Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Mai 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mohr als Schriftführer in der Strafsache gegen Johannes Georg A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 130 2. Fall und 15 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. Jänner 1980, GZ 5 e Vr 7543/79-54, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Calice und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß § 290 Abs. 1 StPO wird jedoch das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem zu Punkt B/ des Schuldspruches enthaltenen Ausspruch, wonach der Angeklagte sich die Gewalt über das unbefugt in Gebrauch genommene Kraftfahrzeug durch eine der im § 129 StGB geschilderten Handlungen, nämlich durch Starten mit einem fremden Schlüssel, verschafft hat, und demgemäß in der rechtlichen Unterstellung dieser Tat unter § 136 Abs. 2 StGB sowie im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Johannes Georg A wird für die ihm nach dem aufrecht bleibenden Teil des Urteils zur Last fallenden strafbaren Handlungen, nämlich des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 130 2. Fall und 15 StGB (Punkte A/I und II des Schuldspruches), das Vergehen des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1
StGB (Punkt B/ des Schuldspruches) und das Vergehen nach § 36 Abs. 1 lit. a WaffenG (Punkt C/ des Schuldspruches), nach §§ 28, 130 2. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 (drei) Jahren verurteilt.
Die Aussprüche über die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens, der Anrechnung der Vorhaft, die Einziehung der Pistole Marke Frommer Kaliber 7,65 und die Verweisung des Privatbeteiligten Herbert B mit seinen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg werden aus dem angefochtenen Urteil übernommen. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 33-jährige Koch Johannes Georg A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 130 2. Fall und § 15 StGB (Punkte A/I und II des Urteilssatzes), des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 und Abs. 2 StGB (Punkt B/ des Urteilssatzes) und des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit. a WaffenG (Punkt C/ des Urteilssatzes) schuldig erkannt.
Ihm liegt unter anderem zur Last, in der Zeit vom 23. Juni bis zum 26. August 1979 in Wien und Umgebung in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in 14 Angriffen, teils durch Einbruch, Sachen im Gesamtwert von über 90.000 S gestohlen und in 2 weiteren Angriffen Sachen zu stehlen versucht zu haben (Punkte A/I und II des Urteilssatzes), wobei es ihm nach den Urteilsfeststellungen darum ging, sich durch Diebstähle Geld, Werkzeug und Material zu beschaffen, um damit das Kaffeehaus seines Vaters, in dem er beschäftigt war, instandzusetzen und sich solcherart seinen Arbeitsplatz zu erhalten (S 87/88, 91/Bd. II d. A). Weiters wird ihm angelastet, sich die Gewalt über das unbefugt in Gebrauch genommene Kraftfahrzeug des Herbert B dadurch durch eine der im § 129 StGB geschilderten Handlungen verschafft zu haben, daß er das Fahrzeug mit einem fremden Schlüssel startete (S 92/Bd. II d. A).
Mit seiner auf § 281 Abs. 1 Z 11 StPO gestützten, der Sache nach aber eine Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 10 StPO relevierenden Nichtigkeitsbeschwerde wendet sich der Angeklagte nur gegen die Annahme gewerbsmäßiger Begehung des Diebstahls und damit gegen die Anwendung der Strafbestimmung des zweiten Satzes des § 130 StGB, wobei er meint, Gewerbsmäßigkeit setze voraus, daß die widerrechtlich erlangten Sachen unmittelbar die Quelle eines fortlaufenden Einkommens seien, weshalb in seinem Fall Gewerbsmäßigkeit nur dann vorläge, wenn er die gestohlenen Geräte weiterveräußert hätte, um aus dem Erlös seinen - wenn auch nur teilweisen - Lebensunterhalt zu bestreiten; seine Absicht hingegen sei darauf gerichtet gewesen, sich durch die Instandsetzung des väterlichen Kaffeehauses den Arbeitsplatz zu erhalten und ein (späteres) Arbeitseinkommen zu verschaffen.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde ist nicht im Recht.
