Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Juni 1980 unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Walenta, Dr. Schneider, Dr. Hörburger und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Baumgartner als Schriftführers in der Strafsache gegen Mag. Walter A wegen des Verbrechens des Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 16. Oktober 1979, GZ. 5 e Vr 5794/77-31, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Philipp und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Strasser, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Strafe auf 1 1/2
(eineinhalb) Jahre herabgesetzt.
Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Kaufmann Mag. (jur.) Walter A (zu 1) des Verbrechens des Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB. und (zu 2) des Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z. 1 und 2
StGB. schuldig erkannt, weil er (zu 1.) im Jänner 1978 in Wien mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorspiegelung, er habe einen zahlungsfähigen und -willigen Käufer für Kommissionsware, Alfred B zur Übergabe eines Brillantrings im Wert von (mindestens) 160.000 S, verleitete, welche Edith B in der genannten Höhe am Vermögen schädigte, und (zu 2.) in Wien, Reichenau an der Rax und Niger als Schuldner mehrerer Gläubiger (zu a) in der Zeit von September 1974 bis Ende 1976 dadurch fahrlässig seine Zahlungsunfähigkeit herbeiführte, daß er ohne Eigenkapital 42.211/63.711-
Anteile an der Liegenschaft EZ. 315 der Katastralgemeinde Reichenau bei der Zwangsversteigerung vor dem Bezirksgericht Gloggnitz am 17. September 1974 erwarb und den Bau der Wohnanlage 'Raxblick' fortführte, sowie durch Gründung eines Handelsunternehmens in Niger und den Versuch, dort eine Lederwarenerzeugung aufzubauen, gewagte Geschäfte durchführte und leichtsinnig und unverhältnismäßig Kredit benützte;
(zu b) in der Zeit von Ende 1976 bis zur Jahresmitte 1977 in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit fahrlässig die Befriedigung seiner Gläubiger insbesondere dadurch schmälerte, daß er neue Schulden einging, Schulden zahlte und die Eröffnung des Konkursverfahrens nicht rechtzeitig beantragte.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte in den zu 1. und 2. lit. a ergangenen Schuldsprüchen mit einer auf die Gründe des § 281 Abs. 1 Z. 5, 9 lit. a und 10 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Die Beschwerdeausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. verfehlen den Kern der Sache, weil sie entscheidungswichtige Umstände berührende Begründungsmängel nicht darzutun vermögen.
Die Urteilsfeststellung, der Angeklagte habe den betrugsgegenständlichen Brillantring von Alfred B bereits im Sommer 1977 zum Weiterverkauf übernommen, jedoch dann wieder zurückgegeben, weil er damals keinen Käufer gefunden habe, schließt einen Betrugsvorsatz bei der neuerlichen Übernahme dieses Rings im Jänner 1978 keineswegs aus. Daß der Angeklagte diesen neuerlich zum Weiterverkauf übernommenen Brillantring auch tatsächlich verkaufte, blieb unbestritten. Seinen Vorsatz, der nach den Urteilsannahmen schon im Zeitpunkt der erneuten Übernahme des Rings darauf gerichtet war, Alfred B unter der Vorspiegelung eines redlichen Kommissärs zur abermaligen Ausfolgung dieses wertvollen Schmuckstücks nur zu dem bereits nach seinem damaligen Tatplan angestrebten Zweck zu veranlassen, den Verkaufserlös nicht abzuführen, sondern für sich zu behalten, und solcherart Alfred B bzw. dessen Ehegattin zu schädigen (vgl. S. 219 und 221/ II. Bd.), konnte das Erstgericht in freier Würdigung der gesamten Verfahrensergebnisse als erwiesen annehmen und sich dabei in deren lebensnaher Würdigung insbesondere auf die Weigerung des Beschwerdeführers, jene Person näher zu bezeichnen, der er nach seiner Darstellung in Budapest den in Rede stehenden Brillantring verkauft, von der er aber bisher noch kein Geld erhalten haben will, sowie die besonders prekäre finanzielle Lage des Beschwerdeführers zu Beginn des Jahres 1978 beziehen (siehe S. 219 und 220/II. Bd.). Daß es unter diesen Umständen der Verantwortung des Beschwerdeführers, den Verkaufserlös bisher nicht erhalten zu haben, keinen Glauben schenkte, stellt sich als nicht bekämpfbarer Akt der dem Gericht gemäß dem § 258 Abs. 2 StPO. zukommenden freien Beweiswürdigung dar.
Rechtliche Beurteilung
Insoweit der Beschwerdeführer eine für ihn günstigere Deutung der dem Schuldspruch wegen Betrugs zugrundegelegten Verfahrensergebnisse anstrebt, erschöpft sich dieser Teil seiner Mängelrüge im Ergebnis in einer unzulässigen Bekämpfung dieser erstgerichtlichen Beweiswürdigung, und ist demnach unbeachtlich.
