TE OGH 1980/9/4 13Os170/79

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.09.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.September 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, Dr. Schneider, Dr. Hörburger und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hausenberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Robert Julius A wegen des Finanzvergehens der Hinterziehung von Eingangsabgaben nach § 35 Abs. 2 FinStrG. und einer weiteren strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Robert Julius A gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 11.April 1978, GZ. 6 c Vr 4404/75-43, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Gerö und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Gehart, sowie nach Vorlesung der Gegenausführungen des Zollamts Wien als Finanzstrafbehörde zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Punkt 2 des Schuldspruchs sowie in dem auf § 223 Abs. 1 StGB. beruhenden Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Robert Julius A wird von der wider ihn erhobenen Anklage, im Jahr 1972 in Wien eine falsche Urkunde, nämlich die im Punkt 1 des Urteilssatzes angeführte Rechnung der Firma B vom 25.April 1972 mit dem Vorsatz hergestellt zu haben, sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtsverhältnisses, nämlich eines Kommissionsauftrags der Firma B, zu gebrauchen, gemäß § 259 Z. 3 StPO.

freigesprochen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Kaufmann Robert Julius A des Finanzvergehens der Hinterziehung von Eingangsabgaben nach § 35 Abs. 2 (§ 33 Abs. 3 lit. e) FinStrG. und des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt; für das Finanzvergehen wurde er zu einer Geldstrafe, einer Freiheitsstrafe und einer Wertersatzstrafe, für das Vergehen nach allgemeinem Strafrecht gesondert (§ 22 Abs. 1 FinStrG.) zu einer weiteren Freiheitsstrafe verurteilt. Nach dem Inhalt des Urteils liegt ihm zur Last, im Jahr 1972 in Wien durch Ausfüllen eines blanko unterfertigten Fakturenformulars eine falsche Rechnung der Firma B Suppliers Ltd., London, vom 25.April 1972 hergestellt zu haben; im Mai desselben Jahrs täuschte er mit der erwähnten falschen Urkunde dem Zollamt Wien vor, die in der Rechnung angeführten 1495 (im Urteilsspruch unrichtig: 1600) Kartons Whisky seien für die Firma B nach Jugoslawien ausgeführt worden; damit bewirkte er, daß für diese Ware entrichtete Eingangsabgaben im Betrag von 424.590 S zu Unrecht als Rückwarenbegünstigung vergütet wurden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Gründe des § 281 Abs. 1 Z. 3, 4, 5, 9 lit. a, 9 lit. b und 11

StPO. gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Der gegen den Schuldspruch wegen Urkundenfälschung aus § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO. erhobenen Rechtsrüge kommt Berechtigung zu:

Soweit nämlich der Anschein besteht, als hätte das Erstgericht die in Rede stehende Urkunde wegen ihres unwahren Inhalts als 'falsch' (§ 223 Abs. 1 StGB.) beurteilt (S. 241), wäre es einem Rechtsirrtum unterlegen.

Denn 'falsch' ist hier im Sinne von unecht in bezug auf den Urkundenaussteller zu verstehen; die Herstellung einer echten Urkunde mit unwahrem Inhalt (sogenannte Falschbeurkundung) ist daher nicht Urkundenfälschung.

