TE OGH 1980/5/20 9Os61/80

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Veröffentlicht am 20.05.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schubert als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gottfried A und andere wegen des Verbrechens des schweren Betrugs als Beteiligter nach §§ 12, 146, 147 Abs. 3 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Wolfgang B sowie über die Berufung des Angeklagten Nicolas C gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. Oktober 1979, GZ 2 a Vr 9870/78-93, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in Ansehung des Angeklagten Wolfgang B sowie gemäß § 290 Abs. 1 StPO auch in Ansehung des Angeklagten Nicolas C im Ausspruch über die gewerbsmäßige Begehung der den Genannten zur Last liegenden Betrugsstraftaten sowie in der rechtlichen Unterstellung dieser Straftaten (auch) unter § 148 StGB, und demgemäß auch in den die genannten beiden Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen (sowie in den Aussprüchen über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfange der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten Wolfgang B und Nicolas C auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden - neben drei weiteren Angeklagten - der 24-jährige kaufmännische Angestellte Wolfgang B und der 26-jährige technische Angestellte Nicolas (auch: Nikolas) C des Verbrechens des 'schweren gewerbsmäßigen' Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 StGB schuldig erkannt und hiefür 'nach § 148 StGB' zu Freiheitsstrafen verurteilt (wobei die Strafe offensichtlich nach dem höheren Strafsatz der letztgenannten Gesetzesstelle ausgemessen wurde, weil andernfalls die Strafdrohung des § 147 Abs. 3 StGB zugrunde gelegt worden wäre).

Inhaltlich des Schuldspruchs (Punkt I/ des Urteilssatzes) liegt den Angeklagten B und C zur Last, mit Bereicherungsvorsatz Angestellte verschiedener Kreditinstitute durch Täuschung über Tatsachen, indem sie sich als redliche Scheckkonteninhaber ausgaben und verfälschte Reisepässe sowie falsche Scheckkarten und falsche Scheckformulare vorlegten, zur Einlösung von Schecks und damit zu vermögensschädigenden Handlungen verleitet zu haben, wobei der eingetretene Schaden 100.000 S übersteigt, und zwar 1. Wolfgang B und Nicolas C gemeinsam mit dem Mitangeklagten Gerhard D am 17. Juli 1978 in Frankfurt am Main Angestellte dortiger Bankinstitute unter Verwendung falscher Scheckkarten zur Honorierung von insgesamt 75 Schecks betreffend Konten bei der Creditanstalt-Bankverein Wien, wodurch diese Bank einen Schaden in der Höhe von 179.500 S erlitt, und 2. Wolfgang B und Nicolas C gemeinsam mit dem Mitangeklagten Rudolf E am 20. Oktober 1978 in Mailand, am 23. Oktober 1978 in Paris, am 24. Oktober 1978

in London und am 26. Oktober 1978 in Genf Angestellte mehrerer Bankinstitute unter Verwendung falscher Schecks und falscher Scheckkarten der Ersten Österreichischen Sparkasse zur Honorierung von insgesamt 151 Schecks zu Lasten dieser Sparkasse, die solcherart um 377.500 S geschädigt wurde, wobei Wolfgang B und Nicolas C mit dem Vorsatz gehandelt haben, sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Während der Angeklagte Wolfgang B dieses Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerde und mit Berufung bekämpft, hat der Angeklagte Nicolas C lediglich Berufung ergriffen;

hinsichtlich der Mitangeklagten Gerhard D, Rudolf E und Gottfried A ist das Urteil in Rechtskraft erwachsen.

Der Angeklagte Wolfgang B wendet sich mit seiner auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde ausschließlich gegen die Annahme gewerbsmäßiger Begehung der Betrugsstraftaten und somit gegen die Unterstellung dieser Taten (auch) unter die Bestimmung des § 148

StGB, wobei er dem Ersturteil eine offenbar unzureichende Begründung des bezüglichen Ausspruchs sowie eine verfehlte rechtliche Beurteilung vorwirft, weil die Absicht des Beschwerdeführers, sich durch die wiederkehrende Begehung der strafbaren Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nicht festgestellt sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu.