Gemäß § 70 StGB (und damit auch nach § 130 StGB) begeht eine strafbare Handlung gewerbsmäßig, wer sie in der Absicht verübt, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Gewerbsmäßig handelt somit, wer beabsichtigt, durch wiederholte Begehung der strafbaren Handlung ein fortlaufendes, d.
h. entweder ständiges oder doch für längere Zeit wirksames, wenn auch nicht unbedingt regelmäßiges Einkommen zu erzielen (vgl. SSt 46/16, 38 und 52). Dabei spielt es keine Rolle, ob der Täter mit der Einnahme aus dem deliktischen Verhalten seinen Lebensunterhalt bestreitet oder sich nur zusätzliche Einkünfte verschaffen will (ÖJZ-LSK 1976/191) und ob er im Falle der widerrechtlichen Erlangung von Sachwerten, die wegen ihres Gebrauchswertes ebenfalls eine Einkommensquelle bilden, diese veräußern oder als solche für sich verwenden will (ÖJZ-LSK 1977/8; 1978/109). Daß der Angeklagte die gestohlenen Werkzeuge und Materialien nicht weiterveräußert hat, steht mithin der Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung nicht entgegen. Im übrigen macht es keinen Unterschied, ob die Erzielung fortlaufender Einnahmen nach den Zielvorstellungen des Täters eine unmittelbare oder nur eine mittelbare Folge der wiederkehrenden Begehung der strafbaren Handlung sein soll (ÖJZ-LSK 1979/65). Damit erweist sich - ausgehend von den Feststellungen des Schöffengerichts in Ansehung der geforderten Absicht - die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung im Sinne der §§ 70, 130 StGB als rechtsrichtig, und zwar schon deshalb, weil der Beschwerdeführer die wiederholten Diebstähle, bei welchen er Gegenstände im Gesamtwert von mehr als 90.000 S erbeutet hat, begangen hat, um sich durch die fortgesetzte Begehung dieser Straftaten das zur Instandsetzung des väterlichen Kaffeehauses benötigte Werkzeug und Material zu verschaffen und solcherart eine zur Deckung eines - beträchtlichen -
zusätzlichen Aufwands bestimmte fortlaufende, in Sachwerten bestehende Einnahme zu erzielen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als unbegründet zu verwerfen.
Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugt, daß das angefochtene Urteil insoweit mit einer vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachten materiellen Nichtigkeit behaftet ist, als dem Angeklagten angelastet wird, sich die Gewalt über das unbefugt in Gebrauch genommene Kraftfahrzeug durch eine der im § 129 StGB geschilderten Handlungen verschafft und dadurch die Qualifikation nach § 136 Abs. 2 StGB verwirklicht zu haben. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes hat der Angeklagte das Fahrzeug dadurch in Gebrauch genommen, daß er den Motor mit einem fremden Schlüssel startete (S 92/Bd. II d. A). Das steht mit der Darstellung des Angeklagten im Einklang, wonach er das Zündschloß 'mit dem ersten Schlüssel, den er in der Tasche hatte', betätigte (S 7/Bd.
II d. A; ebenso auch S 67/Bd. II d. A: 'blinder Schlüssel').
§ 129 Z 1 bis 3 StGB stellt aber nicht auf die Verwendung eines falschen (fremden) Schlüssels an sich, sondern auf die Verwendung eines nachgemachten oder widerrechtlich erlangten Schlüssels ab; ein zufällig passender, aber weder nachgemachter noch widerrechtlich erlangter Schlüssel vermag die in Rede stehende Qualifikation nicht zu begründen (EvBl. 1977/164). Eine Feststellung, wonach es sich vorliegend um einen nachgemachten oder widerrechtlich erlangten Schlüssel gehandelt hat, ist dem Ersturteil nicht zu entnehmen; auch die Aktenlage bietet für eine derartige Annahme keinerlei Anhaltspunkte. Daher wurde die unbefugte Ingebrauchnahme des Kraftfahrzeugs zu Unrecht dem § 136 Abs. 2 StGB unterstellt, was von Amts wegen gemäß § 290 Abs. 1 StPO wahrzunehmen war.
Bei der hiedurch erforderlichen Strafneubemessung konnte der Oberste Gerichtshof von den im wesentlichen schon vom Erstgericht zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründen - bei denen lediglich der Rückfall innerhalb einer offenen Probezeit als erschwerender Umstand zu entfallen hat - ausgehen. Die verhängte Strafe entspricht dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Taten, aber auch der Täterpersönlichkeit des Angeklagten; der Entfall der Qualifikation nach § 136 Abs. 2 StGB fällt bei der Strafbemessung nicht ins Gewicht, weshalb er im Ergebnis nicht zu einer geringeren Strafe führen konnte. Es war demnach spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02598European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1980:0120OS00052.8.0521.000Dokumentnummer
JJT_19800521_OGH0002_0120OS00052_8000000_000