Eine Urkundenfälschung (Herstellung einer falschen Urkunde: EBRV. 1971 S. 368) in der hier in Betracht kommenden Form der Blankettfälschung ist gegeben, wenn das durch eine echte Ausstellerunterschrift gedeckte Urkundenblankett nachträglich vom Täter gegen den Willen des Ausstellers mit nicht von diesem ausgehenden Erklärungen versehen wird (SSt. 45/31; Leukauf-Steininger2, RN. 24, 26, 27 zu § 223 StGB.). Es kommt also im vorliegenden Fall - entgegen der Auffassung des Erstgerichts (S. 240, 243, 244) - entscheidend darauf an, ob der Aussteller des von der Firma B stammenden Fakturenblanketts, Kurt C, mit dessen Ausfüllung durch den dem Blankett vom Angeklagten gegebenen Inhalt einverstanden war. Da die Ergebnisse des Beweisverfahrens nach dem bezüglichen Ausspruch des Schöffengerichts verläßliche Konstatierungen über diesen Umstand indes nicht zulassen (S. 243), war in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde mit der Aufhebung des wegen Urkundenfälschung ergangenen Schuldspruchs einschließlich des darauf beruhenden Strafausspruchs und mit sofortigem Freispruch von dem Vorwurf des mit dem Finanzvergehen realkonkurrierenden Vergehens nach § 223 StGB. vorzugehen. Hiedurch werden die wegen des Finanzvergehens gesondert (§ 22 Abs. 1 FinStrG.) verhängten Strafen nicht berührt.

Rechtliche Beurteilung

Im übrigen ist die Beschwerde nicht im Recht.

Eine den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 3 StPO. verwirklichende Verletzung der Vorschrift des § 244 StPO., wonach zu Beginn der Hauptverhandlung bei sonstiger Nichtigkeit die Anklageschrift verlesen werden muß, meint der Beschwerdeführer darin zu erkennen, daß auf Verlangen des Vertreters der - seiner Ansicht nach zu Anträgen nicht berechtigten - Finanzstrafbehörde Teilkopien (vom 20. und 21. Verhandlungstag = 27. und 28.Mai 1975) des Protokolls der beim Erstgericht zum AZ. 6 c Vr 8082/74 gegen ihn durchgeführten Hauptverhandlung zu den Akten genommen (ON. 36) und daraus im Beweisverfahren Vorhalte gemacht wurden, obwohl bei der Hauptverhandlung zu 6 c Vr 8082/74

(noch) keine Anklage gegen ihn wegen der (nunmehr) urteilsgegenständlichen Tat vorgelegen war.

Diese Rüge ist schon deshalb verfehlt, weil der Vorschrift des § 244 StPO. in der vorliegenden Strafsache jedenfalls dadurch entsprochen wurde, daß der Vorsitzende am Beginn der Hauptverhandlung, in der das angefochtene Urteil erging, die - den vom Schuldspruch umfaßten Tatkomplex betreffende - Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wien vom 3.Juni 1975 (ON. 5) verlesen ließ (Verhandlungsprotokoll vom 25. Jänner 1978, S. 161). Richtig ist, daß der Beschwerdeführer bei der Hauptverhandlung zu 6 c Vr 8082/74 am 27. und 28.Mai 1975 wegen dieser Tat, als er ihrer dort beschuldigt wurde, (noch) nicht angeklagt war. In einem solchen Fall kann aber der Gerichtshof gemäß § 263 Abs. 1 StPO. auf Antrag (u.a.) des Staatsanwalts die Verhandlung (und das Urteil) auf die hinzugekommene Tat ausdehnen; das ist dort gemäß dem Antrag der Staatsanwaltschaft vom 23.Mai 1975 (hier S. 3) in der Verhandlung am 27. und 28.Mai 1975 vorerst faktisch geschehen. Doch beschloß dann das Schöffengericht an einem der folgenden Verhandlungstage, die neue Anzeige in das anhängige Verfahren nicht einzubeziehen (S. 23), welcher Entscheidung die Staatsanwaltschaft dadurch Rechnung trug, daß sie (noch vor der Urteilsfällung zu 6 c Vr 8082/74) die oberwähnte Anklageschrift vom 3. Juni 1975 einbrachte (S. 3 a, 25). Durch die gerügte Verwendung von Teilen des früheren Protokolls wurde in der Hauptverhandlung weder gegen die bezeichnete (§ 244 StPO.) noch sonst gegen eine Vorschrift verstoßen, deren Beobachtung das Gesetz ausdrücklich bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt (§ 281 Abs. 1 Z. 3 StPO.). Nur der Vollständigkeit halber sei dem Beschwerdeführer noch entgegnet, daß die Befugnis der Finanzstrafbehörde zu (Beweis-) Anträgen im Hinblick auf ihre Stellung als Privatbeteiligter kraft Gesetzes mit besonderen, denen des Staatsanwalts weitgehend gleichkommenden Rechten (§ 200 FinStrG.;