Es ist für den Beschwerdeführer aber auch nichts zu gewinnen, soweit er mit seinen weiteren, gegen seinen Schuldspruch wegen Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z. 1 StGB. (2. lit. a des Urteilssatzes) gerichteten, weitwendigen Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. unter Berufung auf verschiedene, im einzelnen näher bezeichnete, nach seiner Behauptung entweder gar nicht oder nur unzureichend berücksichtigte Beweisergebnisse darzulegen versucht, daß das Ersturteil in seinem Ausspruch über die für die Annahme eines fahrlässigen Handelns in Herbeiführung seiner Zahlungsunfähigkeit entscheidenden Tatsachen mit Begründungsmängeln behaftet sei. Er übersieht nämlich dabei, daß das Erstgericht den dazu gegen ihn erhobenen Fahrlässigkeitsvorwurf vor allem darauf gründete, daß er beim Erwerb der Liegenschaftsanteile in Reichenau und bei der Fortführung des Wohnungsbaus auf dieser Liegenschaft leichtsinnig und unverhältnismäßig Kredit benützte und das gesamte damit im Zusammenhang stehende, finanziell sehr aufwendige Unternehmen in Angriff nahm, ohne über die geringsten Eigenmittel zu verfügen. Dieses vom Beschwerdeführer unbestrittene Verhalten ist für sich allein schon zur fahrlässigen Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit geeignet. Dazu kommt, daß dem Angeklagten nach den weiteren, nicht zuletzt auf sein eigenes Geständnis gestützten Urteilsfeststellungen auch noch eine leichtsinnige Kreditgewährung zur Last fällt, weil er als Vorgriff auf einen aus dem Bauvorhaben in Reichenau erwarteten, in Wahrheit aber noch gar nicht vorhandenen Gewinn aus den ihm durch den Verkauf projektierter bzw. in Bau befindlicher Wohnungen zugeflossenen Geldbeträgen der damals bereits in statu cridae befindlichen Firma C ein - wie sich in der Folge zeigte, uneinbringliches - Darlehen von 3,200.000 S gewährte (S. 213/II. Bd.). Dadurch sowie durch die Entnahme eines weiteren, für ein noch im Anfangsstadium befindliches (und in der Folge gescheitertes) geschäftliches Unternehmen in Afrika (Niger) bestimmten Geldbetrags von 680.000 S gab er im wesentlichen den einzigen ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Rückhalt aus der Hand, auf den er für den Fall eines Scheiterns des Projekts in Reichenau hätte greifen können. Ein in gleicher wirtschaftlicher Lage befindlicher vorsichtiger Geschäftsmann hätte für den durchaus im Bereich des Möglichen liegenden, auch für den Beschwerdeführer vorhersehbaren und in der Folge auch tatsächlich eingetretenen Fall, daß ein Teil der in Bau befindlichen Wohnungen nicht oder nicht rechtzeitig verkauft werden kann, durch das Bereithalten von Eigenmitteln, die der vom Erstgericht beigezogene Buchsachverständige DDr. D in der Größenordnung von etwa 30 % (gemeint: des für das Wohnungsprojekt in Reichenau erforderlichen Gesamtaufwands) allenfalls für ausreichend erachtete (vgl. S. 197/II. Bd.), Vorsorge getroffen. So gesehen versagt auch die auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützte Rechtsrüge, in der die Auffassung vertreten wird, daß allein aus dem Mangel an Eigenmitteln und aus dem Erwerb der Liegenschaftsanteile und der Weiterführung des Wohnungsbaus auf dieser Liegenschaft nur mit Fremdmittel ein den Schuldspruch wegen Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z. 1 StGB. tragender Fahrlässigkeitsvorwurf noch nicht abgeleitet werden könnte. Zu Recht erblickt das Schöffengericht in den dargelegten Umständen, die zur Aufnahme von unverhältnismäßig hohen Krediten durch den mittellosen Angeklagten führten, der seinerseits noch dazu leichtsinnig Kredit (an die Firma C) gewährte, einen dem Angeklagten als Kaufmann sowohl objektiv als auch subjektiv anzulastenden Sorgfaltsverstoß und damit ein letztlich für den Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit kausales fahrlässiges Verhalten im Sinne des § 6 Abs. 1 StGB. Somit erweist sich der Schuldspruch (auch) wegen fahrlässiger Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit nach der Z. 1 des § 159 Abs. 1 StGB. (2. lit. a des Urteilssatzes) frei von Rechtsirrtum. Davon ausgehend, bedurfte es im Ersturteil keiner näheren Erörterung der in der Nichtigkeitsbeschwerde aus dem Grund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. relevierten Verfahrensergebnisse, mit welchen der Beschwerdeführer lediglich aufzeigen will, daß das Wohnbauprojekt in Reichenau nur wegen verschiedener widriger Umstände, so vor allem deshalb, weil sich ein Großteil der dort errichteten Wohnungen als unverkäuflich erwies, gescheitert sei. Bei einer gewissenhaften und vorsichtigen Gesamtkalkulation hätte der Beschwerdeführer eben zu berücksichtigen gehabt, daß ein Teil dieser Wohnungen nicht oder zumindest nicht rechtzeitig zu verkaufen sein werde, sodaß für diesen keineswegs unvorhersehbaren Fall, vor allem aber im Hinblick auf die große, aus den Kreditaufnahmen erwachsende Zinsenbelastung, nur das Vorhandensein von entsprechenden Eigenmitteln zur Abdeckung des vom Beschwerdeführer mit dem Wohnbauprojekt in Reichenau eingegangenen (finanziellen) Risikos geeignet gewesen wäre.
