TE OGH 1980/8/5 10Os94/80

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Veröffentlicht am 05.08.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.August 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Bernardini, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwäters Dr. Rietdijk als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter A und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1, 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Peter A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12.März 1980, GZ. 3 c Vr 551/80, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die vom Angeklagten Johann B erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Samesch und Dr. Hauser und des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Peter A wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, a) in Ansehung dieses Angeklagten sowie gemäß § 290 Abs. 1 StPO auch hinsichtlich des Angeklagten Johann B im Ausspruch, der Wert der fremden beweglichen Sachen, welche die beiden Angeklagten bei der in Punkt 1

des Schuldspruchs umschriebenen Tathandlung zu stehlen versuchten, übersteige - bei Johann B zusammen mit dem Wert der vom Punkt 2 des Schuldspruchs erfaßten gestohlenen Gegenstände - den Betrag von 5.000 S, ferner in der darauf beruhenden rechtlichen Unterstellung des Diebstahls der beiden Angeklagten auch unter der Bestimmung des § 128 Abs. 1 Z. 4 StGB und im Strafausspruch der zwei Angeklagten (einschließlich des Ausspruchs nach § 38 StGB), b) weiters (ebenfalls nach § 290 Abs. 1 StPO) im Ausspruch über den Verfall von zwei Schraubenziehern und zwei Sägeblättern gemäß § 26 StGB aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung laut Punkt a) an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A verworfen.

Mit ihren Berufungen werden beide Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten A auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 3.Oktober 1944 geborene Schweißer Peter A des Verbrechens des versuchten schwerden Diebstahls durch Einbruch nach § 15, 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129

Z. 1 StGB sowie der am 9.Oktober 1949 geborene, zuletzt beschäftigungslose Schlosser Johann B des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128

Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und § 15 StGB und des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit. b WaffenG. schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Ersichtlich nur den gegen ihn zu Pkt. 1 ergangenen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Peter a mit einer auf die Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welche - ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichtes, wonach sich der Beschwerdeführer und B in der Nacht zum 15.Jänner 1980 mit dem Vorsatz, (vor allem) Geld aus Spielautomaten zu stehlen, nach Übersteigen einer drei Meter hohen Mauer mit Hilfe einer Leiter zum Klosettfenster des Lokales 'Sooßer Weinstüberl' in Wien 15., Neubaugürtel 5, begaben, dort die Gitter des Fensters aufzusägen begannen, wegen der hiebei verursachten Geräusche aber auf frischer Tat betreten und festgenommen wurden, im Zusammenhalt mit der ferner konstatierten Tatsache, daß sich zur Tatzeit in den im Lokal aufgestellten Spielautomaten kein Geld befand, weil diese täglich vom Lokalinhaber entleert werden - die Handlungsweise der Angeklagten als 'absolut untauglichen'Versuch des Diebstahls im Sinne des § 15 Abs. 3 StGB gewertet wissen will; dies jedoch zu Unrecht. Denn ein Tatversuch dieser Art ist nur dann gegeben, wenn die Vollendung der Tat objektiv unter keinen Umständen möglich war, die Verwirklichung des Deliktstypus auf die vorgesehene Art also auch bei einer generalisierenden, von den Besonderheiten des Einzelfalles losgelösten Betrachtungsweise geradezu denkunmöglich ist (EvBl. 1976/265). Davon kann vorliegend aber keine Rede sein. Die vom Beschwerdeführer und seinem Mittäter als Beute in Aussicht genommenen fremden beweglichen Sachen - nämlich Bargeld - wurden regelmäßig in die Automaten eingespielt und befanden sich - für die Täter bloß zufällig - im konkreten Fall nur deshalb nicht in denselben, weil das zuletzt eingeworfene Bargeld bei Geschäftsschluß des letzten Tages vor der nächtlichen Tat vom Lokalinhaber entnommen worden und neues noch nicht wieder in die Automaten gelangt war. Es handel sich demnach - wie das Erstgericht richtig erkannt hat - um einen bloß infolge der zufälligen (zeitlichen) Umstände des Einzelfalles gescheiterten und sohin nur relativ untauglichen Versuch, den die Täter im Sinne des § 15 Abs. 1 StGB strafrechtlich zu verantworten haben (Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2, RN. 35 zu § 15, S. 212 sowie die dort zitierte Judikatur u.a.). Die Rechtsrüge vermag daher nicht durchzuschlagen.

Mit Fug wird hingegen vom Beschwerdeführer der Sache nach aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 10

StPO im Zusammenhang mit der Qualifikation gemäß § 128 Abs. 1 Z. 4 StGB ein Feststellungsmangel darüber behauptet, ob sich überhaupt zu irgendeinem anderen Zeitpunkt in den gegenständlichen Spielautomaten Beträge über 5.000 S befunden haben. Dem Täter kann nämlich beim Versuchten Diebstahl lediglich dann ein bestimmter Wert der in Aussicht genommenen Diebsbeute - hier ein die Anwendung des § 128 Abs. 1 Z. 4 StGB bedingender Wert von mehr als 5.000 S - strafrechtlich zugerechnet werden, wenn dieser nicht nur (zumindest in Form des dolus eventualis) vom Vorsatz des Diebes umfaßt ist - was hier nach der Feststellung des Erstgerichtes, die beiden Angeklagten hätten sich je 3.000 S als Beute erhofft, zutrifft - sondern nach der Sachlage des konkreten Falles auch in objektiver Hinsicht entweder schon auf Grund allgemeiner Erfahrungssätze mit Sicherheit angenommen werden kann oder aber (andernfalls) feststellungsmäßig aus besonderen Umständen (mängelfrei) abgeleitet wird, daß grundsätzlich die Möglichkeit bestanden hatte, unter für den Täter günstigen Voraussetzungen eine derartige Beute zu machen, mag sie speziell zum Tatzeitpunkt auch aus Zufall gerade nicht erzielbar gewesen sein. Die Tätererwartungdarf sohin auch der objektiven Grundlage (im vorangeführten Sinn) nicht entbehren. Dies ist im vorliegenden Fall nicht festgestellt.

