Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann A wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengerichtes vom 19. März 1980, GZ. 23 Vr 2774/79-21, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.
Über die Berufung wegen Strafe wird in einem mit gesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag entschieden werden. Gemäß dem § 390 a StPO hat der Angeklagte auch die (bisherigen) Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 3. Dezember 1954 geborene beschäftigungslose Angeklagte Johann A des Verbrechens des versuchten Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen folgte der Angeklagte in den Abendstunden des 7. Dezember 1979
in Linz der Zeugin Edeltraud B, welche die Tageslosung ihres Dienstgebers in der Höhe von 12.100 S in den Nachttresor der Filiale Wienerstraße der Allgemeinen Sparkasse Linz einzuwerfen hatte. Als die Zeugin nicht mehr weit von ihrem Ziel entfernt war, umschlang sie der Angeklagte von hinten mit einem Arm und drückte ihren rechten Arm gegen ihren Körper, wobei er gleichzeitig versuchte, den Nylonsack, den die Überfallene in der linken Hand hielt, zu entreißen. Dies gelang ihm nicht.
Die Zeugin begann gellend zu schreien. Der Angeklagte ließ daraufhin von ihr ab und lief davon. Er wurde von zwei (weiteren) Zeugen des Vorfalles verfolgt, und zwar von einem zu Fuß, von einem mit dem PKW. Er konnte von diesen beiden gestellt werden.
Gegen das erstgerichtliche Urteil richtet sich die auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten sowie eine Berufung wegen Schuld und Strafe.
Rechtliche Beurteilung
Die angemeldete und auch ausgeführte Berufung wegen Schuld war schon deshalb als unzulässig zurückzuweisen, weil im schöffengerichtlichen Verfahren ein solches Rechtsmittel nicht vorgesehen ist.
Auch die Nichtigkeitsbeschwerde war zurückzuweisen:
Den Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs. 1
StPO geltend machend, rügt die Beschwerde die Abweisung eines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Beischaffung einer maßstabgerechten Skizze der Umgebung des Tatortes, aus der sich ergeben sollte, daß sich der Angeklagte nicht laufend, sondern gehend vom Tatort entfernt habe, was wiederum Rückschlüsse darauf zuließe, daß er sich keiner Schuld bewußt gewesen sei. Das Erstgericht lehnte die Verantwortung des Angeklagten, er sei lediglich unbeabsichtigt an die Zeugin B angestoßen und habe sich gehend von ihr entfernt (S 88 der Akten), als bloße Schutzbehauptung ab, die durch die Angaben der vernommenen Zeugen widerlegt sei (S 110, 111 der Akten). Sämtliche Zeugen berichteten nämlich ausnahmslos, daß der Angeklagte nach der Tat weglief (S 90, 92, 93, 94, 95, 100, 101 der Akten).
Daß der Angeklagte trotz seines Laufens eingeholt werden konnte, ergibt sich aus dem von den Zeugen C und D - auf welche sich das Erstgericht zur Widerlegung der Verantwortung des Angeklagten bezog
-
berichteten Umstand, daß der Zeuge C die Verfolgung mit seinem PKW aufnahm, dem Angeklagten damit den Weg sperrte, so daß dieser an das Auto anlief, was das Erstgericht bei seiner Feststellung, daß widrige Verkehrsverhältnisse die Flucht des Angeklagten behindert hätten (S 109 der Akten), ersichtlich im Auge hatte. Angesichts dieser Behinderung und der Möglichkeit unterschiedlicher Laufgeschwindigkeiten war hier durch eine maßstabgerechte Skizze keine weitere Erkenntnisquelle zu gewinnen, die auf die Entscheidung hätte Einfluß haben können. Durch die Abweisung des Beweisantrages konnten somit im vorliegenden Fall Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt werden.
Unter Bezugnahme auf die Z 5 des § 281 Abs. 1
StPO behauptet die Beschwerde, die Urteilsannahme, der Angeklagte habe den rechten Arm des Mädchens gegen dessen Körper gedrückt, sei durch das Verfahren nicht gedeckt;
desgleichen sei im Akt nicht zu ersehen, durch welche widrigen Verkehrsverhältnisse der Angeklagte an der Flucht gehindert worden sei.
Dem zuletzt bezeichneten Einwand wurde bereits bei der Behandlung des Beschwerdevorbringens nach dem § 281 Abs. 1 Z 4 StPO begegnet. Es kann darauf verwiesen werden.
Das Andrücken des Armes des Mädchens gegen dessen Körper konnte das Erstgericht der Aussage der Zeugin B folgend feststellen, wonach sie 'von hinten gehalten' wurde (S 98 und 100 der Akten), was sie in der Hauptverhandlung auch demonstrierte (S 98 der Akten). Ein mit einem Arm bewirktes Umfassen eines Menschen von hinten beinhaltet üblicherweise auch ein Umfassen eines Armes dieser Person und Festdrücken des Armes gegen den Körper, wie es im übrigen von der Zeugin B im Vorverfahren ausdrücklich geschildert wurde (S 37 der Akten), welche Angaben Gegenstand der in der Hauptverhandlung verlesenen Anzeigen (S 103 der Akten) bildeten.
Die weiteren Ausführungen in Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO, wonach dem Angeklagten angesichts der von ihm behaupteten Distanz zwischen ihm und den ihn nach der Tat verfolgenden Zeugen eine Flucht ohne weiteres möglich gewesen wäre, stellen sich als im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung dar, wird doch in diesen Ausführungen eingeräumt, daß die Urteilsfeststellungen durch die Aussagen der Zeugen (formal) gedeckt seien.
Mit den weiteren auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO (richtig: auf den der Z 10 der genannten Gesetzesstelle) gestützten Ausführungen behauptet der Beschwerdeführer, ihm liege nur versuchter Diebstahl zur Last.
Er zieht bei diesen Ausführungen aber nur Teile der Aussage der Zeugin B heran und übergeht die Feststellung des Erstgerichtes, daß der Angeklagte die Zeugin auch mit einem Arm umschlang und dabei ihren rechten Arm gegen den Körper drückte, wobei sich das Mädchen gegen das Entreißen des Nylonsackes mit dem Geld nach Art eines Handgemenges wehrte.
Mit dem Außerachtlassen eines wesentlichen Teiles der erstgerichtlichen Feststellungen führt der Angeklagte den materiellrechtlichen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde nicht gesetzmäßig aus, weil er nicht den gesamten festgestellten Sachverhalt, sondern willkürlich ausgewählte Teile mit dem Gesetz vergleicht. Bei der durch das Umschlingen und Festpressen des Armes unmittelbar angewendeten Gewalt gegen die Person des Opfers kommt im übrigen eine Beurteilung als 'Handtaschendiebstahl' im vorliegenden Fall nicht in Frage (vgl. EvBl. 1978/215; EvBl. 1973/258; EvBl. 1974/131 =
RZ 1973/102 u.a.).
Auch die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war somit teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt sofort bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 1 und 2 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO).
Zur Verhandlung und Entscheidung über die Berufung des Angeklagten (wegen Strafe) wird ein Gerichtstag mit gesonderter Verfügung anberaumt werden.
Die Kostenentscheidung fußt auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02769European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1980:0110OS00130.8.0903.000Dokumentnummer
JJT_19800903_OGH0002_0110OS00130_8000000_000