vgl. besonders Abs. 2 lit. a dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO.) füglich nicht bezweifelt werden kann. Als Nichtigkeitsgrund nach der Z. 4 des § 281 Abs. 1 StPO. macht der Beschwerdeführer geltend, daß er durch die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrags, einen informierten Vertreters des Zollamts Wien zu vernehmen, in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt worden sei; auch dieser Vorwurf trifft jedoch nicht zu:

Dem Verhandlungsprotokoll zufolge hatte sich der (damalige) Verteidiger des Angeklagten auf einen (darüber zu hörenden) Vertreter der genannten Behörde im Zusammenhang mit Rechtsausführungen berufen, die die (gesetzlichen) Voraussetzungen für eine Vergütung der in Rede stehenden Abgaben zum Gegenstand hatten (S. 183-184). Rechtsfragen - wie die hier aufgeworfenen abgabenrechtlichen Vorfragen - hat jedoch das erkennende Gericht selbst zu lösen, ohne hiezu der Äußerung eines Zeugen (oder Sachverständigen) zu bedürfen. Soweit der Beschwerdeführer aber in der Nichtigkeitsbeschwerde die Verwaltungspraxis des Zollamts Wien hinsichtlich der Rückwarenbegünstigung als aufklärungsbedürftiges Beweisthema bezeichnet, ist die Verfahrensrüge durch sein Antragsvorbringen in der Hauptverhandlung nicht gedeckt und schon deshalb nicht zielführend; abgesehen davon kommt es im vorliegenden Fall allein auf die nach den einschlägigen Abgabenvorschriften vorzunehmende Beurteilung des konkreten urteilsgegenständlichen Zollverfahrens an, dessen relevanten Umstände durch die bezüglichen Verwaltungsakten und durch die Zeugenaussage des mit der Ermittlung der Vergütungsvoraussetzungen in diesem Fall betraut gewesenen Zollbeamten Karl D ausreichend erhellt wurden.

Die Beschwerdeausführungen zur Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. zeigen, soweit damit (einleitend) der im Urteilsspruch vorkommende Ausdruck 'Einfuhrzoll' beanstandet wird und (abschließend) die Angaben der Urteilsausfertigung über die Tage der durchgeführten Hauptverhandlung sowie über die Anwesenheit des Angeklagten bei dieser auch am Tag der Urteilsverkündung (zu der er tatsächlich nicht erschienen war) als ungenau bzw. unrichtig gerügt werden, keine formelle Urteilsnichtigkeit auf. Der Beschwerdeführer übersieht hier nämlich, daß eine auf den vorbezeichneten Nichtigkeitsgrund gestützte Mängelrüge nur gegen die Urteilsgründe, nicht aber gegen die gemäß § 270 Abs. 2 Z. 1, 2 und 3 StPO. in den sogenannten Urteilskopf aufzunehmenden Angaben oder gegen den Urteilsspruch erhoben werden kann (LSK. 1978/342 u.a.). Eine bei einer Mangelhaftigkeit des Urteilsspruchs in den im § 260 Abs. 1 Z. 1 bis 3 StPO. angeführten Punkten in Betracht kommende Nichtigkeit nach der Z. 3 des § 281 Abs. 1 StPO.

liegt aber hier deshalb nicht vor, weil die Deutlichkeit des Urteilssatzes durch die Verwendung des (allerdings im gegebenen Fall unzutreffenden) Ausdrucks 'Einfuhrzoll' - tatsächlich handelt es sich hier um andere (einem Zoll grundsätzlich gleichzuhaltende: § 3 Abs. 1 und 2 ZollG.) Eingangsabgaben - im gegebenen Zusammenhang nicht beeinträchtigt wird. Die den 'Urteilskopf' betreffenden Formvorschriften des § 270 Abs. 2 Z. 1, 2 und 3 StPO. unterliegen hingegen keiner Nichtigkeitssanktion; abgesehen davon wurde ihnen vorliegend ohnehin entsprochen, zumal darnach die Abwesenheit des Angeklagten (bloß) bei der Urteilsverkündung keiner besonderen Erwähnung bedarf und als 'Tag der Hauptverhandlung' (Z. 3) nur die Tage der mit der Urteilsfällung abgeschlossenen Hauptverhandlung in der betreffenden Strafsache, nicht aber die Tage der früheren Hauptverhandlung in diesem oder dem vorangegangenen Verfahren 6 c Vr 8082/74 - deren Anführung der Beschwerdeführer vermißt - anzugeben waren.

Auch die weiteren, gegen die Urteilsbegründung gerichteten Mängelrügen schlagen nicht durch:

Daß der Beschwerdeführer dort an einer Stelle (S. 235) unpräzis 'Inhaber' der E Warenhandelsgesellschaft m.b.H. - als deren Geschäftsführer er die ihm angelastete Tat begangen hat - genannt wird, betrifft nach Lage des Falls keine entscheidende Tatsache. Nicht entscheidungswesentlich ist auch die Angabe des bei der Verzollung der gegenständlichen Importware vorerst entrichteten Eingangsabgabenbetrags mit (dem angenommenen Verkürzungsbetrag von) 424.590 S (S. 236) statt (der Aktenlage entsprechend) richtig

455.792 S, zumal es vorliegend nur auf den in der Folge (für einen Teil der betreffenden Warenmenge) zu Unrecht vergüteten Abgabenbetrag ankommt.

Daß der Antrag vom 3.Mai 1972 auf Vergütung der Eingangsabgaben von der - durch den Beschwerdeführer damit beauftragten - Speditionsfirma 'G' eingebracht wurde, stellte das Erstgericht ohnehin im Sinn des Beschwerdevorbringens fest (S. 237-238). In den Gründen des angefochteten Urteils kommt aber auch hinreichend zum Ausdruck, daß aus Anlaß des erwähnten Vergütungsantrags - als ein wesentliches Beweismittel für das Antragsvorbringen - die eine angebliche Versandanweisung des ursprünglichen ausländischen Versenders Fa. B/London enthaltende 'Faktura' vom 25.April 1972 vom Angeklagten (im Weg des Speditionsunternehmens) dem Zollamt Wien vorgelegt wurde;

diese Urteilskonstatierung ist durch den auf das Vorliegen der betreffenden Urkunde Bezug nehmenden amtsinternen Schriftverkehr im Zollamtsakt Zl. R-571/12123-A/72

(in Beweismittelmappe 4; vgl. die betreffende Übermittlungsnotiz in den Unterlagen der Fa. E, Bl 37 in Beweismittelmappe 1) vollauf gedeckt. Der Wortlaut des in der Folge ebenfalls dem Zollamt (in Kopie) vorgelegten angeblichen Schreibens der Firma E an die Firma B vom 17.April 1972 wies ebenso in die Richtung einer Wiederausfuhr für den genannten ausländischen Versender. Auf die (wiederholte) Behauptung des Beschwerdeführers, beiden Urkunden habe die Eignung gefehlt, das Zollamt über die wesentlichen Voraussetzungen einer Rückwarenbegünstigung zu täuschen, wird bei Behandlung der Rechtsrüge zurückzukommen sein.

Die Angabe der Entscheidungsgründe, der Zeuge William F habe bekundet, daß die Ware seitens der Firma B tatsächlich nicht zurückgenommen wurde, ist keineswegs - wie dies im weiteren Beschwerdevorbringen sinngemäß behauptet wird - aktenwidrig. Die in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer zitierten Aussagen des angeführten Zeugen betreffen den - vom Erstgericht ohnehin als erwiesen angenommenen - Umstand, daß die Firma B dem Angeklagten den gegenständlichen Whisky unter der Voraussetzung seines Reexports (nach Bulgarien oder Jugoslawien) geliefert hatte. Damit ist jedoch darüber, ob die Ausfuhr für den ausländischen Versender durchgeführt wurde oder aber - wie das Erstgericht feststellte - ein Eigengeschäft des Angeklagten war, nichts gesagt. Diesbezüglich ist der Aussage des Zeugen F vielmehr zu entnehmen, daß eine Anweisung zum (Rück-) Versand an einen vom ausländischen Versender genannten Kunden, wie sie der Angeklagte bei der Inanspruchnahme der Rückwarenbegünstigung behauptet und durch entsprechende Urkunden unter Beweis gestellt hatte, von der Firma B tatsächlich nicht gegeben wurde (S. 188, 194, 197). Von einer dem Verhandlungsprotokoll widersprechenden Wiedergabe des betreffenden Aussageinhalts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils kann daher keine Rede sein.

Soweit der Beschwerdeführer einem Hinweis des Erstgerichts auf seine eigene Darstellung bestimmter Umstände entgegenhält, er sei in der mit dem Urteil abgeschlossenen Hauptverhandlung gar nicht vernommen worden, ist ihm zu erwidern, daß er am ersten Tag der (wiederholten) Hauptverhandlung (25.Jänner 1978) - nachdem der Staatsanwalt die ursprünglich wegen Verbrechens des schweren Betrugs erhobene Anklage (ON. 5) in der Richtung des schließlich ergangenen Schuldspruchs geändert hatte (S. 161) - die Aussage zur Sache verweigerte und eine Vertagung der Verhandlung begehrte (S. 162), zu der es in der Folge auch kam (S. 170), im weiteren Verlauf der am 15.Februar und am 15. März 1978 fortgesetzten Hauptverhandlung aber nicht zu erkennen gab, daß er seine bereits in einer früheren Verhandlung gemachten Aussagen abändern oder ergänzen wolle. Er kann sich unter diesen Umständen nicht dadurch beschwert erachten, daß das Schöffengericht auf seine ausführliche Verantwortung in der Hauptverhandlung vom 11. Mai 1976 (S. 81 ff.) zurückgriff, wenngleich das spätere Verhandlungsprotokoll über deren allfällige Verlesung keinen eindeutigen Aufschluß gibt. Gewiß kann die Verletzung der Vorschrift des § 258 Abs. 1 StPO., wonach bei der Urteilsfällung nur auf das Rücksicht genommen werden darf, was in der Hauptverhandlung vorgekommen ist, unter Umständen als Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. gerügt werden (LSK. 1979/303). Daß der Beschwerdeführer die Urteilsanfechtung (auch) darauf stützen will, ist aber seinen Beschwerdeausführungen nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit und Bestimmtheit (§§ 285 Abs. 1, 285 a Z. 2 StPO.) zu entnehmen, zumal er sich in der Nichtigkeitsbeschwerde andererseits selbst auf seine Verantwortung in der Hauptverhandlung vom 11.Mai 1976

beruft und dem Erstgericht unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit der Urteilsbegründung vorwirft, sich damit nicht auseinandergesetzt zu haben. Da jedoch die Verantwortung des Angeklagten vom Schöffengericht teils als durch die Ergebnisse des Beweisverfahrens widerlegt, teils als rechtsunerheblich erachtet wurde, trifft auch der zuletzt erwähnte Vorwurf nicht zu. In seiner Rechtsrüge wendet der Beschwerdeführer aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gegen den Schuldspruch wegen Hinterziehung von Eingangsabgaben ein, weil die Vergütung des Einfuhrzolls nicht vom Einverständnis des ursprünglichen ausländischen Versenders abhängig sei, könne die ihm angelastete Vorlage von ein solches Einverständnis fälschlich dartuenden Urkunden nicht als tatbildliches Handeln im Sinn des § 35 Abs. 2 FinStrG. beurteilt werden.

Mit diesem Einwand wird übersehen, daß die Vergütung der Eingangsabgaben nach § 43 Abs. 1 ZollG. (in der Fassung des BGBl. Nr. 78/1968) nur bei solchen ausländischen Waren stattfindet, die für den ausländischen Versender wiederausgeführt werden. Dessen Einverständnis zur Rücksendung an ihn muß allerdings nicht nachgewiesen werden; geht aber die Ware - wie hier - an einen anderen Empfänger, so kann von einer Wiederausfuhr für den ausländischen Versender nur dann mit Fug gesprochen werden, wenn es sich um dessen Kunden handelt (Manhart-Fuchs, Das österreichische Zollrecht2 I. Teil S. 204).

Der Beschwerdeführer bewirkte nun dadurch, daß er dem Zollamt gegenüber vortäuschte, die gegenständliche Ware sei an einen Kunden in Jugoslawien für die Firma B wiederausgeführt worden, vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, daß ihm die seinerzeit entrichteten Eingangsabgaben zu Unrecht vergütet wurden. Dieses Deliktsverhalten wurde ihm rechtsrichtig als Finanzvergehen der Hinterziehung von Eingangsabgaben nach § 35 Abs. 2 FinStrG.

zugerechnet.

Dem auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Beschwerdevorbringen zuwider ist die Strafbarkeit des gegenständlichen Finanzvergehens nicht verjährt. Zunächst ist davon auszugehen, daß zum Tatbestand der Hinterziehung von Eingangsabgaben nach § 35 Abs. 2 FinStrG. ein Erfolg, nämlich die Verkürzung einer solchen Abgabe gehört, der vorliegend mit der Vergütung der Eingangsabgaben auf Grund des Bescheids vom 31.Mai 1972 bewirkt wurde; erst mit dem Eintritt dieses Deliktserfolgs begann die Verjährungsfrist zu laufen (§ 31 Abs. 1 FinStrG.). In die - hier fünf Jahre betragende (§ 31 Abs. 2 FinStrG.) - Verjährungsfrist wird gemäß § 31 Abs. 4 lit. b FinStrG. die Zeit, während der wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei Gericht oder bei einer Finanzstrafbehörde anhängig ist, nicht eingerechnet. Der Beschwerdeführer räumt selbst ein, daß die vom Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde bereits am 8.Jänner 1975 bestimmte Verfolgungshandlungen gegen ihn wegen der urteilsgegenständlichen Tat vorgenommen wurden. Er irrt aber, wenn er meint, daß die dadurch bewirkte Fortlaufshemmung mit der folgenden Einbringung der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wien vom 3.Juni 1975 wegen Verbrechens des schweren Betrugs weggefallen und erst mit der Modifizierung der Anklage durch den Staatsanwalt in der Richtung eines Finanzvergehens am 25.Jänner 1978 wieder eingetreten sei. Wie erwähnt, ist der Lauf der Verjährungsfrist vielmehr gehemmt, solang wegen der Tat ein Strafverfahren anhängig ist; auf die rechtliche Qualifikation, die der Tat im Zug des Verfahrens jeweils zuteil wird, kommt es dabei nicht an.

Auch der durch Art. VII § 2 Abs. 1 FinStrGNov. 1975 gebotene (Günstigkeits-) Vergleich mit den finanzstrafrechtlichen Verjährungsbestimmungen, die zur Zeit der Tat gegolten haben, führt zu keinem anderen Ergebnis.