Aber auch die gegen seinen Schuldspruch wegen Betrugs (Urteilsfaktum 1.) gerichteten, auf die Gründe der Z. 9
lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten rechtlichen Einwände des Beschwerdeführers, daß bei einer kommissionsweisen Übergabe des Rings eine Tatbeurteilung als Betrug schon begrifflich ausgeschlossen sei und nur eine solche als Veruntreuung in Betracht kommen könne, falls er den Erlös aus dem Verkauf des Rings tatsächlich in Empfang genommen und für sich behalten hätte, treffen nicht zu.
Der Beschwerdeführer läßt dabei nämlich außer acht, daß ihm im Ersturteil nicht nur der Verkauf des Rings, sondern auch die Zueignung des Verkaufserlöses für diesen angelastet wird (S. 219/II. Bd.). Nach den weiteren Urteilsannahmen handelte der Angeklagte schon im Zeitpunkt der unter der Vorspiegelung eines redlichen Kommissionärs erwirkten Übergabe des Rings mit Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz. Da unter diesen Umständen der Vermögensschaden schon mit der - durch Täuschung bewirkten - Ausfolgung des Rings an ihn eintrat, erweist sich dessen Schuldspruch wegen des Verbrechens des (vollendeten) Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB. als rechtsrichtig.
Bei dieser Fallkonstellation kommt entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung eine - nur auf eine spätere Phase desselben Tatgeschehens, nämlich auf die Zueignung des Veraufserlöses abzielende - Tatbeurteilung als Verbrechen der Veruntreuung nicht in Betracht, weil diese (dem betrügerischen Verhalten des Beschwerdeführers nachfolgende) Zueignungshandlung nur eine sogenannte straflose Nachtat darstellt, durch die der schon durch die Haupttat (hier den Betrug) herbeigeführte rechtswidrige Erfolg bloß aufrechterhalten, gesichert und ausgewertet wurde. Richtet sich - wie vorliegend - diese Nachtat gegen dasselbe Rechtsgut wie die vorangegangene Haupttat und wird dadurch kein über die Haupttat hinausreichender Schaden bewirkt, gilt sie schon mit der Bestrafung der Haupttat als abgegolten, da sie über die der Haupttat immanente Rechtsgutverletzung nicht hinausgreift. Davon abgesehen gereichte dem Angeklagten die mit seinen Beschwerdeausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs. 1
StPO. ersichtlich angestrebte Tatbeurteilung statt als Verbrechen des Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB.
als Verbrechen der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und Abs. 2, zweiter Fall, StGB. zufolge der gleichen, in den §§ 133 Abs. 2, zweiter Strafsatz, und 147 Abs. 3 StGB.
vorgesehenen Strafdrohungen gar nicht zum Vorteil, sodaß auch deswegen dieser Teil seiner Rechtsrüge ins Leere geht. Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war demnach zu verwerfen.
Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach den §§ 28 und 147 Abs. 3 StGB. eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren. In ihrer Bemessung wertete es als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, das Vorliegen der Qualifikationen nach den Z. 1 und 2 des § 159 StGB. sowie die hohe Überschuldung bei der Krida, als mildernd berücksichtigte es hingegen das Geständnis zum Urteilsfaktum 2. lit. b.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die bedingte Nachsicht einer auf maximal ein Jahr herabzusetzenden Freiheitsstrafe oder einer statt ihr zu verhängenden Geldstrafe an.
Lediglich das auf Reduzierung des Strafmaßes gerichtete Begehren ist gerechtfertigt: Auf der Grundlage der im wesentlichen richtig und vollständig festgestellten Strafzumessungsgründe, wobei allerdings das Geständnis des Angeklagten auch zum Urteilsfaktum 2. lit. a (siehe dazu S. 217/II. Bd.) Berücksichtigung zu finden hatte, sowie in Beachtung der allgemeinen für die Strafbemessung geltenden Vorschriften des § 32 StGB., nach welchen die gerichtliche Unbescholtenheit des Angeklagten nicht ganz außer acht bleiben durfte, hielt der Oberste Gerichtshof eine Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren für angemessen.
Bei diesem Strafausmaß war die - vom Angeklagten begehrte - Verhängung einer Geldstrafe anstelle der Freiheitsstrafe ausgeschlossen, weil sie nur im Falle einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als sechs Monaten zulässig ist (§ 37 Abs. 1 StGB.). Gegen die - gleichfalls angestrebte - Gewährung der bedingten Strafnachsicht sprechen spezialpräventive Erwägungen, weil es nach der Art der Taten an den vom Gesetz verlangten qualifizierten Voraussetzungen für eine günstige Verhaltensprognose fehlt (§ 43 Abs. 2 StGB.).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390 a StPO.
Anmerkung
E02690European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1980:0130OS00050.8.0619.000Dokumentnummer
JJT_19800619_OGH0002_0130OS00050_8000000_000