Nach der Legaldefinition des § 70 StGB handelt gewerbsmäßig, wer eine strafbare Handlung in der Absicht vornimmt, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen; gemäß § 148 StGB begeht demnach einen Betrug gewerbsmäßig, wer ihn in eben dieser Absicht verübt, wobei der höhere Strafsatz der zitierten Gesetzesstelle zur Anwendung gelangt, wenn ein schwerer Betrug in der Absicht begangen wird, sich durch dessen wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Gewerbsmäßige Tatbegehung setzt somit in jedem Fall voraus, daß es dem Täter bei der Tatverübung darauf ankommt, durch die wiederholte Begehung der Straftat ein fortlaufendes, dh entweder überhaupt ständiges oder doch ein für längere Zeit wirkendes, wenn auch nicht unbedingt regelmäßiges Einkommen zu erlangen; bloßer Wiederholungs v o r -

s a t z , ohne daß der Täter geradezu darauf abzielt, sich (durch die Tatwiederholung) eine Einnahmsquelle zu erschließen, genügt daher nicht, es wird vielmehr A b s i c h t im Sinne des § 5 Abs. 2 StGB gefordert.

Vorliegendenfalls ist das Erstgericht - wie der Beschwerdeführer im Ergebnis zutreffend aufzeigt - in rechtlicher Beziehung ersichtlich davon ausgegangen, daß für gewerbsmäßige Tatbegehung (einfacher) Wiederholungsvorsatz genüge. Das ergibt sich vor allem aus der Formulierung im Urteilsspruch, wonach die Angeklagten B und C 'mit dem Vorsatz' gehandelt haben, sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (S 42/Bd. III d. A), aber gleichermaßen auch aus der Begründung des bezüglichen Ausspruchs, wird doch dabei auf das Motiv der Angeklagten B und C, wie es 'insbesondere aus der Wiederholung der Taten hervorleuchtet', abgestellt und daraus abgeleitet, daß die genannten Angeklagten durch die wiederkehrende Begehung des Betrugs sich eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen suchten, wofür spreche, daß B nach den unter Mitwirkung des Mitangeklagten D geglückten Betrugshandlungen die Betrügereien in einem noch größeren Umfang fortzusetzen bemüht war, und hinsichtlich C aus der Zahl der hergestellten Falsifikate ebenfalls auf die Garantierung eines fortlaufenden Einkommens zu schließen sei (S 52/Bd. III d. A). Eine eindeutige Feststellung, daß die Angeklagten B und C von vornherein den (schweren) Betrug in der A b s i c h t begangen haben, sich durch dessen wiederkehrende Begehung ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, enthält das angefochtene Urteil hingegen nicht, weil das Schöffengericht offenbar - wie erwähnt - davon ausgegangen ist, daß (einfacher) Wiederholungsvorsatz für die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung genüge. Nach den Verfahrensergebnissen wären aber Feststellungen in Richtung einer gewerbsmäßigen Absicht durchaus möglich gewesen.

Das angefochtene Urteil leidet somit in Ansehung des vom Beschwerdeführer Wolfgang B bekämpften Ausspruchs gewerbsmäßiger Tatbegehung im Sinne des § 148 (zweiter Fall) StGB an einem (materiellrechtlichen) Feststellungsmangel, der gleichermaßen auch in Ansehung des Angeklagten Nicolas C, welcher keine Nichtigkeitsbeschwerde ergriffen hat, vorliegt. Daher war das Urteil in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Wolfgang B sowie gemäß § 290 Abs. 1 StPO in Ansehung des Angeklagten Nicolas C von Amts wegen im Ausspruch über die gewerbsmäßige Begehung des schweren Betrugs und damit in der rechtlichen Beurteilung der den genannten beiden Angeklagten zur Last fallenden Betrugsstraftaten (auch) nach § 148 (zweiter Fall) StGB aufzuheben und im Umfang der Aufhebung die Erneuerung des Verfahrens anzuordnen (§ 285 e StPO). Es war deshalb spruchgemäß zu erkennen.

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten B und C auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E02640

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00061.8.0520.000

Dokumentnummer

JJT_19800520_OGH0002_0090OS00061_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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