TE OGH 1980/6/12 13Os58/80

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Veröffentlicht am 12.06.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Juni 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Baumgartner als Schriftführers in der Strafsache gegen Rudolf A wegen des Verbrechens des versuchten Raubs nach den §§ 15, 142 Abs. 1 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengerichts vom 28.Jänner 1980, GZ. 10 Vr 2333/79-30, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, der Ausführungen der Verteidigerin Dr. Oehlzand und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (der zur Tatzeit den Präsenzdienst beim Bundesheer ableistende) Rudolf A (zu 1) des Verbrechens des versuchten Raubs nach den §§ 15, 142 Abs. 1 StGB., (zu 2) des Vergehens des versuchten schweren Diebstahls nach den §§ 15, 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z. 4 StGB., (zu 3) des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 2 StGB. und (zu 4) des Vergehens des versuchten unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach den §§ 15, 136 Abs. 1 und Abs. 2 StGB. schuldig erkannt, weil er am 17.Oktober 1979 in Spittal an der Drau (zu 1) den Franz B zu Boden schlug und seine Brieftasche (vergeblich) nach Bargeld durchsuchte, (zu 2) der Verena C die Handtasche mit dem darin verwahrten Geldbetrag von 8.122 S wegzunehmen trachtete, (zu 3) die Genannte durch Versetzen einer kräftigen Ohrfeige am Körper mißhandelte und dadurch fahrlässig verletzte und (zu 4) durch Aufbrechen einer Sperrvorrichtung versuchte, das versperrt abgestellt gewesene Moped des Wolfgang D in Gebrauch zu nehmen (S. 140, 141). Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe des § 281 Abs. 1 Z. 5 und 10, der Sache nach auch der Z. 9 lit. b StPO., gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

In seiner Mängelrüge wirft er dem Erstgericht weitwendig vor, es habe seine Alkoholisierung nicht gehörig berücksichtigt und daher seine Zurechnungsfähigkeit zu Unrecht bejaht, ohne jedoch konkrete Begründungsmängel im Sinn des angerufenen Nichtigkeitsgrunds aufzuzeigen.

Daß der gerichtsärztliche Sachverständige, der in seinem (im Vorverfahren erstatteten) schriftlichen Gutachten (ON. 21) den Blutalkoholgehalt des Angeklagten zur Tatzeit mit 1,7 bis 1,9 Promille errechnet hatte, in dem (seine dienstliche Verhinderung zum Hauptverhandlungstermin bekanntgebenden) Schreiben an das Gericht (ON. 28) die Beiziehung eines psychiatrischen Sachverständigen zur Klärung des Alkoholisierungsgrads empfahl, durfte unberücksichtigt bleiben, weil diese Zuschrift nicht einen Teil des schriftlich erstatteten, gemäß § 252 Abs. 1 Z. 4 StPO.

in der Hauptverhandlung (einverständlich) verlesenen Gutachtens bildet und damit als nicht in der Hauptverhandlung vorgekommen (§ 258 Abs. 1 StPO.) nicht Gegenstand der Beweisaufnahme wurde (S. 137). Da sich der Angeklagte selbst nicht mit alkoholbedingter Zurechnungsunfähigkeit verantwortete, bestand zu einer Erörterung der erwähnten Empfehlung des Sachverständigen sowie der geistigen Verfassung des Angeklagten über die auf das eingeholte Sachverständigengutachten gestützte Feststellung hinaus, daß er zur Tatzeit mittelgradig berauscht und zurechnungsfähig war (S. 143), kein Anlaß.

Ebensowenig zielführend sind die spekulativen Erörterungen der Beschwerde über Einzelheiten des Handlungsablaufs und Ungereimtheiten im Verhalten des Angeklagten zur Tatzeit, das sich indes nach forensischer Erfahrung zwanglos mit alkoholbedingter, die Zurechnungsfähigkeit mindernder, aber nicht ausschließender Enthemmung erklären läßt, wie sie dem festgestellten, nur eine mittlere Berauschung indizierenden Blutalkoholgehalt entspricht. Der sachlich aus dem Grund des § 281 Abs. 1 Z. 9

lit. b StPO. erhobene Einwand des Beschwerdeführers, er hätte wegen Zurechnungsunfähigkeit freigesprochen werden müssen, ist demnach nicht als gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge aufzufassen, weil er nicht von dem das Vorliegen der Voraussetzungen für einen solchen Zustand verneinenden Urteilssachverhalt ausgeht.

Entgegen dem der Sache nach einen Feststellungsmangel nach § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. relevierenden, insoweit eine Beurteilung der Tat als Diebstahlsversuch anstrebenden Beschwerdevorbringen traf das Erstgericht zum Schuldspruch wegen versuchten Raubs die Feststellung, daß der Angeklagte den Gedanken faßte, Franz B zu berauben, (sodann) auf ihn zutrat und ihm einen Schlag versetzte, worauf er zu Boden stürzte (S. 142; also nicht erst dann auf den Gedanken kam, den Betrunkenen zu durchsuchen, als er bereits vor ihm auf dem Boden lag). Diese Konstatierung einer Gewaltausübung mit Raubvorsatz beruht auf dem umfassenden Geständnis des Angeklagten (S. 131), der zudem noch ausdrücklich angab, daß ihm angesichts des stark schwankenden B die Idee kam, 'bei diesem betrunkenen Mann Geld, das (er) benötigte, zu holen' und ihn deshalb zu Boden schlug (S. 132).

