohin 5.000 S übersteigt (Punkt 1 des Urteilssatzes).

Nur in diesem Umfang ficht der Angeklagte dieses Erkenntnis (die übrigen Schuldspruchsfakten ließ er unbekämpft) mit einer allein auf Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an.

Rechtliche Beurteilung

Soweit er in Ausführung der Rechtsrüge davon ausgeht, beim Ankauf des den Gegenstand dieses Schuldspruchs bildenden PKWs mit der Genehmigung des Kredites (in der Höhe von 3.000 DM), mit dem der restliche Kaufpreis für dieses Fahrzeug beglichen werden sollte, fest gerechnet zu haben, und damit der Sache nach das Vorliegen eines auf Vermögensschädigung des Autoverkäufers gerichteten Vorsatzes verneint, übergeht er die im Ersturteil zur subjektiven Tatseite getroffene Urteilfeststellung, derzufolge sein Vorhaben darauf gerichtet war, sich durch eine Anzahlung von nur 540 DM das Fahrzeug zu verschaffen (Band II, S. 101 d. A.), wobei dies nach den weiteren Urteilsfeststellungen dann tatsächlich zu einem Zeitpunkt geschah, in dem die Kreditunterlagen bei der Bank noch nicht eingereicht worden waren (Band II, S. 91 d. A.) und eine Kreditzusage der Bank noch gar nicht vorlag. Diese Tatsachenfeststellungen im Ersturteil decken die Annahme eines für die Herstellung des Tatbestandes des Betruges erforderlichen Handelns des Beschwerdeführers mit - auch in dem hier entscheidenden Zeitpunkt der Erwirkung der (vorzeitigen) Ausfolgung des Fahrzeuges vorgelegenen - Schädigungsvorsatz, sodaß dieser Teil der Rechtsrüge, deren prozeßordnungsgemäße Ausführung einen Vergleich des festgestellten Sachverhaltes mit dem darauf angewendeten Strafgesetz erfordert, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gelangte. Da nach den weiteren, durch die Verfahrensergebnisse gedeckten Urteilsfeststellungen die Übergabe des Fahrzeuges an den Beschwerdeführer erst nach Ausbezahlung des Kredites (mit dem der Restkaufpreis abgedeckt werden sollte), somit erst erfolgen sollte, sobald der Verkäufer den gesamten Kaufpreis (von 4.440 DM) erhalten hatte, der Beschwerdeführer jedoch sogleich, nachdem er eine Anzahlung (von bloß 540 DM) erlegt und - wie sich nachträglich herausstellte -

dem Autoverkäufer nur einen wertlosen (weil ungedeckten) Wechsel über 900 DM übergeben hatte, die Ausfolgung des Fahrzeuges unter dem Vorwand erwirkte, er benötige es zur Erledigung dringender Angelegenheiten, sich aber in Wahrheit mit dem PKW sogleich vom Tatort (Heilbronn in der Bundesrepublik Deutschland) nach Österreich absetzte (vgl. Band II, S. 91 und 92 d. A.), ist dem Erstgericht, der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider, auch bei der rechtlichen Wertung dieses Sachverhaltes als eine gegenüber dem Autoverkäufer erfolgte Täuschungshandlung im Sinne des § 146 StGB kein Rechtsirrtum unterlaufen; hat doch der Beschwerdeführer nach diesen Urteilsannahmen bei Emil B durch die Vorspiegelung, daß er kreditwürdig und zahlungsfähig sei und das Fahrzeug für dringende Erledigungen benötige - obwohl er sich damit in Wahrheit in das Ausland absetzen wollte - einen Irrtum erweckt, ohne den sich der Getäuschte zur Ausfolgung des Fahrzeuges nicht verstanden hätte. Es versagt aber auch der weitere, ersichtlich auf die Verneinung eines Bereicherungsvorsatzes hinauslaufende Einwand des Beschwerdeführers, es hätte ihm jede wirtschaftliche Verfügungsmöglichkeit über dieses unter Eigentumsvorbehalt (des Verkäufers) stehende Fahrzeug gefehlt, zumal der Typenschein beim Verkäufer geblieben sei, sodaß er (der Angeklagte) das Fahrzeug keinesfalls weiterveräußern hätte können. Abgesehen davon, daß der Weiterverkauf eines Fahrzeuges ohne den Originaltypenschein (etwa unter Benützung eines falschen Typenscheins) keineswegs ausgeschlossen ist, sondern - wie die forensische Erfahrung zeigt - namentlich von professionellen Autodieben regelmäßig praktiziert wird, liegt eine (unrechtmäßige) Bereicherung, die sich in einer effektiven Vermögensvermehrung beim Bereicherten erschöpft (ÖJZ-LSK 1975/56), schon vor, wenn - so wie hier - die herausgelockte Sache vom Täter faktisch in das eigene Vermögen überführt und dieses durch die Begründung eines nach außenhin eigentumsähnlichen Verhältnisses (wie es etwa in der fortlaufenden Benützung eines Fahrzeuges zum Ausdruck kommt) im Ergebnis um den durch diese Sache repräsentierten wirtschaftlichen Wert unrechtmäßig vermehrt wird. Im übrigen ist schon derjenige bereichert, der sich einen ihn sonst treffenden Aufwand - etwa die Bezahlung einer Leihwagenmiete - erspart, weil auch dadurch zumindest mittelbar eine Vermögensvermehrung eintritt

(ÖJZ-LSK 1975/208).

Die Beschwerde schlägt aber auch nicht durch, soweit der Angeklagte deshalb sein Verhalten zur Erfüllung des Tatbestandes des Betruges nicht für geeignet hält, weil dadurch nach seinem Dafürhalten kein Schaden eingetreten sei.

Der Umstand, daß sich - so wie dies nach den Urteilsannahmen (vgl. Band II, S. 93 d. A.) hier der Fall war -

der Verkäufer (des Fahrzeuges) das Eigentum an dem Verkaufsgegenstand bis zur vollständigen Bezahlung des vereinbarten Kaufpreises vorbehielt, schließt nämlich eine wirtschaftliche Vermögensschädigung keineswegs grundsätzlich aus. Der im Falle eines vereinbarten Eigentumsvorbehaltes an einer betrügerisch herausgelockten Sache resultierende Schaden besteht zwar in der Regel nur in der Höhe der Differenz zwischen der noch aushaftenden Kaufpreisforderung und dem (allenfalls durch den zwischenzeitigen Gebrauch verminderten) Verkehrswert der noch in der Verfügungsmacht des Täters befindlichen oder vom Verkäufer bereits zurückgenommenen Sache (im Zeitpunkt der Rücknahme) unter Bedachtnahme auf die weiteren, dem Verkäufer zugänglichen Verwertungsmöglichkeiten. Dies gilt aber vernünftigerweise nur so lange, als die unter Eigentumsvorbehalt stehende Ware dem Zugriff des Verkäufers nicht entzogen und er auf diese Weise daran gehindert wird, sein auf dem Eigentum beruhendes Zugriffsrecht zu realisieren (vgl. Leukauf-Steininger2, S. 990, und die dort zitierte Judikatur; ferner ÖJZ-LSK 1978/316). Da nun das Erstgericht in Übereinstimmung mit den Verfahrensergebnissen hiezu feststellte, daß der Beschwerdeführer den urteilsgegenständlichen PKW ohne Wissen des Verkäufers aus der Bundesrepublik Deutschland (Heilbronn) nach Österreich (Innsbruck) verbracht und damit dem faktischen Zugriff des Eigentümers entzogen hatte (Band II, S. 102 d. A.) und daß der Verkäufer im Zuge der von ihm gepflogenen Nachforschungen das Fahrzeug schließlich am 23. Juni 1970 aus purem Zufall in der Innsbrucker Innenstadt (versperrt abgestellt) vorgefunden hatte, wurde im Ersturteil die nach dem Vorgesagten für die Annahme bloß eines Differenzschadens erforderliche Voraussetzung, daß die unter Eigentumsvorbehalt stehende Sache jederzeit dem faktischen Zugriff des Berechtigten (zur Realisierung seines Vorbehaltseigentums) unterliegen muß, mit Recht verneint. So gesehen ist die in rechtlicher Beziehung im Ersturteil vertretene Auffassung, daß die Vermögensschädigung des Verkäufers bereits durch das Tatverhalten des Beschwerdeführers am 18. Juni 1970 eingetreten sei und der Beschwerdeführer somit vollendeten Betrug zu verantworten habe (Band II, S. 102 d. A.) frei von Rechtsirrtum. Die nachträgliche (am 23. Juni 1970) im Wege der Selbsthilfe vom Verkäufer herbeigeführte Beseitigung des Schadens (durch Rückholung des herausgelockten Fahrzeuges aus dem Ausland und dessen Weiterverkauf) vermag - wie das Erstgericht zutreffend erkannte - am Schuldspruch des Beschwerdeführers wegen Betruges nichts zu ändern.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten dem neben dem Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2

StGB. auch die Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB, der teils vollendeten, teils versuchten Täuschung nach §§ 108 Abs. 1 und 15 StGB, der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und des Diebstahls nach § 127 Abs. 1 StGB zur Last liegen, unter Miteinbeziehung der nach Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 23. Mai 1975, GZ 1 b Vr 2956/74-64, von der teilweisen Aufhebung nicht betroffenen und daher rechtskräftigen Schuldsprüche wegen der Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2, 224 StGB und der Täuschung nach § 108 StGB gemäß §§ 28, 147 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr. Dabei wertete es als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten, das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, die Wiederholung bei der Täuschung, den langen Zeitraum der Unterhaltspflichtverletzungen und die Tatsache, daß der Angeklagte trotz eines anhängigen Strafverfahrens neuerlich Straftaten beging, während es als mildernd das Teilgeständnis des Angeklagten, den Umstand, daß die Täuschung zum Teil nur beim Versuch geblieben war, und die teilweise objektive Schadensgutmachung in Betracht zog.

Die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung des Strafausmaßes anstrebt, ist nicht begründet.

Das Erstgericht hat die gegebenen Strafzumessungsgründe erschöpfend erfaßt und auch die Berufung vermag keine zusätzlich als mildernd ins Gewicht fallenden Umstände aufzuzeigen. Aber auch die Würdigung der Strafzumessungsgründe durch das Schöffengericht ist zutreffend; die verhängte einjährige Freiheitsstrafe erweist sich als durchaus tat- und tätergerecht, weshalb der Berufung kein Erfolg beschieden sein konnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02584

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00021.8.0415.000

Dokumentnummer

JJT_19800415_OGH0002_0090OS00021_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten