Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Mai 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schubert als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hans Peter A und andere wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und § 15 StGB. sowie einer anderen strafbaren Handlung über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems/Donau als Schöffengericht vom 6. Februar 1980, GZ. 11 Vr 707/79-61, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, Verlesung der Rechtsmittelschrift der Staatsanwaltschaft und Anhörung der Ausführungen der Verteidiger Dr. Edgar Kollmann und Dr. Guido Kollmann, sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerdde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem die Angeklagten Helmuth B und Wilfred C betreffenden Schuldspruch zu Punkt D/ des Urteilssatzes wegen Vergehens des Raufhandels nach § 91 StGB. und demgemäß auch in dem die genannten beiden Angeklagten betreffenden Strafausspruch (ausgenommen den Ausspruch über die Einziehung sowie den Ausspruch über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Helmuth B und Wilfred B sind schuldig, sie haben am 16. Juli 1979 in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken den Johann D durch Versetzen von Schlägen am Körper mißhandelt und dadurch fahrlässig durch Blutergüsse im Bereich des rechten Auges sowie an der Innenseite des linken Oberarmes verletzt.
Sie haben hiedurch das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB. begangen und werden hiefür sowie für die ihnen nach dem unberührt bleibenden Teil des Schuldspruches zur Last fallenden strafbaren Handlungen, nämlich Helmuth B des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 129 Z. 1 und § 15 StGB. und Wilfred B des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und § 15 StGB., des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1, 2 und 3 sowie § 15 StGB., des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB., des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 (zweiter Fall) StGB. und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB., nach §§ 28, 129 StGB. zu Freiheitsstrafen, und zwar Helmuth B in der Dauer von 7 (sieben) Monaten und Wilfred B in der Dauer von 12 (zwölf) Monaten verurteilt.
Gemäß § 43 Abs. 1 StGB. wird die über Wilfred B verhängte Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten Helmuth B und Wilfred B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden unter anderen der 19-jährige Helmuth B des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 129 Z. 1 und § 15 StGB.
(Punkt A/ des Urteilssatzes) sowie des Vergehens des Raufhandels nach § 91 StGB. (Punkt D/ des Urteilssatzes) und der 23-jährige Wilfred B des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1
und § 15 StGB. (Punkt A/ des Urteilssatzes), des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1, 2 und 3 sowie § 15 StGB.
(Punkt B/ des Urteilssatzes), des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB. (Punkt C/ des Urteilssatzes), des Vergehens des Raufhandels nach § 91
StGB. (Punkt D/ des Urteilssatzes), des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 (zweiter Fall) StGB. (Punkt E/1 des Urteilssatzes) und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB. (Punkt E/2 des Urteilssatzes) schuldig erkannt und jeweils zu Freiheitsstrafen verurteilt, wobei die über Wilfred B verhängte Strafe bedingt nachgesehen wurde.
In ihrer auf § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. gestützten, zu Gunsten der Angeklagten Helmuth B und Wilfred B erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde rügt die Staatsanwaltschaft allein den Schuldspruch der Genannten zu Punkt D/
des Urteilssatzes, wobei sie ausführt, daß die festgestellte Tat rechtsrichtig dem § 83 Abs. 1 StGB. zu unterstellen gewesen wäre. Das Erstgericht hat als erwiesen angenommen, daß die Angeklagten Helmut B und Wilfred B in Gesellschaft als Beteiligte am 16. Juli 1979 in Wien den Johann D, um ihn zu mißhandeln (S. 520/Bd. I d.A.), durch Versetzen von Schlägen am Körper verletzten, wobei Blutergüsse im Bereich des rechten Auges sowie an der Innenseite des linken Oberarmes entstanden. Diesen Sachverhalt beurteilte es - abweichend von der Anklageschrift (vgl. S. 422 und 424/ Bd. I d.A.) - als Vergehen des Raufhandels nach § 91 StGB., und zwar, wie hiezu in den Urteilsgründen (S. 521/Bd. I d.A.) eingeräumt wird, irrtümlich, 'obwohl keine schwere Verletzung des Johann D vorlag'.
Rechtliche Beurteilung
Der Schuldspruch nach § 91 StGB. ist, wie die Staatsanwaltschaft zutreffend aufzeigt, schon deshalb verfehlt, weil die Tätlichkeiten der beiden Angeklagten nicht zu einer schweren Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB.) eines anderen geführt haben. Es lagen daher schon die objektiven Voraussetzungen des § 91 StGB. nicht vor. Im übrigen war aber für die Anwendung des § 91 StGB. bei dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt auch in subjektiver Beziehung kein Raum. Fügen nämlich Täter im bewußten und gewollten Zusammenwirken (als Beteiligte) mit gemeinsamem Vorsatz, das Opfer zu verletzen oder zumindest zu mißhandeln, einem Dritten eine Verletzung zu, so haftet jeder von ihnen für deren Eintritt entsprechend dem Grad dieser Verletzung nach §§ 83 Abs. 1 oder Abs. 2, 84 Abs. 1 oder 85 StGB., unabhängig davon, welcher von ihnen die Verletzung selbst unmittelbar herbeigeführt hat, sofern nur alle Täter Ausführungshandlungen gesetzt haben. § 91 StGB. kommt hingegen - vom Vorsatz der Täter her - nur in Betracht, wenn sich dieser (bloß) auf die Teilnahme an der Schlägerei oder dem Angriff mehrerer beschränkte (vgl. ÖJZ-LSK. 1977/279 und 1975/119).
Da das Erstgericht vorliegend zwar keinen (gemeinsamen) Verletzungsvorsatz, aber den gemeinsamen Vorsatz der Angeklagten Helmuth B und Wilfred B feststellte, den Johann D zu mißhandeln (S. 520/Bd. I d.A.), wäre rechtsrichtig ein Schuldspruch nach § 83 Abs. 2 StGB. zu fällen gewesen.
In Stattgebung der begründeten Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war demnach spruchgemäß zu erkennen. Bei der hiedurch erforderlich gewordenen Strafneubemessung in Ansehung der Angeklagten Helmuth B und Wilfred B konnte der Oberste Gerichtshof von den bereits vom Erstgericht hinsichtlich beider genannten Angeklagten zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründen ausgehen, wobei - trotz der materiellrechtlich zu Gunsten der genannten Angeklagten erfolgten Umqualifizierung im Punkt D/ des Urteilssatzes - insgesamt der Schuld- und Unrechtsgehalt der ihnen zur Last fallenden Straftaten keine wesentliche Änderung erfährt. Die verhängten Strafen sind schuldangemessen und entsprechen auch der Täterpersönlichkeit der beiden Angeklagten.
Beim Angeklagten Wilfred B war - wie dies bereits das Erstgericht ausgesprochen hatte - die verhängte Strafe gemäß § 43 Abs. 1 StGB. unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachzusehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02604European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00055.8.0509.000Dokumentnummer
JJT_19800509_OGH0002_0090OS00055_8000000_000