Insoweit liegt sohin weder ein Feststellungs- noch ein Begründungsmangel vor.

Als unbegründet erweist sich letztlich auch die Rechtsrüge nach dem § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO., die die Beurteilung des versuchten Raubs als minderschwer gemäß dem § 142 Abs. 2 StPO. anstrebt.

Nach den Feststellungen des Erstgerichts durchsuchte der Angeklagte den von ihm durch einen Schlag zu Boden gestreckten Franz B und zog ihm die Brieftasche aus der Hosentasche, in der er jedoch kein Bargeld vorfand.

In diesem Augenblick wurde er durch den Pfiff einer Tatzeugin verscheucht.

Die rechtliche Beurteilung einer Tat als 'minderschwerer Raub' im Sinn des Abs. 2 des § 142 StGB. setzt - abgesehen davon, daß es sich um keinen schweren Raub (§ 143 StGB.) handeln darf - voraus, daß (kumulativ) die fremde bewegliche Sache, die weggenommen oder abgenötigt wird - oder nach dem Vorsatz weggenommen werden soll - geringen Werts ist, daß die vom Täter angewendete Gewalt nicht erheblich ist und daß die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat (13 Os 115/75).

Im vorliegenden Fall fehlt es schon an der ersten der angeführten Voraussetzungen: Das Erstgericht hat keine Feststellungen darüber getroffen, welchen Betrag der Angeklagte dem Überfallenen wegnehmen wollte, sodaß der rechtlichen Beurteilung der Tat als minderschwerer Raub insofern die Grundlage fehlt. Im Unterbleiben dieser Feststellung kann aber kein Nichtigkeit nach der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. bewirkender Mangel des Urteils erblickt werden, weil nach der gesamten Verantwortung des Angeklagten, der sich auch ausdrücklich 'im vollen Umfang' der gegen ihn (also auch wegen Verbrechens des versuchten Raubs nach den §§ 15, 142 Abs. 1 StGB.) erhobenen Anklage schuldig bekannt hatte, kein Anlaß zur Prüfung dieser Frage bestand. Er hat nämlich weder vorgebracht, daß sein Vorsatz nur auf die Wegnahme eines geringen Betrags gerichtet gewesen sei, noch sind sonst im Verfahren Umstände hervorgekommen, die eine Feststellung in dieser Richtung indiziert hätten. Der ihm vom Erstgericht überdies (zu 2) als Vergehen nach den §§ 15, 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z. 4

StGB. angelastete, kurz nach Verübung der Tat an Franz B unternommene Versuch, der Verena C 8.122 S Bargeld wegzunehmen, spricht vielmehr gegen die Annahme eines nur auf die Verübung eines minderschweren Raubs durch Wegnahme eines lediglich geringen Betrags gerichteten Vorsatzes.

Der Umstand, daß er bei dem als Raubopfer ausersehenen Franz B, der zur Zeit des Überfalls nur mehr 70 S, kurz zuvor aber noch 500 S (S. 88) bei sich gehabt hatte, kein Bargeld fand (S. 142), steht der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider der Annahme, daß es der Angeklagte auf einen größeren Geldbetrag abgesehen hatte, nicht entgegen; eine zufällig zur Tatzeit gegebene, bloß relative Untauglichkeit des Tatobjekts und damit das Ausbleiben des Taterfolgs steht der Zurechnung des bei einem Deliktsversuch nach dem Vorsatz des Täters erstrebten, materiellrechtlich allein relevanten Taterfolgs nicht entgegen.

Bei dieser Rechtslage erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren Voraussetzungen des minderschweren Raubs, so insbesondere auch auf die Frage, ob er ohne Anwendung erheblicher Gewalt begangen wurde oder nicht.

Der Nichtigkeitsbeschwerde war sohin ein Erfolg zu versagen. Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach den §§ 28, 142 Abs. 1 StGB. eine Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten. In Bemessung dieser Strafe erachtete es als erschwerend die einschlägige Vorstrafe des Angeklagten (gemeint: Verurteilung, weil wegen § 88 StGB. ein Schuldspruch gemäß § 13 JGG. gefällt worden war) und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit drei Vergehen; als mildernd hingegen das volle Geständnis, die Tatbegehung vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahrs und den Umstand, daß es in drei Fällen beim Versuch geblieben war.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an. Auch wenn die Taten unter dem Einfluß eines die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustands verübt wurden, kann das Verhalten des Angeklagten, dem der enthemmende Genuß alkoholischer Getränke den Umständen nach zum Vorwurf gereicht, in seiner kriminellen Bedeutung nicht unterschätzt werden: die vorliegende Deliktskonkurrenz und der vergleichsweise hohe Unrechtsgehalt des kühn unternommenen Diebstahlsversuchs in Verbindung mit der Verletzung des Opfers (C) durch eine dem Tatversuch nachfolgende kräftige Ohrfeige offenbaren eine gefährliche gewalttätige Neigung, der nur durch eine entsprechende Resozialisierungsstrafe begegnet werden kann, die, soll die erhoffte Wirkung von ihr ausgehen, auch nicht bedingt nachgesehen werden darf.

Es war daher der Berufung ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02633

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0130OS00058.8.0612.000

Dokumentnummer

JJT_19800612_OGH0002_0130OS00058_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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