Das Erstgericht spricht weder darüber ab, wieviele Spielautomaten im Lokal 'Sooßer Weinstüberl' zur Tatzeit aufgestellt waren (nach Angabe des Beschwerdeführers vor dem Untersuchungsrichter handelte es sich bloß um zwei oder drei Stück, S. 77 a) und ob sich nach Zahl und Art dieser Automaten angesichts der täglich vorgenommenen Entleerung überhaupt - technisch gesehen - pro Tag ein 5.000 S übersteigender Geldbetrag in ihnen ansammeln konnte, noch darüber, wie hoch die täglichen Losungen üblicherweise tatsächlich waren. Es fehlen daher die Grundlage für die rechtsrichtige Beurteilung der Frage, ob die Tat auch dem § 128 Abs. 1 Z. 4 StGB zu unterstellen ist+ das bedeutet die bezeichnete materiellrechtliche Nichtigkeit des Urteils.

Daran ändert auch nichts, daß das Erstgericht zwar nicht im Urteilsspruch, wohl aber in den mit diesem eine Einheit bildenden Gründen davon ausgeht, das Ziel des diebischen Angriffs seien nicht ausschließlich die in den Spielautomaten vermeintlich enthaltenen Geldbeträge gewesen, sondern auch allfällige andere im Lokal befindliche 'diebstahlsfähige' (gemeint offensichtlich: den Angeklagten mitnehmenswert erscheinende) Sache (S. 178, 181, 182). Denn auch über den Wert sonstiger in den Gasträumlichkeiten vorhandener derartiger Gegenstände sagt das Urteil - abgesehen von dem Hinweis, es habe sich Wechselgeld (in nicht festgestellter Höhe) in der Kasse befunden (S. 180) -

nichts, sodaß auch nicht feststeht, ob alle in Betracht kommenden Zugriffsobjekte (einschließlich der Geldbeträge aus dem Spielautomaten) zusammen mindestens fallweise den Wert von 5.000 S übersteigen.

Der vom Beschwerdeführer zutreffend aufgezeigte Feststellungsmangel haftet nach dem Gesagten aber auch dem nicht angefochtenen Schuldspruch des Angeklagten Johann B lt. Punkt 1. an, mag dieser Angeklagte (außer einer weiteren Straftat nach dem Waffengesetz) auch noch einen vollendeten Diebstahl mit einem Schaden von 3.808 S zu vertreten haben (Punkt 2. des Schuldspruches), zumal im Sinne der obigen Ausführungen auch nicht beurteil werden kann, ob in Ansehung der zu Punkt 1. des Schuldspruches umschriebenen Straftat zumindest die Erzielung einer Beute von mehr als 1.192 S begründeterweise erwartet werden konnte und sohin die gemäß § 29 StGB zusammenzurechnen den Schadensbeträge des vollendeten und des versuchten Diebstahls insgesamt bei diesem Angeklagten die Wertgrenze von 5.000 S überschreiten.

Neuerlich gemäß § 290 Abs. 1 StPO war des weiteren von Amts wegen aufzugreifen, daß auch der auf § 26 StGB gestützte Ausspruch über die Einziehung in Ansehung von zwei Schraubenziehern und zwei Eisensägeblättern (mit einseitiger bzw. beidseitiger Schneide) mit dem Gesetz nicht im Einklang steht, weil es sich hier nicht um Gegenstände handelt, welche die vom Gesetz für die Anordnung der in Rede stehenden sichernden Maßnahme voraussetzte besondere Beschaffenheit aufweisen, derzufolge sie spezifisch (in erster Linie) zur Verwendung bei der Begehung strafbarer Handlungen bestimmt sind. Vielmehr wurden solcherart Gerätschaften eingezogen, die primär (und überwiegend) dem rechtmäßigen Gebrauch (als Werkzeug) dienen und von jedermann frei erworben sowie (in rechtlich unbedenklicher Weise) besessen werden dürfen. Sie werden darum, selbst wenn sie bei der Verübung eines deliktischen Angriffs verwendet werden oder für eine derartige Verwendung bestimmt sind, von § 26 Abs. 1 StGB nicht erfaßt, (Leukauf-Steininger, Kommentar2, RN. 4 zu § 26 StGB und die dort zitierte Judikatur). Bezüglich der angeführten Gegenstände erweist sich daher die angeordnete vorbeugende Maßnahme als rechtsirrig (§ 281 Abs. 1 Z. 11 StPO), weshalb sie (in diesem Umfang) amtswegig durch Aufhebung aus dem Urteil zu eliminieren war.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E02725

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0100OS00094.8.0805.000

Dokumentnummer

JJT_19800805_OGH0002_0100OS00094_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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