TE OGH 1980/9/2 9Os121/80

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.09.1980
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hausenberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Walter A wegen des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 30. April 1980, GZ. 8 Vr 1189/79-12, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Schuldberufung werden zurückgewiesen.

Über die Strafberufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 23-jährige Hilfsarbeiter Walter A des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB (Punkt 1 des Urteilssatzes) und des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB (Punkt 2 des Urteilssatzes) schuldig erkannt, weil er in der Zeit von Sommer 1978 bis Jänner 1979 in Tobaj zu wiederholten Malen mit der am 21. August 1968 geborenen Gabriele B, sohin mit einer unmündigen Person, den außerehelichen Beischlaf unternommen und die Genannte durch gefährliche Drohung zu einer Unterlassung, nämlich zur Verschweigung der geschilderten Vorfälle zu nötigen versucht hat.

Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil mit einer auf die Z 4 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. In Ausführung des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes rügt der Beschwerdeführer die Abweisung der von ihm in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträge auf Einvernahme der Zeugen Margarethe A, Maria C und Karl C sowie auf Einvernahme eines gerichtsärztlichen Sachverständigen als Verfahrensmangel.

Die Zeugin Margarethe A war zum Beweis dafür beantragt worden, daß Gabriele B ihr gegenüber niemals Andeutungen über das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tatverhalten gemacht habe und daß die Unmündige wiederholt wegen einer Lüge und ihres Hanges zur Unwahrheit beschuldigt werden habe müssen; durch die Zeugen Maria und Karl C sollte unter Beweis gestellt werden, daß entgegen der Behauptung des Zeugen D vor dem Sommer 1979 weder von Gabriele noch von Gerhard B gegenüber dritten Personen Äußerungen über die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Handlungen gemacht worden seien; durch den gerichtsärztlichen Sachverständigen sollte schließlich bewiesen werden, daß in der von der Zeugin B angegebenen Stellung ein Vollzug des Beischlafs physiologisch unmöglich sei (S 50 d.A). Das Erstgericht hat diese Beweisanträge abgewiesen und dies damit begründet, daß der Angeklagte der Sohn der Margarethe A ist, weshalb es erklärlich sei, wenn Gabriele B sich ihr gegenüber nicht ausgesprochen habe, und daß zur Frage eines Hanges zur Unwahrheit das Gutachten des Sachverständigen Prof. E vorliege und im Beweisantrag der (angebliche) Hang zur Unwahrheit nicht genügend konkretisiert, sondern bloß behauptet worden sei; die Vernehmung der Zeugen Maria und Karl C sei entbehrlich, weil das hiefür angegebene Beweisthema keine entscheidungswesentliche Frage betreffe, und die Beiziehung eines gerichtsärztlichen Sachverständigen sei aus rechtlichen Erwägungen nicht erforderlich (S 51 d.A).

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge versagt zur Gänze.

Die Vernehmung der Zeugin Margarethe A - der Mutter des Beschwerdeführers und Pflegemutter der Gabriele B - darüber, daß das Mädchen - entgegen seinen Angaben - ihr nichts von den Verfehlungen des Beschwerdeführers erzählt hat, war nicht erforderlich, weil die Zeugin Gabriele B im gegebenen Zusammenhang selbst bekundet hat, sie habe zwar gegenüber ihrer Pflegemutter eine diesbezügliche Äußerung gemacht, ihre Pflegemutter habe ihr aber gar nicht zugehört und diese Äußerung vielleicht gar nicht gehört (S 44 d.A). Soweit diese Zeugin aber über eine (angebliche) Lügenhaftigkeit der Gabriele B befragt werden sollte, so konnte die beantragte Einvernahme nach Lage des Falles deshalb ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten unterbleiben, weil hinsichtlich der Aussagefähigkeit und Aussageehrlichkeit des Mädchens (in bezug auf ihre Bekundungen zu den inkriminierten Tathandlungen) ein ausführliches jugendpsychologisches Sachverständigengutachten vorlag und der Beschwerdeführer in seinem Beweisantrag konkrete Umstände, denen zufolge mittels der beantragten Zeugin bewiesen werden könnte, daß das Mädchen im gegebenen Zusammenhang gelogen oder zumindest aggraviert haben könnte, nicht behauptet hat, sondern nur allgemein eine Lügenhaftigkeit des Mädchens unter Beweis stellen wollte (vgl. abermals S 50 d.A).

Was den Antrag auf Einvernahme der Eheleute C betrifft, womit bewiesen werden sollte, daß Gabriele B (und ihr Bruder) vor dem Sommer 1979 dritten Personen über die dem Beschwerdeführer angelasteten Verfehlungen keine Äußerung gemacht hat, so hat das Schöffengericht ohnedies festgestellt, daß es Gabriele B (aus Furcht vor dem Beschwerdeführer) unterlassen hat, irgend jemandem etwas von den Vorfällen zu erzählen (S 56 d.A), sohin jene Feststellung getroffen, die durch die Zeugen C offensichtlich unter Beweis gestellt werden sollte.

Ausgehend von dem im bezüglichen Beweisantrag angeführten Beweisthema war schließlich auch die Beiziehung eines gerichtsärztlichen Sachverständigen entbehrlich;

ist doch, wie das Schöffengericht zutreffend erkannt hat, für den Tatbestand des § 206 Abs. 1 StGB der Vollzug des Beischlafs mit der Unmündigen nicht erforderlich, sondern genügt die Berührung der Geschlechtsteile, sodaß es - ausgehend von dem angegebenen Beweisthema in erster Instanz, auf das allein es ankommt - der begehrten Beweisaufnahme aus rechtlichen Gründen nicht bedurfte. Die Verfahrensrüge ist somit nach keiner Richtung hin berechtigt. In Ausführung der Mängelrüge nach § 281 Abs. 1 Z 5

StPO wendet sich der Beschwerdeführer der Sache nach (nur) dagegen, daß das Schöffengericht der Zeugin Gabriele B Glauben geschenkt hat, bekämpft somit in einer im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen und daher unbeachtlichen Weise die Beweiswürdigung des erkennenden Gerichts, ohne Begründungsmängel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes darzutun. Von einer unzureichenden Begründung, wie sie der Beschwerdeführer zusammenfassend behauptet, kann nach dem Inhalt der Urteilsgründe keine Rede sein.

Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich somit zur Gänze als offenbar unbegründet, weshalb sie gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen war. Da gegen schöffengerichtliche Urteile eine Schuldberufung unzulässig ist, war auch die (angemeldete, jedoch nicht ausgeführte) Schuldberufung (s. S 52 d.A) zurückzuweisen.

Über die Strafberufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen

Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs. 3 StPO).

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02856

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00121.8.0902.000

Dokumentnummer

JJT_19800902_OGH0002_0090OS00121_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten