TE OGH 1980/7/10 13Os69/80

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Veröffentlicht am 10.07.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Juli 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Keller, Dr. Müller, Dr. Walenta und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Baumgartner als Schriftführers in der Strafsache gegen Adolf A wegen des Verbrechens des Raubs nach dem § 142 Abs. 1 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengerichts vom 12.März 1980, GZ. 15 Vr 3634/79-20, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen der Verteidigerin Dr. Schmid und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Das Erstgericht erkannte den am 25.November 1928

geborenen Gelegenheitsarbeiter Adolf A des an Maria B durch Versetzen von Faustschlägen, Niederstoßen und Entreißen einer Einkaufstasche begangenen Verbrechens des Raubs nach dem § 142 Abs. 1 StGB. schuldig.

Mit seiner auf den § 281 Abs. 1 Z. 5 und 10 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde wendet sich der Angeklagte gegen die vom Erstgericht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht verneinte volle Berauschung im Sinne des § 287 StGB.

Unter dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund macht der Beschwerdeführer eine Unvollständigkeit geltend, die er in einem Übergehen des vom Sachverständigen Dozent Dr. C in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachtens erblickt.

Rechtliche Beurteilung

Der Mängelrüge kommt Berechtigung nicht zu:

Das Erstgericht traf - wie es durch Hinweis auf die Seiten 86 und 127 des Akts ausdrückte - die Feststellung, der Angeklagte sei im Zeitpunkt der Tat in einem nicht mehr feststellbaren Ausmaß alkoholisiert, jedoch nicht volltrunken gewesen, auf der Grundlage des von Dozent Dr. C in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachtens (S. 126 bis 129). In Übereinstimmung mit den Darlegungen dieses Sachverständigen, der (begründet) im vorliegenden Fall eine wissenschaftlich vertretbare Rückrechnung auf den Blutalkoholgehalt ablehnte und sein Gutachten einerseits auf das (ungetrübte) Erinnerungsvermögen des Angeklagten betreffend alle wesentlichen Details der ihm vorgeworfenen Tat und anderseits auf das sich aus dem Verhalten des Genannten ergebende (nicht beeinträchtigte) Wahrnehmungsvermögen bei der Begehung des Raubs stützte, gelangte das Erstgericht zur Feststellung, der Beschwerdeführer sei zur Tatzeit mit Sicherheit nicht volltrunken gewesen (S. 141). Insoweit der Beschwerdeführer unter Mißachtung der - wie erwähnt - im vorliegenden Fall gegebenen Unmöglichkeit einer Rückrechnung auf den Blutalkoholwert ausführt, das Erstgericht hätte einen solchen von 3,5 bis 4 %o annehmen müssen, zeigt er keinen formalen Begründungsmangel auf, sondern unternimmt einen - im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen - Angriff auf die Beweiswürdigung. Mit diesem Beschwerdevorbringen wird kein im Gesetz vorgesehener Nichtigkeitsgrund zur Darstellung gebracht.

In Ausführung des Nichtigkeitsgrunds der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. wirft der Beschwerdeführer dem Erstgericht unter Hinweis auf die Urteilsfeststellungen über den Alkoholisierungsgrad vor, es habe den Zustand zur Tatzeit rechtsirrig nicht als volle Berauschung beurteilt und daher (zu Unrecht) die Verwirklichung des Tatbestands nach dem § 142 Abs. 1 StGB. anstatt jenes (für ihn günstigeren) nach dem § 287 StGB. angenommen.

Dieser Rechtsrüge kommt gleichfalls keine Berechtigung zu:

Volle Berauschung im Sinn des § 287 Abs. 1 StGB.

setzt infolge Bezugnahme dieser Gesetzesstelle auf den Ausschluß der Zurechnungsfähigkeit (§ 11 StGB.) voraus, daß der Täter - ohne daß seine Geistestätigkeit zur Gänze aufgehoben wäre - nicht mehr in der Lage ist, die Bedeutung und die Tragweite seiner Handlungen einzusehen und bzw. oder nach dieser Einsicht zu handeln, daß ihm also die Diskretions- und die Dispositionsfähigkeit oder wenigstens eine von beiden Fähigkeiten (verbo 'oder' im § 11 StGB. am Ende) fehlt. Eine bloße Trübung und Herabsetzung des Bewußtseins bei Tatbegehung genügen folglich nicht. Das Erstgericht beurteilte ungeachtet des beträchtlichen Alkoholkonsums des Angeklagten (am Tag und Vortag der Tat) dessen Zustand mit Rücksicht auf das festgestellte ungetrübte Erinnerungsvermögen an alle wesentlichen Tatumstände und das nicht beeinträchtigte Wahrnehmungsvermögen bei Verübung der Tat rechtsrichtig als einen solchen voller strafrechtlicher Verantwortlichkeit. Gerade die angeführten Feststellungen über Erinnerungs- und Wahrnehmungsvermögens lassen nämlich (auch in rechtlicher Hinsicht) den Schluß zu, das Bewußtsein des Beschwerdeführers zur Tatzeit sei trotz einer nicht unbeträchtlichen Berauschung nicht so tiefgreifend gestört gewesen, daß er sich außer Stande befunden hätte, das Unrecht der von ihm in diesem Zustand begangenen (Raub-)Tat einzusehen und dieser Einsicht gemäß zu handeln. Da es somit beim Beschwerdeführer an den typischen Kennzeichen und Indizien für eine mangelnde Diskretions- und/oder Dispositionsfähigkeit zur Tatzeit mangelte, verneinte das Erstgericht ohne Rechtsirrtum das Vorliegen eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustands (§ 287 StGB.) und beurteilte den festgestellten Sachverhalt zutreffend als Verbrechen des Raubs nach dem § 142 Abs. 1 StGB.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Urteilsspruch zitierte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02710

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0130OS00069.8.0710.000

Dokumentnummer

JJT_19800710_OGH0002_0130OS00069_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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