Gemäß § 55 Abs. 1, 5 und 7 FinStrG. a.F. wurde nämlich die Verjährung des Finanzvergehens durch die Jahr 1975

vorgenommenen Verfolgungshandlungen der Finanzstrafbehörde und sodann des Gerichts unterbrochen und begann die fünfjährige Verjährungsfrist mit Ende desselben Jahres neu zu laufen, sodaß sie durch die Verkündung des Urteils erster Instanz am 11.April 1978 abermals unterbrochen wurde.

Entgegen dem gegen die Strafaussprüche nach dem Finanzstrafgesetz gerichteten Beschwerdevorbringen zum Nichtigkeitsgrund der Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO. stellt die Verhängung einer Freiheitsstrafe neben der Geldstrafe - wie im § 35 Abs. 4, vorletzter Satz, FinStrG. nach Maßgabe des § 15 FinStrG. vorgesehen - keine Überschreitung der Strafbefugnis des Gerichts dar. Ob die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 FinStrG. (spezial- oder generalpräventive Notwendigkeit einer Freiheitsstrafe) vorliegen, betrifft nicht den anzuwendenden Strafsatz, sondern eine Frage der Strafbemessung, die nicht mit dem Nichtigkeitsgrund der Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO., sondern ausschließlich mit Berufung releviert werden kann.

Eine Bedachtnahme gemäß § 21 Abs. 3 FinStrG. auf sein Urteil vom 17. Juni 1975, GZ. 6 c Vr 8082/74-132, war dem Erstgericht - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - schon deshalb verwehrt, weil die Anwendung des § 21 Abs. 3 FinStrG. (wie des § 31 StGB.) die Rechtskraft des früheren Urteils voraussetzt, die mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 20.September 1978, GZ. 10 Os 91/77-24, erst nach der Fällung des nunmehr angefochtenen Urteils eingetreten ist. Im übrigen behauptet der Beschwerdeführer nicht, daß die im § 21 Abs. 3 FinStrG.

normierten Grenzen einer Zusatzstrafe vorliegend überschritten worden seien; er meint lediglich, daß von einer Zusatzstrafe hätte abgesehen werden können. Unter diesem Gesichtspunkt ist aber der Strafausspruch nur mit Berufung anfechtbar.

Da eine Berufung nicht angemeldet wurde, kann auf dieses sachlich als Berufungsausführung zu wertende Rechtsmittelvorbringen nicht Bedacht genommen werden.

Keine Berechtigung kommt der Nichtigkeitsbeschwerde schließlich auch zu, soweit die Verhängung einer Wertersatzstrafe als Überschreitung der Strafbefugnis im Sinn des § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO. gerügt wird. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers bezieht sich die im letzten Satz des § 35 Abs. 4 FinStrG. enthaltene (zwingende) Androhung des Verfalls auf alle in diesem Paragraphen pönalisierten Finanzvergehen, nicht bloß auf den Schmuggel (Abs. 1), sondern auch auf beide Fälle der Hinterziehung von Eingangs- (oder Ausgangs-)abgaben (Abs. 2 und 3), wobei der mit dem klaren Gesetzestext unvereinbaren Argumentation des Beschwerdeführers nur noch zu entgegnen bleibt, daß auch die Abgabenhinterziehung nach § 33 FinStrG., sofern sie eine Verbrauchsteuer (Branntweinaufschlag) betrifft, nach Abs. 6 dieser Gesetzesstelle mit der Strafe des Verfalls bedroht ist. An Stelle des unvollziehbaren Verfalls der Waren, hinsichtlich derer die Hinterziehung von Eingangsabgaben begangen wurde (vgl. § 17 Abs. 2 lit. a FinStrG.), war daher vom Erstgericht auf die Strafe des Wertersatzes zu erkennen (§ 19 FinStrG.).

Anmerkung

E02800

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0130OS00170.79.0904.000

Dokumentnummer

JJT_19800904_OGH0002_0130OS00170_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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