Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Mai 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mohr als Schriftführer in der Strafsache gegen Muhamed A und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 und Abs. 3 letzter Fall StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Muhamed A gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 6. Februar 1979, GZ. 22 Vr 2110/78-36, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Münich und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten Muhamed A auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 15.August 1942 geborene Hilfsarbeiter Muhamed A, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, des Vergehens der Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 286 Abs. 1 StGB. (Urteilsfaktum 1) und des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1, Abs. 3
letzter Fall StGB. (Urteilsfaktum 2) schuldig erkannt. Er hat gemeinsam mit dem rechtskräftig verurteilten Ibrahim B im bewußten und gewollten Zusammenwirken am 24.Oktober 1978 in Leonding mit dem Vorsatz, daß vorsätzlich eine mit Strafe bedrohte Handlung, nämlich ein von dem abgesondert verfolgten Mile C an Wilhelm D begangener Raub eines Herrenringes, einer Armbanduhr und einer Halskette mit Medaillon im Werte von 4.200 S begangen werde, durch untätiges Zusehen unterlassen, ihre unmittelbar bevorstehende oder schon begonnene Ausführung zu verhindern (Urteilsfaktum 1). Muhamed A hat ferner dadurch, daß er nach der unter 1
bezeichneten Tat des abgesondert verfolgten Mile C diesen mit der Raubbeute in seinem PKW. nach Hause brachte, den Täter einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen nach der Tat dabei unterstützt, eine Sache die dieser durch sie erlangt hatte, zu verheimlichen, wobei die mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen, aus der die Sache stammte, aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit einer Freiheitsstrafe bedroht ist, die fünf Jahre übersteigt, und ihm die Umstände bekannt gewesen sind, die diese Strafdrohung begründen (Urteilsfaktum 2).
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil wird vom Angeklagten Muhamed A mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. a StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde angefochten. Die angemeldete Berufung wurde nicht ausgeführt. Als Begründungsmangel (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.) macht der Beschwerdeführer zunächst geltend, das angefochtene Urteil befasse sich nicht mit den Widersprüchen in der Aussage des Zeugen Wilhelm D betreffend den Umstand, in welcher Entfernung vom haltenden PKW. das von den Angeklagten nach den Urteilsannahmen zumindest als tätlicher Angriff mit zu erwartenden Verletzungsfolgen erkannte Tatverhalten des Mile C stattfand. Die gerügte Unvollständigkeit ist indes nicht gegeben, weil die betreffenden Angaben des Zeugen D im Urteil ohnehin einer entsprechenden kritischen Würdigung unterzogen wurden (S. 169 ff.).
Für die Annahme, daß die Angeklagten die Tat leicht hätten verhindern können, ohne sich der Gefahr eines beträchtlichen Nachteils auszusetzen, sind - dem das Gegenteil behauptenden Beschwerdevorbringen zuwider - im angefochtenen Urteil durchaus zureichende Gründe angegeben, die sich keineswegs in einem globalen Hinweis auf das durchgeführte Beweisverfahren erschöpfen, sondern zu dem bezüglichen Vorbringen der Angeklagten im erstinstanzlichen Verfahren bestimmt und deutlich Stellung nehmen.
Mit welchen widerstreitenden Beweisergebnissen sich das Erstgericht im gegebenen Zusammenhang noch hätte auseinandersetzen sollen, führt der Rechtsmittelwerber nicht aus; in dieser Richtung ist die Mängelrüge einer sachlichen Prüfung sohin nicht zugänglich. Gleiches gilt für die zum Schuldspruch des Beschwerdeführers wegen Hehlerei getroffenen Feststellungen, denen der Beschwerdeführer lediglich die nicht näher substantiierte Behauptung entgegensetzt, für diese Feststellungen seien keine Gründe angegeben worden, es dabei aber unterläßt, sich mit den tatsächlich im Urteil enthaltenen Gründen für die betreffenden Konstatierungen sachlich auseinanderzusetzen.
Mit der auf § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO. gestützten - zum Teil schon im Rahmen der Mängelrüge vorweggenommenen - Rechtsrüge bezeichnet der Angeklagte Muhamed A den Schuldspruch wegen Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 286 Abs. 1 StGB. als verfehlt, weil er und der Mitangeklagte Ibrahim B den Urteilsfeststellungen zufolge während des Tatgeschehens lediglich an eine von C an D begangene (leichte) Körperverletzung, nicht aber an einen Raub gedacht und sohin keine mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedrohte Vortat in ihren Vorsatz aufgenommen hätten. Dabei übersieht der Beschwerdeführer aber, daß nach § 286 Abs. 1 StGB. - wie vom Erstgericht zutreffend erkannt wurde - die in Rede stehende Eigenschaft der Haupttat eine objektive Bedingung der Strafbarkeit darstellt, die vom Vorsatz des Täters nicht umfaßt zu sein braucht;
die subjektive Tatseite erschöpft sich in der - vorliegend festgestellten - vorsätzlichen Nichthinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung schlechthin (Leukauf-Steininger2 RN. 4 und 9 zu § 286 StGB.; Foregger-Serini StGB.2 Erl. II zu § 286).
Mit dem gegen den Schuldspruch wegen Hehlerei in rechtlicher Beziehung erhobenen Einwand, durch ein bloßes Ahnen des Angeklagten, daß ein Raub stattgefunden habe, werde der zur Tatbestandsverwirklichung erforderliche Tätervorsatz nicht hergestellt, ist der Beschwerdeführer schließlich auf die Gesamtheit der einschlägigen Urteilsfeststellungen zu verweisen. Aus ihnen ergibt sich, daß der Angeklagte A, mag er auch zunächst auf Grund seiner eigenen Wahrnehmungen von der Vortat allenfalls nur geahnt haben, daß C den Zeugen D soeben beraubt hatte, durch C selbst hievon noch vor dem als Hehlerei beurteilten Verhalten erfahren hat (S. 162, 171 ff.).
Damit erscheint sowohl in Ansehung des Grundtatbestandes nach § 164 Abs. 1 Z. 1 StGB. als auch hinsichtlich der nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle strafsatzerhöhenden Qualifikation der Vortat (hier: als Raub) der Vorsatz des Beschwerdeführers im Sinne des § 5 Abs. 1 StGB. - wofür in beiden Richtungen schon bedingter Vorsatz genügen würde (SSt. 47/62; ÖJZ-LSK. 1978/189) - festgestellt, weshalb die Rechtsrüge auch in bezug auf den Schuldspruch wegen Hehlerei versagt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit zu verwerfen.
Da der Berufungswerber bei der Anmeldung der Berufung die Punkte, durch die er sich beschwert findet, nicht deutlich und bestimmt bezeichnet und auch dieses Rechtsmittel nicht ausgeführt hat, war die Berufung gemäß §§ 296 Abs. 3, 294 Abs. 4 StPO. zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02625European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1980:0120OS00148.79.0522.000Dokumentnummer
JJT_19800522_OGH0002_0120OS00148_7900000_000